Kirchentag diskutiert über geschlechterneutrale Sprache
Dortmund (idea) – Publizisten und Wissenschaftler haben am 21. Juni auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund über geschlechterneutrale Sprache diskutiert. Die Forderung danach sei ideologisch begründet, sagte die stellvertretende Ressortleiterin Feuilleton der Tageszeitung „Die Welt“, Hannah Lühmann (Berlin). Sprache sei immer ungerecht. Es sei auch nicht ihre Aufgabe, korrekt zu sein. Deshalb halte sie es für problematisch, Grammatik und Sprachgebrauch ideologischen Vorgaben zu unterwerfen, so Lühmann. Außerdem stelle es die Autoren von Texten vor enorme Herausforderungen, wenn sie konsequent geschlechtsneutral formulieren müssten. Als weiteres Argument gegen die Gendersprache nannte Lühmann, sie könne den falschen Eindruck erwecken, dass die Gleichberechtigung von Frauen in allen Lebensbereichen bereits verwirklicht sei.
Autor: Gendersprache ist ein Gebot des Anstandes
Der Publizist und Autor Rainer Erlinger (Berlin) sprach sich dagegen für eine konsequente Verwendung geschlechtsneutraler Formulierungen aus. Er nannte es ein Gebot des Anstandes, dass die Sprache niemanden abwerten oder ausschließen dürfe. Es sei kein Argument dagegen, dass damit gegen die Regeln der Grammatik verstoßen werde. „Die Sprache ist für den Menschen da und nicht der Mensch für die Sprache“, sagte Erlinger in Anspielung auf das Jesus-Wort „Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat“ (Matthäus 2,27).
Psychologin: Männliche Formulierungen machen Frauen unsichtbar
Die Psychologieprofessorin Bettina Hannover (Berlin) sagte in der Diskussion, rein männliche Formulierungen in der Sprache führten dazu, dass „Mädchen und Frauen unsichtbar werden“. Das hätten Studien bewiesen. Sprache sei ein Werkzeug und verändere sich mit der Zeit. So seien in der Vergangenheit auch Begriffe wie „Neger“ und „Sorgenkind“ im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet worden, die man heute nicht mehr für angemessen halte. Der Chefredakteur der evangelischen Monatszeitschrift „zeitzeichen“, Reinhard Mawick (Berlin), plädierte für einen „Mittelweg“. Grundsätzlich sei es richtig, geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden. Dabei müsse man aber sprachlich „das Schlimmste vermeiden“.