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Die weltweite Pfingstbewegung und die katholische Kirche


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Rolf

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EZW-Newsletter 12/2010




Die Rechte der in diesem EZW-Newsletter verbreiteten Meldungen und Beiträge liegen bei der EZW. Sie können jedoch unter Angabe der Quelle (EZW-Newsletter 12/2010) und des Internetlinks (www.webmart.de/nlhistory.cfm?id=41596) zitiert und weiter verbreitet werden.






Die weltweite Pfingstbewegung und die katholische Kirche






Die weltweite Pfingstbewegung ist für die römisch-katholische Kirche eine enorme Herausforderung. Das Institut für Weltkirche und Mission (IWM), das 2009 von der Deutschen Bischofskonferenz an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen gegründet worden ist, hat seine erste Jahrestagung dieser Herausforderung gewidmet.

Unter der Überschrift "Pentekostalismus – Anfragen an Theologie und Kirche" hatte der Direktor des Instituts Albert-Peter Rethmann vom 23. bis 25. November 2010 an die Hochschule nach Frankfurt am Main eingeladen. Ein Ziel der Tagung war es, sich nicht gleich von der Bewegung abzugrenzen, sondern das Phänomen des Pentekostalismus in seiner vielfältigen Gestalt in den verschiedenen Regionen der Welt wahrzunehmen und implizite Rückfragen an die eigene verfasste Kirchlichkeit zuzulassen.

Drei Referate boten empirische Analysen sowohl der Pfingstkirchen als auch der charismatischen Bewegung innerhalb der katholischen Kirche in Brasilien, auf den Philippinen und im subsaharischen Afrik. Ergänzt wurden die soziologischen Studien durch "Illustrationen" von katholischen Geistlichen aus den Philippinen, Nigeria, Kongo, Indien und Polen sowie einer Soziologin aus Brasilien. In einem weiteren Schritt beschäftigten sich drei theologische Referate mit den Themen Gemeindebildung und Liturgie, Pneumatologie und Ekklesiologie sowie Spiritualität und Gesellschaft.

Die Soziologin Brenda Carranza aus Brasilien sprach von einer "Verpfingstung" der katholischen Kirche Brasiliens durch die neocharismatische Bewegung und neue katholische Gemeinden, die durch Laien geführt würden und sich erfolgreich und geschäftstüchtig der modernen Medien bedienten.

Der Religionswissenschaftler Paul Gifford sah einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem traditionellen Geister- und Hexenglauben auf dem afrikanischen Kontinent und dem dortigen Erfolg der Pfingstbewegung. Sie bringe eine verzauberte Weltsicht in das Christentum zurück. Er kritisierte, dass afrikanische Theologen diesem Aspekt der Inkulturation kaum Beachtung schenkten.

Die Soziologin und Politikwissenschaftlerin Christl Kessler konnte in ihrer empirischen Untersuchung in den Philippinen feststellen, dass die charismatische Bewegung eher Menschen mit höherer Bildung anspricht. Mit der persönlichen Beziehung zu Jesus verbinde sich die Hoffnung auf einen Weg aus dem Elend. In der individuellen spirituellen Veränderung des Lebenswandels werde die Chance zur gesellschaftlichen Veränderung von Missständen wie Korruption und Gewalt gesehen.

Der Jesuitenpater Jerry Rossario aus der Region Tamil Nadu in Südindien beschrieb die dortige Pfingstbewegung als Phänomen der Mittelschicht. Die Bewegung sei von jungen Menschen geprägt, sie überwinde das Kastenwesen, betone Laienchristentum und gestehe Frauen mehr Rechte in der Gemeinde zu.

Der Dominikaner und Publizist Tomasz Dostatni aus Polen zeigte einen Zusammenhang auf zwischen der charismatischen Bewegung in der polnischen katholischen Kirche und den politischen Aufbrüchen in den 1980er Jahren.

Der Missionstheologe Klaus Vellguth näherte sich in seinem Referat einer "missionarischen Pneumatologie" an. Die Pneumatologie sei Ausgangspunkt einer heilsamen Verunsicherung. Der Geist könne als Anwalt der Offenheit der Kirche gesehen werden. Der Heilige Geist als Dynamik der Kirche dränge dazu, alle Grenzen zu sprengen. Er wirke auch jenseits der je eigenen Konfession oder Religion.

Die Theologin Margit Eckholt griff die Bezeichnung der Pfingstkirchen als "eine neue, fünfte Grundgestalt christlicher Kirchen" auf. In ihrem Referat fragte sie danach, wie die katholische Kirche dem Bedürfnis nach religiöser Subjektwerdung gerecht werden könnte durch ein Verständnis der Kirche als Volk Gottes und Sakrament der Völker in Rückbesinnung auf das 2. Vatikanum.

An der Tagung nahmen etwa 40 Teilnehmer sowie alle Referenten teil. Die Tagung zeigte, dass die Pfingstbewegung zwar wesentliche Merkmale weltweit teilt, aber dennoch je nach kulturellem Kontext auf unterschiedliche gesellschaftliche Bedürfnisse reagiert. Vor allem die theologischen Tagungsbeiträge ließen eher vorsichtige erste Schritte der Auseinandersetzung mit der Pfingstbewegung in der katholischen Theologie erkennen. Die Vorschläge zum Umgang der traditionell verfassten katholischen Kirche im Umgang mit dem Pentekostalismus reichten vom Plädoyer für mehr Bescheidenheit bis zur Forderung nach mehr Selbstbewusstsein und Besinnung auf das Eigene. Ein gewisses Gewicht hatte die Vorstellung von der Einheit der Kirche in den Diskussionsbeiträgen. Als Anfrage an die eigene Kirchlichkeit wurden vor allem die Betonung des individuellen Glaubenlebens, sowie die Rolle der Laien und Frauen verstanden.

Claudia Knepper
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