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So sehen die Deutschen Gott


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Rolf

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So sehen die Deutschen Gott






Von den news.de-Redakteuren Jan Grundmann, Christoph Heinlein und Isabelle Wiedemeier


Zwei Drittel der Deutschen glauben an Gott - vor allem an einen wohlwollenden Allmächtigen. Das hat die repräsentative news.de-Religionsumfrage ergeben. Christen, Juden oder Muslime begrüßen das Ergebnis - manche aber mit Bauchschmerzen.


Weihnachten steht vor der Tür, zu keiner anderen Zeit im Jahr sind die Kirchen so voll wie zum Fest der Geburt Christi. Doch wie gläubig sind die Deutschen im Rest des Jahres? News.de hat nachgefragt - in einer repräsentativen Umfrage zur Religiösität der Deutschen mit Hilfe des Meinungsforschungsinstituts Emnid.

Rund zwei Drittel der Deutschen (68 Prozent) glauben demnach an Gott. Im Westen sind es 74 Prozent, im Osten, wo die Kirche zu DDR-Zeiten zurückgedrängt worden war, glaubt allerdings nicht einmal jeder Zweite an einen Allmächtigen. Zwischen Saalfeld und Stralsund sind nur 42 Prozent von der Existenz eines Gottes überzeugt.



Mehr als zwei Drittel der Deutschen glauben an Gott. Und die Mehrheit sieht ihn als gütigen Allmächtigen, so die news.de-Studie. Foto: news.de/Unister.Wie die repräsentative news.de-Umfrage unter 1000 Deutschen weiter ergab, machen immerhin acht Prozent aller Deutschen Gott auch heute für Naturkatastrophen verantwortlich. Jeweils drei Prozent sehen im Allmächtigen die Ursache für Armut und Kriege, vier Prozent für Krankheiten. Mit steigendem Bildungsabschluss und Alter sinkt die Zahl derer, die Gott für diese Phänomene verantwortlich machen.


Warum die Deutschen an einen wohlwollenden Gott glauben:

Doch was verbinden die gläubigen Deutschen mit dem Begriff Gott? Die Mehrheit der Gläubigen (54 Prozent) ist von einem wohlwollenden, gütigen Allmächtigen überzeugt. Das sei direkte Folge der Vermittlung des Gottesbildes durch religiöse Institutionen, sagt Religionswissenschaftler Dr. Stefan Huber. «Beispielsweise werden in einem kirchlichen Kindergarten meist jene Geschichten aus der Bibel vorgelesen, in denen ein wohlwollender und gütiger Gott gezeigt wird. Dies findet seine Fortsetzung im Religionsunterricht und in den Liedern, Gebeten und Predigten, die in heutigen Gottesdiensten vorkommen», lautet seine Analyse der news.de-Umfrage. Und mit dem Bild eines wohlwollenden Gottes seien positive, belohnende Erfahrungen leicht zu bekommen.

Fast jeder dritte Gläubige allerdings hat laut der Umfrage keine Vorstellung von seinem Gott. An einen autoritären, Lebensregeln vorscheibenden Gott glauben hingegen vier Prozent, nur zwei Prozent sind von einem bestrafenden Gott überzeugt. Immerhin sieben Prozent glauben an einen distanzierten, unpersönlichen Gott.


Wie die Christen reagieren:

Christliche, jüdische und muslimische Religionsverbände in Deutschland begrüßen das Ergebnis - manche allerdings mit Bauchschmerzen. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, sagt, dass «mit den Ergebnissen die viel beschworene These vom Verlust des Religiösen mehr als hinterfragt» werde, «sie wird widerlegt», so Zollitsch zu news.de. Das mache Mut. «Die Umfrage zeigt aber auch: Wir dürfen die Hände nicht in den Schoß legen, denn die Ergebnisse gerade in Ostdeutschland sind ernüchternd», sagt Zollitsch weiter.

Die Anstrengungen müssten erhöht werden, fordert der Erzbischof. «Wir brauchen eine missionarische Kirche, die dazu einlädt, sich von Gott ansprechen zu lassen», sagt er. Grundaufgabe der Kirche sei es, von Gott zu reden.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Nikolaus Schneider, ist hingegen erfreut über das gütige Gottesbild der Deutschen. «Es ist eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Vorstellung über unseren Gott, dass er die Menschen liebt und seiner Schöpfung in Gnade zugewandt ist und bleibt», kommentiert er das Ergebnis der Studie.

Schneider selbst hat Gott jedoch auch anders erlebt. «Als meine jüngste Tochter 2005 an Leukämie starb, war das Erleben ihres Leidens furchtbar - aber nicht gottverlassen!» Dass Gott nicht nur voller Liebe und Gnade, sondern auch fremd und rätselhaft ist, gehöre seitdem zu seinen schweren Lebenserfahrungen, offenbart der evangelische Theologe.

Was Juden und Muslime zu den Ergebnisse sagen:

Die Ergebnisse der Umfrage dürften im Wesentlichen auch dem entsprechen, was die in Deutschland lebenden Juden glauben, so Josef Schuster im news.de-Gespräch. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland kommentiert die Studie: «Die Vorstellung eines gütigen und wohlwollenden Gottes dürfte sich mit derjenigen der christlichen Bevölkerung decken.» Allerdings verbiete das Judentum jede bildliche Darstellung Gottes, so dass eine personifizierte Vorstellung nicht existiere. Anders als viele Christen, die sich eine weißhaarige, auf einem Thron sitzende Person vorstellten, gebe es für Juden kein konkretes Gottesbild.

Schuster weist auch darauf hin, dass die jüdische Bevölkerung in Deutschland keine homogene Gruppe ist. «Neben den Juden, die in Deutschland geboren wurden, gibt es die größere Gruppe der Menschen, die seit 1990 aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion zugezogen sind. Ich glaube, dass es da schon eine Diskrepanz gibt, weil unter diesen Menschen häufig von der Erziehung her das Thema Religion viel weiter weg, eigentlich kaum ein Thema war», so der Vize-Präsident des Zentralrats der Juden.

Kritik an der Sichtweise vom gütigen, wohlwollenden Gott übt der Zentralrat der Muslime. «Sehr bequem» findet Generalsekretärin Nurhan Soykan die Haltung. Für die Muslime sei der bestrafende Gott ebenso präsent wie der gütige oder gerechte. Wer hingegen nur den gütigen Gott sehe, entziehe sich der Verantwortung, findet Soykan. «Die Selbstkritik fehlt mir da, das ist nicht Sinn und Zweck der Religion.» Für die Muslimin ist das Gottesbild der Deutschen, wie es sich in der Studie abzeichnet, auch ein Zeichen, dass sich viele von der Religion und vom Glauben distanziert haben.


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#2
1.Kor.1,30

1.Kor.1,30

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Dietmar Kamlah

Ein Gott in allen Religionen?


Unsere postmoderne Gesellschaft, in der die Kirche sich dem Pluralismus, die Philosophie
dem Relativismus und Politik und Wirtschaft dem geldorientierten Pragmatismus
verschreibt, scheint einem Zustand entgegenzugehen, wie er in markanter Weise von dem
Historiker Edward Gibbon für die antike römische Gesellschaft auf den Punkt gebracht
wurde:
»Alle Religionen waren in den Augen des Volkes gleichermaßen wahr, in den Augen der
Philosophen gleichermaßen falsch und in den Augen der Regierenden gleichermaßen
nützlich. «1)
Als ein Beispiel von vielen für das, was Synkretismus in kirchlich-liturgischer Konkretion
bedeutet, lassen Sie mich ein Gebet zitieren, das in einem volkstümlich liturgischen
Kalender als ein Gebet aus Indien veröffentlicht worden ist:
»Möge der, welcher unser Vater für die Christen ist, Jahwe für die Juden, Allah für die
Mohammedaner, Buddha für die Buddhisten, Brahma für die Hindus, möge dieses
allmächtige und allwissende Wesen, das wir als Gott anerkennen, den Menschen den
Frieden geben und unsere Herzen in einer geistigen Bruderschaft vereinen. «
Der Synkretismus ist also eine Geistesrichtung, die von der Grundüberzeugung ausgeht,
daß alle Religionen unterwegs sind zu einem gemeinsamen Ziel - und das ist Gott. Gott
ist wie die Spitze eines Berges, der von den verschiedensten Seiten bestiegen werden
kann. Wichtig ist nicht, welchen Weg man geht oder wählt, sei es nun der christliche, der
buddhistische oder der islamische oder sei es sogar ein Weg, der zwischen zweien oder
dreien hinundherwechselt, wichtig ist allein, daß man religiös unterwegs ist und daß man
sich mit den anderen verträgt, die auch religiös unterwegs sind. Sowohl das Wort als auch
das Phänomen des Synkretismus lassen sich in das alte Griechenland zurückverfolgen.
Als sich die eigentlich im Streit liegenden Städte Kretas angesichts einer gemeinsamen
Bedrohung von außen zusammenschlossen, wurde dieser Vorgang Synkretismus genannt.
Das ist interessant, denn der gemeinsame Feind ist auch für den angestrebten
Zusammenschluß der Religionen ein immer wieder vorgebrachtes Argument. Der
gemeinsame Feind aller Religionen ist heute die moderne Gottlosigkeit, die auf allen
Gebieten fortschreitende Säkularisierung, die Einstellung, alle Welt - und Lebensfragen
unabhängig von Gott zu betrachten und zu behandeln. Hier müßten sich, so fordert der
Synkretismus, alle religiösen Kräfte verbünden, um ein starkes Gegengewicht zu bilden.
Was nun das Phänomen der Religionsvermischung selbst betrifft, so war Griechenland
auch hier Vorreiter. Im Rahmen seiner Eroberungen und immer weiterreichenden
Handelsbeziehungen kamen die Griechen notwendigerweise in Beziehung mit anderen
Religionen, die damals weitestgehend an einen bestimmten Ort gebunden waren. Wer
Handel treiben wollte, mußte bereit sein, in anderen Orten anderen Göttern ihr Recht zu
geben, denn der Abschluß' von Verträgen war so etwas wie eine Kulthandlung. Zum
anderen konnte man Ähnlichkeiten zwischen den verschiedenen Göttern ausmachen, die
den Gedanken hervorbrachten, daß es wohl nur unterschiedliche Namen für dieselbe
Gottheit gab. War Zeus nicht im großen und ganzen identisch mit Jupiter bei den
Römern, Baal Schamem bei den Syriern und Ammon bei den Ägyptern? War Aphrodite
nicht identisch mit Venus oder Isis?
Auch das finden wir heute wieder, nur in einem viel größeren, globalen Maßstab. Machen es
1ÜbernommenvonLesslieNewbigin, EineWelt - ein Glaube?, Basel1963, S. 30.
2
die internationalen politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen nicht zwingend nötig,
daß man zumindest die großen Weltreligionen gleichberechtigt anerkennt? Ja, gibt es nicht in
der einen Welt, die immer mehr zu einem »Weltdorf« zusammenzuwachsen scheint, eine
gemeinsame große Aufgabe? Wenn man doch die Kirche bekanntlich im Dorf lassen muß,
muß man dann nicht auch gleicherweise eine Kirche aus allen Weltreligionen in dem einen
Weltdorf schaffen?
Der Theologe Hans Küng hat behauptet, es werde keinen Frieden unter den Völkern geben,
ohne einen Frieden unter den Religionen. Wäre es dann nicht endlich an der Zeit, durch
eine Verbrüderung der Religionen den Weg zum Frieden zu bahnen in Indien, im Nahen
Osten oder in Afrika? War Papst Johannes Paul II. auf dem richtigen Weg, als er am 27.
Oktober 1986 Vertreter der christlichen Konfessionen und der nicht-christlichen Religionen
zu einem gemeinsamen Friedensgebet nach Assisi einlud? Er rief ihnen damals zu:
»Laßt uns darin eine Vorwegnahme dessen sehen, was Gott von der geschichtlichen
Entwicklung der Menschheit gern verwirklicht sehen möchte: eine brüderliche Wanderung,
auf der wir uns gegenseitig begleiten zum jenseitigen Ziel, das er uns gesetzt hat.«2)
Voraussetzungen für die Auseinandersetzung
Ohne Frage wirkt der Synkretismus sehr sympathisch. Er scheint die längst überfällige
Antwort des postmodernen Menschen auf die unseligen Religionskriege, ethnischen
Säuberungen und Auslanderfeindschaften zu sein. Aber ist der Synkretismus wirklich der
Weg zum Weltfrieden?
Für eine redliche Auseinandersetzung mit unserer Thematik ist es unerläßlich, die
Voraussetzungen offenzulegen, von denen ausgehend die Religionen angesehen und
beurteilt werden. Jede intellektuelle Kritik, jede moralische Beurteilung oder Infragestellung
basiert auf einem Fundament von Annahmen, die als glaubwürdige Selbstverständlichkeiten
und als überzeugende Kriterien und Maßstäbe akzeptiert werden. Voraussetzungsloses
Denken, ein Denken ohne unbezweifelbare Glaubensannahmen gibt es nicht.
So schreibt der ehemalige Direktor der Abteilung für Weltmission und Evangelisation im
Ökumenischen Rat der Kirchen, Lesslie Newbigin:
» Wenn ein religiöser Mensch mit einer anderen Religion in Berührung kommt, wird er sie
darum selbstverständlich im Lichte seiner eigenen Religion beurteilen, .. .oder er erhebt den
Anspruch auf einen Standpunkt über den Religionen, was bedeuten würde, dass er eine
höhere und wahrere Religion vertritt, als die jetzt existierenden. « 3)
Nicht nur im theologisch oft geschmähten Fundamentalismus, sondern auch im vielfach
unkritisch anerkannten Pluralismus liegen Denksysteme vor, denen ganz bestimmte
unausgesprochene Glaubensannahmen zu Grunde liegen, die vor aller weiteren Diskussion
bewußtgemacht und auf ihre Glaubwürdigkeit hin befragt werden müssen.
Wer in den Fragen der Religion vom pluralistischen oder relativistischen Standpunkt aus
argumentiert, bewegt sich glaubensmäßig keineswegs auf neutralem Boden oder im
Rahmen austauschbarer Beliebigkeiten. So schreibt der amerikanische Theologe Andrew
Kirk treffend:
»Es ist sinnlos zu sagen, hinter den verschiedenen Manifestationen der religiösen
Frömmigkeit stehe dieselbe göttliche oder transzendente Wirklichkeit, wenn man nicht
2Beyerhaus/v. Padberg, EineWelt- eine Religion?, Asslar 1988, S. 96.
3LesslieNewbigin, a.a.O., S.43f.
3
selbst einen klaren Begriff vom Wesen dieser Wirklichkeit hat. 4)
Der Pluralist geht ebenso sehr von einem unableitbaren, nicht beweisbaren Glaubenssatz
aus wie derjenige, der an eine vorgegebene Offenbarung glaubt. «5)
Sektiererisches Gepräge
Eine so genannte christlich-pluralistische Religionsbetrachtung, die erklärtermaßen von
einem »ismus« bestimmt wird, trägt meiner Meinung nach unveräußerlich sektiererisches
Gepräge, insofern als das Teilwahrheiten, die im Einzelfall durchaus richtig sein mögen, in
den Rang eines beherrschenden Prinzips oder eines absoluten, alles bestimmenden
Zentrums erhoben werden. Das heißt konkret, dass der Platz, der im Leben und Denken
eines Christen ganz allein Jesus Christus zukommt, anderweitig besetzt wird. Das kann man
tun, aber damit hat man letztlich seine Identität als Christ preisgegeben, denn die ist
unablöslich von der einzigartigen Offenbarungsgeschichte, die uns in der Bibel Alten und
Neuen Testamentes bezeugt wird und die in dem Namen Jesus Christus zusammengefasst
werden kann. Von diesem unveräußerlichen Verstehens- und Vertrauensrahmen her kann
meiner Überzeugung nach einzig eine evangeliumsgemäße Betrachtung und Beurteilung der
Religionen erfolgen.
Die Barmer Theologische Erklärung bleibt hier wegweisend:
»Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes,
das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben.
Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer
Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und
Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen. «6) Im Folgenden
sollen einige bedeutsame Grundaussagen des Alten und Neuen Testamentes zu unserer
Thematik thesenartig skizziert werden.
Die Vätergeschichte
1. Gott, der Schöpfer, ist der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs (Ex
3,6; Mt 22,32; Apg 3,13; 7,32). Gott wird durch die Verbindung mit konkreten Personen und
einer historisch einzigartigen Ereignislinie identifizierbar. Gott kommt in Israel zur Welt
(Hans-Joachim Kraus). Gott verbindet sich mit Israel in einem unauflöslichen Bund, der
analog zum Ehebund betrachtet wird. Die Verehrung anderer Götter ist geistlicher Ehebruch
und befördert geschlechtliche Verirrungen (vgl. Jer 2, 23 - 25; Röm 1, 24 - 27).
Das Gesetz
2. »Ich bin der Herr dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft,
geführt hat. Du sollst keine andern Götter haben neben mir!« (Ex 20, 2f). Der Gott Israels
reklamiert für sein Volk einen kompromisslosen Einzigkeits- und Absolutheitsanspruch.
Gleichzeitig wird die Existenz anderer Götter nicht bestritten, aber sie werden weder mit dem
Gott Israels identifiziert noch ihm in irgendeiner Weise gleich- oder zugeordnet.
3. »Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was
oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser
unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht, denn ich der Herr bin ein
4AndrewKirk, Wahrheit imAngebot, Giessen 1995, S. 183.
5AndrewKirk, a.a.0., S. 179.
6Hans Steubing (Hrsg.), Bekenntnisse der Kirche, Wuppertal 1985, S. 300.
4
eifernder Gott!« (Ex 20, 4f)
Der Gott Israels verbietet seinem Volk jegliche menschliche Spekulation und Projektion, in
denen versucht wird, sich selbst von Gott eine Vorstellung zu machen.
Die Propheten
4. »Wendet euch zu mir, so werdet ihr gerettet, aller Welt Enden; denn ich bin Gott
und sonst keiner mehr.« (Jes 45, 32) Der Gott Israels geht seinen partikularen und
exklusiven Weg mit Israel unter einer universalen, alle Völker umfassenden Zielsetzung. Die
vertrauensvolle Hinwendung zu ihm, dem Gott Israels, ist der universale Heilsweg für alle
Völker.
Selbstaussagen Jesu in den Evangelien
5. »Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater,
denn durch mich!« (Joh 14, 6) Der Absolutheitsanspruch des Christentums, insofern es
sich entgegen seinen Ursprüngen selbst zu einem Macht ausübenden Religionssystem
entwickelt hat, darf mit Recht bestritten werden. Der Absolutheitsanspruch Jesu Christi bleibt
unaufgebbar.
Die Missionspredigten der Apostelgeschichte
6. »Gott hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie
auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und
in welchen Grenzen sie wohnen sollen, damit sie Gott suchen sollten, ob sie ihn wohl
fühlen und finden könnten; und fürwahr er ist nicht ferne von einem jeden unter uns.
Denn in ihm leben und weben und sind wir... Gott hat über die Zeit der Unwissenheit
hinweggesehen; nun aber gebietet er den Menschen, dass alle an allen Enden Buße
tun. Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er den Erdkreis richten will mit
Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den
Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat.« (Apg 17, 26-28.30 f)
Dieser Auszug aus der Areopagrede ist in vielerlei Hinsicht beachtenswert. Erspricht von
einer alle Menschen umfassenden geschöpflichen Verbundenheit und einer alle Menschen
betreffenden existenziellen Gotteserfahrung. Die Religionen hingegen werden als von Gott
geduldete, unwissende Annäherungsversuche gesehen, deren heilsgeschichtlicher Freiraum
mit dem Erscheinen Jesu Christi an sein Ende gekommen ist. Die Einzigartigkeit Jesu Christi
als die vollkommene und endgültige Offenbarung Gottes hat in der Auferweckung dieses
einen von den Toten seine göttliche Bestätigung erfahren. Der Anfang der Areopagrede
macht deutlich, dass Paulus sein Evangelium nicht als eine interessante Erweiterung des
ohnehin schon reichhaltigen religiösen Angebotes aufgefasst hat oder aber in ihm eine
Variante beispielsweise des Zeuskultes gesehen hat. Paulus knüpft nicht dort an, wo
fremdes religiöses Wissen und eigene religiöse Erfahrung vorzuweisen sind, sondern dort,
wo im Hinblick auf Gott nichts anderes als eine große Verlegenheit, eine einzige Wissensund
Erfahrungslücke vorhanden ist. Paulus weiß von keinem Gott in allen Religionen,
sondern nur von einem Gott über allen Religionen. In den Religionen geht es um
menschliche Vorstellungen von Gott oder einem jenseitigen Vollkommenheitszustand und
um eine Vielzahl menschlicher Versuche, diesen vorgestellten Gott in irgendeiner Weise zu
beeinflussen bzw. diesen Vollkommenheitszustand zu erreichen. Aber genau da ist Gott
nicht zu finden. Genau auf diese Weise macht man sich
5
taub und blind für Gott. Gott ist nicht in der Religion, sondern im Leben zu finden. Hautnah
ist jeder Mensch von der Offenbarung Gottes umgeben, aber eben nicht in der mystischen
Versenkung, nicht in den vielfältigen Jenseitserfahrungen, sondern mitten im Leben, wo er
mit offenen Sinnen die ihn umgebende Welt wahrnimmt.
Wenn Paulus auch nicht sagt: »Ein Gott in allen Religionen«, so sagt er doch: »Ein Mensch in
allen Religionen«. Tatsächlich ist es eine interessante Beobachtung, dass es auf der ganzen
Welt überall da, wo Menschen waren, auch Religion gegeben hat. Jeder Mensch spürt ein
geheimnisvolles Vakuum in sich und sucht danach, dieses Vakuum zu füllen. Augustins
Umschreibung dieses Vakuums ist ja berühmt geworden:
»Unser Herz ist unruhig in uns, bis dass es Ruhe findet, o Gott, in dir.«
Und das liegt - so Augustin - daran, dass wir zu Gott hin geschaffen sind, jeder Mensch. Es
ist derselbe Mensch in allen Religionen, von Gott und zu Gott hin geschaffen, es sei ein
Moslem oder Hindu, ein Jude oder ein Christ, es sei ein Asiate oder ein Europäer, es sei ein
Schwarzer oder ein Weißer.
Und nun sagt Paulus noch etwas Drittes. Da ist also ein Gott über allen Religionen und ein
Mensch in allen Religionen, und nun gibt es einen Weg aus allen Religionen. Es gibt einen
Weg aus den vielen selbstgemachten Gottesbildern und selbstkonstruierten Gottesdiensten.
Das, was uns Menschen verboten ist, nämlich dass wir uns unsere eigenen Vorstellungen,
unsere eigenen Bilder von Gott machen, das ist uns deshalb verboten, weil Gott es sich
selbst vorbehalten hat. Gott wollte und Gott hat uns selbst eine Vorstellung, ein Bild von sich
gegeben. In Jesus Christus ist das Bild des unsichtbaren Gottes erschienen. Jesus Christus
ist der Weg aus allen Religionen hin zu dem Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat und
der über allen Religionen ist.
Die Briefe
7. »Denn obwohl sie von Gott wussten, haben sie ihn nicht als Gott gepriesen noch
ihm gedankt, sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren Gedanken und ihr
unverständiges Herz ist verfinstert.« (Röm 1,21)
Denn das Gesetz hat nur einen Schatten von den zukünftigen Gütern, nicht das
Wesen der Güter selbst.« (Hebr 10, 1)
Alle Religionen sind Projektionen. Die außer-israelitischen Religionen sind Projektionen von
unten nach oben, die israelitische Religion ist eine Projektion von oben nach unten. Selbst
Israel hat in seinen religiösen Kulten nicht das Eigentliche, sondern nur ein schemenhaftes
Abbild vor Augen. In Jesus ist das Eigentliche erschienen. Jesus ist in Person das Ende aller
Religion.
8. »Was will ich damit sagen? Dass es doch Götter gibt oder die Opfer, die ihnen
gebracht werden, irgendeinen Wert haben? Natürlich nicht! Sie bringen ihre Opfer den
Dämonen, nicht etwa Gott. Ich will aber nicht, dass ihr Gemeinschaft mit dämonischen
Mächten habt. Oder wollen wir etwa den Herrn herausfordern? Bilden wir uns wirklich
ein, stärker zu sein als er?« (1. Kor 10, 19 f. 22, Übersetzung »Hoffnung für alle«)
Hier setzt sich Paulus mit den synkretistischen Gnostikern seiner Zeit auseinander und weist
ihnen gegenüber auf die von den Gnostikern aller Zeiten immer wieder ignorierte Welt der
dämonischen Kräfte hin. Hans-Joachim Kraus kommentiert dazu: » Paulus warnt davor,
im Pathos christlich-enthusiastischer Hybris die „Götter“ für nicht existent zu
erklären und damit die Wirkungsmacht von „Religion“ zu unterschätzen.«7) Damit
ist eine klare Warnung vor Gottesdiensten und religiösen
7Hans-Joachim Kraus, Theologische Religionskritik, Neukirchen-Vluyn 1982,S.244.
6
Praktiken ausgesprochen, die nicht in der Macht- und Schutzsphäre des Gottes Israels und
des Christus Jesus geschehen.
Schlussthesen
Die Bibel lehrt nicht einen Gott in, aber einen Gott überallen Religionen. Dieser Gott hat
sich in konkreter Geschichte einen unverwechselbaren Namen gemacht.
An der Person Jesu Christi, an seinem eigenen Anspruch und am apostolischen Zeugnis
von ihm scheiden sich die Geister: »Wer den Sohn leugnet, der hat auch den Vater nicht;
wer den Sohn bekennt, der hat auch den Vater.« (1. Joh 2,23)
Die reformatorische Grundsatzfrage nach der rechten Unterscheidung von Gesetz und
Evangelium steht heute nicht nur im Raum kirchlicher Binnengewässer, sondern auch auf
der offenen See allgemeiner Religionskritik zur Entscheidung an.
Der Umgang mit Menschen, egal welcher Religionszugehörigkeit, hat so zu sein, dass einer
freien und ungezwungenen Bekehrung zu Jesus Christus der Weg nicht verbaut, sondern
geebnet wird.
Das heißt Ja zu einem ehrlichen und authentischen Dialog, Ja zu einem gründlichen
Verstehenlernen der Religion des Gesprächspartners, Ja zu einem liebevollen Zeugnis in
Wort und Tat, Ja zu gegenseitiger kultureller Begegnung und Bereicherung und Ja zu
einem respektvollen, friedlichen Zusammenleben. Es heißt aber auch ein bewusstes Nein zu
allen synkretistischen Bestrebungen, die eine Einigung im kultisch-religiösen Bereich ohne
gemeinsame Hinwendung zu Jesus Christus bewirken wollen.
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