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Text von Manfred R. Haller ("Wir sahen seine Herrlichke


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#1
1.Kor.1,30

1.Kor.1,30

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DAS WERK GOTTES IN DIESEN LETZTEN TAGEN
von Manfred R. Haller

Kapitel 28: Manifestationen des Geistes

Unter diesem Stichwort wollen wir kurz untersuchen, wie sich die neutestamentliche Realität, das Zeugnis Gottes in der Kraft und Wirklichkeit des Heiligen Geistes äußert. Es ist in fundamentalistisch orientierten Kreisen üblich geworden, die Früchte des Heiligen Geistes gegen die Gaben, die Charismata, auszuspielen. Dazu besteht überhaupt kein Grund. Denn ob es sich um die Früchte des Geistes oder bloß um bestimmte Geisteswirkungen übernatürlicher Art handelt - es ist in jedem Fall eine Manifestation des Geistes. Der Geist hat immer das Ganze im Auge.

Gott hat ein ganzheitliches Zeugnis auf Erden. Er möchte nicht nur auf übernatürliche Weise wirken und Wunder und Zeichen tun, sondern auch auf ganz konkrete Weise Sein Wesen, Seinen Charakter, Seine Heiligkeit und Herrlichkeit in lebendige Menschen hineinwirken und sie in Sein Bild umwandeln. Beides dient dem einen Zweck: Gott zu verherrlichen. Beginnen wir bei den wesenhaften Manifestationen.

1. Gerechtigkeit, Frieden, Freude

In Römer 14 definiert Paulus, worin das Reich Gottes besteht: «Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Frieden und Freude im Heiligen Geist» (14.17). Alle drei Begriffe sind nur «im Heiligen Geist» Realität. Er bringt die Gerechtigkeit Gottes in unser Leben. Jedes eigene Bemühen um Gerechtigkeit geht am Neuen Testament vorbei und ist seinem Wesen nach sündhaft. Der Heilige Geist allein vermittelt uns die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt oder, wie es wörtlich heißt, «die Gerechtigkeit Gottes».

Gerechtigkeit ist in der Bibel nicht nur eine juristische Kategorie, wie etwa Luther dies darstellte, das heißt, wir werden nicht nur gerecht gesprochen, sondern Gerechtigkeit ist etwas Wesenhaftes. Wir werden gerecht gemacht; Gerechtigkeit wird uns geschenkt und erhalten wir durch den Heiligen Geist. Dasselbe gilt für den Frieden und die Freude. Nur der Heilige Geist verleiht Frieden. Er deponiert den Frieden Gottes in unseren Herzen; die Gewissheit, dass unsere Sünden getilgt und wir von Gott angenommen und geliebt sind.

Der Geist Gottes führt uns in die Ruhe Gottes ein, wo alle Stürme gestillt, Eile Fragen beantwortet, alle Mächte besiegt sind. Friede herrscht dort, wo Gottes Herrschaft konkret aufgerichtet und anerkannt worden ist. Und Freude ist ebenfalls etwas, das nur der Heilige Geist wirken kann. Dass es sich hier nicht um irdische und zeitliche Freuden handeln kann, sondern um die übernatürliche Freude der Herrschaft Gottes, ist zum vornherein klar. Die Grundstimmung der Freude ist ein hervorragendes Merkmal der Fülle des Heiligen Geistes.

Diese Freude ist unzerstörbar. Sie kommt überall zum Vorschein, sie durchdringt und beherrscht alles, selbst die Trauer und den Schmerz. Es handelt sich um die vollkommene Freude einer erlösten Existenz in der Gegenwart und Fülle Gottes. Geisterfüllte Christen sind freudige, fröhliche Christen. Ihr Echtheitsausweis besteht darin, dass sie überall Freude und Hoffnung verbreiten, dass sich ihre Freude auf andere überträgt und so zum Anziehungspunkt für solche wird, die sich nach Befreiung und Erlösung sehnen. Die Freude im Heiligen Geist ist die stärkste Kraft, die Menschen zu Christus zieht.

2. Liebe

Liebe ist kein Gefühl, kein Verhalten, keine Tugend und kein Entschluss: Sie ist ein Wesen. Paulus erklärt in Römer 5: «Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist». Gott ist Liebe.

Die Liebe, von der Paulus hier spricht, ist also das Wesen Gottes. Und dieses Wesen kommt und besteht nur im Heiligen Geist. Durch Ihn kommt die Liebe Gottes in unser Leben herein, und sie besteht auch nur in Ihm. Wo die Liebe fehlt, fehlt der Geist. Es nützt also gar nichts, sich Mühe zu geben, um den Bruder lieben zu können.

Durch den Geist wird die Liebe ausgegossen, und im Geist allein bleibt sie uns auch erhalten und wirkt sie durch uns. An der Liebe erkennt man, ob ein Mensch geistgetauft ist oder nicht. Auch sie ist eine Manifestation des Geistes, ja, ich möchte sagen, sie ist die umfassende Manifestation. Jener Bruder hatte recht, der schrieb: «Die Liebe ist das Charisma schlechthin». Das will nicht heißen, dass man die Liebe gegen die Charismata ausspielen und sie davon trennen kann. Wer die Gnadengaben ausklammert, verkürzt die Liebe, denn er verurteilt diejenigen, durch die der Geist sich durch Charismata manifestiert.

Die Liebe schließt alle Gaben mit ein, genauso wie sie alle Früchte einschließt. Wer den Bruder liebt, will, dass ihm geholfen wird. Und um ihm helfen zu können, benötigen wir genau die Gaben, die von so vielen abgelehnt oder zumindest in Frage gestellt werden. Wie kann ich den Bruder lieben, wenn ich die entscheidende Erfahrung, den Empfang der Fülle des Geistes, ablehne?

3. Heiligkeit

Eine dritte wesentliche Manifestation des Geistes ist Heiligkeit. Wo immer der Geist wirkt, wo immer Er Gaben austeilt und sich auf irgend eine Weise manifestiert, hat Er die Heiligkeit und Herrlichkeit Gottes im Auge. Daran kann man auch die Echtheit von bestimmten Manifestationen überprüfen. Wo es an Heiligkeit fehlt, ist nicht der Heilige Geist am Werk, denn Er ist der Geist der Heiligkeit Gottes.

4. Glauben

Sowohl der Glaube, der uns mit Christus verbindet, als auch derjenige, der die Wunderkräfte Gottes freisetzt, ist eine Wirkung des Heiligen Geistes. Ohne den Heiligen Geist gibt es keinen wirksamen und biblischen Glauben. Glaube ist mehr als eine Überzeugung: Er ist ein Wissen, eine Gewissheit, ein Leben, Fühlen und Sehen im Unsichtbaren. Am Glauben erkennt man die Fülle und Gegenwart des Heiligen Geistes. Im Neuen Testament werden Geist und Glauben zusammen genannt: «... voll Heiligen Geistes und Glaubens» (Apostelgeschichte 11.24).

5. Langmut (Geduld), Freundlichkeit, Gute, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit (nach Galater 5.22)

All diese Eigenschaften werden zusammen mit Liebe, Friede, Freude unter «Frucht des Geistes» aufgezählt. Es sind lauter charakteristische Wesenszüge von Christus selbst, die der Heilige Geist in uns hineinwirken möchte und durch die Er sich selbst in uns manifestieren möchte. lch bin mir bewusst, dass es nicht üblich ist, diese Geistesfrucht unter den «Manifestationen des Geistes» einzureihen, aber genau das ist sie: «Er wird mich verherrlichen» - das heißt doch, Er wird Mich, Meine Wesensart, manifestieren. Die Welt wird Mich in ihnen wiedererkennen und durch sie und ihr Zeugnis an Mich glauben.

Nachdem wir nun die wesenhaften Manifestationen des Geistes besprochen haben, lasst uns zu den eher nach außen hin wirksamen Manifestationen übergehen. Wir betreten hier kontroverses Gebiet, aber es ist gar nicht kontrovers, wenn wir uns ganz an die Schrift, und zwar an die ganze Schrift, halten.

6. Die Charismata

Das ganze Neue Testament ist voll von Zeugnissen, dass der Heilige Geist, wo immer Er Zugang findet, auf übernatürliche Weise zu wirken beginnt. Diese Geisteswirkungen werden gewöhnlich unter dem Begriff «Charismata» oder «Gnadengaben» (besser: «Gnadenwirkungen») zusammengefasst. Am häufigsten werden die neun in 1. Korinther 12.8-10 aufgeführten genannt. Es ist jedoch nicht so, dass damit alle Gnadengaben vollständig aufgezählt wären. Weitere Gaben finden wir in 1. Korinther 14 und in Römer 12.

Wo immer im Neuen Testament solche Gnadenwirkungen erwähnt werden, werden sie nur beispielhaft erwähnt, also nie im Sinne irgend einer Vollständigkeit. Der Heilige Geist ist in Seiner Wirksamkeit nicht eingeschränkt, und wie die Apostelgeschichte völlig offen endet, so lässt sich auch der Heilige Geist in Seinen Gnadenwirkungen nicht auf die im Neuen Testament namentlich genannten Charismata festnageln.

Es ist auch nicht so, dass alle diese Gaben überall und jederzeit so vorhanden sein müssen, wie dies im Neuen Testament der Fall ist. Doch ist unzweifelhaft, dass sie, wo immer der Heilige Geist durchbricht und wirkt, nicht fehlen, nie gefehlt haben und auch nie fehlen werden. Es bleibt Ihm überlassen, wie und womit Er sich manifestieren will. Aber Er wird sich manifestieren, denn die Herrlichkeit Gottes will auch heute wie zu allen Zeiten Fleisch werden und im Fleische angeschaut und betastet werden können.

So vermittelt der Geist übernatürliche Erkenntnis, die kein Mensch von sich aus wissen oder in Erfahrung bringen kann; Er verleiht Weisheit, in allen Situationen das Richtige und Gott Gemäße zu tun; Er bewirkt Glauben, durch welchen es Gott möglich wird, Unmögliches möglich zu machen. Ferner verleiht Er Gnadengaben der Heilungen, um der mannigfaltigen Not der Krankheit und des Irrsinns zu begegnen. Wir werden noch gesondert über die Heilung von Krankheiten sprechen, aber gerade in der Heilung von Krankheiten und im Austreiben von Dämonen erweist der Geist am augenfälligsten die Vollmacht des auferstandenen Herrn unter den Menschen.

Eine der wichtigsten Geistesmanifestationen, besonders für das Gemeindeleben, ist das Charisma der Prophetie (Weissagung). Sie offenbart der Gemeinde den aktuellen Willen Gottes, und sie ist imstande, Menschen in die unmittelbare Gegenwart Gottes zu führen. Sie konfrontiert den Sünder mit seiner Sünde und überführt ihn von der Notwendigkeit, sein Leben in Ordnung zu bringen.

Ein weiteres Charisma ist die Fähigkeit, Geister zu unterscheiden. Gewiss fällt darunter, dass jemand dämonische Geister entlarven, aber auch Befleckungen im menschlichen Geist feststellen kann, zum Beispiel ob einer es ehrlich oder unehrlich meint, ob seine Motive rein sind oder ob er bloß zum Vorwand «geistlich» sein will. In 1. Korinther 14.18-19 werden weitere Charismata genannt: «Hilfeleistungen, Leitungen (kyberneseis), Lehren». In Römer 12 kommen noch «Dienen, Ermahnung, Mitteilen und Vorstehen» hinzu.

Dies alles sind genuine Manifestationen des Geistes, und sie bilden zusammen mit den Geistesfrüchten das neutestamentliche Zeugnis von Jesus Christus in der Gestalt der neutestamentlichen Gemeinde.

Das Zungenreden

Der aufmerksame Leser wird bemerkt haben, dass wir zwei Charismata ausgeklammert haben: Das Reden in Zungen und die dazugehörige Übersetzung (Auslegung). Wir wollen diesen beiden Geistesmanifestationen einen eigenen, kurzen Abschnitt widmen, weil sich an diesen Gaben die Geister am meisten scheiden. Die Glossolalie wird dem verstandesorientierten traditionellen Christen stets ein Ärgernis bleiben, und er wird immer nach Gründen suchen, sie aus seinem Gesichts- und Erfahrungsbereich wegzurationalisieren.

Sie ist deshalb unbequem, weil sie dem Verstand jegliche Kompetenz abspricht, weil sie ihn demütigt und recht eigentlich entthront. Es hat Gott gefallen, dieses Ärgernis stehen zu lassen. Wer einfältig genug ist, dem Heiligen Geist vor allen Bibelinterpretationen und dogmatischen Absicherungen den Vorzug und freie Hand zu geben, wird immer wieder mit dieser Gnadengabe beschenkt, und sie erweist sich in seinem Leben als beglückende Erfahrung, als großer Segen, als ein wirksames Mittel der Anbetung und der Fürbitte, und auch als ein Bahnbrecher in tiefere Regionen des Geistes und der Gegenwart Gottes.

Sie ist eigentlich ein Mysterium. Schon so viele Bibellehrer haben sich an ihr die Zähne ausgebissen. Eines ist klar: Nicht alle reden in Zungen. Die Zungenrede ist nicht das Kennzeichen der Geistestaufe, wie es viele Pfingstgläubige lehren, sie ist auch nicht ein Beweis für besonders geistliche Reife und besondere Heiligkeit. Sie ist ein Geschenk, eine Gnadenwirkung, und sie wird dem verliehen, der dafür offen und empfänglich ist.

Gott zwingt niemandem Charismata auf, der sie nicht will. Aber wer die charismata ausklammert, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er nicht an der Gnade Mangel leide, ob er nicht im eigenen, immanenten psychischen Raum stecken geblieben und gefangen ist; ob er wirklich schon je einmal durchgebrochen ist in die Wirklichkeit des Heiligen Geistes und also in die Wirklichkeit Gottes selbst?

Die Gabe der Auslegung öffentlicher Zungenrede jedoch ist kein Geheimnis. Sie ist ganz einfach die Übersetzung in eine verständliche Sprache. Über den Gebrauch dieser beiden Gaben hat Paulus klare Anweisungen gegeben. Man kann sie in 1. Korinther 14 nachlesen.

Wunder, Zeichen, Kraftwirkungen

Die Charismata, wie wir sie vorhin beschrieben haben, haben besonders für die Gemeinde Bedeutung. Sie dienen mit den von Gott eingesetzten Wortdiensten und der Diakonie zum Aufbau des Leibes Christi, und sie sind auch größtenteils auf die Gemeinde beschränkt. Gaben unabhängig von der Gemeinde sind zweifelhaft. Anders verhält es sich mit den Wundern, Zeichen und Kraftwirkungen.

Diese geschehen meistens in aller Öffentlichkeit, und sie betreffen sowohl Gläubige als auch Ungläubige. Es stimmt zwar, dass Jesus oft Glauben gefordert oder den Glauben von Menschen getestet hat; den Hauptmann von Kapernaum und die Syrophönizierin lobte Er so gar für ihren Glauben, wie Er ihn in Israel nicht gefunden habe. Aber in jedem dieser Beispiele handelte es sich um Glauben für ihre konkrete Situation und nicht um den grundsätzlichen Glauben, der zur Rettung notwendig ist. Viele von denen, die von Jesus geheilt worden waren, sind wohl nie Seine Nachfolger geworden, was besonders in der Stadt Kapernaum offensichtlich war.

Wunder, Zeichen und Kraftwirkungen sind keine Gaben an die Gemeinde, sondern direkte Erweise der Herrschaft Gottes. Sie manifestieren nicht in erster Linie das Wesen und die Weisheit Gottes, sondern die Macht und Autorität Gottes. Es sind Offenbarungen von Zuständen und Bedingungen, wie sie sein werden, wenn Gott die Herrschaft über alle Dinge angetreten hat. Es sind wirklich Zeichen, die auf etwas hindeuten, die etwas bestätigen.

Wir sollten mutiger werden, an die Realität solcher Wunder und Zeichen zu glauben. Jesus hat viele Wunder getan. Ganz besonders manifestierte Er die Herrschaft Gottes in der Heilung von allen möglichen Krankheiten. Sie geschahen alle durch die Autorität, die Jesus besaß, die Ihm der Vater übergeben hatte. Es waren deutliche Kraftwirkungen von Gott her, denn Er spürte jedesmal, dass Kraft von Ihm ausging, wenn Er heilte. Am offensichtlichsten kam Seine Autorität und geistliche Vollmacht zum Ausdruck, wenn Er Dämonen austrieb. Hier trafen zwei einander entgegengesetzte Herrschaften oder Reiche direkt aufeinander, und es konnte nur eine Lösung geben: Die eine Herrschaft musste der andern weichen.

Jesus verkündigte überall und durchwegs das Evangelium vom Reiche Gottes. Jedes Wunder, das Er tat, jede Krankheit, die Er heilte, stand im Zeichen dieser Gottesherrschaft, bestätigte und verkündigte dieses Evangelium von der Herrschaft, vom Reiche Gottes, und machte die Leute darauf aufmerksam, dass sie es hier unmittelbar mit Gott zu tun hatten.

Die Jünger ihrerseits nahmen diesen selben Verkündigungsdienst auf, und auch ihr Dienst war begleitet von den mitfolgenden Zeichen. Die Wunder, die sie wirkten, vollbrachten sie alle im Namen Jesu, und der Heilige Geist verschaffte diesem Namen Nachdruck und tat große Dinge durch die Apostel. Vor ihrer Heimsuchung mit dem Heiligen Geist taten die Jünger keine Wunder. Genauso war es bei Jesus: Er begann erst Wunder zu tun, nachdem Er im Jordan getauft worden und der Geist in der Gestalt einer Taube auf Ihn herabgekommen war.

Alles geschah, sowohl bei Jesus als auch bei den Jüngern, «in der Kraft des Geistes». Es gibt keinen echten, geistlichen Grund, zu behaupten, diese Verhältnisse hätten sich geändert, nachdem die Apostel alle gestorben waren, und an deren Stelle sei der neutestamentliche Kanon getreten. Wie kann ein Buch, und sei es noch so inspiriert und göttlich, die Wirklichkeit des Heiligen Geistes ersetzen? Paulus hat geschrieben: «Der Herr ist der Geist». Er sagte nicht: «Der Herr ist das Buch, oder die Schrift, oder das Neue Testament».

Das Buch ist ein historisches Dokument, ein Zeugnis, und es soll den Glauben an Den wecken, von Dem es Zeugnis ablegt. Und dazu hat es auch die Kraft. Aber das Buch ist nur Hinweis, nur Zeugnis, es ist nicht die Wirklichkeit selbst und auch kein Ersatz für die Wirklichkeit. Der Geist, der heute in den Gläubigen wohnt und in der Gemeinde wirkt, ist derselbe Geist, von dem die Schrift Zeugnis gibt.

Und wie sollte Er da aufgehört haben, all die Dinge zu tun, um derentwillen Er überhaupt erst gesandt wurde? Haben wir heute ein anderes Evangelium als das Evangelium vom Reiche Gottes? Sind die Menschen heute eher bereit als damals, ohne Wunder und Kraftwirkungen anzuerkennen, dass Jesus Christus Herr ist? Nein, im Gegenteil. Wir leben in einer Zeit großen Abfalls vom Glauben. Die Aufklärung und die in ihrem Gefolge ständig weiter fortschreitende «Verwissenschaftlichung» aller Lebensgebiete hat den Menschen dieses Jahrhunderts alle Voraussetzungen genommen, noch an einen Gott, noch an jenseitige Dinge zu glauben.

Um so mehr benötigen wir die bestätigenden Wunder, Zeichen und Kraftwirkungen. Die Menschen müssen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Sie müssen mit Gott und mit Seiner Wirklichkeit direkt konfrontiert werden. Und dazu sind diese Wunder und Zeichen da. Ich weiß, dass auch der Antichrist große Wunder und Zeichen tun wird. Aber er wird sie nicht im Namen Jesu tun. Sie werden ihn selbst bestätigen und nicht die absolute Herrschaft Gottes über alle Dinge und Mächte dieser Schöpfung. Darum lassen sich echte und falsche «Machttaten» leicht auseinander halten. Es ist falsch, aus lauter Angst vor dem Falschen auch auf das Richtige zu verzichten. (Derselbe Grundsatz gilt auch für das Zungenreden!).

Gott ist ein Gott großer Wunder. Wenn wir diesen Gott in Jesus Christus verkündigen, müssen wir Ihm auch die Gelegenheit geben, Seine Größe und Herrlichkeit zu offenbaren. Und was eignete sich besser dazu als Sein übernatürliches Wirken in den vielerlei Nöten einer leidenden und vom Tode beherrschten Menschheit? Jesus rettet nicht nur von Sünde, Jesus Christus heilt auch. Das ist das eindeutige Zeugnis der Schrift. Wir können und dürfen erwarten, dass Gott auf unser Gebet und auch auf das autoritative Gebieten im Namen Jesu hin Kranke heilt und Dämonen austreibt. Gerade darin liegt ja ein klarer Beweis, «dass das Reich Gottes zu euch gekommen ist».

Sicher darf hier keine Zwängerei einsetzen. Es gibt keinen Heilungsmechanismus. Es ist jedesmal, wenn jemand wunderbar geheilt wird, ein gnädiges und souveränes Eingreifen Gottes. Es steht Gott immer frei, auch nicht zu heilen und nicht einzugreifen. Aber das Normale ist das nicht. Gott ist ebenso willig, unsere Krankheiten zu heilen, wie unsere Sünden zu vergeben. Dies ist Bestandteil des Evangeliums.

Glauben wir wirklich an das Evangelium? Oder haben wir doch das Evangelium verfälscht oder nur ein ganz einseitiges, kopflastiges Evangelium verkündigt? Dann lasst uns schleunigst Buße tun und umkehren. Lasst uns kein falsches Gerücht über Gott aufbringen, als habe Er sich geändert, als seien Krankheit und Tod plötzlich etwas Gutes, Wohlgefälliges, Hilfreiches, ja Heiliges.

Gottes Ziel, Gottes Wille ist vollkommenes Heil, vollkommene Heilung nach Leib, Seele und Geist. Das Konkreteste, was wir Menschen von Seiner Errettung und Erlösung fassen können, ist das wunderbare Eingreifen Gottes, wenn wir uns, krank und geschunden, an Ihn wenden und gesund aufstehen.

g. Neutestamentlicher Gottesdienst

Es gibt noch weitere Manifestationen des Geistes. Sie betreffen vor allem den neutestamentlichen Gottesdienst. Eines der sichersten Hinweise darauf, dass ein Mensch unter die Kraft Gottes gekommen ist, dass der Geist ihn ergriffen und erfüllt hat, ist seine Anbetung Gottes. Geisterfüllte Menschen sind Anbeter. Und zwar ist diese ihre Anbetung nicht Pflicht, nicht irgend eine Verrichtung, nicht irgend eine religiöse oder geistliche Handlung, sondern tiefes Bedürfnis. Anbetung ist zu ihrer Natur geworden. Sie können nicht anders, als Tag und Nacht, in guten und schlechten Zeiten, im Glück und in der Verzweiflung Gott anzubeten. Ihre Anbetung ist innig und tief, und sie ist gefüllt mit Autorität und Kraft.

Darum ist der neutestamentliche Gottesdienst durchtränkt und angefüllt mit Lobpreis und Anbetung. Diese äußert sich vielfältig: Durch Lieder und Hymnen, durch Gebärden, durch spontane Beteiligung, durch freies Gebet und Zungengebet, ob gemeinsam oder einzeln, und auch durch freies Singen im Geist. Wie weit letzteres im neutestamentlichen Gottesdienst in Erscheinung trat, wissen wir nicht, jedenfalls gibt es kirchengeschichtliche Zeugnisse, die es belegen. Immer wieder bricht die Gemeinde in Jubel aus, lobt sie Gott, klatscht sie in die Hände oder steht sie in gläubiger Verzückung mit ausgebreiteten Armen in der Gegenwart Gottes. Zeit spielt dabei keine Rolle. Wir sind Sklaven unserer Uhren geworden. Die neutestamentliche Gemeinde lebte in der Ewigkeit, und darum stand sie nie unter Zeitdruck.

Es ist nicht so, dass alle Versammlungen im Neuen Testament klar voreinander abgegrenzt waren. Es gab Gebetstreffen, bei denen speziell Fürbitte getan wurde. Aber dabei konnten immer auch Gaben betätigt werden, Prophetien konnten eintreffen und alles Geplante über den Haufen werfen; es konnten Bedürfnisse auftreten, die auf der Stelle geregelt werden mussten (wie im Falle von Ananias und Saphira). Wenn gepredigt wurde, konnte gleich auch noch eine Mahlfeier hinzugefügt werden, oder die Gemeinde konnte zum Gebet oder zur Anbetung übergehen.

Im Neuen Testament finden wir im Blick auf die Versammlungen der Gemeinden eine ungeheure Spontaneität und Beweglichkeit, die wir noch lange nicht wiedererlangt haben. Wir sind zu sehr wortorientiert. Die reformatorische Predigt hat unseren Verstand, unser ganzes Denken auf Jahrhunderte hinaus geprägt, und unser so geprägter Verstand beherrscht all unsere Emotionen und unsere nichtrationalen Fähigkeiten. Überall wittern wir Gefahren, sobald jemand andere Ausdrucksmittel sucht, um Gott zu dienen und anzubeten.

Wir sind geistliche Berufsfeuerwehren, die überall 'Füürio, Füürio' schreien, wo es gar nicht brennt, sondern der Geist bloß Leben manifestiert und die Herrlichkeit Gottes durchbrechen will. Haben wir so wenig Zutrauen zu Gott? Haben wir ein so gestörtes Verhältnis zur Person des Heiligen Geistes, dass wir uns Ihm nur theologisch und dogmatisch abgesichert nähern können? Gott will Menschen aus Fleisch und Blut mit Kraft und Herrlichkeit erfüllen. Er möchte Seine ganze Fülle durch den Heiligen Geist in der Gemeinde manifestieren, aber wir lassen es nicht zu. Wir sind wie Johannes der Täufer, der es gut meinte und Jesus daran hindern wollte, getauft zu werden. Dabei war gerade das notwendig, «um alle Gerechtigkeit zu erfüllen».

Genauso sehr ist es heute nötig, mit dem Heiligen Geist und mit Feuer getauft zu werden, damit Gott verherrlicht wird und unsere Gottesdienste wieder Himmelsluft und Freiheit zu atmen beginnen. Wir sollten uns neu nach dieser Taufe ausstrecken, die Fenster unserer Seele weit öffnen, damit der göttliche Wind mächtig herein wehen kann. Dann werden sich unsere steifen, formellen Gottesdienste von Grund auf ändern.

Das bedeutet nicht, dass dann das große Chaos ausbrechen wird. Im Gegenteil: Aus dem Chaos von seelischer und fleischlicher Betriebsamkeit, wie es heute existiert, wird eine göttliche, vom Heiligen Geist komponierte Symphonie werden. Eines wird zum andern passen, eines wird aus dem andern hervorgehen, alles wird aufeinander abgestimmt sein.


Wo der Heilige Geist herrscht, gibt es keine Unordnung. Es besteht zwar große Freiheit, und wo Freiheit ist, laufen wir auch Gefahr, dass sie missbraucht wird. Aber dazu hat Gott ja Älteste in die Gemeinde gesetzt, die das Böse, das sich in der Gemeinde einschleichen will, frühzeitig erkennen und eliminieren. Gott ist ein Gott des Friedens. Und solche Gottesdienste sind Friedensquellen, Friedensoasen, Friedensinseln im tosenden Meer dieser Welt.

Wollen wir die Freiheit des Geistes in unseren Versammlungen? Dann müssen wir bereit sein, Ungewohntes, Außergewöhnliches, für rational ausgerichtete Leute sogar Anrüchiges, zu tun. Dann müssen wir bereit sein, auf den Geist, der in der Versammlung wirkt, einzugehen und Ihm zu gehorchen. Aber das fällt uns ja nicht schwer, weil wir unsern Herrn lieben, und weil wir alles, was wir in der Versammlung tun, aus Liebe und Hingabe zu Ihm tun.

Die Liebe tut nichts Unschickliches, sie bläht sich nicht auf, sie drängt sich nicht vor. Aber sie lässt sich immer aufs neue beglücken und überwältigen von Dem, Den sie liebt, von Seiner Schönheit, von Seiner Größe, von Seiner Kraft, von Seiner Barmherzigkeit, von Seiner Allmacht. Möchten doch unsere Gottesdienste solche « Liebestreffen» mit dem Herrn werden, wo jeder mit der Gabe und der Fähigkeit, die er vom Herrn empfangen hat, Seinem Herrn begegnet und dem Bruder dient. Je mehr sich am Gottesdienst beteiligen und je vielfältiger der Ausdruck unserer Anbetung und Liebe zum Herrn ist, desto besser.


Auf Details möchte ich hier nicht weiter eingehen. Die Grundeinstellung muss sich ändern. Die Predigt darf nicht mehr die Anbetung und den Lobpreis verdrängen. Es muss Raum sein für das freie Wirken und Offenbaren des Geistes, für das Liebesgespräch zwischen Braut und Bräutigam, es muss auch Raum vorhanden sein für Dienste und Hilfeleistungen, für alles, was der Geist wirken möchte. Nur so können wir behaupten, ein neutestamentliches Zeugnis zu besitzen und eine neutestamentliche Gemeinde zu sein. Möge der Herr uns helfen.
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