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Das gefährliche Bekenntnis zum Christentum


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Das gefährliche Bekenntnis zum Christentum





Von Heimo Schwilk


21. Dezember 2008


Mehr als 90 Prozent der aus religiösen Gründen Verfolgten und Ermordeten waren in diesem Jahr Christen. Besonders schlimm sieht es im Irak, aber auch in Indien aus.

Eine mit Pistolen und Stöcken bewaffnete Menschenmenge näherte sich dem kleinen indischen Dorf im östlichen Bundesstaat Orissa. Der Mob warf die Fenster der Kirche ein und trieb die Gottesdienstbesucher vor das Gebäude. Dann setzen die Extremisten die Holzkirche mit Fackeln in Brand. Das Lichterfest am Heiligen Abend vor einem Jahr war der willkommene Anlass für fanatische Hindus, ihren christlichen Landsleuten zu zeigen, dass sie als Christen nicht länger geduldet würden. 70 weitere Kirchen wurden abgebrannt und 600 Wohnungen von Christen zerstört.

Das Jahr 2008 wird in die Annalen eingehen als das Jahr, in dem die Diskriminierung und Verfolgung christlicher Minderheiten weltweit ein selten gekanntes Ausmaß erreicht hat. Mehr als 200 Millionen der rund 2,2 Milliarden Christen sind betroffen, wie die katholische Menschenrechtsorganisation "Kirche in Not" in einem aktuellen Bericht bilanziert. Keine andere Religionsgemeinschaft wird härter und grausamer verfolgt als die christliche, mehr als 90 Prozent der aus religiösen Gründen Ermordeten und Verfolgten sind Christen.

Islamische und kommunistische Länder drangsalieren ihre christlichen Minderheiten am stärksten. Auf dem "Weltverfolgungsindex 2008" der Menschenrechtsorganisation "Open Doors" rangiert das kommunistische Nordkorea ganz vorn, dicht gefolgt von Saudi-Arabien. Unter den ersten zehn befinden sich auch die islamischen Länder Iran, Jemen und Afghanistan. China ist vom zwölften auf den zehnten Platz vorgerückt. Schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Christen werden auch in der früheren Sowjetrepublik Usbekistan, in Somalia, Pakistan und Ägypten begangen.

Immer wieder machen Menschenrechtsorganisationen auf die schlimme Lage für Christen in diesen Ländern aufmerksam - ohne große Wirkung in der christlich geprägten Welt. Auch der Vorstoß von Wolfgang Schäuble, eine europäische Lösung für die verfolgten Christen im Irak zu finden, lief weitgehend ins Leere. Offenbar empfindet das christliche Europa sich längst nicht mehr als Schutzmacht der Christenheit.

Das Schweigen hat viele Ursachen. Noch immer halten sich Politiker und Regierungen zurück, wenn es um die Maßregelung von Ländern geht, die als ehemalige Kolonien selbst Opfer von Diskriminierung und Unterdrückung waren. Und in den sich immer weiter säkularisierenden Gesellschaften des Westens verschwindet naturgemäß die Sensibilität für Menschen, die ihrem Glauben bis in den Tod hinein treu bleiben. Die Propaganda islamistischer Gruppen, die Christen im Irak oder im Iran seien natürliche Verbündete der USA und der Nato, erscheint nicht wenigen auch im Westen plausibel.

Der pakistanische Erzbischof Lawrence Saldanha forderte deshalb den Westen auf, sich nicht als Christ für Christen, sondern als Bürger für die freie Religionsausübung als allgemeines Menschenrecht einzusetzen. Das würde dem Konflikt die kulturell-religiöse Schärfe nehmen.

Der Vorsitzende der pakistanischen Bischofskonferenz nannte bei einem Berlin-Besuch auf Einladung von "Kirche und Not" aber auch einen weiteren Grund für die Verschärfung des Konflikts: Die Besetzung Iraks durch die Amerikaner und den von US-Präsident Bush ausgerufenen "Krieg gegen den Terror". Die extreme Unterdrückung der christlichen Minderheit in Pakistan durch die Muslime sei die direkte Folge dieses Feldzuges. Noch vor wenigen Jahren habe die katholische Kirche im Land aufgrund ihrer Arbeit im Bildungs- und Gesundheitswesen großes Ansehen genossen. In den Augen der Muslime, die von Islamisten zusätzlich aufgeputscht würden, gehörten die christlichen Pakistani dem "westlichen Glauben" an und würden nun pauschal verurteilt und drangsaliert.

Handhabe dafür geben Sondergesetze, die oft in Widerspruch zu den jeweiligen Verfassungen stehen. Das gilt für das islamische Pakistan genauso wie für das mehrheitlich hinduistische Indien. Obwohl Artikel 25 der indischen Verfassung jedem Bürger das Recht auf freie Wahl der Religion zuspricht, führen immer mehr Bundesländer Gesetze ein, die die Konversion zu einer anderen Religion unter Strafe stellen.

Das schafft eine amtlich geschürte Pogromstimmung. Es sind Christen aus der untersten Kaste, die der Gewalt zum Opfer fallen. Durch ihre Ausbildung an christlichen Schulen sind die Ärmsten der Armen besser qualifiziert als viele Hindus und können sich so der Ausbeutung durch ihre hinduistischen Arbeitgeber erwehren.

Die Gewalt gegen Christen in Indien ist mit polizeilichen oder militärischen Mitteln kaum mehr einzudämmen, denn sie kommt aus der Mitte der Bevölkerung. So ging nach dem Mord an einem Hindu-Führer im August dieses Jahres, der den Christen angelastet wurde, eine weitere Gewaltwelle übers Land. In einem regelrechten Rachezug gegen christliche Siedlungen zerstörten Hindus rund 4000 Wohnungen, Schulen, Kirchen und Geschäfte. Sechzig Menschen wurden getötet. Die junge Missionarin Rafani Majhi, die sich um Waisenkinder kümmerte, wurde bei lebendigem Leib verbrannt. Priester, auf die Extremisten hohe Kopfprämien ausgesetzt hatten, wurden angegriffen und schwer verletzt. 50 000 indische Christen flüchteten in die Wälder oder retteten sich in Flüchtlingslager.

Nach eindringlichen Bitten des katholischen Hilfswerks Misereor an die indische Regierung sagten radikale Hindus jetzt einen für Weihnachten geplanten Generalstreik ab. Sie wollten dagegen demonstrieren, dass der Mörder eines Hindu-Führers noch immer nicht gefasst ist. Viele Christen fürchten erneute blutige Übergriffe und haben Angst, an Gottesdiensten teilzunehmen.

Noch schlimmer als in Indien werden die Christen im Irak von der Verfolgung heimgesucht. Seit dem Einmarsch der Amerikaner 2003 hat sich die Zahl der im Land lebenden Christen durch Flucht und Vertreibung von einer Million auf weniger als die Hälfte verringert. "Die Christenverfolgung in unserer heutigen Zeit hat sich zu einer wahren Katastrophe entwickelt", klagt Erzbischof Basile Georges Casmoussa aus der nordirakischen Stadt Mossul, der kurz nach dem Sturz Saddam Husseins selbst entführt worden war. Sein Amtsbruder Paulos Faraj Rahho ist im April dieses Jahres nach Monate währender Verschleppung ermordet worden.

Von einst 25 000 Christen leben nur noch 5000 in der kurdischen Stadt. Zwanzig Christen sind dieses Jahr in Mossul umgekommen, junge Mädchen wurden entführt, vergewaltigt oder zwangsverheiratet. Wie lebensbedrohlich die Lage für die verbliebenen Mitarbeiter der christlichen Gemeinde ist, schilderte John Pontifex von "Kirche in Not" in einem dramatischen Bericht. Darin informierte er seine Organisation über Bombenanschläge gegen christliche Klöster und beschreibt eindrücklich die Todesgefahr, der sich die in der Stadt gebliebenen Priester aussetzen. So habe der junge Pater Bassman Fatoohey, der seit der Ermordung Rahhos die Amtsgeschäfte fortführt, gleich nach Amtsantritt einen jener berüchtigten Drohbriefe erhalten, die mit einer beigelegten Patrone unmissverständlich zur Amtsaufgabe auffordern. Doch der mutige Geistliche will bleiben.

Während Christen in streng muslimischen Ländern wie Saudi-Arabien ihre Religion überhaupt nicht ausüben können, weil schon das Tragen von christlichen Symbolen in der Öffentlichkeit streng verboten ist und Konvertiten sowie Missionare vom Tod durch das Beil bedroht sind, gerät inzwischen auch ein weltoffenes Land wie Ägypten unter den Einfluss von radikalislamischen Muslimbruderschaften. Christen dürfen keine Kirchen bauen und sind durchweg Bürger zweiter Klasse.

Das Jahr 2008 setzte bei der Diskriminierung von Christen auch für Ägypten neue Maßstäbe. So wurden am 13. Februar zwei koptisch-orthodoxe Familien im oberägyptischen Armant festgenommen, als sie auf der Polizeistation anzeigten, dass ihre Häuser von Islamisten angezündet worden seien. Die Kopten mussten ein Protokoll unterschreiben, wonach sie ihre Häuser selbst angezündet hätten. Am 30. Mai erschossen Unbekannte in einem Stadtteil mit hohem christlichen Bevölkerungsanteil in Kairo vier koptische Christen: einen Juwelier und drei seiner Angestellten. Geraubt wurde nichts, die Polizei sprach von einem nichtreligiös motivierten Racheakt. Im Juni verwüsteten Islamisten ein koptisches Viertel der nordägyptischen Stadt Zawyet Abdel-Qader und verletzten sieben Christen schwer.

Die zweite Jahreshälfte stand im Zeichen einer Serie von Angriffen auf koptische Gotteshäuser, wobei die Angreifer regelmäßig Steine und Brandsätze warfen. Die Polizei griff gar nicht oder erst spät ein. Höhepunkt war ein Angriff von sechzig bewaffneten Muslimen auf das Abu Fana Kloster. Vier Christen wurden dabei verletzt und drei Mönche entführt. Die Islamisten banden die Männer an einen Baum und peitschten sie aus. Man zwang sie, auf ein Kreuz zu spucken und sich zum Islam zu bekennen. Einer der Mönche blieb bis heute verschwunden.

Selbst die um die Aufnahme in die Europäische Union ringende Türkei, die sich seit Atatürks Reformen als modern-laizistischer Staat versteht, lässt im Inneren zunehmend eine islamistische Ausrichtung erkennen. Immer wieder ermorden fanatische Sunniten Priester, Ordensschwestern und Missionare, die christlichen Gemeinden sind bei der Religionsausübung oder beim Bau von Kirchen Schikanen ausgesetzt. Wie angespannt das religiöse Klima im Land ist, zeigt die Aussage des türkischen Religionsministers Ali Bardakoglu, der den Übertritt von 368 Muslimen zum Christentum als einen Versuch bezeichnete, die Türkei zu zerstören. Dabei leben auf dem einst byzantinischen Boden heute nur noch 100 000 Christen - gerade einmal 0,15 Prozent der türkischen Bevölkerung.
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