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ARD-Doku »Jesus junge Garde«


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Rolf

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Pressemeldungen zum Film “Jesus’ junge Garde”. ARD 16..11.05 - 23:30 h.


Frankfurter Rundschau:

Bei den Rattenfängern
Realer Albtraum: Die ARD zeigt die Doku "Jesus' junge Garde"
"Jesus' junge Garde", ARD, 23.30 Uhr.
VON PETER RUTKOWSKI


Sendeplätze können verärgern. Weiß jeder, dessen wenig bekannter Lieblingsfilm von einem Sender auf 4 Uhr morgens verbannt wurde. Heute leistet sich die ARD ein ganz besonderes Ärgernis: Um 23.30 Uhr sendet sie Jesus' junge Garde, eine Dokumentation von Britta Mischer und Jobst Knigge, den sich aber Mama, Papa und Kinder unbedingt anschauen sollten. Vor allem die aus ordentlichen Haushalten, wo die Glotze nicht ständig läuft. Ganz besonders solche, die sich gar als wertkonservativ und gottesfürchtig sehen. Sie können ihr blaues Wunder erleben. Und brauchen den Film als Warnung ganz dringend.

Es geht um Evangelikale. Das sind - einfach ausgedrückt - extremistische Protestanten. Sie finden sich meist in den USA und geraten in die Schlagzeilen, wenn sie Abtreibungskliniken stürmen oder darauf bestehen, dass George W. Bush ein Heiliger sei. Oder zumindest von Gott gesandt. Was nicht verwunderlich ist, wenn man weiß, dass Evangelikale auch gerne vorgeben, sie hätten in ihren massenhysterischen Messen "mit Zungen geredet", der Heilige Geist sei in sie gefahren und ähnliches, was seit dem Zeitalter der Aufklärung mit "Hokuspokus" und "Schmonzes" abgetan wird.

Aber leider meint Ben-Rainer Krause es ernst. Auch wenn man das dem dauerfreundlichen Gesicht des evangelikalen Rattenfänger im Auftrag einer US-amerikanischen Gottesstaat-Truppe namens "The Call" nicht sofort abnehmen möchte.

Über Krause und seinen geistigen Führer Lou Engle, einen heiseren Krakeeler im Stil ekstatischer Schwarzenprediger, könnte man noch lachen. Vor allem wenn Engle sich nicht entblödet, vor laufender Kamera "die Bestimmung der Deutschen" nach einem Besuch des Berliner Olympiastadions von 1936 zu formulieren: "Sie sind Krieger." Was wahrscheinlich heißt: Die Deutschen sollen für Engles Kreuzzug gegen alles Nicht-Evangelikale (Schwule, Moslems, Kommunisten, Nicht-Amis) mal wieder die Panzermotoren anwerfen. Herzlichen Dank auch.

Leider begnügt sich "The Call" nicht mit abstrusen Fantasien. Wenn eine 15-jährige Deutsche nach längerer Indoktrination in einer "Holy Revolution School" allen Ernstes sagt, "Gott hat einen genialen Plan mit mir", dann sollte jeder aufmerken. "The Call" drillt bereits 12-Jährige zu Straßenmissionaren, die unter Gleichaltrigen Beute suchen.

Nicht, dass Sektierertum neu wäre. Schon Mitte der 90er waren evangelikale Eiferer in Lateinamerika aktiv. Und in den USA, dem "Land of the Free", gab und gibt es nicht wenig Eiferer im Sinne einer religiösen Diktatur jener Art, die es im Nahen und Mittleren Osten so gerne ausmerzen würde. Neu ist, dass die Rattenfänger nun auch in Deutschland rekrutieren. Unter denen, die Angst vor der Zukunft haben und sich nach Sicherheit und Geborgenheit sehnen.

Mischer und Knigge haben eine gute und wichtige Doku gedreht. Und sie haben Glück gehabt, dass die Gotteskrieger sie so nah heran ließen. Das kann in ein paar Jahren schon ganz anders sein, zumal wenn die Fanatiker diesen Film sehen - der sonst wohl nur (zu) wenige Zuschauer haben wird.


taz Nr. 7821 vom 16.11.2005, Seite 17, 91 Zeilen (Kommentar), VAI


"Voll der krasse Plan!"

Eindrucksvoll und erschreckend: Die Doku "Jesus' junge Garde" (23.30 Uhr, ARD) zeigt die neuen Pop-Missionare
Das Brandenburger Tor im Jahr 2003. Vor einer Bühne drängen sich 10.000 Teenies: Köpfe bewegen sich ekstatisch, Augen strahlen wie von künstlichen Rauschmitteln angeknipst. Aber die hier brauchen keine Drogen. Sie sind wegen Gott da. Und Gott wirkt viel krasser als LSD. Ein junger Mann brüllt ins Mikrofon: "Lasst uns zu Gott rufen!"
Die Dokumentation "Jesus' junge Garde" stützt die These, dass Jugendliche wieder glauben. Die Kreisch-Kinder sind Sympathisanten von "The Call" (Der Ruf), der Erweckungsbewegung fundamentaler Christen. In den USA schon politisch mächtig, soll sie nun weltweit die Menschen zu Gott bringen. Lou Engle, "godfather" der US-Gemeinschaft, sieht gerade in Deutschland Potenzial: Nach falschen Führern bräuchte die Jugend endlich eine gute Leitfigur.
Ein Jahr lang haben Jobst Knigge und Britta Mischer die deutsche christliche Rechte begleitet - ob beim Heilerseminar an der "Holy Revolution School" in Hessen oder bei Protestaktionen von Engle und seinen Jüngern in den USA. Der Film zeigt, wie "The Call" seine Schäfchen gewinnt und durch gruppenpsychologische Rituale formt. Am Ende brechen die Zöglinge den Kontakt zu ihrem vorigen Leben ab. Irdische Güter wie CDs landen im Müll. Was bleibt, ist Gott.
Zwei Personen stehen für das deutsche "The Call": Ben-Rainer Krause, 33, trägt Glatze und will die "heilige Revolution". In seinem früheren Leben hat er Einzelhandelskaufmann gelernt. Am 2. September 2000 erlebt er in Washington eine Massenandacht mit. Er fühlt sich berufen, kündigt den Job. Jetzt will er Deutschland mit dem Glaubensfieber infizieren. Sein Helfer ist der hübsche Esbjörn. Der 20-Jährige war mal ein kiffendes Sorgenkind. Heute missioniert er ungläubige Kids auf der Straße. Mit Trucker-Käppi und zerrissenen Jeans sieht er aus wie sie. Seine Botschaft: "Ey Alter, Gott hat voll den krassen Plan mit dir!"
"Jesus' junge Garde" macht deutlich, was junge Menschen so plötzlich zu Gott drängt. Es sind die popkulturellen Rauschmittel, denen sich die Bewegung bedient: Idole, die früher in der Raucherecke, heute auf Gott stehen. Hysterische Massengebete, Popmusik. Riecht es hier nach Scientology? Das weisen die Filmemacher strikt zurück: Die Kids müssten ja nichts zahlen. Oder fast nichts. Am Ende scheint der gute Zweck jede Gefahr zu besiegen. Es geht hier schließlich um den lieben Gott!
Die Bilder des Films erstaunen und erschrecken: Jugendliche brechen zusammen, nachdem der Heilige Geist in sie gefahren sein soll, sprechen wie mit fremden Zungen, heulen vor Glück. Bei so viel effektiver Verführung will man vor diesem Film fast warnen: Vorsicht, Ansteckungsgefahr! Nicht geeignet für Jugendliche unter 18 Jahren! VAI


Maerkische Allgemeine (vom 16.11.2005) Claudia Höhn

Geschlossene Augen, Tränen, wie im Schmerz verzerrte Gesichter: Szenen höchster Euphorie spielen sich ab. Die Begeisterung gilt IHM. Nicht Robbie Williams, sondern Jesus. Landauf, landab sind die Amtskirchen leer, doch die Räume der "Holy Revolution School" in Hessen sind voll. Hier wird die christliche Revolution geprobt. Die, die sich hier in einem Jahr zum Prediger oder Heiler ausbilden lassen, sind überraschend jung. Schon Zwölfjährige nehmen an den Wochenendseminaren teil. Sie wollen, dass ein Ruck durchs Land geht, nicht durch brennende Autos, sondern durch die Verbreitung des Evangeliums.
Ein Jahr lang haben Britta Mischer und Jobst Knigge junge evangelikale Christen begleitet und sie beim Beten, Predigen und Missionieren in der Fußgängerzone gefilmt. Mit der Dokumentation "Jesus' junge Garde" begeben sich die Autoren kaum betretene Pfade. Die Re-Christianisierung der Jugend in Deutschland wird, abgesehen von Berichten über Kirchen- oder Weltjugendtag, selten thematisiert. So versammelten sich 2003 nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit rund 10 000 junge Gläubige in Berlin vor dem Brandenburger Tor zum Massengebet.
Rund 1,3 Millionen evangelikale Christen gibt es in Deutschland. Ihre Zahl wächst. Massenveranstaltungen, bei denen christliche Popmusik eine große Rolle spielt, üben großen Reiz aus. Es sei "erstaunlich", mit welch modernen Mitteln die erzkonservativen Inhalte vermittelt würden, meint Britta Mischer. Früher gehörten Birkenstocksandalen und Wollsocken zum Negativimage junger Christen. "Aus diesem Ghetto wollen sie raus", erklärt Jobst Knigge. Heute sind die Gläubigen Punks, Skater und Rapper - coole Typen, die andere mit ihrer Begeisterung anstecken. An dem Punkt setzt die Missionierung ein, die gezielte Verbreitung des Christentums und der Erweckungsidee in der Gesellschaft.


Neue Osnabrücker Zeitung:

Verzückung im Namen Gottes

Von Harald Keller
Osnabrück


Jesus' junge Garde - ARD, 23.30 Uhr
Selbstvergessene Halbwüchsige mit verzückten Gesichtern, die in der Masse aufgehen - diese Bilder erinnern an Rockkonzerte, bei skeptischer Betrachtung eher an ein Sektentreffen oder die organisierten Jubelveranstaltungen totalitärer Regime.
Diese Jugendlichen aber haben sich im Namen Gottes versammelt. Nicht im Rahmen etablierter Kirchenarbeit, nein - sie sind "The Call" ("Der Ruf") gefolgt, einer aus den USA kommenden Evangelisationsbewegung, die in ihrem Heimatland eine große Basis hat und sogar Wahlen beeinflussen kann. George W. Bush ist einer der ihren.
"The Call" wendet sich an Jugendliche, weil sie empfänglich sind für Sinn stiftende Lehren. In Schulungszentren lernen sie Predigen und Gesundbeterei. Sie sollen eine "heilige Revolution" entfachen, auch mittels Pop. Gesang und Tanz gehören zur Ausbildung, Hip-Hop und Rockmusik sind nicht verpönt, solange die Kleidung züchtig bleibt.
Jobst Knigge und Britta Mischer stellen diese obskure Jugendbewegung vor, die, gerade fünf Jahre alt, weltweit ständig wächst. Die Kritik der Autoren bleibt verhalten; sie lassen Dokumente sprechen. "The Call"-Begründer Lou Engle schwärmt für Adolf Hitler, nationalistische Phrasen werden gedroschen, eine junge Deutsche fühlt sich bemüßigt, für Moslems "oder so was" zu beten, weil: "Da fehlt irgendwas."

Die Autoren behandeln ihr Thema nicht aus akademischer Distanz, sondern auf Augenhöhe mit ihren Interviewpartnern, respektieren den Ernst, mit dem die Jugendlichen von Jesus und seinem "Plan" für ihr Leben erzählen, mit dem sie beten, laut, wie im Drogenrausch, und die Hände zum Himmel heben. Auch die Kamera von Jean Schablin ist nah an den jungen Gläubigen dran, zum Beispiel an der 15-jährigen Susanna, in deren Zimmer statt Boygroup-Postern Bibelsprüche an der Wand hängen. Susanna besucht die von der amerikanischen Bet- und Bußgemeinde "The Call" betriebene "Holy Revolution School" und sagt: "Ich möchte Missionarin werden".
Die jungen Leute suchen Halt, Geborgenheit und Antworten und finden sie im Glauben und in der Gruppe. Wie der 20-jährige Esbjörn, ein "Problemkind", bis er sich "The Call" anschloss. Während in den USA die religiöse Rechte, zu der Präsident Bush enge Beziehungen pflegt, bereits massiv politischen Einfluss nimmt, stehen ihre Jünger in Deutschland noch am Anfang. In den Startschuhen. Denn auch sie träumen davon, breite Kreise von ihrer Botschaft zu überzeugen, davon, was gut und böse, was Gottesfurcht, was Sünde ist - so bei den Themen Homosexualität und Abtreibung.


Homepage "Polylux"

ARD 16.11.2005 23:30 - Jesus' junge Garde - Jugend betet
(tsch) Die spinnen, die Amerikaner, denkt sich der alte Europäer beim Anblick solcher Fernsehbilder: 10.000 Jugendliche, die ekstatisch tanzen, beten und singen. Aber Moment mal - ist das nicht das Brandenburger Tor? Fast unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit beginnen evangelikale Fundamentalisten aus den USA auch hierzulande Fuß zu fassen. "The Call" ist eine dieser Erweckungsbewegungen und sie zielt auf die ganz Jungen. Jugendliche ab zwölf Jahren können hier schon Predigerkurse besuchen, unterwerfen sich freiwillig strengen Regularien, fasten, beten und büßen. "Polylux"-Moderatorin Tita von Hardenberg, Jobst Knigge und Britta Mischer sind "Jesus' junger Garde" auf ihrem Weg gefolgt.
Die Stimme aus dem Off kritisiert die "mentale Indoktrination" durch "The Call", doch insgesamt sind die Kommentare zurückhaltend. Die Szenen sprechen für sich: die Deutschlandfahne, die im Seminarraum am Podium hängt, ebenso wie die nationalistischen Sprüche von "The Call"- Gründer Lou Engle, der von Hitlers besonderer Beziehung zur Jugend schwärmt. Prophetisch heißt es am Ende der Films: "Jesus' junge Garde wird wachsen." Ein beunruhigender Befund.
Produziert wurde "Jesus' junge Garde" von Tita von Hardenbergs Kobalt Productions für den RBB, nachdem zuvor ihr TV-Magazin "Polylux" das Thema aufgegriffen hatte. Laut Tita von Hardenberg sind weitere Projekte mit dem RBB geplant, Beiträge, die auch Themen aus den von Kobalt für Arte produzierten Jugendmagazinen "Tracks" und "Absolut" aufgreifen: "Wir wollen Themen vertiefen, die über den Tag hinaus tragen", sagt die Moderatorin und Produzentin.
Strikte Bibeltreue, Keuschheit, intensives Gebet und Missionierungsarbeit verlangt "The Call" - und das soll Spaß machen? Tita von Hardenberg beobachtet das Erstarken der religiösen Rechten in Deutschland schon seit längerem und hat eine Erklärung für dieses Phänomen. Jugendliche, so glaubt sie, werden immer religiöser: "Viele verlangen strengere Regeln, weil sie nach Orientierung suchen", sagt die Moderatorin. "Es sind Jugendliche, die nicht unbedingt den Eindruck verwirrter Sektierer machen, sondern durchaus nachdenklich sind. Aber sie stellen auch nicht in Frage, was ihnen da vorgelebt wird."


Klare Vorgaben und ein starkes Gemeinschaftsgefühl, das macht "The Call" so attraktiv. Bei Massenandachten in den USA geht es mit 30.000 Leuten zu wie auf Rockkonzerten, Prediger werden wie Popstars bejubelt. Während den Amtskirchen der Nachwuchs davon läuft, haben die Evangelikalen Zulauf zu verzeichnen. Gesucht ist der unmittelbare Kontakt zu Gott, vorbei an den Institutionen der Amtskirche. Das klingt individualistisch, ist aber durchaus politisch zu verstehen. In einem Aufsatz ist von "heiliger Revolution" die Rede, einer geistigen Erneuerung im Sinne christlicher Werte - gegen Abtreibung und Homosexualität, für Keuschheit und Verzicht.


Der 22-jährige Esbjörn ist einer von drei Gläubigen, die das Filmteam begleitet hat. Bei der Massenandacht vor dem Brandenburger Tor im Jahr 2003 hat er sich der Bewegung verschrieben und wurde schon nach einem Jahr zum Ausbilder berufen. Statt zu studieren, wurde er Vollzeitmissionar. Am Ende darf er in Manila vor 25.000 Menschen predigen - für ihn geht damit ein Traum in Erfüllung.



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