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Die Web-Wahrheiten der strengen Christen


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Rolf

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www.welt.de/webwelt/article85Seite geben. „Es haben definitiv schon Nutzer Interesse bekundet“, sagt er. 8819/Die_Web-Wahrheiten_der_strengen_Christen.html



Die Web-Wahrheiten der strengen Christen


Vielen US-Amerikanern ist das Online-Lexikon Wikipedia zu liberal. Sie schwenken auf alternative Angebote wie das christlich-fundamentalistische "Conservapedia" um. Die dort verbreiteten Thesen wirken aus europäischer Sicht wahnwitzig - in den USA gewinnen sie trotzdem immer mehr Anhänger.
Foto: GodongGekreuzigter Jesus: Im Online-Lexikon Conservapedia wird die göttliche Schöpfungsgeschichte verbreitet, Darwins Lehre der Evolution ist verpönt.

Abtreibung verursacht Brustkrebs. Dies habe die „überwiegende Mehrheit aller wissenschaftlichen Studien“ ergeben, heißt es im Eintrag zu diesem Thema auf der US-Internetseite Conservapedia.com. Um diese angeblichen Fakten zu untermauern, verlinkt die Seite auch gleich auf mehrere der Studien – die sich bei genauerem Hinsehen als Produkte christlich-konservativer Ärztevereinigungen entpuppen. Die US-Seite Conservapedia gibt es seit dem November vergangenen Jahres. Sie sieht auf den ersten Blick fast genau so aus, wie das Original Wikipedia.org – das Onlinelexikon, an dem jeder Internetnutzer weltweit mitschreiben kann. Doch während bei Wikipedia die Mehrheit der Internetgemeinde bestimmt, was wahr ist und was nicht, schreiben bei Conservapedia konservative Christen die Inhalte. So kommt es, dass dort Homosexualität als Auslöser für psychische Krankheiten wie Bulimie und Drogenmissbrauch verantwortlich gemacht, die göttliche Schöpfung als durchaus ernstzunehmende Alternative zur Evolution bezeichnet und das Känguru als Nachkomme eines Tierpaars auf Noahs Arche deklariert wird.

Die skurrilsten Thesen bei Conservapedia WELT DEBATTE: Hätte Conservapedia auch in Deutschland Erfolg? Die Internetseite als Spinnerei einer fundamentalistischen Splittergruppe abzutun, wird dem Zeitgeist jedoch nicht gerecht. Die konservativ-christliche Bewegung ist in den USA seit Jahren auf dem Vormarsch. Rund 80 Prozent der Amerikaner bezeichnen sich selbst nach Angaben der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung als gläubige Christen. Mehr als 60 Millionen von ihnen gehören zur strenggläubigen christlichen Gruppe der Evangelikalen, die unter anderem gegen homosexuelle Lebenspartnerschaften, Abtreibung und Stammzellenforschung ist. Deren größte Vereinigung, die „National Association of Evangelicals“ (NAE), zählt nach eigenen Angaben 30 Millionen Anhänger.

Vormarsch der Konservativ-Christlichen bis in die Politik

Über einflussreiche Anhänger der Evangelikalen, von Präsident George W. Bush bis zu Bundesrichtern, hält die Bewegung seit Jahren Einzug in die Politik. So etwa auf dem Gebiet der Abtreibung, das den Machern von Conservapedia besonders am Herzen liegt: Erst Mitte April dieses Jahres bestätigte der oberste Gerichtshof der USA das erste US-weite Abtreibungsverbot – nach Ansicht von Kritikern ein wesentlicher Einschnitt in die Rechte amerikanischer Frauen. Die konservativen Christen prägen überall in den USA zunehmend das öffentliche Leben: In Orlando (Florida) gibt es einen Jesus-Vergnügungspark mit täglicher Kreuzigung. In North Dakota können Eltern ihre Kinder über den Sommer in ein „Jesus-Camp“ schicken. Und im ganzen Land sind in den vergangenen Jahren ein gutes Dutzend christlicher Boot-Camps eröffnet worden, in denen junge Leute zu Lobbyisten ausgebildet werden. Die Zahlen sprechen für sich: Laut der aktuellen Ausgabe des US-Magazins „Wired“ glauben nur 40 Prozent der Amerikaner, dass der Mensch durch Evolution entstanden ist (Deutschland: 70 Prozent). 60 Prozent der US-Bürger stimmen im Umkehrschluss der Aussage zu, die Menschen seien in ihrer heutigen Form von Gott geschaffen worden, anstatt sich aus früheren Lebensformen entwickelt zu haben. Natürlich wirken diese Ansichten auch im Internet.

Neben Conservapedia verzeichnet etwa die Videoseite GodTube.com großen Zulauf – eine christliche Alternative zum weltlichen YouTube. Dort kann man zum Beispiel sehen, wie ein Strenggläubiger mit Hilfe einer Banane einen Gottesbeweis antritt. Im Video, das bereits über 130.000 Mal angeklickt wurde, wird erklärt, Gott habe die Banane absichtlich so geformt, dass sie perfekt in die menschliche Hand passe. Der größte Glaubenskampf im Internet findet momentan jedoch zwischen den Gestaltern der Online-Lexika statt. Wikipedia-Gründer Jimmy Wales steckte sich bei der Gründung vor sechs Jahren das Ziel, im Internet „eine Welt zu schaffen, in der jeder Einzelne auf dem Planeten kostenlosen Zugang zur Summe allen menschlichen Wissens bekommt“. Heute ist Wikipedia eine der meistbesuchten aller Internetseiten. Schlagworte
Conservapedia Kreationisten USA Wikipedia Evangelikale Dem Gründer von Conservapedia, Andy Schlafly, ist Wikipedia jedoch ein Dorn im Auge. Er hält die Seite für „liberal tendenziös“ – weil dort zum Beispiel die Evolution als Tatsache dargestellt wird und nicht, wie von konservativen Christen bevorzugt, als eine unter mehreren möglichen Theorien. „Es ärgert mich einfach, dass Wikipedia seine Einträge als Faktenberichte darstellt“, sagte Schlafly im Gespräch mit WELT ONLINE.

Deshalb gründete der 46-Jährige sein eigenes Lexikon, in dem konservative Christen sich ihre eigene Realität gestalten können. Nach eigenen Angaben hat die Seite im ersten halben Jahr seit der Gründung zehn Millionen Seitenabrufe verzeichnet. Schlafly ist das fünfte von sechs Kindern von Phyllis Schlafly, einer der bekanntesten konservativ-christlichen Aktivistinnen der USA. Die 82-Jährige hat die Washingtoner Anti-Abtreibungskampagne „Eagle Forum“ gegründet und verbreitet ihre Ansichten in einer wöchentlichen landesweiten Radiosendung. Auch in Deutschland gibt es bereits christliche Alternativen zu Wikipedia. So kann man auf dem deutschsprachigen Kathpedia.com nachlesen, wo die Abtei Sankt Otmarsberg steht, wer Gisela von Bayern war und wofür noch einmal genau der Feiertag Fronleichnam steht. Ein ähnliches Angebot, allerdings mit anderer Zielgruppe, bietet die ebenfalls deutschsprachige Seite Athpedia.de. Im Gegensatz zu Conservapedia sind beide Seiten jedoch Fachlexika, bieten also keine Weltanschauungen zu Themen wie Abtreibung oder Homosexualität. Wenn es nach Andy Schlafly geht, könnte es jedoch schon bald eine deutsche Ausgabe seiner christlich-konservativen Seite geben. „Es haben definitiv schon Nutzer Interesse bekundet“, sagt er.
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