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Die Christen machen es billiger


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Die Christen machen es billiger






Von Carsten Germis


20. Juli 2008 "Wir zeigen beim Mindestlohn Flagge." Matthäus Strebl kann den Stolz nicht verbergen, wenn er das sagt. Strebl ist Bundesvorsitzender der Christlichen Gewerkschaften (CGB). Die aktuelle politische Debatte um den Mindestlohn kommt ihm wie gerufen. Sie haucht seiner randständigen Truppe neues Leben ein. Die 16 Mitgliedsgewerkschaften von Strebls CGB können sich so als Konkurrenz zum allmächtigen Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) etablieren. Die Arbeitgeber nehmen das Angebot der Christlichen gern an: Gleich für zwei große Gruppen vereinbarten sie jetzt Tarifverträge über einen Mindestlohn mit ihnen: für die Zeitarbeiter und für die Wach- und Sicherheitsdienste.

Natürlich spiegelt diese Entwicklung nicht eine wachsende Rolle des Christentums in der Arbeiterschaft. Sie sagt auch nichts aus über die Nächstenliebe der Unternehmer. Die Arbeitgeber verhandeln aus einfachem Grund gern mit den christlichen Gewerkschaftern. Weil sie unbedingt ins Geschäft kommen wollen, akzeptieren die Christlichen häufig niedrigere Abschlüsse als klassenkämpferische DGB-Gewerkschaften wie die IG Metall oder Verdi.

Der DGB spricht von „käuflichen Diensten in Sachen Lohndumping“

Mit dem Bundesverband Zeitarbeit hat Verdi einen Mindestlohn von 7,38 Euro ausgehandelt. Die Christen machten es billiger. Sie einigten sich mit der Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen auf 6,21 Euro. Entsprechend giftig reagiert DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach: "Da flüchten die Arbeitgeber aus der Tarifbindung, und in diesen trüben Gewässern bieten sogenannte Christliche Gewerkschaften ihre käuflichen Dienste in Sachen Lohndumping an."

Die DGB-Gewerkschaften sprechen der christlichen Konkurrenz schlicht das Recht ab, Tarifverträge abzuschließen. Der Grund: Nur eine mächtige Gewerkschaft mit vielen Mitgliedern ist eine richtige Gewerkschaft. CGB-Gewerkschaften haben jedoch nur wenig Gefolgschaft und sind in vielen Betrieben kaum vertreten: eine reine Briefkastengewerkschaft eben. Zumindest aus Sicht des Platzhirschs DGB.

Auch der Bundesarbeitsminister hält die Christlichen nicht für seriös

Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sieht das ähnlich. Mehrfach hat er angedeutet, dass er die christlichen Gewerkschaften nicht für seriöse Tarifpartner hält. Nun setzen die Christen Scholz jedoch in Zugzwang. Nachdem die Verhandlungen mit Verdi gescheitert waren, hat sich der Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen an die christliche Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen gewandt und flugs einen Tarifvertrag geschlossen. Dessen Stundengrundlöhne zwischen 6 und 8,32 Euro soll Scholz nun der ganzen Branche verordnen.

Das wird er nicht tun. Scholz unterstützt den DGB im Kampf gegen die Christlichen, wo er nur kann. Auch seine Gesetzentwürfe zum Mindestlohn, die er am Mittwoch gegen den Widerstand des christsozialen Wirtschaftsministers Michael Glos durchs Kabinett brachte, richten sich gegen den CGB. Wie das? Gibt es zwei konkurrierende Tarifverträge wie bei der Zeitarbeit, entscheidet künftig der Arbeitsminister, was gilt. Für Ulrich Brocker, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, ist Scholz' Stoßrichtung klar: "Er will die christlichen Gewerkschaften zurückdrängen."

Der CGB hat 278.000 Mitglieder, der DGB 6,45 Millionen

Der CGB bringt es mit seinen 16 Gewerkschaften bundesweit auf insgesamt gerade mal 278.000 Mitglieder. Wenig im Vergleich zu den 6,45 Millionen DGB-Gewerkschaftern. Doch die Christlichen stoßen zielsicher in genau die Nischen vor, die der DGB ihnen lässt. "Wir vertreten viele Branchen, aus denen sich der DGB zurückgezogen hat, weil es für ihn nicht mehr rentabel ist", sagt der Vorsitzende Strebl. "Das Tischlerhandwerk etwa vertritt die IG Metall nur noch in Baden-Württemberg und im Saarland."

So kommt es, dass eine kleine, unbekannte christliche Gewerkschaft wie der Arbeitnehmerverband deutscher Milchkontroll- und Tierzuchtbediensteter (ADM) heute eine der mächtigsten Gewerkschaften in Deutschland ist. 3000 Milchkontrolleure gibt es in Deutschland, 2500 davon sind Mitglied im ADM. Das ist ein Organisationsgrad, von dem selbst Verdi und die IG Metall nur träumen können. Dumping-Löhne akzeptiert der ADM nicht mehr.

Je ungenierter der DGB mit der Linkspartei flirtet...

Auch dort, wo DGB-Gewerkschaften stark sind, greifen die Christlichen immer ungenierter an. Akzeptieren sie deswegen sogar Dumping-Löhne? "In einigen Entgeltgruppen sind unsere Tarifverträge sogar besser in der Bezahlung", widerspricht Strebl und weist spöttisch auf die rund 670 Flächen- und Haustarife hin, in denen DGB-Gewerkschaften Einstiegslöhne von weniger als sechs Euro akzeptiert haben.

Sie sind zwar klein, doch die Christlichen blicken auf eine lange Tradition zurück. 1899 gegründet, waren sie während der Weimarer Republik neben dem sozialistischen Allgemeinen Freien Deutschen Gewerkschaftsbund mit 1,2 Millionen Mitgliedern die zweitgrößte politische Richtungsgewerkschaft. Ihre Ideen wurzeln in der katholischen Soziallehre. Deswegen nennen sie sich christlich, und deswegen steht der CGB auch heute CDU und CSU deutlich näher als der SPD.

...desto attraktiver wird der CGB für CDU-Wähler

Weil die Alliierten nach dem Motto "Ein Betrieb - eine Gewerkschaft" nach 1945 nur die Einheitsgewerkschaft erlaubten, konnten sich die Christlichen erst in den 5oer Jahren neu gründen. Da hatte der DGB seine Macht schon lange aufgebaut. Für CGB-Generalsekretär Gunter Smits sind die DGB-Gewerkschaften lange schon keine Einheitsgewerkschaften mehr. CDU-Mitglieder, die dort in den Vorständen sitzen, hält er für reine Feigenblätter. "Zu sagen haben die beim DGB nichts", sagt er. Auch das kann den CGB in Zukunft stärken. Je ungenierter Funktionäre des DGB mit der Linkspartei flirten, desto attraktiver werden die Christlichen für CDU-Wähler.



Text: F.A.S.



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