Zum Inhalt wechseln

Welcome to Irrglaube und Wahrheit
Register now to gain access to all of our features. Once registered and logged in, you will be able to create topics, post replies to existing threads, give reputation to your fellow members, get your own private messenger, post status updates, manage your profile and so much more. If you already have an account, login here - otherwise create an account for free today!
Foto

Wo schon ein einziger Blick Ehebruch ist


  • Bitte melde dich an um zu Antworten
Keine Antworten in diesem Thema

#1
Rolf

Rolf

    Administrator

  • Administrator

  • PIPPIPPIP
  • 34210 Beiträge
  • Land: Country Flag

Please Login HERE or Register HERE to see this link!







Wo schon ein einziger Blick Ehebruch ist





Moral-Leitfaden für Frauen löst in der Türkei heftige Debatte aus - Religionsbehörde: "Sündhafte Situationen vermeiden" - Legitimierung von Ehrenmord?


Istanbul - Religion und Staat, so heißt es, sind in der Türkei getrennt. Ganz stimmt das nicht - zwar soll die Religion dem Staat nicht in die Quere kommen, umgekehrt jedoch diktiert der Staat, was Religion zu sein hat. Konkreter Ausdruck dessen ist die Religionsbehörde Diyanet. Ihr sind alle Moscheen des Landes unterstellt, und alle Vorbeter und Imame sind ihre Angestellten. Was muslimisch ist, entscheidet Diyanet.

Solange säkular gesinnte Regierungen an der Macht waren, führte das zu jenem handzahmen "gemäßigten Islam" aus den Wunschträumen westlicher Nahost-Strategen. Nun aber regiert die islamisch geprägte AKP; ob man die jüngste Kontroverse um die Behörde darauf zurückführen muss, darüber wird in der Türkei dieser Tage heiß debattiert.

Zuvor hatte das Religionsdirektorat auf seine Webseite einen Benimm-Leitfaden gestellt, der für Frauen Ratschläge bereithält, die sie genauso gut bei den Taliban bekommen könnten.

Außerhalb ihres Hauses, so heißt es da, sollten Frauen kein Parfüm, Deodorant oder sonstige wohlriechende Mittel benutzen, weil der Prophet Mohammed solches Verhalten als "unmoralisch" bezeichnet habe. Der Diyanet-Ratgeber zu Islam und Gesellschaft bietet unter dem Titel "Sexuelles Leben" weitere keusche Verhaltensregeln an: Frauen sollten ihren Körper sorgfältig verhüllen, "um ihren Körper nicht Fremden zu zeigen". Wer bislang meinte, Ehebruch sei Sex mit einem anderen als dem Ehepartner, der wird eines Besseren belehrt: Ehebruch sei bereits ein unziemliches Wort, ein Blick. Es gebe den "Ehebruch der Zunge, des Mundes, der Hand, des Fußes und des Auges". Frauen sollten daher außerhalb ihrer vier Wände jeglichen Kontakt mit fremden Männern vermeiden und sich schon gar nicht in geschlossenen Räumen mit ihnen aufhalten - was Millionen türkische Frauen jeden Tag tun, wenn sie arbeiten gehen.

Wenn eine Frau und ein Mann in einem Raum allein sind, so heißt es im Text, dann ist der Dritte im Raum der Teufel. Auch reisen sollten Frauen nie alleine, denn das könnte zu Versuchungen und vor allem zu Geschwätz der Nachbarn führen. Und das sei ein Problem, denn "Keuschheit und Ehre sind untrennbar" und es gebe "kein Mittel gegen befleckte Ehre". Ein besonders folgenschwerer Satz - "befleckte Ehre", oder was muslimische Männer zuweilen dafür halten, ist bekanntlich Grund für unzählige "Ehrenmorde".

Was aus alldem hervorgeht, ist ein Frauenbild, in dem die Frau grundsätzlich zu Unmoral neigt, wenn sie nicht durch strenge Regeln eingeschränkt wird, und lieber nicht arbeiten gehen sollte, um ihre Ehre nicht zu beflecken. Wenn sich in gewissen Situationen dennoch Flecken auf der Ehre ergeben, dann liege es immer an der Frau.

Auf Anfrage sagte Diyanet-Pressesprecher Necdet Bal, er verstehe die ganze Aufregung nicht - der umstrittene Text sei bereits 2005 auf die Webseite gestellt worden und wurde bereits vor zehn Jahren als Buch veröffentlicht, von Diyanet - aber vor der Regierungszeit der AKP. Die Regierung dafür verantwortlich zu machen sei also Unfug.

Die Zeitung "Radikal" hatte den Medienwirbel ausgelöst, als sie in ihrer Ausgabe vom 27. Mai den alten Diyanet-Text zum Titelthema machte und ihn als Sensation darstellte. Inhaltlich steht das Religionsamt voll zum Wortlaut ihres Benimmleitfadens. "Frauen müssen mehr aufpassen als Männer, um sündhafte Situationen zu vermeiden, weil sie über sexuelle Reize verfügen", sagte Bal.
  • 0