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Benasir Bhutto hat Kräfte genährt, die für ihren Tod verantw


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Opfer des Terrorismus

Von Britta Petersen




Benasir Bhutto hat die Kräfte genährt, die nun für ihren Tod verantwortlich sind. Der Mord an ihr destabilisiert ganz Südasien. Er birgt Gefahren auch für den Westen



Was immer man gegen Benazir Bhutto sagen mag: An Mut fehlte es Pakistans Oppositionsführerin wahrlich nicht. Sie setzte ihren Wahlkampf in den vergangenen zwei Monaten unbeirrt fort, obwohl bereits Ende Oktober ein Attentat auf sie nur knapp gescheitert war. Nun hat sie ihre Unerschrockenheit mit dem Leben bezahlt und wird wie ihr Vater Zulfikar Ali Bhutto als Märtyrerin der Demokratie in Pakistans Geschichte eingehen. Dabei war ihr Mut vermutlich bloß Ausdruck derselben Naivität, die sie schon zu ihrer Zeit als Premierministerin zu einer schlechten Regierungschefin gemacht hatte.

In Bhuttos Amtszeit und mit ihrer Förderung (und Washingtons Hilfe) wurden die Taliban in Afghanistan zu dem was sie waren. Mit ihnen erstarkten jene Kräfte, die nun für Bhuttos Tod verantwortlich sein dürften: Islamisten mit Kontakten zu Osama Bin Ladens Terrororganisation al-Qaida. Ihr derzeitiges Ziel ist es, nach dem Irak und Afghanistan ein weiteres muslimisches Land ins Chaos zu stürzen – und dafür dem verhassten Westen die Schuld zu geben. Zwar hat Bhutto diese Geister nicht gerufen. Doch sie hat sie genährt und bis zuletzt unterschätzt.

Allein die Tatsache, dass die Attentäter ausgerechnet in Rawalpindi, Sitz und Hauptquartier der pakistanischen Armee, am helllichten Tage zuschlagen konnten, zeigt, dass das Krebsgeschwür des Islamismus seit langem in Teilen des Staatsapparats namentlich dem Geheimdienst ISI mächtige Unterstützer hat. Diese sind zwar nicht stark genug, um das herauf zu beschwören, was dem Westen stets als Horrorszenario und Argument für die Unterstützung des Militärdiktators, General Pervez Musharraf, diente: Pakistans Atomwaffen in der Hand einer islamistischen Regierung. Davon ist Pakistan auch heute noch entfernt; die Armee ist in der Lage, das Land zu kontrollieren. Doch der Preis für diese Stabilität wird hoch sein – und genau darauf spekulieren die Islamisten.

Als Musharraf vor zwei Monaten den Ausnahmezustand verhängte, glaubte ihm niemand, dass die Terrorgefahr der Grund war. Stattdessen gingen seine Kritiker davon aus, dass die Verhängung des Kriegsrechts vor allem ein Schritt war, um das unliebsame Oberste Gericht und die bürgerliche Opposition auszuschalten. Das ist sicher richtig, aber nur die halbe Wahrheit. Denn es gehörte stets zu Musharrafs Strategie - seit seinem unblutigen Putsch 1999 - die islamistische Karte gegen die bürgerliche Opposition auszuspielen. Doch damit ritt er auf einem Tiger. Am Ende konnte er nicht mehr absteigen, ohne gefressen zu werden, wie man in Südasien sagt.

Musharraf schwächte in den acht Jahren seiner Herrschaft alle demokratischen Institutionen des Landes - die Verwaltung, das Parlament und nicht zuletzt das Höchste Gericht - derart, dass ihm außerhalb der Armee keine Unterstützer mehr blieben. Zu spät wird er festgestellt haben, dass er genau damit einem viel gefährlicheren Feind gedient hat, als Bhutto oder die demokratisch bewegten Richter es jemals sein konnten. Für die Islamisten ist es einfacher, nur noch einen Feind zu haben: eine von den verhassten USA gestützte Militärregierung. Doch die ist derzeit mangels Alternativen Pakistans einzig mögliche Regierungsform. Deshalb musste Benasir Bhutto sterben.

Selbst wenn die Parlamentswahlen am 8. Januar wider Erwarten stattfinden sollten: Viel zu wählen gibt es nicht. Der einzig verbliebene relevante Oppositionsführer, Ex-Premier Nawaz Sharif, sitzt noch immer im Exil in Saudi-Arabien, und der frühere Kricketstar Imran Khan, der ohnehin kaum eine Chance hätte, boykottiert die Wahlen.

Diese Entwicklung ist nicht nur für Pakistan eine Katastrophe, sondern für die gesamte Region. Schon sind die Grenzgebiete im Westen des Landes fast so unruhig wie das Nachbarland Afghanistan. Sechs Jahre „Krieg gegen den Terror“ haben Afghanistan nicht stabilisieren können, sondern nun auch noch Pakistan in den Strudel gerissen, an dessen Ende das Land zu einem weiteren gescheiterten Staat zu werden droht. Auch für Indien ist dies ein Schock, denn die vertrauensbildenden Maßnahmen der vergangenen Jahre, die den Kaschmir-Konflikt zwar nicht gelöst aber beruhigt hatten, könnten hinfällig werden, wenn die pakistanische Armee in Zukunft vor allem damit beschäftigt sein wird, sich selbst vor dem Untergang zu retten. Eine neue Welle des Terrorismus in und aus Kaschmir könnte in Indien zu erheblichen Konflikten führen.

Einmal mehr zeigt sich, dass der frühere US-Präsident Bill Clinton Recht hatte, als er Südasien als die „gefährlichste Region“ der Welt bezeichnete. Weder er noch sein Nachfolger haben jedoch auf diese Analyse eine angemessene politische Antwort gefunden; auch die aufstrebende Großmacht Indien nicht. Seit Bhuttos Tod ist es wieder etwas deutlicher geworden, dass Musharraf nicht allein auf dem Tiger reitet.
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