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„Evangelische Kirche kann nicht länger ihr Selbstbild der ‚besseren‘ Kirche aufrechterhalten“


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Rolf

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„Evangelische Kirche kann nicht länger ihr Selbstbild der ‚besseren‘ Kirche aufrechterhalten“

 

 

 

 

 

Der Skandal um tausendfachen Missbrauch Minderjähriger in der EKD spitzt sich zu: Die von der Regierung eingesetzte Kommission sieht die Zukunft der Institution in Gefahr. Die Kirche als sicherer Ort sei ein „Mythos“ – zu dem auch eine „Selbstwahr-nehmung“ als „progressiv und liberal“ beitrage.

 

Der Umgang der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit sexualisierter Gewalt in protestantischen Institutionen wird von der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs im Bund scharf kritisiert. „Die evangelische Kirche kann nicht länger ihr Selbstbild der ‚besseren‘, aufgeklärteren und liberaleren Kirche aufrechterhalten“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme des siebenköpfigen Expertengremiums, das von der Bundesregierung auf Basis eines Bundestagsbeschlusses eingesetzt wurde.

 

Nach Einschätzung der Verfasser 

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: „Die Glaubwür-digkeit und Zukunft der evangelischen Kirche in Deutschland hängt nach unserer Überzeu-gung entscheidend davon ab, dass sie die eigenen Fehler und Mängel anerkennt, dafür Verantwortung übernimmt und die gebotenen Konsequenzen unverzüglich umsetzt.“

 

Anlass der Stellungnahme ist die am 25. Januar veröffentlichte

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eines unabhängigen Forschungsverbunds zu Ausmaß und Aufarbeitung des Missbrauchs sowie zum Umgang mit Opfern in den 20 Landeskirchen der EKD sowie ihres Wohlfahrtsverbands Diakonie.

Für die Kirch

e katastrophal ist die Studie nicht nur wegen des Befunds, dass sexualisierte Gewalt im deu-tschen Protestantismus mit mindestens 1259 mutmaßlichen Tätern und 2225 Opfern die gleiche Größenordnung hat wie im katholischen Bereich. Vielmehr wurde bei der Studie auch gezeigt, dass kirchliche Machtstrukturen und nicht zuletzt das evangelische Selbstver-ständnis eines angeblich harmonischen Miteinanders sowohl viele Taten ermöglichten als auch deren Aufdeckung sowie den angemessenen Umgang mit Betroffenen verhinderten.

 

Sogar bei der Mitarbeit an der von der EKD selbst in Auftrag gegebenen „ForuM“-Studie versagte die Kirche: Fast alle Landeskirchen durchsuchten entgegen der ursprünglichen Vereinbarung mit den Wissenschaftlern nur wenige Personalakten nach Vorwürfen; sie beschränkten sich weitgehend auf die Erfassung der Disziplinarakten zu ohnehin bearbei-teten Fällen. Die Größe der Versäumnisse zeigt sich auch daran, dass die Diakonie, deren Heime und Einrichtungen für Kinder und Jugendliche besonders große Missbrauchs-gefahren bergen, für die Studie nur Fälle aus der Zeit vor 1979 meldete.

 

All diese Versäumnisse werden der Kirche nun von jener Kommission in der Stellungnahme vorgehalten. „Die Verantwortung für die fehlenden oder unvollständigen Daten in der Studie liegt bei der EKD“, heißt es in dem Text. Zum Umgang mit den Opfern schreiben die Fachleute, die EKD habe „ohne Empathie gehandelt, den Anspruch Betroffener auf Gerech-tigkeit ignoriert oder den Wunsch nach partizipativen Prozessen der Aufklärung und Aufar-beitung enttäuscht“.

 

Auch Kirchenverständnis und Theologie des Protestantismus nimmt die Stellungnahme in den Blick. So hätten „die Selbstwahrnehmung weiter Teile der evangelischen Kirche als progressiv und liberal“ und zugleich „ein von ‚Harmoniezwang‘ dominiertes ‚Milieu der Geschwisterlichkeit‘“ zu dem „Mythos“ von der evangelischen Kirche als einem sicheren Ort geführt. „In einem solchen institutionellen Kontext herrschen Intransparenz, Verantwor-tungsdiffusion, und es fehlen verbindliche Regeln im Umgang mit Grenzüberschreitungen.“ Daher habe die Kirche ihre Haltung „einer auch theologischen Reflexion zu unterziehen“.

EKD selbst prangert die eigenen Versäumnisse an

Tatsächlich hatten schon die Autoren der „ForuM“-Studie an Grundpfeilern des Protes-tantismus gerüttelt, etwa an der Institution des evangelischen Pfarrhauses. Angesichts der Tatsache, dass 40 Prozent der Beschuldigten 

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sind oder waren, schrieben die Wissen-schaftler, dass das Pfarrhaus wegen „mangelhafter Trennung zwischen Beruflichem und Privatem“ nach Wahrnehmung von Opfern „sexualisierte Gewalt begünstigen“ würde.

 

Auch ein Kernbestand von Martin Luthers Theologie wurde angesprochen: Die Rechtfer-tigungslehre, wonach die Vergebung allein aus dem Glauben an Jesus Christus entstehen könne. Damit komme es „zu einer Verkopplung von Schuld und Vergebung“, Reue finde „keine angemessene Form“, und Betroffene würden mit „Wünschen nach Vergebung der sexualisierten Gewalt konfrontiert, bevor eine angemessene Auseinandersetzung mit der Schuld umgesetzt wurde“.

 

Ob solche Grundfragen in Reaktion auf die Missbrauchsbefunde nun in der Kirche tat-sächlich neu diskutiert werden, ist zwar offen. Aber das Bewusstsein einer existenziellen Krise ist vorhanden: Fast zeitgleich mit der Stellungnahme der Kommission – und offenbar unabhängig von ihr – veröffentlichten am Dienstag die EKD, alle Landeskirchen und die Diakonie eine 

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 mit dem Titel „Wir übernehmen Verantwortung“. Darin wird „ein jahrzehntelanges Versagen der evangelischen Kirche und der Diakonie auf allen Ebenen und in allen Landeskirchen“ eingestanden.

 

„Betroffene Personen wurden nicht gehört, Taten nicht aufgearbeitet, Täter geschützt und Verantwortung nicht übernommen“, heißt es in dem Text, laut dem „Mitte Februar“ das mit Opfervertretern besetzte EKD-Beteiligungsforum zusammen mit Wissenschaftlern die Ergebnisse und Empfehlungen der Studie „erstmals beraten“ werde. Auf allen Ebenen der Kirche werde man sich „mit den Ergebnissen der Studie und ihrer Bedeutung für unsere Kirche und Diakonie transparent und offen auseinandersetzen“. Betroffenen-Vertreter „sowie kirchliche und diakonische Beauftragte“ sollten „einen klaren Maßnahmenplan für die evangelische Kirche und Diakonie insgesamt entwickeln“.

 

Nach Ansicht der Unabhängigen Kommission auf Bundesebene muss so ein Plan auch einen neuen finanziellen Aspekt haben. Während nämlich bisher die Landeskirchen in höchst unterschiedlicher Weise den 

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 Anerkennungszahlungen zwischen 5000 und 50.000 Euro zukommen lassen, heißt es nun in der Stellungnahme des Gremiums, dass sich jene Zahlungen „an der neueren Entwicklung im Bereich der staatlichen Gerichte orientieren“ müssten.

 

„Der Maßstab dafür sollte die Summe von 300.000 Euro sein, die das Landgericht Köln im Juni 2023 einem Betroffenen sexualisierter Gewalt im Bereich der katholischen Kirche zugesprochen hat.“ Würde das in der evangelischen Kirche beherzigt, könnten auf sie bei vorsichtiger Schätzung Zahlungen in der Gesamthöhe eines zwei- oder gar dreistelligen Millionenbetrags zukommen.


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