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US-Präsidentenwahlen - Republikaner im Glaubenskrieg


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US-Präsidentenwahlen - Republikaner im Glaubenskrieg




Im US-Staat Iowa kämpfen die republikanischen Spitzenkandidaten Mike Huckabee und Mitt Romney um die Stimmen von Amerikas Konservativen und um die Frage: Wer hat die bessere Religion?

Von FOCUS-Korrespondent Peter Gruber, Washington



Das heiße Eisen bleibt bewusst ausgeklammert. Weder Mike Huckabee, noch Mitt Romney mögen an diesem Mittwoch (Ortszeit) ihre Religion diskutieren, als sie sich im US-Staat Iowa gemeinsam mit den anderen republikanischen Präsidentenbewerbern zur Fernsehdebatte treffen. Romney und Huckabee wollen in erster Linie nett und freundlich wirken, wählbar eben.

Der jugendfreie TV-Auftritt steht im krassen Gegensatz zu dem erbitterten Glaubenskrieg, den der frühere Südstaatenprediger Huckabee gegen den Mormonen Romney führt. Für beide geht es in Iowa um viel. In genau drei Wochen finden im „Hawkeye State“ die ersten Vorwahlen für die Nominierung zum US-Präsidentenkandidaten statt. Beide haben gute Chancen auf einen Auftaktsieg. In Umfragen liegen Huckabee und Romney Kopf an Kopf.

Stimmenjagd auf Kirchgänger

Rund 95 Prozent der Wähler in Iowa sind Weiß. Die breite Mehrheit bezeichnet sich als konservativ und christlich. Viele gehen jeden Sonntag zur Kirche. Genau deren Stimmen wollen sowohl Huckabee als auch Romney gewinnen. Denn wer beim Vorwahlstart in Iowa die Nase vorn hat, kann mit neuem Schwung in die nächsten Primaries in New Hampshire und South Carolina ziehen.

Aus diesem Grund wollen beide Kandidaten Iowas Wähler jetzt von ihrer Bibeltreue überzeugen. Allerdings gibt es da einen wichtigen Unterschied: Huckabee ist Baptist, wie ein großer Teil der Bevölkerung in Iowa, Romney dagegen Mormone. Nur zwei Prozent aller Gläubigen in den USA gehören dieser Glaubensgemeinschaft an. Aus diesem Grund ist sie vielen Amerikanern suspekt. Dieses Misstrauen spielt Huckabee jetzt als Trumpfkarte gegen seinen Kontrahenten aus.

Bruderschaft von Jesus und dem Teufel als Wahlkampfthema

In Fernsehwerbespots tritt der 52-Jährige offen als „Christenführer“ auf. Es ist eine direkte Botschaft an Iowas Kirchgänger: „Ich stehe auf Euerer Seite, spreche Eure Sprache“, will Huckabee den Wählern damit sagen. Zugleich attackiert er indirekt seinen Gegner. „Glauben die Mormonen nicht, dass Jesus und der Teufel Brüder sind?“, sinnierte er jetzt im Interview mit dem „New York Time Magazine“.

An der Unterstellung ist nichts dran: „Wir glauben wie alle anderen Christen, dass Jesus der einzige Sohn Gottes ist. Satan ist das genaue Gegenteil, wofür Jesus steht“, stellt Mormonen-Sprecherin Kim Farah klar. Doch wenn sich auch nur unter ein paar Wählern in Iowa die Zweifel an Romneys religiöser Überzeugung halten, hat Huckabee sein Ziel erreicht.

Romney reagiert dementsprechend empört auf die rhetorische Bereitseite: „Wir können gerne über politische Inhalte streiten“, kontert er im US-Fernsehen, „aber die Religion eines Kandidaten zu attackieren, geht einfach zu weit.“ Am Mittwoch entschuldigt sich Huckabee schließlich unter vier Augen bei seinem Kontrahenten und beteuert: „Ich glaube nicht, dass man als Mormone besser oder schlechter für das Präsidentenamt qualifiziert ist.“

Angriff auf Trennung von Kirche und Staat

Auch Romney hält in seinem Wahlkampf die christliche Fahne hoch. Erst vor wenigen Tagen griff er in einer Grundsatzrede zur Religion die „säkular progressive Bewegung“ in den USA an, die sich für die Trennung von Staat und Kirche einsetzt. „Wir machen einen großen Fehler, wenn wir die Kraft des Glaubens im Leben der Menschen nicht anerkennen“, warnte er. „Die Zeit ist überfällig, dass wir eine Debatte darüber beginnen, wie wir unseren Glauben wieder mit unserer pluralistischen Demokratie vereinbaren.“

Solche Sätze zielen vor allem auf die konservative christliche Basis der Republikaner. Ihren Stimmen hat der wiedergeborene Christ George W. Bush seine beiden Siege in den Jahren 2000 und 2004 zu verdanken. Jetzt wollen Romney und Huckabee Bushs Erben werden. Denn die republikanische Basis geht traditionell nur dann zur Wahl, wenn ein „wahrer Christ“ Präsident werden will, andernfalls bleibt sie daheim.

„Sündiger“ Giuliani in Iowa abgeschlagen

Aus diesem Grund haben Kandidaten wie Rudy Giuliani, der bereits in dritter Ehe verheiratet ist, Homosexualität für keine Sünde hält und es der Frau überlassen will, ob sie abtreibt oder nicht, in Iowa keine Chance. Der „sündige“ New Yorker Ex-Bürgermeister liegt in Umfragen abgeschlagen auf Platz fünf. Den Kampf um den konservativen Siegerpokal tragen Romney und Huckabee unter sich aus.

Der gegenwärtige Glaubenskrieg ist symptomatisch für den Zustand der republikanischen Partei – und dies nicht nur im Schlüsselstaat Iowa. Inzwischen ist Huckabee auch landesweit steil durchgestartet. In einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage der „Washington Post“ und des Fernsehsenders ABC hat er sich an den nationalen Spitzenreiter Giuliani herangearbeitet. Derzeit fehlen ihm nur noch sechs Prozent zur Führung. Im November lag er noch scheinbar hoffnungslose 24 Prozent zurück. Huckabee kann sich gut verkaufen. Das beweist er auch bei der Fernsehdebatte in Iowa. Er redet nicht gekünstelt, seine Körpersprache wirkt authentisch. Das hat er als Südstaatenprediger verinnerlicht.

Huckabees politische Fettnäpfchen

Doch inzwischen muss sich auch Huckabee gegen Angriffe wehren, die auf seine religiöse und konservative Überzeugung zielen. Huckabees Gegner haben in dessen Vergangenheit gestöbert – und sind fündig geworden. So hatte sich der Präsidentenkandidat vor Jahren für die Eheführung nach fundamentalistischem Vorbild eingesetzt. Die Frau müsse dem Mann im biblischen Sinn Untertan sein. Anfang der 90er-Jahre forderte er, dass Aids-Kranke vom Rest der Bevölkerung isoliert werden müssten. Heute rechtfertigt Huckabee seine radikale Einstellung mit dem Hinweis, man habe damals ja noch kaum etwas über die Ansteckungsgefahr der Krankheit gewusst.

Mit solchen strammen Parolen dürfte Huckabee bei der republikanischen Basis eher punkten. Gefährlicher könnten ihm aber andere Kontroversen werden. Als Gouverneur in Arkansas hatte er sich vor elf Jahren für die Freilassung des wegen Vergewaltigung verurteilten Sexualtäters Wayne DuMont eingesetzt. 1999 verging sich DuMont erneut an einer Frau und ermordete sein Opfer anschließend. Das könnte Huckabee jetzt vor allem deshalb schaden, weil gerade konservative Wähler in den USA sehr drakonische Strafen für Kriminelle fordern.

Auch beim Thema illegale Einwanderung, das für viele Republikaner im Wahlkampf an erster Stelle steht, hat Huckabee Probleme. So setzte er sich als Gouverneur für ein Gesetz ein, das den Kindern von Illegalen in besonderen Fällen finanzielle Hilfe für die Schul- und Universitätsausbildung gewährt – eine Initiative, die ihn heute zum Buhmann machen könnte.

Der Kampf gegen das „Weichei“-Image

Romey hat diese Schwachstelle bereits entblößt und Huckabee in einem TV-Werbespot als politisches Weichei im Umgang mit illegalen Immigranten porträtiert. Der Ex-Gouverneur kontert den Angriff jedoch rhetorisch geschickt, indem er sich erneut auf seinen Glauben beruft. „Es ist doch unchristlich, dass Kinder für die Sünden ihrer Eltern büßen sollen“, erklärt er.

Drei Wochen haben Huckabee und Romney noch Zeit, bis Iowas Wähler abstimmen. Und so lange, das scheint sicher, wird sich ihr Glaubenskrieg wohl fortsetzen.

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