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Scharia-freie Zone für die Forschung


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Scharia-freie Zone für die Forschung




Von Jens Lubbadeh

Das Gesetz ist die Scharia. Eigentlich. Im Wüstensand Saudi-Arabiens aber lässt König Abdullah derzeit eine 36 Quadratkilometer große Insel der freien Forschung bauen - die King Abdullah University of Science and Technology. Mit ihr will er Vorsorge treffen - für die Zeit nach dem Öl.

Es sind gerade mal 120 Kilometer Luftlinie bis Mekka, dem wichtigsten Heiligtum des Islam. Hier, am Roten Meer, unter der sengenden Sonne der saudiarabischen Wüste, in einem der reichsten und zugleich konservativsten Länder des Islam, soll eine Insel des freiheitlichen Denkens entstehen: die King Abdullah University of Science and Technology - kurz KAUST.

36 Quadratkilometer groß, 12,5 Milliarden Dollar teuer - auf dem Campus sollen 2000 Studenten, und 600 Fakultätsmitglieder aus aller Welt ab 2009 mit feinster technologischer Ausrüstung und international vernetzt Spitzenforschung betreiben. Die neue Universität ist der Versuch von Saudi-Arabiens Oberhaupt König Abdullah, an Standards westlicher Wissenschaftszentren Anschluss zu finden. Nicht Kamel-Klonen oder Falken-Forschung, sondern einige der derzeit heißesten Themen angewandter Wissenschaften sollen dort erforscht werden: Photovoltaik und unterirdische CO2-Speicherung, Bio- und Nanotechnologie, Computer- und IT-Wissenschaften.

ie Mehrheit der Studenten - laut Planung etwa zwei Drittel - soll aus dem Ausland stammen, angelockt von großzügigen Stipendien. Damit sie überhaupt in die Wüste kommen, wird von ihnen nicht verlangt, dass sie die strengen Verhaltensvorschriften Saudi-Arabiens befolgen. An der KAUST sollen die Zügel gelockert werden, Frauen sollen dieselben Rechte wie Männer haben, wie ein KAUST-Sprecher, der nicht namentlich genannt werden möchte, SPIEGEL ONLINE bestätigte. Zum Beispiel dürfen sie dort Auto fahren, was ihnen in Rest-Saudi-Arabien untersagt ist.

Frauen werden Auto fahren dürfen

"KAUST soll die besten Forscher aus der ganzen Welt anlocken, nicht die besten männlichen oder weiblichen", sagte Jamil Al-Dandany, Vizepräsident für außerbetriebliche Angelegenheiten der Universität SPIEGEL ONLINE. "An der KAUST werden männliche und weibliche Studenten zusammenarbeiten." Auch das ist ungewöhnlich, denn an den anderen Universitäten Saudi-Arabiens müssen Männer und Frauen die Vorlesungsräume durch getrennte Türen betreten und durch Absperrungen getrennt verfolgen. Selbst in den fortschrittlichsten Genlabors des Landes müssen Frauen ihr Gesicht verhüllen und Studentinnen dürfen ihren männlichen Mentoren nur in sorgfältig überwachten öffentlichen Räumen wie der Bibliothek begegnen. Doch Studentenleben ganz wie im Westen wird es an der KAUST sicherlich nicht geben. Allein schon, weil Alkohol strikt verboten ist.

Saudi-Arabien - das bedeutet zwei verschiedene mögliche Leben. Je nachdem, ob man als Frau oder als Mann dort geboren wird. Frauen müssen in Saudi-Arabien mit drastischen Einschränkungen leben. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht sogar von Menschen zweiter Klasse: Frauen müssen verhüllt sein, dürfen sich öffentlich nicht mit fremden Männern zeigen und unterliegen männlicher Vormundschaft. Die Insel der Liberalität, die König Abdullah am Roten Meer plant, scheint eher aus Notwendigkeit denn aus echter Überzeugung zu entstehen. Das Königshaus Saud hat die Endlichkeit des sprudelnden Erdöls erkannt. "Wir sind an einem Wendepunkt", sagt Samir Hamrouni, Forschungsdirektor an der Arab Science and Technology Foundation der Vereinigten Arabischen Emirate. "Wissenschaft wird nun als Alternative zu den natürlichen Ressourcen gesehen."

Nicht nur sind die Beschränkungen des Islam hinderlich für eine freie Wissenschaft (mehr...) - die arabische Welt ist zudem von einer massiven Abwanderung von Akademikern betroffen. Nach einem Report des Gulf Centre for Strategic Studies in Cairo verlieren arabische Staaten jedes Jahr die Hälfte ihrer neu ausgebildeten Ärzte, ein Viertel ihrer Ingenieure und 15 Prozent ihrer Wissenschaftler - an Großbritannien, die USA und Kanada. Außerdem kehren 45 Prozent aller arabischen Studenten im Ausland nach Abschluss ihres Studiums nicht wieder in ihre Heimat zurück. KAUST soll diesen Trend stoppen.

Keine Kooperation mit Israel

Kooperationen mit Forschungszentren auf der ganzen Welt sollen ausländische Spitzenforscher ins Land locken. Auf der ganzen Welt? Fast. Mit Israel, das im Nahen Osten mit Abstand führend in Wissenschaft und Technik ist, wird es laut Al-Dandany keine Kooperation geben. Ebenso wenig wird es Studenten aus Israel an der KAUST geben. Al-Dandany: "Es gibt keine Möglichkeit, Studenten oder Arbeitern aus Ländern, zu denen Saudi-Arabien keine diplomatischen Beziehungen unterhält, Studenten-Visa oder eine Arbeitserlaubnis zu gewähren." Probleme, an der KAUST genommen zu werden, werden sicherlich auch nicht-israelische Studenten haben, die zuvor an israelischen Forschungszentren geforscht haben. In den allgemeinen Reiseempfehlungen wird Einreisenden nach Saudi-Arabien geraten, in ihrem Pass keinen Einreisestempel aus Israel zu führen.

König Abdullah bezahlt die KAUST nicht etwa aus Staats-, sondern aus Stiftungsgeldern. Mit dem Bau beauftragt wurde die staatliche Ölgesellschaft Saudi Aramco - die größte Erdölfördergesellschaft der Welt ist fast eine Billion Dollar wert.

Für Kritiker wie Nader Fergany, Direktor des Almishkat Centre for Research in Kairo und federführender Autor des Arab Human Development Report, ist KAUST nur Liberalität hinter Mauern. Er bezweifelt, dass die Uni mehr Freiheit im ganzen Land bringen wird. Einen ersten Test, wie liberal KAUST wirklich sein wird, sieht Fergany in der Ernennung des Uni-Präsidenten. Wird er ein Ausländer sein? Oder gar eine Frau? Wie Al-Dandany SPIEGEL ONLINE bestätigte, sind derzeit 110 Kandidaten aus aller Welt im Rennen - Anfang 2008 soll die Personalentscheidung verkündet werden.

Fergany ist skeptisch, ob die neue Universität überhaupt wissenschaftliche Erfolge bringen wird. In Saudi-Arabien gebe es bereits mit viel Geld ausgestattete Universitäten, wie beispielsweise die King Abdulaziz City for Science and Technology. Seit ihrer Errichtung im Jahr 1977 spielt sie international gesehen wissenschaftlich aber kaum eine Rolle - wie die Wissenschaft im Islam generell (mehr...).






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