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Eltern wollen behindertem Mädchen Gebärmutter entfernen


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FALL KATIE






Eltern wollen behindertem Mädchen Gebärmutter entfernen lassen





Von Jens Lubbadeh

Der Fall erschüttert England und stellt die medizinische Ethik auf den Prüfstand: Die Eltern der behinderten Katie wollen das Mädchen sterilisieren lassen - um ihr Menstruationsbeschwerden zu ersparen. Vorsitzende von Behindertenvereinigungen sind entsetzt.

Sie kann nicht laufen, nicht sprechen, nicht allein essen: Die 15-jährige Katie Thorpe aus Essex leidet an schwerer zerebraler Kinderlähmung, einer Erkrankung des Gehirns, die verhindert, dass sich die motorischen Nervenbahnen normal entwickeln. Nun hat sich Katies Mutter Alison Thorpe zu einem drastischen Schritt entschlossen: Katie soll sterilisiert werden - durch Entfernung der Gebärmutter. Zum Wohle ihrer Tochter, wie die Mutter meint. Denn dadurch blieben ihr die Schmerzen und Unannehmlichkeiten der Menstruation erspart.

Betroffene mit zerebraler Kinderlähmung können sich nicht normal bewegen und sind je nach Schweregrad auf Pflege angewiesen, womöglich rund um die Uhr. So auch Katie, die von ihrer Mutter Alison Thorpe und ihrem Lebensgefährten Peter Reynolds betreut wird. Nach Auskunft ihrer Mutter kann sie nicht allein aufstehen, muss gefüttert werden, sitzt im Rollstuhl und muss Windeln tragen.

Die Entscheidung von Katies Mutter sorgt derzeit in England für großes mediales Aufsehen und erregte Debatten. Ethisch ist sie so umstritten, weil für die Gebärmutterentfernung keinerlei medizinische Notwendigkeit besteht. Der Grund ist laut Alison Thorpe einzig und allein Mitgefühl. Katie würde ihrer Ansicht nach ohne monatliche Menstruationsblutungen ein leichteres und glücklicheres Leben haben.

Katie kann nicht selbst entscheiden

"Indem wir die Menstruation stoppen, ermöglichen wir Katie, ihr Leben ohne die Probleme der Menstruation zu genießen", sagte Alison Thorpe der BBC und verwies auf Stimmungsschwankungen, Tränen, Magenkrämpfe, Schmerzen und die Unannehmlichkeiten der Regelblutung. "Sie würde nicht verstehen, was mit ihrem Körper geschieht. Es könnte sehr verwirrend und angsteinflößend für sie sein."

Katies Ärzte stützen die Entscheidung der Mutter und haben angeblich bereits Anwälte des britischen Gesundheitsministeriums um Erlaubnis gebeten, die Operation durchführen zu dürfen. Katie kann die Entscheidung nicht selbst treffen, da sie nicht sprechen kann und die Ärzte vermuten, dass sie nicht versteht, was man ihr sagt.

Erst Anfang diesen Jahres hatte in den USA ein ähnlicher Fall für Aufruhr gesorgt (mehr...): Der geistig und körperlich schwer behinderten Ashley waren bereits im Jahr 2004, im Alter von sechs Jahren, Gebärmutter und Brüste entfernt worden. Es war der Wunsch ihrer Eltern gewesen. Der Grund: Ashley sollte aufhören zu wachsen. Die Familie hatte befürchtet, sich nicht mehr richtig um das Kind kümmern zu können, wenn es zu groß und zu schwer werden würde.

Ashley war auf die Pflege ihrer Eltern und ihrer zwei Großmütter angewiesen. 2004 hatte die Ethikkommission des Seattle Children's Hospital dem Vorhaben zugestimmt und damit beschlossen, dass Ashley nicht größer als 1,30 Meter und nicht schwerer als 34 Kilogramm werden sollte. Der Eingriff war ein medizinischer Präzedenzfall und fand als "Ashley-Behandlung" Eingang in die Fachliteratur. Ärzte der Berliner Charité beurteilten ihn im Gegensatz zu ihren US-Kollegen als "medizinisch und ethisch nicht zu rechtfertigende, bleibende Veränderungen an den Geschlechtsmerkmalen eines Mädchens".

Die Parallelen zwischen dem Fall Katie und dem Fall Ashley sind unübersehbar. Auch bei Katie besteht keinerlei medizinische Notwendigkeit für die Gebärmutterentfernung. Zumal es medizinische Alternativen gäbe, die Katies Ärzte der Mutter zuvor vorgeschlagen hatten: Katies Monatsblutungen sollten durch die Pille oder alternativ dreimonatige Hormoninjektionen unterbunden werden.

Es gäbe medizinische Alternativen

Eine weitere Möglichkeit bestünde darin, Katie eine Pumpe in die Gebärmutter zu implantieren, die Hormone absondert und die Menstruation abschwächen oder stoppen könnte, sagte Paul Hardimans, Gynäkologe von der Royal Free and University College Medical School. "Das ist so effektiv wie eine Sterilisation, aber der Hauptpunkt ist: Es ist reversibel. Eine Gebärmutterentfernung ist ein großer und finaler Schritt für jemanden", sagte Hardiman.

Doch die Mutter hat Pille oder Hormonbehandlung abgelehnt. Ihr war das Risiko einer Thrombose für ihre an den Rollstuhl gefesselte Tochter zu hoch. Dennoch beurteilt Hardiman den Fall als ethisch kompliziert, schwarz und weiß gebe es in diesem Fall nicht. Der "Sunday Times" sagte er, man müsse die Menschenrechte des Mädchens abwägen gegen das mögliche Leid, das sie erführe, wenn nichts unternommen werde.

Simone Aspis vom Disabled People's Council in England sieht den Fall eindeutiger: Die Operation sei "unakzeptabel", wenn es Alternativen wie zum Beispiel die Pille gäbe. "Das hier ist nicht mehr als Eugenik und ein Missbrauch von Katies Menschenrechten."

Ärzte würden niemals in Betracht ziehen, Eltern eine Gebärmutterentfernung ihres Kindes zu empfehlen, sagte Aspis. "Warum sollte es hier der Fall sein, bloß weil die Person behindert ist?" Sie sieht auch weitaus größere ethische Probleme: Katie habe, wie jeder andere nicht behinderte Teenager das Recht, mit einem intakten Körper aufzuwachsen und einmal eigene Kinder zu haben. "Wir kennen viele behinderte Menschen, die Kinder bekommen haben und tolle Eltern sind", meinte Aspis.

Katies Mutter Alison Thorpe sieht die Zukunft ihrer Tochter anders: "Katie wird nicht heiraten und sie wird keine Kinder haben." Katie werde kein normaler Erwachsener werden. "Es geht nicht um uns, es geht um Katie."
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