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"Die Mannschaft der Priester"


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Rolf

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Italienischer Fußball und die Kirche





"Die Mannschaft der Priester"



(SZ vom 4.10.2007)


Schluss mit dem sündigen Fußball in Italien: Die Kirche steigt jetzt
mit Geld und Moral in Italiens Profi-Fußball ein.


Von Stefan Ulrich

Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, der zweitmächtigste Mann im
Vatikan, hat über den Fußball gesagt: "Der Regisseur dieses großen Spiels ist
Gott." Tatsächlich geht es in vielen italienischen Stadien aber zu wie in einem
Sündenpfuhl. Da werden Schiedsrichter bestochen und Spiele manipuliert,
Bilanzen verfälscht, Feuerwerkskörper geworfen, Zuschauer
krankenhausreif geschlagen und Nazi-Parolen gegrölt. So ist es kein Wunder,
wenn die Kirche daran Anstoß nimmt und nun versucht, Gottes Willen auf
dem Rasen durchzusetzen.

Sie beginnt damit beim Proficlub AC Ancona, dem Spitzenreiter der dritten
Liga, der Serie C. Der Verein und die katholische Sport-Organisation
"Centro Sportivo Italiano" (CSI) haben sich jetzt darauf geeinigt: Beim AC
Ancona, der unlängst aus einem Bankrott hervorging, wird fortan nach
christlichen Regeln gespielt. Zur Belohnung überweisen katholische
Sponsoren fünf Millionen Euro. Der Papst wiederum wird nächsten
Mittwoch die Spieler empfangen und ein Trikot mit der Nummer 16
erhalten. "Mannschaft der Priester" wird AC Ancona bereits genannt.

Der Deal könne "den Fußball moralisieren und ein wenig Ethik in einen Sport
bringen, der eine schwere Krise der Werte durchlebt‘‘, sagt der Erzbischof
von Ancona, Edoardo Menichelli. Die kirchliche CSI, der in Italien 850000
Amateursportler angehören, meint: "Wir setzen auf die wahre Bedeutung des
Sports." Statt nur dem Profit zu dienen, solle der Fußball die Jugend
erziehen. Der AC Ancona wird dabei nur den Anfang machen. Mit einem
"Progetto Soccer", das demnächst vorgestellt wird, soll der ganze
Sündenpfuhl gereinigt werden.

Italienische Medien behaupten sogar, katholische Unternehmer unter
Anleitung des CSI würden Ancona kaufen, und die Kirche würde somit
erstmals einen Proficlub übernehmen. Die Zeitung La Stampa schreibt,
Mailänder Investoren des CSI hätten 80 Prozent der Anteile am Verein
erworben. Ein Sprecher des CSI wollte das nicht bestätigen. Es seien
lediglich Verhandlungen im Gange, sagte er der Süddeutschen Zeitung.
Wichtig sei seiner Organisation vor allem, dass der Club ihren Ethik-Codex
umsetze.

Dieser Codex hat es in sich. Er verpflichtet Verein, Spieler und Fans zum
Fair Play. So müssen die Verträge gerecht gestaltet werden, und Gewinne
des Clubs sollen in Hilfsprojekte für die Dritte Welt fließen. Spieler, die sich
der Regie Gottes entziehen, indem sie etwa Gegnern brutal in die Beine
grätschen, werden zu gemeinnütziger Arbeit verdammt. Die Fans aber
müssen darauf verzichten, gegnerische Tifosi zu schmähen und auf
Spruchbändern zur Hölle zu wünschen. "Liebet eure Feinde" - das ist nun
angesagt. Zur Entschädigung für die gestrichene Randale gibt es verbilligte
Eintrittskarten. Der kirchliche Kicker-Codex soll bald auch in anderen Clubs
zur Regel werden.

Den Segen des Kardinalstaatssekretärs hat die Initiative schon. Bertone ist
ein großer Fußballfan, der einst Spiele der Ersten Liga im Radio moderierte.
Dieses Frühjahr ließ er junge Pfarrer und Priesteramtskandidaten, die aus
aller Welt zum Studium nach Rom kommen, im "Clericus Cup"
gegeneinander antreten. Bertones Traum ist es, ein Vatikan-Team
aufzubauen, "eine erstklassige Fußballmannschaft, um mit Roma, Inter und
Sampdoria auf einer Höhe zu sein‘‘. Einen Spielmacher wüsste der Kardinal
bereits. "Die Kirche hat ihren Beckenbauer gefunden", jubelte er im April
2005. Er meinte Joseph Ratzinger, den neuen Papst.

(SZ vom 4.10.2007)

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