Die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland hat darauf hingewiesen, dass die Aussagen des theologischen Gutachters im Berufungsverfahren um den umstrittenen Bremer Pastor Olaf Latzel unvollständig seien. Der Gutachter und Theologieprofessor Christoph Raedel ist Mitglied dieser Kirche.
Der Sprecher der methodistischen Kirche sagte am Wochenende dem Evangelischen Pressedienst (epd), dass Raedel’s ablehnende Äußerung zur Homosexualität nicht repräsentativ für die ganze Kirche sei. Der landeskirchliche Pastor Latzel hatte nach Auffassung des Bremer Amtsgerichts in einem sogenannten Eheseminar zum Hass gegen Homosexuelle aufgestachelt. Das Gericht verhängte darum eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro. Das Urteil wegen Volksverhetzung ist nicht rechtskräftig, weil Latzel in Berufung gegangen ist.Gutachter bezeichnet „ausgelebte Homosexualität“ als „Sünde“
Christoph Raedel, Professor der Freien Theologischen Hochschule Gießen, war in der vergangenen Woche nun vom Landgericht zum theologischen Gutachter im Berufungsverfahren bestellt worden. Auf epd-Anfrage bezeichnete Raedel «ausgelebte Homosexualität» als «Sünde». Er zitierte dazu aus der Verfassung seiner Kirche: «Die weltweite Evangelisch-methodistische Kirche kann die praktizierte Homosexualität nicht gutheißen und betrachtet diese Handlungsweise als unvereinbar mit der christlichen Lehre.»
Methodistische Kirche betont Diskriminierung abzulehnen
Der Sprecher der methodistischen Kirche, Michael Putzke, sagte, die von Christoph Raedel zitierte Passage aus der Verfassung der weltweiten methodistischen Kirche sei zwar richtig, aber unvollständig. Korrekt sei, dass praktizierte Homosexualität darin als nicht vereinbar mit der christlichen Lehre angesehen werde. In der deutschen Fassung werde jedoch betont, dass es innerhalb der methodischen Kirche unterschiedliche Auffassungen in dieser Frage gebe.
Laut Putzke wird darin ausdrücklich bekräftigt, dass Gottes Gnade allen Menschen gelte. Es sei eindeutig, «dass Ablehnung und Diskriminierung lesbischer und schwuler Menschen in der Kirche keinen Platz haben».
Die methodistische Kirche ringe weltweit bereits seit fünf Jahrzehnten erbittert um eine Haltung zur Homosexualität, erläuterte Putzke. 2019 habe sich bei der Generalkonferenz im US-amerikanischen St. Louis, dem weltweit höchsten Entscheidungsgremium dieser Kirche, mit knapper Mehrheit die konservativ-traditionelle Sichtweise durchgesetzt.
In Deutschland sei dieser Beschluss aber nicht umgesetzt worden: Die wenigen Passagen mit negativen Aussagen zur Homosexualität seien «vorläufig außer Kraft» gesetzt. Dieses «Schweigen in der Ordnung» ermögliche es den Gemeinden, sich für die Belange von Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen stärker zu öffnen und ihnen in der Kirche eine Heimat zu bieten.