Geteiltes Echo: Hamburger CDU will Muslimin als Spitzenkandidatin

Hamburg (idea) – Auf unterschiedliche Reaktionen ist die Ankündigung der Hamburger CDU gestoßen, dass die türkischstämmige Politikerin Aygül Özkan Spitzenkandidatin bei der Bürgerschaftswahl 2020 werden soll. Die Muslimin war von 2010 bis 2013 Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration in Niedersachsen. Kurz vor ihrem Amtsantritt hatte sie ein Verbot von Kruzifixen an öffentlichen Schulen gefordert. Der damalige Ministerpräsident Christian Wulff distanzierte sich umgehend von der Haltung Özkans. Derzeit ist die 46-Jährige, die laut Medienberichten „schwer erkrankt“ ist, Geschäftsführerin einer Servicetochter der Deutschen Bank in Berlin. Sie habe einen „undogmatisch gelebten muslimischen Glauben“, schrieb die Tageszeitung „Die Welt“. Der Vorsitzende der Hamburger CDU, Roland Heintze, der selbst als Spitzenkandidat im Gespräch war, ist der Überzeugung, dass Özkan besser geeignet sei: „Sie hat liberale Überzeugungen, sie hat wertkonservative Überzeugungen.“
EAK in Hamburg: Als CDU-Mitglied bekennt sich Özkan zum christlichen Menschenbild
Der Evangelische Arbeitskreis (EAK) der CDU-Hamburg begrüßt die geplante Nominierung. In einer Stellungnahme auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea heißt es: „Frau Özkan, Hamburgerin seit Geburt, verfügt über die erforderlichen persönlichen und fachlichen Kompetenzen, Hamburg voranzubringen.“ Durch ihre Mitgliedschaft in der CDU bekenne sie sich zum christlichen Menschenbild und zum Grundsatzprogramm der CDU. Sie stehe „für ein wertegebundenes Miteinander in Vielfalt und für politisches Handeln auf Basis der Grundsätze der CDU“. Dies alles mache sie für den EAK Hamburg zu einer geeigneten Kandidatin. Dessen Landesvorsitzende ist die Diplom-Volkswirtin Sybille Möller-Fiedler. Lob kommt auch aus den Reihen von Bündnis 90/Die Grünen. Dass eine konservative Partei mit einer Frau mit türkischen Wurzeln antrete, sei „Mut machend“, sagte die Zweite Bürgermeisterin, Katharina Fegebank, die selbst Spitzenkandidatin ihrer Partei werden will.
Werteunion: Kein „glückliches Signal“
Der Vorsitzende der konservativen Werteunion in der CDU, Alexander Mitsch (Plankstadt bei Heidelberg), hält es dagegen für kein „glückliches Signal“, dass eine Partei mit dem „C“ im Namen eine Muslimin als Spitzenkandidatin aufstelle. Die Religionszugehörigkeit sei allerdings nur eines von vielen Merkmalen, um die Qualifikation einer Kandidatin zu beurteilen, äußerte er gegenüber idea.
Kirchliche Sammlung: Eine Steilvorlage für die AfD
Scharfe Kritik an dem Vorhaben der Hamburger CDU übt die Kirchliche Sammlung um Bibel und Bekenntnis in der Nordkirche. „Das zeigt, wie es um die CDU im Allgemeinen und die CDU in Hamburg im Besonderen steht“, erklärte der Vorsitzende der theologisch konservativen Vereinigung, Pastor Ulrich Rüß (Hamburg), gegenüber idea. Das „C“ stehe für „religiöse Beliebigkeit, für Teilbereiche christlicher Ethik, losgelöst von Christus und dem christlichen Glauben“. Laut Rüß hat der Islam – welcher Prägung auch immer – ein anderes Menschen- und Gottesbild. Die Realität spreche weltweit Bände. Der geplante Nominierung Özkans mache deutlich, „wie weit der Einfluss des Islam in unserer Gesellschaft angekommen ist“. Für Konservative und bekennende Christen sei eine solche CDU kaum wählbar: „Damit liefert sie eine Steilvorlage für die AfD.“