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Dr. Penner an Prof. Schumann


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Eine Antwort in diesem Thema

#1
Rolf

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Dipl.-Chem. Dr. rer. nat. Hans Penner, 76351 Linkenheim-Hochstetten,



13.11.2014



Herrn Prof. Dr. Olaf Schumann, Universität Hamburg

Sehr geehrter Herr Professor Schumann,
besten Dank für Ihr ausführliches Schreiben, das allerdings polemisch ist und nicht sachlich. Es geht nicht um Methoden. Zur historisch-kritischen Methode verweise ich auf das Buch des früheren württembergischen Landesbischofs Dr. Gerhard Maier: "Das Ende der historisch-kritischen Methode". Dem brauche ich nichts hinzuzufügen.

Ich wehre mich gegen die historisch-kritische Theologie, die ein Schriftverständnis entwickelt hat, welches dem reformatorischen diametral entgegengesetzt ist. Diese Theologie legt fest, welche biblischen Aussagen Legenden sind und welche nicht. Die historisch-kritische Theologie hat die Rolle der mittelalterlichen Kirche übernommen und lehrt die unmündigen Gemeindefrommen, was sie zu glauben haben und was nicht.
Bitte, beachten Sie das Resultat der historisch-kritischen Theologie, nämlich die heutige weltanschauliche Position der Evangelischen Kirche:

1. Die Bibel berichtet keine oder kaum historische Fakten.

2. Der Vater von Jesus war nicht Gott, sondern Joseph. Jesus ist nicht in Bethlehem geboren. Damit ist Jesus nicht der Messias der Juden. Folglich ist Jesus auch nicht der Christus. Somit gibt es gar keine Christen. Weihnachten gehört abgeschafft.

3. Jesus hat keine Wunder vollbracht.

4. Es gibt keinen Teufel. Wir Menschen mußten deshalb nicht aus der Macht des Teufels losgekauft werden. Es war für unsere Erlösung nicht erforderlich, daß Jesus am Kreuz gestorben ist.

5. Jesus ist nicht leiblich auferstanden. Sein Körper ist im Grab verwest.
Diese Theologie beruht auf dem kausalmechanistischen Weltbild des vorletzten Jahrhunderts, welches die Absolutheit der Naturgesetze annahm. Dieses Weltbild mußte infolge der Grundlagenkrise der Physik der 1920er Jahre aufgegeben werden. Der Tübinger Theologe Karl Heim hatte sich damit eingehend befaßt.

Ihre Aussagen über den Fundamentalismus enthalten Klischees. Ihre proislamischen Aussagen über den Islam sind unrealistisch. Damit diese Email nicht zu lang wird, gehe ich hier nicht darauf ein.
Es geht um die Zukunft des Protestantismus in Deutschland. Diese Fragen haben keinen privaten Charakter, sondern sind von erheblicher öffentlicher Bedeutung. Deshalb verbreite ich Ihr Schreiben.

Mit freundlichen Grüßen
Hans Penner
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#2
Rolf

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Am 13.11.2014 03:59, schrieb Olaf Schumann:


Sehr geehrrter Herr Dr. Penner,

nachdem ich nun einige Zeit ihren verbalen Kreuzzug zur Kenntnis genommen habe möchte auch ich Sie bitten, mich in Zukunft von Ihren Schreiben zu verschonen. Wie erinnerlich, begannen Sie ihre Briefreihe mit einer Kritik an der Anwendung der historisch-kritischen Methode bei der Exegese biblischer Texte. Diese Kritik ist nicht neu sondern schon ca. 130 Jahre alt und führte erst in den USA, später auch in anderen chrisltichen Ländern zum Entstehen des "Fundamentalismus", ein Begriff, der nun auch in anderen religiösen Regionen angewendet wird. Und so entwickelte sich der Fundamentalismus, nicht jedoch die historisch-kritische Methode, zu einer internationalen Ideologie.

Ihnen ist offensichtlich entgangen, dass die "historische Kritik" ein in der Literaturwissenschaft entstandener Begriff bzw. eine Mehtode ist, mit der historische oder ansonsten fremde Texte so interpretiert werden sollen, wie sie von ihren Verfassern verstanden wurden. Das zielte vor allem gegen solche Interpreten, die aus dem eingezäunten Schrebergarten ihrer eigenen Vorsrtellungswelt nicht hinauskommen und alle Texte, egal aus welchem Milieu sie stammen, entsprechend der eigenen beschränkten Vorstellungswelt interpretieren. Kein Wunder, dass sie ausrasten, wenn ihr eigenes Selbstverständnis in Frage gestellt wird.

Sie versuchen sich dann dadurch zu rechtfertigen, dass sie "den" Text, insbesondere heilige Texte, mit ihren eigenen Vorstellungen identifizieren, und jegliche Kritik konsequenterweise als Blasphemie brandmarken. Doch merken sie leider in der Regel nicht, wie weit sie selber von der Meinung des Textes - hier also des biblischen Textes - sich entfernt haben und die Attacken gegen andere auf sie selbst zurückfallen. Dass die historisch-kritische Methode eine Ideologie sein soll, habe ich zum ersten Male bei Ihnen gelesen. Wahrscheinlich verwechseln sie sie mit dem Historismus. Als Wissenschaftler sollten Sie mit Ihren Definitionen etwas sorgfältiger umgehen.

Und nun das neue Ziel Ihrer Attacken, der Islam. Was Sie unter Islam verstehen entspricht vielleicht dem Vorbild des "Islamic State". Ich weiss von keinem ernstzunehmenden Muslim, der sich mit dem identifizieren kann, was dort als "Islam" verkauft wird. Was würden Sie als Christ sagen, wenn Ihnen von einem Nichtchristen vorgehalten würde, dass sich das Wesen des wahren Christentums in der mittelalterlichen Inquisition zu erkennen gegeben habe, vgl. manche Passagen aus der "Offenbarung des Johannes"?

Wenn Sie sich auf die Reformation berufen, dann müsste Ihr Verständnis des Christentums eigentlich ein anderes sein. Und sie dürfen sicher sein, dass sich die Werte des Islam aus der Sicht der meisten Muslime auf andere Inhalte beziehen als die, die von den schwarzen Mördertrupppen als solche indoktriniert werden. Das Gruselkabinett, dass Sie in Ihrem Brief an Frau Käßmann als Lehren des Koran" vorstellen, ist ein einziger Humbug, und Sie sollten sich als Akademiker eigentlich schâmen, sich auf ein solches primitives Niveau der Verächtlichmachung und Verunglimpfung anderer einzulassen, egal, aus welchen Quellen Sie solche Unweisheiten schöpfen.

Sie bedauern den Verfall "unserer christlich-abendländischen Kultur". Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass dieser Verfall bereits im ersten Weltkrieg, als sich die christlichen Nationen Europas gegenseitig mit denselben Segens- und Fluchformeln und Litaneien zerfleischten, einem ersten Tiefpunkt zugeführt wurde? Obwohl sie alle beteten und ihre Waffen segneten? Oder gerade deshalb, denn der Gott, den sie anriefen, war derselbe, desgleichen die religiösen Formeln die sie benutzten. Und diese Kultur von Heuchelei und Lüge wollen Sie wiedererstehen lassen? Nein danke! Das "christliche Abendland" war eine Fehlgeburt. Christen orientieren sich am "Reiche Gottes".

Es ist schade, dass Sie Ihre in einigen Punkten ja durchaus erwägenswerte Kritik an der EKD und manchen theologischen Entwicklungen mit derartigen verbalen Entgleisungen verbinden, wie sie Ihre Stellungnahmen durchziehen. Sie sind Chemiker, kein Theologe. Auch in Ihrer Wissenschaft können Sie nicht ohne Methoden arbeiten. Seien Sie versichert, dass es in der Theologie nicht anders ist, auch wenn in heutigen theologischen Veröffentlichungen die Unterscheidungsfähigkeit zwischen theologischen, soziologischen, psychologischen usw. Methoden abhanden zu kommen scheint. Da kann ich nur sagen: Schuster, bleib bei Deinen Leisten!

Prof. em. Dr. Olaf Schumann
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