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Rückkehrökumene: Rom denkt über eine Teilkirche für Lutheran


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Rolf

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Rückkehrökumene: Rom denkt über eine Teilkirche für Lutheraner nach

Ach ja, die Ökumene: Nach dem letzten Wochenende befindet sie sich im emotionalen Schleudergang. Der Chef der Glaubenskongregation im Vatikan will eine lutherische Abteilung unterm Dach der katholischen Kirche errichten; gleichzeitig fordert der Papst heilende Gesten für die Ökumene; die katholischen Bischöfe grübeln über einer neuen Unzufriedenheits-Studie und Margot Käßmann verteidigt vermeintlich ökumeneschädliche Luther-Legenden. Kaleidoskop einer erstaunlichen Debatte.

Da braut sich was zusammen: Der Vatikan verstört mit Rückhol-Fantasien die deutsche Ökumeneszene.


Schon als Regensburger Bischof war Gerhard Ludwig Müller immer für einen Aufreger gut. Seit einem halben Jahr ist Müller nun Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan und hat vor zwei Wochen einen echten Coup gelandet. Man denke darüber nach, ließ der Kardinal verlauten, ein lutherisches Ordinariat innerhalb der römisch-katholischen Kirche zu errichten (das Sonntagsblatt berichtete). Anfang 2011 hatte der Vatikan bereits ein solches - rechtlich selbstständiges - Ordinariat für Anglikaner eingerichtet, die mit dem Kurs der Anglikanischen Kirche unzufrieden sind, aber nicht gleich übertreten wollen.

Ein kuscheliges Asyl im Schoß der wahren Kirche für unzufriedene Lutheraner, die gern ein bisschen katholischer wären, und trotzdem ihre »legitimen Traditionen« beibehalten wollen? Die evangelischen Bischöfe kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus.

»Rückkehrökumene«, wetterte der Catholica-Beauftragte der VELKD, Friedrich Weber, und empörte sich über »unökumenische Aufforderungen zum Seitenwechsel«. EKD-Ratspräsident Nikolaus Schneider war etwas diplomatischer und nannte das Personalordinariat für Lutheraner ein »falsches Signal« - wo doch gerade alle so eifrig versuchen, maximal-ökumenische Feierlichkeiten für das Lutherjubiläum 2017 hinzukriegen. Schneiders Erstaunen entlud sich lediglich in dem Satz: »Ich hatte gehofft, dass wir im ökumenischen Gespräch über dieses Stadium längst hinausgekommen sind.« Doch man solle, so Schneider, die Sache nicht überbewerten: Es gebe keine »nennenswert große Zahl lutherischer Christen, die sich ein vatikanisches Personalordinariat ersehnten«.

Aber vielleicht gäbe es in Deutschland eine nennenswerte Zahl Katholiken, die - ohne ihre legitimen Traditionen aufzugeben - gern ein bisschen evangelischer wären?

Die neueste katholische Milieustudie ließe diesen Schluss durchaus zu. Die Kirche müsse sich ändern, wenn sie weiterbestehen wolle, heißt es in der Studie »Religiöse und kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus«, die das Marktforschungsinstitut »Sinus« im Auftrag mehrerer katholischer Ordinariate und Hilfswerke erstellt hat. Die Befragten hätten deutlichen Unmut gegenüber der aktuellen Kirchenleitung geäußert. Selbst in den traditionellen und bürgerlichen Milieus fordere die Mehrheit der Katholiken mehr Laienrechte, Veränderungen beim Zölibat, eine liberalere Sexualmoral und die Zulassung von Frauen zum Priesteramt. Doch trotz aller Kritik denken, so die Studie, bislang nur wenige Katholiken ernsthaft über einen Austritt nach.

Also vielleicht doch ein evangelisches Ordinariat für Katholiken innerhalb der EKD? Niemand in der evangelischen Kirche käme ernsthaft auf diesen Gedanken.

Belastende Legendenbildung?

Zurück zu erfreulicheren Themen, zum Beispiel den großen Lutherfestspielen, die für 2017 geplant sind. Doch auch hier knirscht es im ökumenischen Getriebe: Der Göttinger Historiker Hartmut Lehmann hatte Lutherbotschafterin Margot Käßmann dafür kritisiert, dass sie am »historisch widerlegten Thesenanschlag« und am ebenfalls historisch nicht korrekten Lutherzitat »Hier stehe ich, ich kann nicht anders« festhalte. Diese Lutherlegenden würden auf katholischer Seite die Ökumene-Bemühungen belasten. »Nicht nachvollziehbar«, kanzelte Käßmann den Kritiker ab. Es sei allgemein bekannt, dass der Luther-Satz auf dem Wormser Reichstag eine »Zusammenfassung von Luthers Haltung« sei. Es werde aber deutlich: »Legenden treffen immer auch einen wahren Kern.«

Gerade die katholische Kirche mit ihren Heiligenlegenden müsste das wissen.

Herrje, Ökumene, was ist bloß los? Wo doch sogar Papst Benedikt anlässlich der Gebetswoche für die Einheit der Christen festgestellt hat, dass der Dialog der Konfessionen keine Ergebnisse bringen werde, »wenn er nicht von konkreten Gesten begleitet wird, die die Heilung der Beziehungen begünstigen.«

Die Geste seines obersten Glaubenswächters Gerhard Ludwig Müller kann er nicht gemeint haben.


Susanne Schröder/epd/KNA
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