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Sektenführer Peter Brunck Zoff im Paradies


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Rolf

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25.10.2012






Sektenführer Peter Brunck Zoff im Paradies






Von Andreas Ulrich, Sosúa Corbis


Sektenführer Peter Brunck wollte in der Karibik eine Art Ministaat
gründen, alles fußte auf kruden Theorien und Heilsversprechen. Doch sein
Reich bekam Brüche, und seine Karriere endete nicht mit dem Weltuntergang, von dem er immer sprach - sondern mit einer Razzia.



Als die letzte Kugel in der Wohnanlage "La Mulata 3" bei Sosúa in der
Dominikanischen Republik verschossen war, und sich die Mitglieder der
"Akademie für zukünftige Gesundheit" ergeben hatten, staunte die Polizei
über den gepanzerten Chevrolet Yukon im Wert von 248.000 Dollar, den sie
dort fand. "So einen Wagen hat ja noch nicht einmal unser Präsident",
sagte einer ihrer Offiziere.

Dabei war Peter Brunck durchaus so etwas wie der Präsident auf Mulata 3,
zumindest führte er sich so auf. Mit etwa 30 Anhängern hatte er dort
hinter Stacheldraht und Elektrozaun sein Reich gegründet. Sie schirmten
sich ab gegen die angebliche Verderbtheit der Welt, gegen Kriminalität,
Korruption und Sittenverfall, horteten Waffen und Munition. Gemeinsam
warteten sie auf den Weltuntergang am 21. Dezember dieses Jahres. Doch
noch bevor sie in eine neue Welt eintreten konnten, sorgten ganz irdische
Gründe für ein vorzeitiges Ende des Projekts.

Am Mittwoch der vergangenen Woche wollte die Polizei das Domizil von
Brunck durchsuchen, sie stieß auf Gegenwehr, es kam zu einem Feuergefecht.
Ein Sektenmitglied starb, Brunck sitzt nun in Untersuchungshaft.

Bruncks Ideen von kosmischen Strahlen und fernen Welten

Der Mann aus der deutschen Provinz, der nach dem Hauptschulabschluss 1967
eine Lehre zum Orthopädiemechaniker machte, ist alles andere als
bescheiden. Er nennt sich Naturwissenschaftler und Religionsphilosoph,
angeblich studierte er Maschinenbau und promovierte im ehemaligen
Jugoslawien in "Elektrotherapie". Das Amtsgericht Mayen verurteilte ihn
2000 wegen Titelmissbrauchs zu einer Geldstrafe, damals nannte er sich
noch Professor. Ein von ihm entwickelter "Mitos-Computer" könne selbst
Todkranke heilen. Den Apparat, den natürlich nur er selbst programmieren
kann, bezeichnete ein Richter später als "Humbug, der nur vertrieben
werde, um alten kranken Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen".

Das indes gelang ihm vortrefflich. Brunck, der eigentlich nie einem
wirklichen Beruf nachgegangen ist, entwickelte krause Ideen von perfekten
Persönlichkeiten, kosmischen Strahlen und fernen Welten. Seine Seminare
kosten schon mal 650 Schweizer Franken für ein Wochenende, er versprach
Todkranken Genesung und gescheiterten Unternehmern Erfolg. Zuletzt plante
er eine "Seminarreise rund um die Erde". Logisch, dass nur die anderen
zahlten, genauso wie für seinen Lebenstraum in der Karibik.

Bis dahin war es ein weiter Weg. Der Durchbruch kam mit seiner zweiten
Frau, einer Grundschullehrerein für Musik und katholische Religion, die er
Anfang der neunziger Jahre geheiratet hatte. 1995 saßen sie in ihrem
gemieteten Haus in Plaidt bei Koblenz und träumten von der großen Welt.
Irgendwann fiel ihr Blick auf ein stattliches Anwesen von 15.000
Quadratmetern in Durban, Südafrika, angeblich mit dem "größten Privatpool"
der Stadt und mehreren Häusern. 1,5 Millionen Mark sollte es kosten, ein
Schnäppchen angesichts der Größe, aber viel zu viel für die Bruncks.

Obwohl sie es sich nach eigener Aussage nicht im Entferntesten leisten
konnten, flogen sie nach Südafrika und schauten es sich an. "Was wir zu
sehen bekommen, ist überwältigend. Nie im Leben haben wir ein solches
Anwesen für uns in Betracht gezogen", schreibt Brigitte Brunck später.

Die Kirchenglocke kam aus der Eifel

Es fügt sich, dass sie eine Frau treffen, die kurz davor steht, wegen
jahrelanger Diabetes ihr Bein zu verlieren. Da sie angeblich Bruncks
Wunderwirken die Heilung verdankt, überredet die Frau ihren Vater, das
Haus zu kaufen, als Familienstiftung zunächst. "Letztlich möchte sie es
jedoch für uns, aus Dankbarkeit für ihr gerettetes Bein", wie Brigitte
Brunck später schreibt.

Dort gründeten Bruncks die "Akademie für zukünftige Gesundheit", sie reden
nur noch von "unserem Haus", von der Spenderin ist keine Rede mehr.
Bruncks Anhänger reisten an, er zeigte ihnen das Land, hielt seine
Seminare und baute so das Anwesen aus. Doch irgendwann gab es Stress, Hals
über Kopf reisten sie ab und ließen alles hinter sich.

Brunck hatte die Karibik als neues Ziel entdeckt, die Dominikanische
Republik, von der er offenbar hoffte, dass sie korrupt genug sei, um ihn
in Ruhe zu lassen. Dort baute Brunck sein Reich systematisch zu einem
Hochsicherheitstrakt mit eigener Energie- und Wasserversorgung aus. Er
sicherte das 160.000 Quadratmeter große Gelände mit Elektrozäunen und
Wachleuten, überwachte alles mit Kameras.

Tagsüber mussten seine Anhänger schuften, abends gab es Meditation. "Der
Friede des Herzens ist das Paradies der Menschen", steht auf einer
Kirchenglocke, die sie eigens aus Brockstedt an der Eifel in die Karibik
kommen ließen und die täglich zweimal läutete, mittags um zwölf und abends
um sechs Uhr.

Dabei unterließ Brunck nichts, um es sich mit seinen neuen Nachbarn zu
verscherzen. Er erklärte sich zum Verwalter der gesamten Anlage, ließ
Zäune und Wachtore errichten, er wollte alles unter seine Kontrolle
bringen. Er klemmte Wasserleitungen ab und ließ die Einfahrten bewachen.
Einen Nachbarn, dessen Hund er erschossen hatte, erwarteten seine Anhänger
mit schwarzen Kapuzen und Kerzen in der Hand. Als der Mann erschien,
bliesen sie das Licht aus. Mitunter standen er und seine Nachbarn sich
gleichzeitig mit Polizisten und Staatsanwälten gegenüber.

Von Feinden umzingelt

Wie durch ein Wunder wurde Brunck immer reicher. Sein Anwalt, Wilson
Garcia, war Generalsekretär der damals regierenden Partei PLD und verfügte
über exzellente politische Beziehungen. Am 6. April 2006 wurde Garcia in
seinem Büro erschossen, der Mord ist bis heute nicht aufgeklärt.

Nun wurde auch Brunck vorsichtig. Er trug eine kugelsichere Weste und
verließ das Anwesen kaum noch allein. Am 13. Dezember 2006, auf der
Rückfahrt von einer Gerichtsverhandlung in der nahen Stadt Puerto Plata,
hätte es auch ihn beinahe erwischt. Zwei Männer auf einem Motorrad
feuerten auf den Sektenführer. Seine Weste rettete ihm das Leben, Kugeln
durchbohrten lediglich seine Hand. Die Täter wurden nie gefasst.

Brunck sah sich von Feinden umzingelt. Er baute das Anwesen noch mehr zu
einer Festung aus und verkündete den nahen Weltuntergang. Sogar einen
Schutzraum gegen "radioaktiven Fallout" ließ er bauen. Das Sonnensystem
sei in einen "Photonengürtel" eingetreten und gleite bis 2012 durch eine
Sphäre von zwölf "gigantischen Wirbeln aus intensiven Lichtbändern". Dabei
drängten Lichtteilchen tief in die Erde ein und veränderten die Materie.
Moleküle verlören an Masse und dehnten sich aus. "Wer nur der Materie
gefrönt und auch keine volle Kontrolle über Gefühle und Gedanken erlangt
hat, kann sich an die neue Schwingung nicht anpassen und verbrennt
innerlich", predigte Brunck.

Nur wer Bruncks Prozesse der seelischen Reinigung erfolgreich durchlaufen
habe, sei in der Lage, sich an die neue Planetenschwingung anzupassen, in
"höhere Gefilde aufsteigen und die angekündigten paradiesischen Zustände
erleben" zu können. Am 21. Dezember solle der "Aufstiegsritt in das
fünfdimensionale Bewusstsein" erfolgen. Bruncks Credo: "Es wird das erste
Mal in der Erdengeschichte sein, dass der menschliche Körper lebendig
transformiert wird." Als neue Spezies Mensch würden sie dann eine neue
Erde bewohnen.

Per Bulldozer gegen ein Gerichtsurteil

Doch allem Friedensgeschwafel auf La Mulata zum Trotz gab es Streit in
seinem Paradies. Anhänger berichten, Klaus M., jahrelang seine rechte
Hand, habe selbst das Kommando übernehmen wollen. Er scharte einen Teil
der Leute um sich, jetzt gab es zwei verfeindete Lager.

Brunck griff zu den üblichen Methoden. Er baute einen Zaun quer durchs
Anwesen, er stellte das Wasser ab, verbot die Nutzung von Wegen. Die
anderen gingen zu Gericht, klagten, bekamen recht. Brunck ging auf
Konfrontation, er wollte wie immer gewinnen. Seine Frau verließ das Lager
mit den zwei gemeinsamen Kindern und ging zurück nach Deutschland. Hatte
sie genug von ihm, oder bereitete sie die Zeit nach dem Weltuntergang
vor?


Dienstag vor einer Woche eskalierte die Lage. Brunck ließ einen Bulldozer
kommen und eine Schneise mitten durch den Urwald brechen. Damit wollte er
ein Urteil aushebeln, das seinen Gegnern den Zugang zum Grundstück über
seine Straße ermöglichen sollte. Als Kommunalbeamte das verhindern
wollten, vertrieb er sie mit Gewehrschüssen.

Damit hatte er es wohl übertrieben. Am nächsten Morgen, Mittwoch
vergangener Woche um 8.30 Uhr Ortszeit, stand ein Polizeikommando mit
einem Durchsuchungsbeschluss vor der Tür. Doch Brunck wollte nicht
aufgeben. Sein Anhänger Peter D. eröffnete das Feuer. Rund eine Stunde
dauerte die Schießerei, dann war Peter D. tot, drei Polizisten waren
verletzt. Im Haus fand man Kriegswaffen, einen Schießstand, einen
Krankenwagen und diverse Unterlagen, die nun ausgewertet werden.
Untersucht wird nun auch, woher das ganze Geld kam, mit dem Brunck sein
Reich finanzierte.

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