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Wie reich ist der Vatikan wirklich?


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Wie reich ist der Vatikan wirklich?






von Tim Rahmann


Die katholische Kirche besitzt zig Immobilien, riesige Goldreserven und nimmt Millionen-Spenden ein. Wieso es zeitweise dennoch nicht für einen ausgeglichenen Etat reichte – und wo der Papst das Geld hortet.

Papst Benedikt XVI. reagierte – und tauschte den Generalsekretär der wirtschaftlichen Verwaltung des Vatikans aus. Carlo Mario Vigano, ein gründlicher, nahezu pingeliger Bischof, wurde zum neuen Kassenhüter. Der heute 71-Jährige wühlte sich durch Bücher und Listen, studierte Einnahme und Ausgaben und stieß auf brisante Details.

So hatte der Vatikan die Verwaltung des Staatsgeldes einem Kreis illustrer italienischer Banker überlassen. Sie transferierten bis zu 300 Millionen Euro im Jahr, oft zu ungunsten des Papstes. „Sie handelten mehr im eigenen Interesse als in unserem“, sagte Vigano gegenüber dem Autor und Bestseller-Autor Gianluigi Nuzzi, der den Bischof für eine TV-Dokumentation begleitete. „Wir erlitten Verluste in Höhe von mehr als 50, teils 60 Prozent, auch wegen Unerfahrenheit.“ Mit einer einzigen Operation hätten die Banken dem Vatikan einen Verlust in Höhe von 2,5 Millionen Dollar zugefügt.

„Ganze Galaxie an finanzieller Aktivität“

Vigano löst die alten Verbindungen auf, kontrolliert und drückt die Ausgaben. Zwölf Monate nach seinem Amtsantritt ist der Haushalt saniert. Aus den roten sind schwarze Zahlen geworden, der Vatikan verbucht ein Überschuss von mehr als 34 Millionen Euro.

Zu dem Ergebnis beigetragen haben zu einem beachtlichen Teil, wie in jedem Jahr, die Beiträge, die von den Bischofskonferenzen der ganzen Welt für den Unterhalt der Kurie nach Rom geschickt werden. Diese Summe liegt relativ konstant bei rund 90 Millionen Euro pro Jahr. Doch der Vatikan steht längst auf mehreren Standbeinen.

Der italienische Journalist Nuzzi schreibt in seinem Enthüllungsbuch „Die Vatikan AG“ von einer „ganzen Galaxie finanzieller und unternehmerischer Aktivitäten“. Demnach verdient der Heilige Stuhl sein Geld in vielen Branchen: im Gesundheitswesen wie im Tourismus, mit Bankgeschäften und Immobilien.

520 Millionen in Wertpapieren und Aktien

Wie viel, das zeigt die geheime Bilanz des Vatikans, die im Sommer 2008 an Kardinäle und Bischöfe in der ganzen Welt gingen – und von der ein Exemplar der katholischen, englischsprachigen Wochenzeitung „The Tablet“ zugespielt wurde. Die Bilanz weist einen regelrechten Staatsschatz aus, der unter anderem aus Barreserven in Höhe von 340,6 Millionen Euro besteht, fast 520 Millionen Euro in Wertpapieren und Aktien und eine Tonne Goldbarren im Wert von 19 Millionen Euro.

Dem Haushaltsbericht zufolge besitzt die katholische Kirche in Frankreich, England und der Schweiz Immobilien und Grundstücke im Wert von 424 Millionen Euro. Heute dürfte der Wert weit höher liegen. In Italien kommen mindestens weitere 50.000 Immobilien hinzu.

Allein die Kongregation für die Evangelisierung der Völker, die Propaganda Fide, besitzt Immobilien und Grundstücke im Wert von 53 Millionen Euro. 2007 sprudelten aus dieser Quelle rund 56 Millionen Euro durch Vermietung und Verpachtung sowie aus landwirtschaftlicher Arbeit in die Kassen des Vatikans.

Steuerprivilegien für den Vatikan

Erfreulich für die katholische Kirche: Sie genießt seit Jahren steuerliche Privilegien. Zwar hat die Regierung von Italiens Ministerpräsident Mario Monti der Immobiliensteuer, die sein Vorgänger Silvio Berlusconi einst abgeschafft hatte, zum Comeback verholfen. Allerdings: Die Grundstücke und Gebäude des Vatikans, die 2005 von dieser Steuer befreit worden waren, sollten auch weiterhin außen vor bleiben. Egal, ob diese für kommerzielle Zwecke genutzt werden, also als Hotels, Privatschulen, Universitäten, Krankenhäuser oder Wohnung – oder als Gedenkstätte. Sobald eine Kapelle in den Gebäuden ausgewiesen ist, gilt die Steuerimmunität

200.000 Hotelbetten, 800 Schulen

Erst auf Druck der Europäischen Union, die den Steuerprivilegien einen „diskriminierenden Charakter“ für andere Immobilienbesitzer bescheinigte, lenkte Monti ein. Der Ausnahmestatus der Kirche soll revidiert werden, selbst eine Steuernachzahlung für die Jahre 2006 bis 2011 steht im Raum. Die EU-Kommission schätzt, dass Italien zwei Milliarden Euro an Steuereinnahmen entgangen sind.

Denn das Immobilienimperium des Vatikans, das rund 50.000 Gebäude beinhalten soll, erwirtschaftet jährlich einen Umsatz von vier Milliarden Euro. Allein in Rom sind 800 Schulen, 65 Privatkliniken, 43 Internate und sogar einige Polizei-Kommissariate im Besitz des Vatikans. Hinzu kommen rund 200.000 Hotelbetten im Land, die für Pilger gedacht sind, aber auch von ganz gewöhnlichen Touristen genutzt werden können.

Radio Vatikan verschlingt Ressourcen

Einer der spannendsten Posten, der Peterspfennig, steht dem Papst höchstpersönlich zur Verfügung. Die Kollekte, die jedes Jahr am 29. Juni, dem Fest der Apostel Petrus und Paulus, für den „Liebesdienst an den Bedürftigen“ weltweit eingesammelt wird, spülte 2007 fast 80 Millionen US-Dollar (62 Millionen Euro) in die Kassen des Vatikan.

Doch nicht nur die Einnahmen-, auch die Ausgabenseite ist imposant: Der größte Kostenfaktor des Heiligen Stuhls sind die Personalkosten. Zum Jahresende 2007 beschäftigte der Vatikan 2748 Personen: 1637 weltliche Mitarbeiter, 778 Priester, 243 Mönche und 90 Schwestern. Dazu kommen 466 Pensionsberechtigte. Insgesamt wurden für Löhne und Gehälter 77 Millionen Euro fällig. Die zwanzig Kardinäle, die in der römischen Kurie arbeiteten, kosteten dem Heiligen Stuhl rund drei Millionen Euro.

Tageszeitung ist reines Verlustgeschäft

Weitere Kostentreiber sind die vier Medienangebote des kleinsten Staates der Welt: Radio Vatikan, die Tageszeitung „Osservatore Romano“, das Centro Televisivo Vaticano CTV und die vatikanische Verlagsbuchhandlung. Zusammen beschäftigen sie 600 Angestellte, 367 arbeiten alleine für Radio Vatikan. Der Hörfunk-Sender verschlang alleine für die Mitarbeiter 24,3 Millionen Euro – ohne, dass irgendwelche Einnahmen verbucht wurden. Denn der Papstsender wird weder durch Werbeeinnahmen noch durch Gebühren gegenfinanziert.

Ein reines Verlustgeschäft ist laut der 2007er-Papstbilanz auch der „Osservatore Romano“, der in dem Jahr 4,8 Millionen Euro minus machte. Fernsehsender CTV und die vatikanische Verlagsbuchhandlung hingegen erwirtschafteten einen kleinen Gewinn.

Für die hundertneunzig Apostolischen Nuntiaturen und die siebzehn päpstlichen Vertretungen bei internationalen Organisationen wie EU und UN wurden weitere 20,1 Millionen Euro ausgegeben.

Nicht zu vergessen, sind die Kosten für die Instandhaltung und Renovierung der zahlreichen Immobilien des Vatikans – und eigene wie fremde soziale und humanitäre Projekte, die unterstützt werden.

Bischof Vigano machte sich viele Feinde

Wie reich ist also der Vatikan wirklich? Hinweise darauf gibt der Heilige Stuhl nicht – und auch die veröffentlichte Geheim-Bilanz hilft nicht entscheidend, die wahren Vermögenswerte der Kirche zu beziffern. Denn zu den Immobilien, Aktien- und Barvermögen kommen auch unveräußerliche Werte, etwa Kunstgemälde. Vorsichtige Kenner schätzen das Vatikan-Vermögen auf über zwei Milliarden Euro, nicht wenige sprechen gar von einem 12-Milliarden-Vermögen.

Um den Heiligen Stuhl muss sich so der so niemand Sorgen machen – trotz der Etatprobleme, die Carlo Maria Vigano 2009 erbte. Wie beschrieben hinterfragte der Kassenwart des Papstes die Ausgaben, drückte sie und löste dubiose Geschäftsbedingungen aus. Damit allerdings machte sich der Bischof wenig Freunde, aber viele Feinde. Insbesondere bei Lieferanten des Vatikans.

„Desaströse Situation“

Schließlich berichtete Vigano seinem Vorgesetzten von „Korruptionspraktiken“: Aufträge seien immer an die gleichen Firmen gegangen – obwohl sie bis zu doppelt so hohe Preise verlangten wie Konkurrenten. „Ich hätte nicht gedacht, eine so desaströse Situation vorzufinden“, schrieb Vigano in einem Brief an den Papst, wie Journalist Gianluigi Nuzzi in seiner TV-Dokumentation berichtet.

Obwohl der Geistliche den Haushalt sanierte und einen stattlichen Gewinn erwirtschaftete, ist bald darauf seine Mission beendet. Im Oktober 2011, ein halbes Jahr nachdem er Papst Benedikt XVI. von den dubiosen Vorgängen bei der Auftragsvergabe berichtete, schiebt der Vatikan Vigano als Apostolischen Nuntius nach Washington ab.

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