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Wo der Heilige Geist selbst das Geld bewegt


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2 Antworten in diesem Thema

#1
Rolf

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Schwäbisches Tagblatt


RELIGION / Im Christlichen Zentrum Esslingen spielen Spenden eine große Rolle


Wo der Heilige Geist selbst das Geld bewegt



Erst wenn Gott sich in deine Finanzen einmischt, predigt die Pastorin, ist er auch Herr deines Lebens
Wenn im Christlichen Zentrum Esslingen Gottesdienst gefeiert wird, kommt der Heilige Geist über die Gemeinde. Viele der Mitglieder geraten dann regelmäßig in Trance, in einen Rausch mit Heulkrämpfen und Schüttelfrost, der oft in einer Art Ohnmacht endet.

GERD SCHMIDT

"Verstand, du musst dich unterordnen unter den Geist Gottes. Du wirst mein Leben in Zukunft nicht mehr beherrschen." Mit solchen Sätzen sollte ein Student im März seine „Rebellion gegen Gott" beenden, die ihm Ilse Schmid zuvor unterstellt hatte, die Pastorin des Christlichen Zentrums Esslingen (CZE), dass der Zwei-Meter-Mann seit rund einem Jahr besucht. Als Zeichen, dass er es geschafft hat, wälzte er sich Minuten lang auf dem Wohnzimmer-Boden der Leiterin, wie diese es ihm aufgetragen hatte: „Du musst etwas Bescheuertes machen."
Solche Freisetzngen, Dämonen- und Satans-Austreibungen können sich über ein ganzes Wochenende erstrecken. Auf diese Weise bringt Ilse Schmid ihre Gemeinde-Mitglieder dazu, dass sie glauben, den Heiligen Geist reden zu hören. Und der sagt ihnen, dass sie ans CZE spenden sollen. Ise Schmid: „Wenn Gott sich in deine Finanzen noch nicht einmischt, ist er wahrscheinlich noch nicht Herr in deinem Leben." Und wer weder den Heiligen Geist noch den Herrn persönlich reden hört, der hört wenigstens Ilse Schmid und die Mitglieder ihres Teams, die gebetsmühlenartig Bibelstellen zitieren, die auffordern, „den Zehnten" zu geben.

Häuser und Schmuck


Die Zehnten der Mitglieder sind die finanzielle Basis des CZE, aber bei etwa 40 Mitgliedern zu wenig, um Ise Schmid finanziell zu befriedigen. Mitte Januar sagte die Pastorin ihrer Gemeinde, dass sie mehr Geld zu bekommen habe: Ihr tue es weh zu sehen, wie die Gläubigen gesegnet seien durch sie und durch die Gemeinde - „und dann denkt ihr nur an euch". Eine der Segnungen sei eine tolle Pastorin, und das Volk dazu da, diese zu versorgen.

Die Pastorin hat in der Satzung ihres 1998 gegründeten gemeinnützigen Vereins vorgesorgt: „Es können Grundstücke, Häuser, Fahrzeuge, Schmuck, Kleidung, Lebensrnittel und andere Güter als Geschenk entgegengenommen werden." Vorbild für diesen christlichen Kapitalis mus sind Kirchen wie die Lakewood Church in Houston in den USA, wo Ise Schmid ordiniert wurde. Die 30000 Mitglieder der amerikanischen Freikirche werfen genug Geld ab, tun unter anderem das örtliche Football-Stadion kaufen.

Nachdem Ilse Schmid ihrer Herde so zugesprochen hatte, floss das Geld, als es im Februar darum ging, eine Rechtsanwalts-Rechnung zu bezahlen. Eine Schülerin verkaufte ihre Ohrringe, eine Lehrerin gab ihre Steuer-Rückzahlung, ein bis vor kurzem Arbeitsloser seinen ersten Monatslohn, ein Existenzgründer den halben Erlös seines Auto Verkaufs, andere plünderten ihr Erspartes und spendeten mehrere Hundert bis 1000 Euro.

Öffentlich Buße tun

Kritik und Zweifel an ihrem Gottesdienst tut die Pastorin als Angriffe des Feindes ab. Das schafft Zusammenhalt. Der Teufel sitzt im Detail - juristisch scheint die Geld-Ein-treiberin Gottes unangreifbar zu sein. Sie betont etwa, dass es „keinen Druck" gebe, zu spenden. Ais eine Frau ankündigt, sie werde etwas von ihrem Lohnsteuer-Aus gleich geben, aber keinen Betrag nennt, schreitet die Pastorin dennoch ein: „Ich möchte dich ermutigen, dich auf eine Summe oder prozentual festzulegen, weil ich glaube, dass Gott sehr konkret spricht."

Die Pastorin ermuntert ihre Gläubigen sogar, mehr zu spenden, als sie haben. Wer sät, der erntet - so ihre Botschaft: „Und bevor Gott diese Gemeinde segnet mit überfließenden Finanzen, bevor die Geschäftsleute hier Finanzen haben, dass es einem schwindelig wird, wird Gott testen. Damit ihr guckt, was in eurem Herz ist."

Das Eigentum eines Gläubigen gehöre Gott, erklärt Ise Schmid. Die CZF-Mitglieder können demnach ihren Besitz nur verwalten - und wenn es der Heilige Geist will, dann geht er in die Verwaltung der Pasto rin über. Wer im Gottesdienst ohne Opfer erscheint, rnuss damit rechnen, dass er das per Handzeichen vor der Gemeinde bekennen muss. Keiner soll mit leeren Händen vor den Herrn treten.

Die freikirchliche Hirtin hat ihre Schäfchen psychisch unier Kontrolle. Intimste Gedanken - auch sexuelle Phantasien - werden der Pastorin gegenüber offenbart und von ihr ausgetrieben. Was die Katholiken im Beichtstuhl tun, geschieht im CZE vor der ganzen Gemeinde.

Ein junger Mann, der angeblich seinen Glaubensschwestern zu lief in die Augen geschaut hatte, tat dafür beispielsweise in einem Gottesdienst öffentlich Buße.

Außer mit Bibelstellen werden die Mitglieder mit göttlichen „Zeichen und Wundern" von der Allmacht ihres Herrn überzeugt. Im Februar ließ Ise Schmid zu diesem Zweck die ehemalige Chef-Sekretärin der Lakewood Church aus den USA einfliegen - ein Beispiel für die internationalen Kontakte der Pasto rin, die sie auch nach England und Osteuropa unterhält. Die Heilerin sorgte dafür, dass die CZE-Mitglieder von Verspanrungen, Gelenk-Beschwerden und Blut-Hochdruck befreit wurden. Und sie berichtete da on, wie Gott einer kranken Frau in 20 Minuten neue Lungenflügel in den Körper gepflanzt habe - nachdem sie die Hand aufgelugt hatte.

Geheilt wird übrigens ohne einen Hinweis, dass sich Kranke trotzdem einer ärztlichen Behandlung unterziehen müssen, wie es das Heilpraktikergeselz vorschreibt. Stattdessen preist das CZE seinen Glauben als Allheilmitte): „Jesus rettet, heilt, befreit" - von Krankheit, Schulden oder Drogen-Abhängigkeit.

Die Realschullehrerin Ise Schmid - mit dieser Berufsbezeichnung sieht sie im Vereinsregister - lässt um sich Personenkult betreiben. Die hauptamtliche CZE-Sekretärin spornt die Gemeinde vor der Predigt an, der Frau Gottes zuzujubeln: Die Pastorin sei ein Segen, sprechen ihr die Gläubigen nach, ehe sie die Gesalbte freudig schreiend und klatschend empfangen.
Hysterische Elemente prägen die Gottesdienste - von krampfhaftem, Lachen bis zu Schluchzen mit Schüttelfrost. Und wenn die Pastorin ih ren Ergebenen ins Ohr schreit, fallen manche auf der Stelle um. Man che bleiben regungslos liegen, andere zucken verkrampft am Boden. Kinder in der Gemeinde bekommen das aus nächster Nähe mit. Der Jüngste ist vier Jahre alt.

Strenges Regiment

Während die einen Eltern ihren Nachwuchs mitschleppen, versuchen andere verzweifelt, ihre Kinder aus der charismatischen Freikirche herauszubekommen. Doch die Heranwachsenden haben jeden Kontakt abgebrochen. Die Gemeinde ist ihre neue Familie voller Brüder und Schwestern und gleichzeitig eine „Armee Gottes", die Ise Schmid mit strengem Regiment führt.
Demokratie ist für sie etwas Dämonisches. Das CZE setzt sich aus sozial schwachen Personen zusammen sowie aus Gläubigen, denen ihre angestammten Kirchen nicht radikal genug waren. Sie kommen aus ganz Süddeutschland, aus Wiesbaden, und aus der Schweiz. Ise Schmid gibt ihnen das Gefühl, Auserwählte Gottes zu sein. Wer an die Bibel glaube, könne nicht in der katholischen Kirche bleiben.

Wer erstmals in einen Gottesdienst kommen möchte, soll sich vorher anmelden. Integriert wird, wer Jesus in sein Herz aufnimmt und den Heiligen Geist über sich kommen lässt. Ein mehrwöchiger "Glaubens-Grundkurs und eine Hilfe machen einen zum vollwertigen Mitglied. Dass der Heilige Geist über jemanden gekommen ist, äu ßert sich, indem der Betroffene anfängt, in fremden Sprachen zu be ten - ein Gebrabbel, dass auch die Gottesdienste regelmäßig erfüllt. Und wenn das neue Schaf in der Herde von Ise Schmid nicht mitblö ken will, gibt's einen Knuff in die Seite: „Los, probier' mal."
Wer drin ist im Christlichen Zentrum Esslingen, für den gibt es kein Zurück. Diesen Eindruck erweckt zumindest Ise Schmid. „Wenn ihr anfangt zurückzufallen, fallt ihr in ein so tiefes Loch, dass ihr es nicht aushallen würdet und zu mir zurück rennt."


LANDESKIRCHE


Der Gipfel des Problems


Mit seiner Mischung aus Aggression und religiöser Verzückung ist das Christliche Zen trum Esslingen für die Evangelische Landeskirche die Zu spitzung eines Problems.
ANDREAS HACKER

Hansjörg Hemminger wird deutlich: „Was dort geschieht, ist theologisch und menschlich nicht zu ver antworten." Der Weltanschauungs beauftragte der Evangelischen Lan deskirche wirft dem Christlichen Zentrum Esslingen (CZF.) Dämono logie vor, dazu Personenkult um die Leiterin, Missbrauch der Prophetie für angeblich wundersame Heilun gen und finanzielle Ausbeutung der Mitglieder. „Wir wissen Bescheid, haben uns intensiv mit der Gruppe befasst", sagt Hemminger und be wertet die Vorgänge in Esslingen als „das alleräußerste Extrem" einer Problematik, die die Kirche zuneh mend beschäftigt.
Doch während andere charisma tische Gruppen, die mit ihrer auch emotional gelebten Frömmigkeit auf junge Menschen große Anzie hungskraft ausüben, sich von radi kalen Tönen distanzieren und das Gespräch mit den Kirchen suchen, grenzt sich das Christliche Zentrum Esslingen stark ab und stellt andere Kirchen gar als Handlanger des Bö sen dar. Hemminger spricht von sek tiererischen Strukturen.

Verzweifelte Eltern

Inzwischen gibt es massive Be schwerden über die Gruppe um die 39-jährige Ise Schmid. Eltern sind verzweifelt, weil ihre Kinder den Kontakt zu ihnen abgebrochen ha ben. Eine Mutter im Kreis Esslingen beklagt gegenüber der Lokalzei tung, ihrer Tochter sei der Teufel ausgetrieben worden. Weil es schwer ist, juristisch gegen das CZE vorzugehen, reagieren besorgte An gehörige auch aggressiv: Bei einer „Erwachsenentaufe" in Oberböhrin-gen bei Geislingen kam es Anfang April vor dem gemieteten Seminar haus mit kleinem Hallenbad zu Stör versuchen, Beschimpfungen und Nötigung.
Hemrninger hält solches Vorgehen für falsch: „Die Religionsfreiheit gilt auch für Fanatiker", sagt er, „zumindest, solange sie nicht gegen das Recht verstoßen." Versuche, in Gottesdienste einzudringen oder die Gruppe mundtot zu machen, würden scheitern. „Die Kirche muss sich von solchen Exzessen abgrenzen und gleichzeitig die Auseinandersetzung suchen - theologisch, menschlich und in der Seelsorge."





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#2
michael

michael

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Ich möchte herzlich danken für diesen thread, nach langer Zeit greift das Schwäbische Tagblatt eine Situation auf, wie sie in anderen, ähnlich gelagerten Gruppierungen, jahrzehntelange, alltägliche Praxis ist.
Aus meiner persönlichen Biografie heraus kenne ich ein solches "Hirtinnenverhalten", bei vielen Christlichen "Gemeinden"des evangelikalen, charismatischen Spektrums. So geschieht dieses in Gemeinden am Niederrhein, im Ruhrgebiet und eben auch hier im "Schwabenländle". Für mich persönlich stellt sich diese Situation als äußerst bedrohlich dar. Mit diesem manipulativ erworbenen Geld füllt sich ja nicht nur die persönliche Geldbörse der "Hirten", dieses Geld fliesst auch in Deutschland in massenwirksame Veranstaltungen der einzelnen Denominationen, in denen dann wieder neue Menschen verführt, rekrutiert werden und dessen wirkliche Liebe zu Jesus Christus, missbraucht wird um neuen Geldfluss zu erhalten.
Persönlich erlebte ich dieses vor ca. zwanzig Jahren in einer, wie ich damals glaubte, christlichen Gemeinde in Duisburg. Als ich ihren Artikel lass, fühlte ich mich um eben diese Zeit zurückversetzt und es zeigt mir das sich an der hochmanipulativen Praxis dieser Gruppen nichts geändert hat...der darmalige und heute noch praktizierende geistliche Leiter dieses Centrums in Duisburg, treibt auch noch in der Gegenwart, Menschen in die psychische Abhängigkeit, die er Glaubensgehorsam und Glaubenszeugnis nennt, und dann in die finanzielle Abhängigkeit. Auch ich persönlich durfte hier viel "Lehrgeld" bezahlen.Wie ich erfuhr, hat er auch ein Buch veröffentlicht, in dem es um die Angriffe Satans und der Welt, gegen die freien Gemeinden und eine Erweckung in Deutschland geht.
Diese Vorgehensweisen in diesen Gruppierungen haben nichts mehr mit der freien Ausübung der Religion oder Weltanschauung zu tun, unter dem rechtlichen Status der Gemeinnützigkeit, werden sogar steuerliche Vergünstigungen erreicht, ich finde es sehr bedauerlich, das dagegen nichts unternommen werden kann.....um so hilfreicher sind solche Internetforen wie dieses um warnen und aufklären zu können.

michael
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#3
Rolf

Rolf

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Hallo michael,

zuerst herzliche Grüße nach stuttgart, das ich sehr gut kenne. Ich habe in Tübingen Studiert und mich häufig in Stuttgart und auch Esslingen aufgehalten.

Danke für Deinen Beitrag, den ich sehr wichtig finde. Ich hatte das Thema auch schnon im Thread "The call" angeschnitten, in dem auch Tim Petersen, stellvertetender Vorsitzender der Jungen Union schreibt.

In der Tat sehe ich die Entwicklung der pfings - charismatischen Szene mit großer Sorge. Solche Auswüchse, wie hier aus Esslingen beschrieben gibt es zunehmend, auch hier in Schleswig - Holstein. Ich denke auch, hier wird Schindluder mit der grundgesetzlich verbürgten Religionsfreiheit und auch mit dem Vereinsrecht getrieben. Hier ist zunehmend die Politik gefragt, die ja eigentlich den Freiheitsbegriff recht gut definiert, wenn sie sagt, dass die freiheit des Einzelnen da seine Grenzen findet, wo die Freiheit des Nächsten beginnt.

Leider ist das thema "Geistlicher Missbrauch" heutzutzage an der Tagesordnung. Ordnungsmaßnahmen greifen hier hier oftmals nicht, weil da offensichtlich doch Ängste bestehen. Man hat ja Erfahrungen mit Scientology oder auch mit dem Islam genug und weiß um die Sensiblität in Bezug auf Grenzen, die man hier setzen müsste.

Schließlich geht es in Organisationen wie in Esslingen massiv um Manipulation, erzwungene Autorität, die ganze Gemeinden zum Kadavergehorsam zwingt und um finanzielle Ausbeutung. DasEvangelium ist in solchen Gruppen längst auf der Strecke geblieben.

Herzliche Grüße

Rolf
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