Die Gaben des heiligen Geistes
a) Das Umfeld
1.) Definition
Denn der Lohn der Sünde ist der Tod, die Gnadengabe(5298) Gottes aber ewiges Leben in Christus Jesus, unserem Herrn. Röm 6,23
wieviel mehr wird das Blut des Christus, der sich selbst durch den ewigen Geist ‹als Opfer› ohne Fehler Gott dargebracht hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken, damit ihr dem lebendigen Gott dient! Hebr 9,14
Lex 5298 charisma Gnadengabe, unverdientes Geschenk; von charizomai, freundlich sein, schenken; in Röm 1,11; 5,15f; 6,23; 11,29; 12,6; 1Kor 1,7; 7,7; 12,4.9.28.30f; 2Kor 1,11; 1Tim 4,14; 2Tim 1,6; 1Petr 4,10. Die Endung -ma zeigt an, daß das Ergebnis oder die Auswirkung von charizomai gemeint ist. Charisma geht im NT immer von Gott aus.
Die Geistesgabe betont den Geber der Gabe, die Gnadengabe das Ergebnis. Deshalb sind diese beiden Begriffe zwei Ansichten derselben Münze. Wer aus welchen theologischen oder persönlichen Gründen die Gaben des Geistes gering achtet, der achtet damit auch seine Erlösung und sein ewiges Leben gering.
2.) Das Zeugnis der Schrift über die Gaben des Geistes
Die Schrift ist reich an Bildersprache, die sich zum Teil auch in der sprachlich gewählten Darstellungform niederschlägt. Das Gleichnis ist uns wohlbekannt, andere Vers- und Darstellungsformen vielleicht weniger.
Erwähnt sei hier die sogenannte Umkehrung (Mt 7,6 oder Phil 3,11-12) oder auch die Allegorie. Wichtig ist bei diesen Darstellungsformen das Wissen um deren Ziel und Zweck.
Auch die Darstellungsform des Triptychons begegnet uns in der Schrift. Ein Beispiel dafür ist Psalm 19:
Vers 2-7: Die Herrlichkeit Gottes in der Natur
Vers 8-11 Die Vollkommenheit des Wortes Gottes
Vers 12-15 Das Bemühen um einen wohlgefälligen Lebenswandel
Ein Triptychon ist ein dreiflügeliches Tafelbild, oft in der Form eines Flügelaltars. Dabei gibt das mittlere Bild das Thema vor, die Flügel ergänzen es. Es besteht also, wie in Psalm 19 ersichtlich, eine Beziehung der Verse untereinander, wobei Vers 8-11 das eigentliche Thema darstellt und die Flügel die Auswirkungen davon beschreiben.
Die zentralen Aussagen über die Gaben des Geistes werden ebenfalls in der Form eines Triptychons gemacht:
1. Kor 12: Die Kenntnis der Gaben des Geistes
1. Kor 13: Die Liebe als höchstes Ziel und Zeugnis unseres Lebens
1. Kor 14: Die Praxis der Gaben des Geistes
Paulus selbst fasst diesen Themenblock folgendermassen zusammen:
Strebt nach der Liebe; eifert aber nach den geistlichen ‹Gaben›, besonders aber, daß ihr weissagt! 1.Kor 14,1
Die Schlussfolgerungen daraus:
1.) Die Bibel trennt nicht das Streben nach Liebe und das Eifern nach den geistlichen Gaben. Deshalb sollen wir unser Augenmerk darauf richten, dass wir dies auch nicht tun.
2.) Die Bibel verbindet Liebe (agape!) und die Gaben des Geistes überaus eng, wobei der Liebe die Vorzugsstellung gegeben wird.
3.) Geistesgaben ohne Liebe sind wertlos.
4.) Jesus ist der Liebesbeweis Gottes für die Welt (Joh 3,16). Vielleicht sind die Gaben des Geistes der Liebesbeweis Gottes für die Gemeinde.
3.) Das Zeugnis Jesu:
Da antwortete Jesus und sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich selbst tun, außer was er den Vater tun sieht; denn was der tut, das tut ebenso auch der Sohn. Joh 5,19
Die Ausgangssituation: Alle Qualitäten der Nachfolge sollten im Dienst Jesu hier auf Erden ihre Entsprechung finden, sonst haben sie für einen Jünger Jesu keinen Wert. Alles, was wir als Jünger Jesu zu tun und zu lassen haben, sollte sein Vorbild in Jesu Tun und Lassen haben.
Die Frage: War Jesus Mensch oder Gott oder Beides, als er auf dieser Erde war?
Wenn er „nur" Mensch war, dann waren die Gaben des Geistes eine unabdingbare Vorraussetzung für seinen Dienst.
Wenn nicht, dann sind die Gaben des Geistes für Jesus unnötig gewesen, weil er als Gott nicht auf sie angewiesen ist.
Die Antwort darauf ist in der Bibel zu finden:
Daher mußte er in allem den Brüdern gleich werden, damit er barmherzig und ein treuer Hoherpriester vor Gott werde, um die Sünden des Volkes zu sühnen; Hebr 2,17
Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus ‹war›, der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub hielt, Gott gleich zu sein. Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist, und der Gestalt nach wie ein Mensch befunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz. Phil 2,5-8
Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot. Und er legte seine Rechte auf mich und sprach: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige, und ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Hades. Offb 1,17-18
Die beweiskräftigste Stelle dafür, das Jesus auf der Erde ganz Mensch war, ist in der Offenbarung zu finden. Jesus behauptet dort von sich, dass er tot war. Gott kann nicht sterben, deshalb kann Jesus wesensmässig auf Erden nichts von dieser Qualität in sich gehabt haben (vom Status her war und blieb er der Sohn Gottes als Mensch). Zwangsläufig ergibt sich daraus die Schlussfolgerung, dass Jesus durch die Gaben des Geistes Zeichen und Wunder tat und durch sie mit seinem Vater in eine solch enge Gemeinschaft treten konnte.
4.) Der Stellenwert der Gaben des Geistes in Deutschland heute:
Die Berliner Erklärung von 1907 ist die Grundlage der Beurteilung der Geistesgaben heute in Deutschland für einen Grossteil aller Christen. Damals wurden die Gaben des Geistes von Gnadauer Verband (später: evangelische Allianz) als von unten kommend abgelehnt. Das Resultat dieser Festlegung ist nach wie vor derartig präsent, dass die Geistesgaben heute vorzugsweise von dieser Seite als Vorwand zur Trennung und Abspaltung herhalten müssen. Es ist heute deshalb selbst unter geisterfüllten Christen schwierig, über dieses Thema zu einer nüchternen und einheitlichen Beurteilung zu kommen.
Aufgrund der Ablehnung der Geistesgaben entwickelte sich u. a. eine Theologie, die Jesus zum „Zwitter" (wesensmässig halb Mensch, halb Gott) erklärte und somit die Geistesgaben für ihn und uns als nicht notwendig herausstellte.
Im Schlepptau dieses Unterfangens erfolgte eine eigenwillige Umdeutung von 1. Ko 13,10. Diese ganzen „Erkenntnisse" dienen als Mittel zum Zweck, nämlich zur theologischen „Richtigstellung" eines gravierenden Fehlurteiles.
b) Die Praxis
1.) Die Zusammenhänge zwischen der Liebe und den geistlichen Gaben
Strebt nach der Liebe; eifert aber nach den geistlichen ‹Gaben›, besonders aber, daß ihr weissagt! 1.Kor 14,1
a) Die Bibel trennt nicht das Streben nach Liebe und das Eifern nach den geistlichen Gaben. Deshalb sollen wir unser Augenmerk darauf richten, dass wir dies auch nicht tun.
b) Die Bibel verbindet Liebe (agape!) und die Gaben des Geistes überaus eng, wobei der Liebe die Vorzugsstellung gegeben wird.
c) Geistesgaben ohne Liebe sind wertlos.
d) Jesus ist der Liebesbeweis Gottes für die Welt (Joh 3,16). Vielleicht sind die Gaben des Geistes der Liebesbeweis Gottes für die Gemeinde.
2.) Die Zusammenhänge zwischen der Gemeinde und den geistlichen Gaben
So auch ihr, da ihr nach geistlichen Gaben eifert, so strebt danach, daß ihr überreich seid zur Erbauung(3472) der Gemeinde. 1.Kor 14,12
Lex 3472 oikodome die Handlung des Bauens, das Bauen als Vorgang und daher auch das, was gebaut wird, das Gebäude; von oikodomeo, bauen, erbauen, vgl. dort. Bedeutungen im NT: a) Gebäude, Bauwerk (Mt 24,1; Mk 13,1f); b) übertr.: geistliches Gebäude, geistlicher Bau der Gemeinde bzw. des Reiches Gottes (1Kor 3,9; Eph 2,21); c) übertr.: Bau, Wohngebäude als Metapher für den Leib der auferstandenen Christen in der himmlischen Herrlichkeit, der von Gott selbst kommt (2Kor 5,1); d) ebenfalls übertr.: geistliches Bauen, Erbauen, Auferbauen als Gewinn und Hilfe für den Glauben und das geistliche Leben (Röm 14,19; 15,2; 1Kor 14,3.5.12.26; 2Kor 10,8; 12,19; 13,10; Eph 4,12.16.29).
a) Die Geistesgaben sind in erster Linie zur Erbauung der Gemeinde bestimmt.
b) Ohne Geistesgaben funktioniert kein geistlicher Organismus, weil nur der heilige Geist das Zusammenfügen und die Funktionsfähigkeit der Gemeinde als Leib bewirken kann.
c) Eine funktionsfähige Einheit als Gemeinde nach Gottes Vorstellungen ist nur mit Geistesgaben möglich.
d) Ein Geben und Nehmen von jeden für jeden in den Gottesdiensten funktioniert nur mit Geistesgaben.
3.) Die drei verschiedenen Offenbarungen des Geistes
Es gibt aber Verschiedenheiten von Gnadengaben, aber ‹es ist› derselbe Geist; und es gibt Verschiedenheiten von Diensten, und ‹es ist› derselbe Herr; und es gibt Verschiedenheiten von (Kraft)Wirkungen, aber ‹es ist› derselbe Gott, der alles in allen wirkt. Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes zum Nutzen gegeben.
1.Kor 12,4-7
Eifert aber um die größeren Gnadengaben! 1.Kor 12,31a
a) die grösseren Gnadengaben
In 1.Kor 12,8-10 listet Paulus die Gaben auf, die er meiner Meinung nach als die grösseren Gnadengaben bezeichnet. Gottes Wort unterscheidet zwar, was die Offenbarungen des Geistes anbelangt, aber wertet zumindest diese grösseren Gnadengaben als von besonderen Wert für die Einheit, den Dienst und die Funktionsfähigkeit der Gemeinde als Leib.
1.) das Wort der Weisheit
2.) das Wort der Erkenntnis
3.) die Gabe des Glaubens
4.) die Gnadengaben der Heilungen
5.) die Gabe der Wunderwirkungen
6.) die Gabe der Weissagung
7.) die Gabe der Unterscheidung der Geister
8.) die Gabe der Sprachenrede
9.) die Gabe der Auslegung der Sprachen
b) die Dienstgaben
Hier listet Gottes Wort die Dienstgaben auf (1. Ko 12,27), die ebenfalls von besonderen Wert für die Einheit, den Dienst und die Funktionsfähigkeit der Gemeinde als Leib sind:
1.) die Apostel
2.) die Propheten
3.) die Lehrer
Im Epheserbrief werden darüberhinaus die Evangelisten und die Hirten erwähnt. Hier wird aber besonderer Wert auf Jesus als Geber der Gaben und als zusätzliches Ziel die Ausrüstung der Mitarbeiter gelegt.
Hier geht es zuerst um die Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes und danach erst um die Erbauung der Gemeinde.
Die Dienstgaben haben also eine zweifache Zielrichtung!
Und er hat die einen als Apostel gegeben und andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung(3472) des Leibes Christi, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur vollen Mannesreife, zum Vollmaß des Wuchses der Fülle Christi. Eph 4,11-13
c) zusätzliche Gaben
Ihr aber seid Christi Leib und, einzeln genommen, Glieder. Und die einen hat Gott in der Gemeinde eingesetzt erstens als Apostel, zweitens ‹andere› als Propheten, drittens als Lehrer, sodann ‹Wunder-›Kräfte, sodann Gnadengaben der Heilungen, Hilfeleistungen, Leitungen(wörtl.= Steuerungen), Arten von Sprachen. 1. Kor 12,27-28
Die Ausgangsposition ist fest umrissen: es geht um die Gemeinde, genauer gesagt, um den Leib Christi.
Also nicht um eine wie auch immer geartete Organisationsform, sondern um einen Organismus, in der Christus den einzelnen Glieder ihren Platz zugewiesen hat. An diesem Platz dienen diese Glieder, wie ihnen der heilige Geist dies zum allgemeinen Nutzen offenbart.
Die Liste dieser Gaben ist unvollständig, da die aufgeführten zusätzlichen Gaben lediglich zusammengefasste Überbegriffe sind (1.Ko 12,28). Hier tut sich ein überaus weites und reichhaltiges Feld auf, das darauf wartet, in Aufrichtigkeit und Nüchternheit von uns “beackert" zu werden.
d) Gebrauch und Erkennen der Gaben
Wie jeder eine Gnadengabe empfangen hat, so dient damit einander als gute Verwalter(3476) der verschiedenartigen Gnade Gottes! Wenn jemand redet, ‹so rede er es› als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, ‹so sei es› als aus der Kraft, die Gott darreicht, damit in allem Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit ist und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. 1.Petr 4,10-11
Lex 3476 oikonomos Verwalter, Haushalter, jmd., der die Belange eines Haushalts, Besitzes (Lk 12,42; 16,1.3.8; 1Kor 4,2), einer Familie oder eines Mündels regelt (Gal 4,2), Schatzmeister, Kämmerer oder Rentmeister einer Stadt (Röm 16,23); von oikos Haus, Haushalt, und neomai oder nemo, verteilen, verwal-ten. Es bezeichnet auch die Apostel und Diener des Evangeliums, weil sie durch die Verkündigung des Heils in Christus das Geheimnis der Gnade Gottes verwalten und an die Menschen austeilen (1Kor 4,1; Tit 1,7), oder auch den einzelnen Glaubenden, weil er die Gnadengaben des Heiligen Geistes verwaltet (1Petr 4,10).
Gabenträger sind Verwalter der Gnade Gottes. Ihr schlussendliches Ziel ist die Verherrlichung Gottes. Wenn dieses Ziel beständig angestrebt wird, dann kann es keinen groben Missbrauch mittels den Gaben geben.
Da die Geistesgaben schon empfangen sind, müssen wir sie lediglich erkennen und damit umgehen lernen.
In aller Regel benützt Gott dazu unsere Fähigkeiten und Vorlieben, die wir ihm “zurückgegeben" haben, um in der Kraft des Geistes durch und mit Ihnen anderen zu dienen.