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Sing Halleluja – Prince wird Priester


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Rolf

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Göttlicher Pop



Sing Halleluja – Prince wird Priester



Prince kümmert sich jetzt verstärkt um Gott. Auf dem neuen Album "Planet Eath" ist Sex nur noch in der Ehe oder mit der Gitarre erlaubt. Würde sich der 49-Jährige doch bloß weniger um die Welt scheren. . .
Vor dem Erdball: Prince zeigt sich auf dem Cover seines neuen Albums "Planet Earth" vor einer Weltkugel.

Wenn es so etwas wie das Drama des begabten Künstlers gibt, dann spielt das Stück im Paisley Park von Minneapolis. An einem Ort, so märchenhaft wie Neverland oder Nirwana. Wer die Augen schließt, sieht Prince im lila Morgenmantel einsam durch die Flure schleichen wie der schrumpfende Kaufmann Bulemann bei Theodor Storm.

Wer seine Augen öffnet, sieht das Album „Planet Earth“ und darauf ein Vexierbild: Prince beschwört den Erdball, während die Planeten um ihn kreisen. Oder: Prince schnurrt wieder zum Symbol zusammen, je nach Perspektive. Das erinnert an das Drama eines Musikers, den manche für den talentiertesten der Popgeschichte halten.

Prince ist jetzt ein Zeuge Jehovas

Weitaus häufiger verschwand seine Musik hinter theaterreifen Kapriolen. An den Warnschildern, die Tipper Gore (die Ehefrau des Klimaaktivisten) in den Achtzigern auf Platten kleben ließ, um Oden an die Onanie zu bannen, war Prince selbst noch schuldlos. In den Neunzigerjahren stellte die Veröffentlichungspolitik die Kunst fast völlig in den Schatten. Seiner Plattenfirma Warner dankte Prince einen Vertrag über sechs Alben für je zehn Millionen Dollar, indem er sich das Wort Sklave auf die Wange malte.

Als „Künstler, der früher Prince hieß“ brachte er Musik im Internet heraus. Auch er erlebte dort das Waterloo der New Economy. 2004 erschien wieder ein ordentliches Album, bei Columbia. Allerdings: Der Titel „Musicology“ klang neben seltsamen Gerüchten aus dem Paisley Park kaum nach akribischer Musikbetrachtung, eher nach einer musizierenden Sekte.
Prince war konvertiert. Vom Gospel-Gottesdienst über die Anbetung des Eros zum Zeugen Jehovas. Große Teile seines Lebenswerks wurden für ihn so unbrauchbar. Nie wieder wird er „Darling Nikki“ oder „Sexy Motherfucker“ spielen können. Nicht, solange Prince den „Wachturm“ für ein glaubwürdiges Magazin hält.

Gekeuchte Liebesode an die Gittarre

„Planet Earth“ verdeutlicht diese Einschränkungen noch empfindlicher als „Musicology“ oder das Album „3121“, im vergangenen Jahr veröffentlicht bei Motown. Prince kehrt überraschend zu Columbia zurück. Aber das ist inzwischen keine Nachricht mehr. Die Welt hat sich auch an den Missionar gewöhnt und sogar daran, dass Prince Rogers Nelson ausschließlich die sexuellen Wonnen der vor Gott geschlossenen Ehe preist.

Man könnte sich jetzt wieder der Musik zuwenden. Wenn diese Musik ein Grund zur Freude wäre: „Planet Earth“ beginnt mit „Planet Earth“ und einem schüchternen Klaviermotiv. Prince steigert sich hinein in seinen Gospel, singt über die Sonne und den Himmel, stellt das Königreich in Aussicht und beschwört die wildeste Natur. Es endet im Gitarrensolo wie so oft bei Prince.

Nur heute fangen damit die Probleme an. Das zweite Stück heißt gleich „Guitar“, und darin keucht der Sänger, dass er zwar sein Gegenüber liebe, die Gitarre aber noch viel mehr. Beim besten Willen: Niemand kann die Liebe hören, keiner kauft ihm das hier ab.

Prince' Stil war immer religiös UND sexuell

Zum Phallischen und Sexuellen des Gitarrenspiels ist alles aufgeschrieben worden. Doch erst Prince hat der sich freudlos mühenden Rockmusik auch anschaulich gezeigt, dass davon nicht allein die Psychoanalyse weiß. Jetzt klingt ein Solo nach Pink Floyd, die Riffs klingen platonisch nach U2, und die Gitarre dient als Hirtenstab.
Der Soul, dem Prince seine Musik verdankt, war eine glorreiche Erfindung. Weil er wie der Gospel von der großen Liebe handelte und fromme wie frivole Menschen gleichermaßen ansprach. Funk ermutigte die Menschheit zur Ekstase, und der gute alte Popsong löste sich in Wohlgefallen auf.

Im Paisley Park machte sich Prince als Teenager schon in den späten Siebzigern daran, dem Ganzen eine zeitgemäße Form zu geben. Immer religiös UND sexuell. „When Doves Cry“ oder „Purple Rain“, wenn das nicht biblisch war; kein Prince-Konzert ohne Hydraulik-Aufzug für die Wiederauferstehung und Verkehr mit der Gitarre. Sünde und Erlösung.

Drama reimt sich auf Mama

Auf den Alben „Musicology“ und „3121“ ging es Prince zuletzt erkennbar um ein Update des grassierenden R&B. Ums Überholen ohne einzuholen: Anders als die aktuellen Allesproduzenten knüpfte Prince an Traditionen an, an alten Klang und Handwerk, und genoss seine Triumphe über wieder eingetroffene Retromoden.
Rockkonservative wirken dabei sofort alttestamentarisch; Prince, dem früheren Revolutionär, verwehrt man diese Ehre. Es geht ihm nicht anders als Madonna oder Michael Jackson, also dem Ikonenpop der Achtzigerjahre. Michael Jackson konvertierte jüngst zur Nation Of Islam, Madonna zu den Kabbalisten. Vielleicht hilft es ihnen. Ihrem Glauben an ein Selbstbild jedenfalls.

Bei Prince ersetzt es Irrsinn, Rausch und Sex durch religiöse Rücksicht. Manches Stück lässt noch die Heldentaten ahnen, wozu ein nur halb so glaubensfester Prince mit 49 fähig wäre. Das kann ein beinahe noch furioses Discostück wie „Chelsea Rodgers“ oder eine zarte Jazzballade sein wie „Somewhere Here On Earth“. Selbst „Lion Of Judah“, ein auf schwebenden Gitarrenmustern thronendes Kirchenlied, könnte bezaubern, wenn es sich vom eigenen Überbau nicht weiter stören ließe. Drama reimt sich wiederholt auf Mama: Hätte Prince sich doch nur inbrünstiger um seine Musik gekümmert als um Mutter Erde.


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