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Christi und Politik


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#1
1.Kor.1,30

1.Kor.1,30

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Das Verhältnis der Christen zur Politik






Eine Darstellung wichtiger Grundsätze aus der Bibel, veran-schaulicht an Beispielen der Gegenwart und der Geschichte.

Einleitung

Beim Betrachten der Geschichte der Kirche, die sich als Gemeinde Christi bezeichnet, ist eines unverkennbar: Immer mehr geriet die Kirche in den politischen Bereich. Sie wurde vom Staat geprägt, oder prägte, in späteren Jahrhunderten, ihrerseits den Staat. Sie wandte im Laufe der Zeit immer mehr politische Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele an.

Was kann der Christ von heute aus dieser Vergangenheit lernen? Inwieweit sind Christ und Politik, Gott und Welt miteinander vereinbar? An welche Grundprinzipien hat sich der Christ von der Bibel her zu halten?

Auf den folgenden Seiten habe ich versucht, die wichtigsten Fragen, die dieses Thema berühren, vom Wort Gottes her zu lösen.

1.) Was ist ein Christ und woran orientiert er sich?

Um überhaupt dieses Thema behandeln zu können, müssen zunächst zwei Begriffe geklärt werden. Bei dem ersten gehe ich davon aus, daß heute kaum mehr ein Mensch weiß, was eigentlich ein Christ ist. Viele beantworten die Frage: "bist Du ein Christ?" einfach mit: "ich versuche es, einer zu sein", oder "na klar, ich bin ja getauft".

Ist Christsein machbar? Wird man Christ durch eigene Anstrengung oder durch die anderer (durch die Eltern, die dich taufen lassen oder für dich beten)? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir klären, woher wir die Antwort nehmen können.

Es wird wohl niemand bezweifeln, daß niemand die Frage "wie wird man Christ?" besser beantworten könnte als Jesus und die Menschen, die mit ihm in engem Kontakt standen. Die einzige glaubwürdige Quelle, um von diesen Personen zu erfahren, ist für den Christen die Bibel. Die Bibel ist das Wort Gottes, von Gott eingegeben (2 Tim 3,16). In der Bibel steht alles, was wir über Gott wissen, sie ist die einzige, schriftliche Offenbarung Gottes an uns Menschen. Wir können (dürfen) der Bibel weder etwas hinzufügen (Hirtenbriefe, Buch Mormon, eigene Meinung), was denselben Stellenwert wie die Bibel hat, noch etwas von ihr wegtun (Wissenschaft, liberale Theologie) (Offb. 22, 18f). Die Bibel enthält nicht nur Gottes Wort, sie ist Gottes Wort.

Von diesem Standpunkt her ist es klar, daß die wichtigsten Fragen, nicht nur dieses Schreibens, von der Bibel her beantwortet werden müssen. Sekundärliteratur hat nur insofern Geltung, als sie sich an der Bibel orientiert. Die Bibel wird nicht bewertet, sie ist es, die bewertet.

Die Frage, "wer ist Christ?" ist kurz zu beantworten: Alle, die Jesus Christus als ihren Herrn (über ihr Leben) und Erlöser (von ihren Sünden) angenommen haben (Joh 1,12; Offb 3,20). Dieses Annehmen geschieht im Glauben (griech. pistis = Vertrauen haben, sich anvertrauen, sich stützen auf) und ist die einzige Voraussetzung zur Rettung (Rö 3,28; Joh 3,16; Gal 3,26). Dieser Glaube ist mehr als ein verstandesmäßiges Anerkennen einer Tatsache, sondern ist eine Tat des Willens des Menschen. Das Halten des Gesetzes (guter Werke) hat nichts mit der Errettung zu tun (Rö 3,20). Diese Haltung würde die Errettung sogar verhindern (Gal 5,4). Werke folgen später als Früchte des Glaubens (Gal 5,16) und auch dann wird das Gesetz nie ganz gehalten, denn niemand kann sündlos leben (Rö 3,23).

Weiter muß gesagt werden, daß das Christentum niemals eine Massenbewegung ist, denn es ist für die Welt immer eine Torheit an Jesus zu glauben (1 Kor 1,18) und niemals populär. Dies hat zur Folge, daß das Christentum keine einflußreiche (wegen ihrer Masse) politische Macht darstellen kann.

Daher ist zu fragen, ob die Kirche noch in ihrer Gesamtheit die Gemeinde Christi ist (Mt 7,13f). Die Gemeinde Christi wird außerdem niemals von einer Person regiert, sondern nur von Christus selbst (Eph 1,22).

Können Christen mit verschiedenen politischen Standpunkten sich noch als Brüder und Schwestern im Herrn ansehen? Wenn es wirklich Christen sind, ist diese Frage natürlich zu bejahen, denn das Wichtigste für einen Christen ist Gott, nicht die Politik. Jesus steht an erster Stelle.

2.) Was ist Politik?

Da dieser Begriff wohl annähern klar ist, möchte ich nur kurz zitieren: "1. Lehre u. Ausübung der Kunst, Gemeinschaften, insbes. Staaten zu führen; 2. in übertragenem Sinne: alle auf Gemeinschaftswirkung abzielenden Tätigkeiten, z.B. Familien-, Betriebs-, Preispolitik; innere Politik: Verwaltung, Sozial-, Kultur-, Handels-, Finanzpolitik, äußere Politik: Beziehungen der Staaten untereinander." (Knaurs Lexikon; München 1972).

"Wir werden uns einfach auf ein ganz allgemeines Verständnis des Politischen in dem Sinne einigen, daß wir unter Politik die jeweilige Ordnung einer menschlichen Gesellschaft verstehen, wobei wir offen lassen, welche Ordnung man jeweils für richtig hält. Auf alle Fälle geht es in der Politik nicht um Gut oder Böse an sich, sondern um Gut oder Böse in der und für die Gesellschaft." (1/S.10)

3.) Was erwartet die Welt von der Politik?

Für den Christen ist dieser Punkt wichtig, um sehen zu können, inwieweit, oder ob überhaupt Gemeinsamkeiten vorhanden sind zwischen Christen und Politik. Ob man von einem gemeinsamen Ziel sprechen kann.

Ins Auge fällt dabei, daß sich die Welt von der Politik erhofft, daß diese alle wichtigen und bedeutenden Fragen erledigt. Die Politik ist dazu da, eine Art "heile Welt" zu schaffen. Man erwartet von der Politik die Lösung der Fragen und die Beseitigung von Mißständen. Dieses Hoffen auf politische Erneuerung ist ein Akt von Selbsterlösung des Mensch. Die Erlösung kommt nicht von außen durch Jesus Christus, sondern vom Menschen selbst, durch sein eigenmächtiges Handeln. Dies ist für einen Christen unannehmbar. Der Christ weiß, daß der Mensch von sich heraus sich nicht ändern kann und deshalb auch von der Politik keine grundlegende Änderung des Menschen zu erwarten ist (Jer 13,23). Trotzdem hat die Politik für den Christen Bedeutung. Wie groß diese ist werden wir später noch sehen. Es ist daher auch möglich, daß der Christ und eine politische Organisation einige gleiche Ziele haben. Klar muß aber sein, daß die Basis des Handelns völlig verschieden ist. Ein Christ handelt nicht, um sich zu retten oder weil er von der Politik Großes erwartet (s. Punkt 7), sondern er handelt aus Gehorsam gegenüber Gott.

Eine Gefahr ist für den Christen auch darin zu sehen, daß der Staat alles benutzt, was er bekommen kann, um seine Ziele zu erreichen. Dies geht soweit, daß er Gott für seine Ziele benutzt (da, wo es Mehrheiten bringt und populär ist). Ein positiver Aspekt dabei ist, daß Politiker erkennen, daß Gott mit seinen Geboten nicht so unrecht hat und diese ihrer Gesetzgebung zugrunde legen. Ein Punkt, auf den auch die Christen hinarbeiten.

Schlimm wird es, wenn sich der Mensch über Gott stellt und Gott nur als Mittel zum Zweck, nämlich politische Ziele zu erreichen, sieht. Der Staat bindet die Kirche und benützt sie für sich selbst. Da dies heute sehr häufig geschieht und eine große Gefahr darin steckt, habe ich dieses Problem im nächsten Punkt ausführlich geschildert. Auch der geschichtliche Teil ist hauptsächlich unter diesem Aspekt zu sehen.

4.) Der politische Mißbrauch Gottes

Inwieweit nimmt der Staat Gott oder eine Religion zu Hilfe, um seine Politik zu festigen? Inwieweit wird auch heute Jesus benutzt, um Thesen zu bekräftigen und ihnen praktisch "göttlichen Rückhalt" und "Ewigkeitsbestand" zu geben?

"Jesus als Kultfigur im Hippielook, der für ein besseres Leben eintritt und am Establishment (Pilatus), den Law - and - Order - Mächten (die Priester) und verknöcherten Ideologen (Judas) scheitert." (Beschreibung des Films "Jesus Christ Superstar" aus dem Programm des "Cinema" München)

Gott wird hier in Anspruch genommen für politische Vorstellungen. "Man findet kaum eine politische Doktrin, die nicht irgendwann und nicht irgendwie auch in der Kirche, im Namen Gottes und Christi, proklamiert worden wäre." (1/S.8) Die Politik wird zu einer Art "Nebengott". Politische Anschauungen werden verehrt und Gott angeeignet. Man kann sich keinen Gott denken, der anders ist als man ihn gebildet hat. Weil man seine politischen Vorstellungen so sehr liebt, muß Gott so sein. Jede andere Gottesvorstellung wird verworfen. Jeder Mensch, der eine andere hat, kann kein Christ sein. Die Politik nimmt so den ersten Rang ein. Jeder schafft sich seinen "Lieblingsjesus". Gott dient hier als politisches Zugpferd, als Aushängeschild. Gott stellt ja eine Autorität dar. Jesus sagte, er ist die Wahrheit (Joh 14,6). Diese Wahrheit will man nun für sich haben. Es gibt ja nur eine Wahrheit, folglich auch nur eine richtige Politik. Jeder will nun Jesus für sich haben, um seine politische Meinung scheinbar auf Gott zurückführen zu können.

"Laß uns nicht in ein neues Gefühl der Überlegenheit verfallen und in einen Antikommunismus, der die Fronten des kalten Krieges wieder aufbaut.

Wir bitten dich erhöre uns..."

"Ich glaube an Jesus Christus, der Recht hatte als ein Einzelner, der nichts machen kann genau wie wir, an der Veränderung aller Zustände arbeitete und darüber zugrunde ging..." (1/S.26)

Die Welt läßt sich nicht mehr von Gott korrigieren, sondern korrigiert Gott. Aus Jesus, der kein Eigentum hatte wird Jesus der Kommunist. Aus Jesus, der die falsche Religiosität anprangert, wird Jesus, der Revolutionär. Aus Jesus, der dem Sünder und den armen half wird Jesus, der sich um die Proletarier kümmert. Aus Jesus, der die Sünden anprangert wird Jesus, dem man nur mit guten Werken gefallen kann. Es wird immer ein Teil (der Lieblingsteil) von Jesu Leben herausgehoben und andere als Mythos abgetan. Man legt seine Anschauungen in Jesus hinein. Christentum wird degradiert zu Anweisung zum moralisch, sozialem Handeln. Der Tod Jesu bedeutet das (vorläufige) Scheitern der neuen Politik. Kein Evangelium (frohe Botschaft), keine Vergebung (durch das beabsichtigte Sterben Jesu - Joh 12,24.32.33 - und durch die Reinigung durch sein Blut - 1 Petr 2,24 ; 1 Joh 1,7), keine Auferstehung (1 Kor 15, 3.4), nur Versagen.

Das Reich Gottes wird gesehen als Erlösungstat des Menschen. Der Mensch entwickelt sich durch die Politik allmählich soweit, daß das Reich Gottes errichtet wird. An die Menschen ergeht der Aufruf, die Revolution Jesu weiterzutragen. Veränderung wird erwartet durch eine neue gesellschaftliche Ordnung und nicht mehr durch die Bekehrung des einzelnen. Die Masse steht im Vordergrund. Jesus, der Mensch, der durch Kraft, Energie und Selbstüberwindung ein Paradies auf Erden bauen wollte. Ein Mensch, der sich selbst zu Gott erhob. Dahinter steckt der Glaube, daß sich die Welt immer weiter durch die Einhaltung von Geboten (auch Gottes Geboten) in das Reich Gottes entwickelt. Doch die Einhaltung der Gebote ist letztlich unmöglich (Röm 3,23). Auch Paulus konnte das Gesetz nicht halten (Röm 7,15.19). Wenn man nur ein Gesetz bricht (Lüge, Haß, Aggression...) hat man das ganze Gesetz gebrochen und ist verloren (Jak 2,10), wenn kein Retter da ist.

Wozu ist nun das Gesetz da? Es soll uns die Sünden aufzeigen (Röm 3,20) und uns somit zeigen, daß wir einen Retter brauchen. Paulus schreibt, das Gesetz ist der pädagogos, der Zuchtmeister auf Christus hin (Gal 3,24). Ohne Gesetz würde die Sünde nicht erkannt, das Gesetz kam also wegen der Sünde (Röm 7,7).

Es gibt aber noch einen zweiten Aspekt. Das Gesetz ist Verhaltensanleitung, es ist der Maßstab für das Handeln. Gott weiß, was für den Menschen am Besten ist. Er weiß, was zum Schutz des Menschen gut ist und teilt dies mit. Je mehr der Mensch die Gesetze anwendet und befolgt, um so besser ist das Zusammenleben mit anderen Menschen geregelt. Gehen wir nun zurück und betrachten uns kurz die Geschichte der Kirche. Der Abfall der Kirch in die politische Macht begann, wie wir später noch sehen werden, nach den Verfolgungen. Die Kirche gewann gefallen an der Macht. Sie ließ sich in die Politik ziehen und wurde Staatsreligion. Dies brachte menschlich gesehen Vorteile, aber die Kirche löste sich damit von Gott und wurde mächtig. Die Gemeinde Christi blieb klein und wurde daher, auch von der Kirche, als Störenfried oder Sekte bis in unsere Zeit hinein verfolgt (2 Tim 3,12). Die Kirche wollte ihre Interessen verbreiten. Sie benutzte dazu immer mehr politische Mittel. Heute haben wir die Situation, daß die Politik im Vordergrund steht. Die Kirche gibt Zuschüsse an Guerilla-Verbände. Ihre Organisation, die Mitgliedschaft, soziale Werke stehen im Vordergrund. "Der christliche Glaube stirbt dort, wo er sich mit einer Ideologie verbindet" (1/S.45). Man kann nicht zwei Herren dienen (Mt 6,24), sondern muß sich für einen entscheiden (1 Kö 18,21): Gott oder die Welt. Dies ist ein Gegensatz, denn Jesu Reich ist nicht von dieser Welt (Joh 17,14). Christen sind die Verkündiger des Wortes Gottes und nicht einer Ideologie.

Die Kirche sieht ihre Aufgabe immer mehr darin, die Welt zu verändern, doch Gott ist es, der die Welt ändern wird und schon tut, aber nicht Mithilfe der Politik.

5.) Christus und die Welt.

"Mein Reich ist nicht von dieser Welt." (Joh 18,36). Diese Aussage Jesu angesichts der Gefahr in der er sich befand, ist bedeutsam. Die Christen sind die Repräsentanten des Reiches Gottes in der heutigen Welt (Mt 21,43). Sie sind die Nachfolger Jesu. Ist sein Reich nicht von dieser Welt, dann ist unser Reich ebenfalls kein diesseitiges. Jesus kämpft vor Pilatus und auch am Kreuz nicht mit politischen Mitteln (Militär). Er hätte dies vermocht (Mt 26,53).

Hat ein Christ überhaupt nichts mit Politik zu schaffen? Um diese Frage zu klären, darf man nicht bei der bloßen Aussage von Joh 18,36 stehenbleiben. Es gilt noch einen anderen Aspekt zu prüfen: Jede politische Macht geht auf Gott zurück. Gott steht hinter jeder Politik (Joh 3,27). Auch Pilatus war von Gott eingesetzt (Joh 19,11). Gott bedient sich des Staates, um das Volk zu richten oder zu retten. "...hinter der unvollkommenen, irdischen Gerechtigkeit steht teils verborgen, teils offenbar die absolute Gerechtigkeit Gottes, die auch diese Welt bis zur Wiederkunft Christi vor der Selbstzerstörung bewahren will." (1/S.97) Gott hat die Ordnungen für das menschliche Leben zu setzen, nicht die Gesellschaft. Dies ist für den Christen wichtig zu wissen, denn daraus ergibt sich sein Handeln. Politik ist an den Ordnungen Gottes zu prüfen und stellt eine Art Notordnung dar, die sich immer mehr auf Gottes Gesetz hinentwickeln sollte. Der Christ hat auf diesen Vorgang hinzuweisen und darüber zu wachen. Das Gesetz ist nicht nur Anklage, Zuchtmeister auf den Erlöser, sondern auch Richtschnur für das Handeln. Politisches Tun und Gesetzgebung hat sich daher an den Geboten Gottes zu orientieren.

6.) Was bedeutet für den Christen die Politik?

Aus dem letzten Punkt können wir schon entnehmen, daß für Christen auch Politik von Bedeutung ist. Politische Entscheidungen betreffen alle Menschen, auch Christen. Der Christ ist zwar nicht "von der Welt", er lebt aber noch "in der Welt" (Joh 17,18.16).

"Es geht nicht darum, ob der Christ die Verantwortung für die Gesellschaft mitträgt, sondern wie er sie mitträgt." (1/S. 22) Ein hungriger Lazarus vor der Tür muß zum Handeln aufrufen (Lk 16,19-31). Der Christ engagiert sich aber "in der Verantwortung vor Gott, seinen Geboten und Ordnungen." (1/S.22). Die Verantwortung für den Nächsten ruft auch zum politischen Handeln. Aber Gott setzt die Maßstäbe.

Ohne innere Umwandlung des Menschen ist letztlich nichts möglich. Deshalb setzt der Christ auch hier die Priorität. "Wir können keine Gesetze gegen das Volk machen, wir können kein Recht praktizieren, das vom Volk nicht anerkannt wird." (1/S.23) "Christen widersprechen dem Dogma, daß neue Verhältnisse automatisch einen neuen Menschen schaffen." "Das Heil des Menschen kommt nicht aus der politischen Aktion, sondern aus der Umkehr zu Gott." (1/S.87)

Der Christ hat aber die Aufgabe, den Staat als eine Notordnung zu akzeptieren und, soweit als möglich, zu unterstützen (Mt 22,21). Die wesentlichste Methode dabei ist für ihn hier, wie auch sonst, das Gebet. Dadurch wird Gott zum Wirkungsvollen handeln, als der allein Mächtige und Würdige aufgerufen.

7.) Wie sieht die Bibel die Entwicklung der politischen Verhältnisse?

Durch den Sündenfall kam die Welt und die Menschheit freiwillig in den Einflußbereich Satans. Er ist der "Gott der Welt" (Joh 14,30; 2 Kor 4,4). Nach Kains Mord an seinem Bruder mußte er flüchten und gründete eine Ansiedlung mit seiner Frau und seinen Kindern, die zur ersten Stadt erwuchs. Diese war also das Produkt einer Sünde. Genauso schwarz wie der Beginn sieht auch die Zukunft für Welt, Menschheit und Politik aus. Die Bibel spricht eindeutig von einem Chaos, auf das die Welt zugeht (Off 6;8;9;10 u. 11). Satan möchte bereits über diese Welt das Chaos bringen, aber er wird noch zurückgehalten (2 Thess 2,7). Man nimmt an, daß diese Kraft, die ihn zurückhält der heilige Geist ist, also Gott selbst. In jedem einzelnen Christen lebt ja Gott in Form seines Geistes (Rö 8,9). Wird nun diese Gemeinde Christi vor der großen Trübsal entrückt (1 Thess 4,17) gibt es keinen Geist Gottes mehr, der Satan widersteht und dieser hat nun freie Hand.

Aufgrund dieser Sachlage dürfte klar sein, daß der Christ das Heil nicht von der Politik erwartet. Angesichts der Zukunft dieser Welt und der politischen Ordnung stellt sich für den Christen die Frage, "wo habe ich mein Herz?" (Mt 6,19-21) Weltliche Dinge sollten für den Christen zweitrangig sein, er hat sich nach dem Reich Gottes, welches wertvoller und beständig ist, auszustrecken (Kol 3,2).

8.) Welche Grundsätze für das politische Handeln können Christen der Bibel entnehmen?

Die erste Pflicht für den Christen ist zunächst der Gehorsam gegenüber der Obrigkeit (1 Petr 2,13). Dies ist damit begründet, daß jede Gewalt letztlich von Gott kommt, also von Gott eingesetzt ist (Röm 13,1). Wer sich der Obrigkeit widersetzt, der widersetzt sich damit Gott (Röm 13,2). Man muß bedenken, daß Paulus diese Worte schrieb, als Nero Kaiser von Rom war. Es ist also kein Argument, daß diese Worte nur in einem bestimmten Rechtsstaat Geltung haben und nicht in einem Gewaltregime. Gerechtigkeit ist nicht durch Ungehorsam aufzubauen. Ohne einen ordnenden Staat, auch wenn er noch so schlimm ist, wird es nur schlimmer. "Dieser Staat (Rom) bewahrte Paulus immerhin vor den wütenden Rotten in Jerusalem, die seinen Tod wollten." (1/96 / Apg 21,31-40). Diese Ordnungsfunktion gilt es für den Christen zu achten.

Das regelrechte Eingreifen in den Staat bleibt ausschließlich Gott überlassen. Er kann den Staat ändern durch andere Politiker oder politische Organisationen die er einsetzt (Joh 19,11). Er kann auch Regierungen stürzen. Er kann ebenso Beschlüsse ändern lassen und den Politikern helfen bei wichtigen Entscheidungen. Deshalb gilt es für den Christen für Politiker zu beten, um Gott zum Handeln zu bewegen. (1 Tim 2,1.2) Dies ist für Christen das wirksamste Mittel, Politik zu beeinflussen. Wenn Christen verfolgt werden, dann nur wegen ihres Glaubens und nicht wegen politischer Gründe (Mt 5,11; 1 Petr 2,20). Zum Beten gehört aber auch das Handeln, wie es von Gott befohlen ist.

Im AT ist oft zu sehen, wie die Propheten mit dem Staat konfrontiert wurden. Dies geschah immer in der Weise, daß sie zuerst den Willen Gottes hörten und damit begriffen, daß der Staat nicht den Willen Gottes ausführt und schließlich den Staat und das Volk dazu bewegen wollten, sich wieder Gott zuzuwenden. Geschah dies nicht, hatten sie die Folgen für die Sünden des Volkes bekanntzugeben. Wir sehen also, daß es ihre Pflicht war, Sünden anzuprangern. Sie waren alles andere als passiv. Dies finden wir ebenso im NT. Hier geht es aber mehr um den einzelnen, aber immer geht es darum, ein Abweichen von Gottes Geboten klarzustellen. Diese Pflicht gilt auch gegenüber der Obrigkeit, auch wenn Konsequenzen drohen (Mk 6,18.19). Die Christen haben Gottes Maßstäbe zu verkündigen, um Richtung zu geben und auf Jesus hinzuweisen. Sie sollen Licht in dieser Welt sein (Phil 2,15) und durch ihr Licht Gut und Böse unterscheiden. Wenn der Staat klar und eindeutig gegen Gottes Recht handeln will, oder sich in die gefährliche Nähe davon begibt muß der Christ ungehorsam sein, wenn dies sein persönliches Leben berührt. Man soll Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apg 4,19; 5,27). Dies gilt nur, bei zwei widersprüchlichen Anforderungen. In Fällen, in denen von den Christen persönlich kein Gehorsam verlangt wird, treten sie nur als Warner auf (Licht der Welt).

Jedes Tun, also auch die Politik, hat in Verantwortung vor Gott zu geschehen. Christen haben auf diesen Grundsatz hinzuweisen um die Notordnung des Staates zu verbessern. Deshalb sollte ein Christ auch politisch informiert sein.

Wir können als Christen nur das sagen, was unverkennbar Gottes Wille ist. Der Christ hat vorsichtig abzuwägen, was Gottes Wille ist. Er tritt auf in der Autorität Gottes (Lk 10,16). Dies bedeutet eine große Verantwortung vor den Menschen und vor Gott.

Ist es nun dem Staat erlaubt, die Christen zu beeinflussen? Selbstverständlich gibt der Staat Ordnungen, die auch für Christen bedeutsam sind und an die sie sich zu halten haben. Aber wie weit darf das gehen?

"Wenn ein Staat Seelen bekehren will, dann steht er schon im Schatten des Antichrist." (1/99) Dies bedeutet, daß eine bestimmte Grenze der staatlichen Einflußnahme vorhanden ist. Über das Überschreiten dieser Grenze möchte ich kurz aus der Geschichte berichten.

Historischer Teil

Schon vor dem Brand von Rom waren die Christen Störenfriede im Staat. Rom hatte den Gründer dieser Gemeinde hinrichten lassen und war daher auch seinen Nachfolgern gegenüber mißtrauisch. Die Christen weigerten sich Götzen anzubeten und den Kaiser als Gott zu betrachten. die Christen waren politisch unbedeutend. Dies führte zu den ersten Christenverfolgungen in den verschiedenen Ortsgemeinden. Schon der 2. Thessalonicherbrief (ca. 51 n. Chr.) wurde geschrieben aufgrund der Verfolgungen der Christen in Thessalonich.

Nach dem Brand von Rom begannen bekanntlich unter Nero die großen Verfolgungen. Christen wurden gefoltert, verbrannt, den Löwen vorgeworfen. Eltern nahm man die Kinder. Kinder verrieten ihre Eltern an den Staat, weil diese Christen geworden waren. Im ganzen Reich wurden die Christen verfolgt. "Wer an der Staatsreligion und ihrem Kultus nicht teilnahm, trat darum in unmittelbare Gegnerschaft zum Staat, der in diesem Kultus sein Wesen verkörpert sah und sich nach antiker Anschauung nicht denken konnte, daß jemand als ein treues Glied des Staates lebte, der nicht auch an der Staatsreligion mit ihrem Kultus Anteil nahm." (2/49) Es wurde gefährlich, ein Christ zu sein. Attraktiv war es nie, aber jetzt war das Leben bedroht. Die Christen wurden fragend: "warum läßt Gott dies zu, obwohl ich nichts gegen den Staat getan habe?" Petrus beantwortet diese Frage im 1. Petrusbrief: Die Christen sind Nachfolger Jesu, sie dürfen nicht erwarten, daß sie es besser haben als er. "Nur auf eins sollen sie achten: daß sie ja nicht deshalb vor den Staatsanwalt kämen, weil sie wirklich gegen die Gesetze des Staates sich vergangen hätten, sondern nur deshalb, weil sie Jesus angehörten." (2/45f) (1. Petr 2,20 ff)

Es war für die Christen schwer, Christus bis in den Tod nachzufolgen. "Das Schwerste war für die Gemarterten, daß ein Teil von ihnen den Herrn verleugnete. Mit großer Liebe nahmen sie sich der Abgefallenen im Gefängnis an. Sie verachteten sie nicht, sondern suchten ihnen zu helfen, daß sie den Weg zum Herrn zurückfänden. Es war für sie eine gewaltige Freude, als eines Tages viele der Abgefallenen verlangten, noch einmal verhört zu werden, und alle ihre Verleugnung widerriefen. Und das gerade in einem Augenblick, als die Begnadigung des Kaisers für alle die eingetroffen war, welche verleugnet hatten." (2/59)

Wenn man die Berichte der Verfolgungen liest, ist die Freude der Christen zu verstehen, als die Verfolgungen aufhörten. Schon unter Kaiser Galerius ergab sich eine Änderung. Nach 280 Jahren Verfolgung durfte man sich wieder frei zu Christus bekennen. Kurz darauf starb Galerius und Konstantin wurde Kaiser. Dieser erließ im Jahre 313 das Mailänder Toleranzedikt, und somit die allgemeine Religionsfreiheit. Aber nun trat eine entscheidende Wende ein. Zwar wurden die Heiden nicht verfolgt, aber es wurde nun empfohlen, Christ zu werden. Die Kirche wurde vom Staat unterstützt, auch finanziell.

"Aber keiner wird gezwungen, Christ zu werden. Dennoch wird das Christentum gefördert. Christen werden in oberste Stellungen gerufen. Es liegt nahe, Christ zu werden, wenn man im Leben vorwärtskommen will. Eine Fülle unechter Beweggründe führt jetzt zu Christentum." (2/71)

Wo lag der Grund für diese Änderung? Konstantin hatte erkannt, daß die Glanzzeit Roms vorbei war. Er versucht durch eine neue Religion den Staat zu retten. "er empfiehlt seinen Untertanen, Christen zu werden, damit der Gott der Christen ihnen, dem Kaiserhaus und dem Staat ein gutes Leben beschere." (2/73)

Dies ist tiefstes heidnisches Gedankengut. Um aber den schwachen Staat aufzurichten, brauchte er eine starke Kirche. "Mit starker Hand faßte er die Aufgabe der Vereinheitlichung der Kirche an. Obwohl ihm die inneren Fragen im Grunde fremd waren, führte er den Vorsitz auf den Synoden und entschied die Glaubensfragen mit Freundlichkeit, Diplomatie oder Gewalt. Die Christen aber ließen es sich in ihrer großen Dankbarkeit über die Hilfe und Befreiung von der Verfolgung gefallen." (2/75)

Die Kirche war nun schon voll von Heiden, die nur aus wirtschaftlichen Gründen sich taufen ließen. Bald wurden Rufe laut, gegen das Heidentum vorzugehen. Die Kirche, die noch kurz vorher selbst verfolgt wurde, verlangt nun eine Ausweitung ihrer Macht mit politischen Mitteln. "Daß die christliche Kirche jetzt über die Machtmittel des Staates verfügte, wurde ihr zum Verhängnis. Es kam der Tag, daß man Militär und Polizei nicht nur gegen die Heiden und Dissidenten einsetzte, sondern ebenso gegen christliche Glaubensbrüder, die in irgendeinem Stück anders dachten." (2/77) Wieder wurde die Gemeinde Christi verfolgt, aber diesmal von der Kirche, den Heiden, die niemals eine Begegnung mit Gott hatten und sich niemals bekehrt hatten, aber mit staatlichem Einverständnis sich Christen nennen durften. Die Kirche war eine mächtige Organisation geworden, ein Staat im Staate. Die Gemeinde Jesus hätte dies nie vermocht und war daher für Konstantin unbrauchbar, "... weil niemals Massen bereit sein werden, in die nicht leichte Nachfolge Jesu einzutreten..." (2/79)

Der Kaiser war bald das eigentliche Oberhaupt der Kirche. Er brauchte eine mächtige Kirche. "Die Synode wurde dann und wann vom Staat einberufen. Sie hatte auch keine Macht, ihre Beschlüsse durchzusetzen, wenn nicht der Kaiser ihnen gesetzliche Kraft verlieh." (2/115) So wie die Kirche nun beschaffen war, war zu ihrer Aufrechterhaltung politische Macht notwendig. Die Basis des Papsttums war geschaffen. Die Kirche bestand nicht mehr als einzelne, voneinander unabhängige Gemeinden, sondern hatte eine weltliche Hierarchie mit einem Herrscher.

"Im Jahre 381 wurde der Zwang zu christlichem Glaubensbekenntnis dem staatlichen Gesetzbuch eingefügt. Wer fortan das christliche Glaubensbekenntnis nicht anerkannte, war also eines Verbrechens gegen die Staatsgesetze schuldig. Dementsprechend ging man nicht nur gegen Einzelpersonen, sondern gegen ganze religiöse Gemeinschaften, die sich nicht in die offizielle Kirche einfügen wollten, mit der Strafgesetzgebung vor." (2/116)

Mit dieser Form des "Zwangschristentums" begann eigentlich wieder die Verfolgung. Christen, die unabhängig sein wollten und nach der Bibel, als einzigen Maßstab für Christen, ohne Synodenbeschlüsse, leben wollten, mußten mit der Todesstrafe rechnen.

Verlassen wir nun das Römerreich und werfen noch einen kurzen Blick ins Mittelalter. Dieselbe Entwicklung wie unter Konstantin finden wir um 500 auch im Frankenreich unter Chlodowech. Auch er erließ Religionsfreiheit, förderte aber das Christentum mit finanziellen Mitteln.

"Der kirchliche Landbesitz wuchs in kurzer Zeit ins Riesenhafte. Nach und nach soll der dritte Teil des Frankenreiches in den Besitz der Kirche gekommen sein...Dazu war es stehendes Recht der Kirche geworden, daß sie nicht nur freiwillige Gaben, sondern ganz fest den zehnten erhielt." (3/57)

Um das Jahr 550 wurden dann durch staatliche Verfügung einige heidnische Dinge aus dem Alltagsleben verbannt, wie Götzenbilder, Gesänge und Tänze. Der Übertritt zum Christentum wird aber nicht gefordert.

Unter Karl dem Großen wurde schließlich die Zwangschristianisierung mit folgender Zwangstaufe bei den Sachsen eingeführt. Der Besuch des Sonntagsgottesdienstes war Pflicht. Die Bauern mußten zwangsweise Land an die Kirch abgeben, damit Kirchen gebaut werden konnten. Dies zerstörte allmählich den Glauben der Sachsen an Christus. "Niemand hätte so für die Freiheit des Heidentums im Römer- und Frankenreich eintreten müssen wie die Männer, welche Jesus wirklich kannten - in der Gewißheit, daß jeder Zwang nur unechte Bekehrung erzeugt und daß das lebendige Zeugnis von Jesus so viel Kraft in sich trägt, daß es jeden Menschen, auch den ganz andersartigen und andersdenkenden wohl zu überwinden vermag." (3/59)

Dies bedeutet nicht eine Förderung des Heidentums. Christen gaben vor dem Heidentum zu warnen. Aber den Christen geht es letztlich darum, die Menschen frei wählen zu lassen, ob sie Gott wollen, oder die Welt.

"Alkuin schrieb an den führenden Bischof von Salzburg: ein Priester sei ein Förderer und Prediger der Frömmigkeit, nicht ein Einforderer von Zehnten. Ein feines Wort. Das war der Geist auf jener ersten deutschen Missionskonferenz. Es wurde beschlossen:

1. Massentaufen kommen nicht in Frage; wir lehnen sie ab. Mit jedem, der Christ werden will, müssen wir in Ruhe zusammen sein können, um ihn innerlich in das Neue einzuführen.

2. Auf keine Weise darf irgendein Zwang ausgeübt werden. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als sei die Annahme des Christentums eine staatlich geforderte Leistung.

3. Nur nicht irgendwie das Geld mit der Sache Jesu vermengen. Sie seien keine Eintreiber von Zehnten, sondern wollten den Menschen innere Kräfte für ihr Leben bringen." (3/130f)

Literatur:

1) Georg Huntemann; Die politische Herausforderung des Christen; Wuppertal 19722) Erich Schnepel; Jesus im Römerreich; Telos-Verlag3) Erich Schnepel; Jesus im frühen Mittelalter; Telos-Verlag


aus:

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