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Tote machen Fernsehen: Großformatig trauern mit EosTV


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Tote machen Fernsehen: Großformatig trauern mit EosTV




Von Pascal Görtz


18.07.2007

Trauern wie die Profis – davon träumt Wolf Tilmann Schneider. Im 4:3-Format will der ehemalige Manager von RTL und Sat.1 mit Deutschlands erstem Trauerkanal das Geschäft mit dem Tod beleben. Ein riesiger Markt, weiß Schneider, der die Statistiken kennt. Jahr für Jahr sterben in Deutschland 830.000 Menschen – zusammen mit vier Angehörigen pro Sterbefall macht das 3,3 Millionen, die das Thema jährlich berührt.

Die Deutschen trauern öffentlich am liebsten in den Tageszeitungen. 485.000 Todesanzeigen sprechen für das Bedürfnis, dem Toten über sein Ableben hinaus Ehre zuteil werden zu lassen. Die Würde ende nicht in der gedruckten Todesanzeige, sagt Wolf Tilmann Schneider und träumt von digitalen Todesanzeigen und filmischen Nachrufen. Alles im Infotainmentstil für die Lebenden, nicht für die Toten. Dem Tod ins Auge schauen will der Kanal folgerichtig nicht. Beerdigungen seien tabu. „Keine Toten, keine Trauernden“ kommentiert „Die Welt“. Stattdessen beschäftigt man sich mit häuslicher Pflege, Friedhöfen und Urnenasche - typischen Altersfragen eben. Pragmatisch müssen man denken, meint der Geschäftsführer. Mit an Bord ist auch der Bundesverband deutscher Bestatter. Das macht das ganze gleich seriöser.

Gutes Gespür für ein verdrängtes Thema

Man muss Schneider ein gutes Gespür für das gesellschaftlich vernachlässigte Thema „Altern“ attestieren, das zwar weitgehend verdrängt, aber in der akuten Not behandelt und informativ begleitet werden muss. Geschäftsmännisch formuliert: Es gibt Marktlücken. Der Sender eine logische Konsequenz aus der Unsicherheit, mit der wir dem Alter begegnen. Wer sich nicht vorab mit dem Altern der eigenen Eltern auseinandersetzt, wird in der plötzlichen Konfrontation mit dem Tod geliebter Menschen dankbar sein für informatives „Trauerfernsehen“. Umgekehrt wird jemand, der sich mit dem eigenen Tod beschäftigt, das Bedürfnis verspüren, sein Umfeld damit nicht allein zu lassen. Wie eine Umfrage jüngst zeigte, haben viele Deutsche Angst davor, ihren geliebten Angehörigen im Sterben zur Last zu fallen. Wer selbst vorsorgt,- und das meine ich nicht im Sinne von „sich selbst das Leben nehmen“ – der kann vielleicht entspannter der letzten Lebenszeit entgegensehen. Selbstbestimmung heißt hier auch, anderen schwere Entscheidungen abzunehmen.

Wie würdevoll der Einstieg in das Bestattungsgeschäft wird, hängt davon ab, wie spürbar mit dem neuen Kanal Geld verdient wird. Nichts entwürdigt mehr als das Profitscheffeln auf dem Rücken von Toten. Mehr als die Toten hat Wolf Tilmann Schneider aber auch die Lebenden im Blick, die sich über ihren eigenen Tod und ihr Vermächtnis Gedanken machen. Er selbst hat seinen eigenen Nachruf bereits verfasst. Und kann ihn jederzeit ändern. Das ermöglicht ihm, seinen eigenen Willen und eine Portion Eitelkeit mit ins Grab zu nehmen statt sich in die Hand der Verwandtschaft zu begeben.

Ob darin die „Würde“ des Menschen besteht oder doch eher in dem Prozess, die Kontrolle über sein Leben abzugeben und die Würdigung des eigenen Wirkens anderen zu überlassen, muss nicht der Fernsehsender beantworten, sondern die Alternden. Also wir.

EosTV wird nicht umhin kommen, sich um einen würdevollen Umgang mit seinem Klientel zu bemühen – atme es oder eben nicht mehr. Schließlich will man ja Geld verdienen.
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