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Wenn das Säurebad der Theologie den Glauben wegfrisst


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Wenn das Säurebad der Theologie den Glauben wegfrisst





Dann sind Memoranden wie das der deutschsprachigen Theologen selbstverständlich. Von Guido Horst

Joseph Ratzinger reagierte skeptisch auf das bekannteste Werk des Kollegen Rahner und wies auf die Relativierung der christlichen Botschaft im „Grundkurs“ hin.
Foto: KNA
vergrößern schließen Joseph Ratzinger reagierte skeptisch auf das bekannteste Werk des Kollegen Rahner und wies auf die Relativierung der christlichen Botschaft im „Grundkurs“ hin.
Foto: KNARom (DT) Das „Aufbruch-Memorandum“ der deutschsprachigen Theologen ist nicht vom Himmel gefallen. Die Kirche ist ein „historisch Ding“ und immer wieder lohnt es sich, mehr oder weniger weit zurückzublicken, um die Gegenwart zu verstehen. Rom, vor zwanzig Jahren: An der Piazza Cavour erscheint in fünf Sprachen ein theologisches Monatsmagazin. Die italienische Ausgabe „Trenta Giorni“ ist das Mutterheft, zu deutsch nennt es sich „30 Tage“. Immer wieder hieß es damals, das Magazin sei die Zeitschrift von „Comunione e Liberazione“. Aber das ist falsch. Das Heft der von Luigi Giussani gegründeten Bewegung heißt „Tracce“ (Spuren) und erscheint in Mailand.

Aus den jungen Redakteuren, die damals an der Piazza Cavour hinter der ersten Generation von Apple-Computern saßen, ist durchweg etwas geworden: Lucio Brunelli ist heute den Fernsehzuschauern von RAI2 als Papst-Chronist bekannt, Andrea Tornielli gräbt für „Il Giornale“ vatikanische Geheimnisse aus, Marina Buttiglione arbeitet als „vaticanista“ bei Mediaset, Stefano Maria Paci als Reporter für „Sky-TV“, Gianni Cardinale ist der Horchposten von „Avvenire“, der Zeitung der italienischen Bischöfe, an den Mauern des Vatikans, Tommaso Ricci Kulturchef bei RAI1 und Antonio Socci, damals Chefredakteur von „Trenta Giorni“, baute später eine Journalistenschule auf und zählt heute zu den bekanntesten katholischen Autoren Italiens. Der heißblütige Toskaner Socci lieferte sich noch vor gar nicht so langer Zeit mit niemand geringerem als Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone eine Veröffentlichungsschlacht über die Interpretation des Dritten Geheimnisses von Fatima.

Socci war es auch, der sich damals im Juniheft 1992 von „30 Tage“ mit Eugen Drewermann befasste, damals ein Star am deutschsprachigen Theologen-Himmel. Drewermann leugnete die tatsächliche Auferstehung Jesu Christi und hatte soeben erst gegenüber dem Hamburger Magazin „Der Spiegel“ erklärt, dass das heute der Mehrheitsmeinung unter den Theologen entspricht. Jesu Auferstehung, so zitierte Socci den „Pullover-Theologen“, „hat sich in seinem Leben ereignet. Er hat sich von seinem ,Ich‘ befreit“. Die Evangelien dürften nicht wörtlich genommen werden, sie trügen stattdessen symbolischen Charakter.

Der Christus-Glaube ist zusammengebrochen
Heute, wo nicht nur im deutschsprachigen Raum der zweitausend Jahre alte Christus-Glaube der Kirche völlig in sich zusammengebrochen und Jesus zu einem „moralischen Vorbild“ verkommen ist, wundert sich niemand mehr über solche Sätze. Damals, vor zwanzig Jahren, beschäftigte die Auflösung des historischen Jesus im Säurebad der deutschsprachigen Theologie allerdings noch die Gemüter, so auch „Trenta Giorni“ und Antonio Socci, der auf Spurensuche ging. Er wurde überall fündig. Selbst im Vatikan-Verlag. 1970 hatte Paul VI. die Teilnehmer eines großen internationalen Symposiums über die Auferstehung Jesu Christi unter dem Titel „Resurrexit“ in Audienz empfangen und in seiner Ansprache besonders die historischen Ecksteine des Zeugnisses der Apostel hervorgehoben: das leere Grab und die Erscheinungen des auferstandenen Christus. Die Auferstehung sei ein Geheimnis, so Paul VI., aber die Tatsache bleibe, nämlich die „empirische und sinnfällige Tatsache der österlichen Erscheinung“.

Und zur Bekräftigung fügte der Papst aus dem Stegreif hinzu: „Wenn wir nicht am Glauben an diese empirischen und sinnfälligen Tatsachen festhalten, verwandeln wir das Christentum in eine Gnosis.“ Wie der Exeget Ignace de la Potterie, der Paul VI. damals zugehört hatte, gegenüber Antonio Socci bestätigte, waren 1974 bei der Herausgabe des entsprechenden Tagungsbands durch die „Libreria Editrice Vaticana“ genau die Worte von den „empirischen und sinnfälligen“ Erscheinungen Jesu nach der Auferstehung aus der Ansprache des Papstes verschwunden.

Hätte es Socci dabei bewenden lassen, nichts wäre passiert. Aber der Journalist grub weiter und kam schließlich zu einer der Quellen, aus der sich die Unterscheidung zwischen „historischer Tatsache“ und „Glaubenstatsache“, wenn es um Jesu Auferstehung geht, speist: Karl Rahner. Das hätte der Journalist nicht tun sollen, denn der 1984 verstorbene Jesuiten-Theologe war damals schon sakrosankt. Aus dem Beitrag Soccis sollte also eine länger anhaltende Debatte werden, in deren Verlauf sich dann deutsche Bischöfe und Theologen einschalteten.

Die Schwierigkeit bei Karl Rahner ist die, dass der Mann nur sehr schwer zu verstehen ist. So heißt es bei Rahner in dessen „Grundkurs des Glaubens“ gerade zur Frage der Auferstehung und nachösterlichen Erscheinungen Jesu: „Es kann dabei ruhig zugegeben werden, dass sich die auf den ersten Blick für uns als historische Details der Auferstehungs- beziehungsweise Erscheinungsereignisse bietenden Berichte nicht restlos harmonisieren lassen, also eher zu deuten sind als drastische und dramatisierende Einkleidungen (sekundärer Art) der ursprünglichen Erfahrung ,Jesus lebt‘, als dass sie diese selbst in ihrem eigentlichen ursprünglichen Wesen beschreiben.“

Rahner zufolge sind sie also nicht als „massiv sinnliche Erfahrungen“ zu verstehen. Stattdessen ist für Rahner, der Jesus Christus nicht als die zweite Person der Heiligsten Dreifaltigkeit versteht, der „Gottmensch“, Jesus, „der erste Anfang des endgültigen Gelungenseins der Bewegung der Selbsttranszendenz der Welt in die absolute Nähe zum Geheimnis Gottes. Diese hypostatische Union darf im ersten Ansatz nicht so sehr als etwas gesehen werden, was Jesus von uns unterscheidet, sondern als etwas, was einmal und nur einmal geschehen muss, wenn die Welt beginnt, in ihre letzte Phase einzutreten.“ Das schreibt Rahner im „Grundkurs (!) des Glaubens“, wie muss das erst in den darauf aufbauenden Werken klingen.

Joseph Ratzinger kritisierte Karl Rahners „Grundkurs“
Ist der historische Jesus – vor und nach der Auferstehung – erst einmal im Kaleidoskop der Mythen und inneren Schauungen der Apostel entsorgt, bleibt vom Christentum nicht viel übrig. Dann ist Christsein, wie Rahner ebenfalls im „Grundkurs“ schreibt, tatsächlich nur noch die Annahme des Daseins in seiner letzten Bedingungslosigkeit und infolgedessen nur die ausdrückliche Reflexion dessen, was Menschsein überhaupt ist. Was wiederum den Rezenten Kardinal Joseph Ratzinger im Jahr 1978 veranlasste, in seiner Besprechung des Rahner'schen „Grundkurses“ zu fragen, „ob nicht in dieser Verallgemeinerung das Christliche dann doch gegenstandslos wird, ob es nicht, indem es logisch und anthropologisch zwingend gemacht, zugleich aufgehoben und gleichgültig wird“.

„Trenta Giorni“ jedenfalls hatte sich damals an ein Wespennest gewagt und die Recherche Soccis, welches Ende denn der historische Jesus in der deutschsprachigen Theologie genommen habe, sorgte für Empörung. Wie von der Tarantel gestochen schreckte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Karl Lehmann von Mainz, auf. Der langjährige Assistent von Karl Rahner schickte einen zornigen Brief an die Redaktion in Rom und vermutete, dass mit dem Beitrag wohl alte Rechnungen beglichen werden sollten. Auch Bischof Walter Kasper von Rottenburg-Stuttgart, der mit der Entkräftung der nachösterlichen Erscheinungen Jesu in seinem theologischen Standardwerk „Jesus, der Christus“ ebenfalls bei Socci Erwähnung gefunden hatte, protestierte und sprach von „Diffamierung“ und „Ignoranz“.

Die Redaktion nahm damals den Fehdehandschuh freudig auf und schickte in einer der kommenden Ausgaben den schon neunzigjährigen Luther-Forscher Theobald Beer an die Front, der bereits den Titanen Martin Luther zerlegt hatte und für den es nur eine Kleinigkeit war, auch den Theologenstar Karl Rahner in seine Bestandteile (Thomas, Luther, Spinoza, Hegel) auseinanderzunehmen. Doch das ist eine andere Geschichte, die später zu erzählen ist.

Wichtiger als Rahner sind die Epigonen und theologischen Nachfahren des Jesuiten, die dessen „Aufhebung des Christlichen“ (Ratzinger) popularisiert haben. Der besagte Artikel Antonio Soccis endete mit dem Zitat aus der Zuschrift eines Lesers aus Neapel: „Ich besuche derzeit einen Theologiekurs für Laien. Als man im Unterricht die Auferstehung Christi behandelte, war ich schließlich völlig verwirrt. Der Professor, ein bei uns ziemlich bekannter Theologe, unterschied zwischen historischen Fakten und Glaubenstatsachen, zwischen objektiven Daten und persönlicher Erfahrung der Apostel. Ich verstehe das alles überhaupt nicht mehr. Mein Glaube ist zerstört. Ist es nun wahr oder nicht, dass Jesus auferstanden ist?“

Und damit – endlich – kommt man zeitlich nun ganz nah an das Memorandum heran, mit dem jetzt deutschsprachige Theologen die Protestantisierung der katholischen Kirche gefordert hatten. Rahner und seine Epigonen haben jahrzehntelang gewirkt. Und wenn man nicht mehr weiß, was man glauben soll, ob Jesus auferstanden ist oder nicht, ob er dem Petrus – nach der Auferstehung – das wirklich gesagt hat, was im Evangeliums steht, dann rücken andere Fragen in den Vordergrund: die Frage nach der Macht, die Strukturen, die Legitimation von unten – und natürlich alle anderen Fragen der Zeit.

Rahner hat das Prinzip der Inkarnation in Frage gestellt, das heißt den wegweisenden und konkreten Einbruch Gottes in die Geschichte der Menschen. Und wenn Gott nicht Mensch geworden ist, wenn Petrus von Jesus nicht Vollmacht erhalten hat, und wenn sich die Päpste nicht mehr auf diese Petrus gegebene Vollmacht berufen können, dann kann man wirklich Memoranden schreiben und Dinge zum soundsovielten Male zur Diskussion stellen, die von den Päpsten und den Bischöfen in den eben erst zurückliegenden Jahrzehnten klar entschieden worden sind. Dann kann man die Kirche tatsächlich in einen religiösen Verein umwandeln, in dem die Regeln je nach den Modeströmungen der Zeit neu auszuhandeln sind.
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