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Stellt der Vatikan einen Papst-Kritiker kalt?


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Rolf

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Stellt der Vatikan einen Papst-Kritiker kalt?





Ulrich Hemel kennt sich aus mit kritischen Geistern in der katholischen Kirche. Über einen hat er ein Buch geschrieben, und auch selbst ist er kein stromlinienförmiger Gläubiger. Nun wird Hemels Karriere von mächtigen Kirchenmännern ausgebremst. Denn er hatte einst den Papst kritisiert.


Baltasar Gracián (1601 bis 1658) war ein spanischer Jesuit und Hochschullehrer, der auf Druck aus Rom sein Lehramt verlor, Publikationsverbot erhielt und unter Hausarrest gestellt wurde. Über diesen unangepassten Spanier schreibt derzeit der Regensburger katholische Religionspädagoge und Wirtschaftsmanager Ulrich Hemel (51) ein Buch.

Hemel kann dabei auf eigene negative Erfahrungen mit Repräsentanten seiner Kirche zurückgreifen. Zwar hat Hemel keinen Lehrstuhl verloren (er ist außerplanmäßiger Professor) und wird nicht am Publizieren gehindert oder gar mit Freiheitsentzug bedroht. Doch Ungemach bereitet auch ihm die Kirchenhierarchie – in einem in der Bundesrepublik wohl einmaligen Fall.

Hemel war im Januar vom aus zwölf Mitgliedern bestehenden Hochschulrat der Katholischen Universität (KU) Eichstätt in einem demokratischen Verfahren mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt worden. Aber der Amtsantritt scheiterte am Veto von Bischof Gregor Maria Hanke. Dieser frühere Benediktiner-Abt ist der zuständige Ortsbischof sowie der Stiftungsratsvorsitzende und Großkanzler der Hochschule.


Hemel spricht von einem "unglaublichen Vorgang"

Er teilte dem verblüfften Hemel in einem Gespräch mit, dass er die Vertrauensbasis für eine Zusammenarbeit nicht gegeben sehe – zu den Gründen mochte er sich nicht äußern. Zu dem Gespräch war es so gekommen: Aus dem Rundfunk hatte Hemel kurz vor Pfingsten von Hankes kategorischem Nein erfahren. Daraufhin reiste Hemel ins Bischofshaus nach Eichstätt. Er habe gar keine Chance bekommen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, konterte Hemel öffentlich Hankes Einlassung: „Deshalb finde ich die Begründung sehr dürftig. Ein unglaublicher Vorgang.“

Schon im April war durchgesickert, dass es im Vatikan, bei den Kongregationen für Bildung und für Glaubenslehre, massive Vorbehalte gegen den Gewählten gebe. Das lud zu unterschiedlichsten Spekulationen ein. Lagen die Gründe im persönlichen Bereich? Hemel lebt in dritter, gleichwohl kirchenrechtlich gültiger Ehe. Nein, beteuerte Bischof Hanke. War die – durchaus moderate – Kritik an Papst BenediktXVI. ausschlaggebend? Hemel hatte nach dem Konklave 2005 in einem Interview nicht nur Freude über die Wahl von Ratzinger zum Ausdruck gebracht, sondern auch auf die konservativen Positionen des Pontifex hingewiesen. Nein, es gebe da keinen Zusammenhang, hieß es aus dem Eichstätter Ordinariat. Rom habe auf die Prüfung der Eignung des Kandidaten durch den Hochschulträger keinen weiteren Einfluss genommen. Der Verdacht lag nahe, dass andere bayerischen Bischöfe, etwa Walter Mixa (Augsburg) und Gerhard Ludwig Müller (Regensburg), gedroht haben, aus der gemeinsamen Finanzierung der KU Eichstätt auszusteigen, falls Hemel von Hanke bestätigt werde. „Wir haben hier die Besonderheit einer Hochschule, die der gesamten bayerischen Bischofskonferenz rechenschaftspflichtig ist, sodass es für den örtlichen Bischof schwierig ist, sie zu leiten“, beschreibt der Abgelehnte die heikle Lage. Vor allem Müller geriet in Verdacht, interveniert zu haben – was Müller bestreitet. Sein beruflicher Weg war kurvenreich

Der Regensburger Oberhirte wurde zu Jahresbeginn in die römische Glaubenskongregation berufen. Er hat das Ohr des Papstes, von dem bekannt ist, dass er die Zukunft der KU Eichstätt zur „Chefsache“ erklärt hat. Pikant an der Sache: Hemel und Müller saßen einst an der Uni Mainz im selben Seminar. Hemel war unter den Kommilitonen der „Star“.

Ihm wurde eine glänzende theologische Karriere vorausgesagt, die Fakultät empfahl ihn für das Studium in Rom. Seit vielen Jahren lehrt er ohne Beanstandung an der Uni Regensburg. Zwischendurch arbeitete er unter anderem für die Unternehmensberatung Boston Consulting. Wegen seines kurvenreichen Berufswegs nennen ihn manche Kritiker einen „bunten Vogel“. Aus seiner Sicht gebe es „keinen Anlass, speziell am Eichstätter Bischof Kritik zu üben“, sagt der Vorsitzende des Gremiums, das Hemel gewählt hat, Professor Helmut Altner. Bischof Hanke sei intensiv bemüht, seine Amtsbrüder in der bayerischen Bischofskonferenz zu bewegen, sich stärker für die KU zu engagieren. Altner spricht von „unseligen Situationen“ beim Berufungsverfahren, von mangelnder Abstimmung. Die Causa Hemel – ein Lehrstück, wie man Vertrauen verspielen kann. Nun soll die Landesregierung helfen, eine Lösung zu finden Alles nur ein Kommunikationsproblem? Oder eher eine Entscheidung in Richtung einer konservativ-katholischen Kaderschmiede? Für die KU Eichstätt bedeuten die undurchsichtigen Vorgänge ein Desaster. Die Chancen für eine stärkere Profilierung schwinden, je länger die Irritationen über die kirchliche Personalpolitik anhalten. Wird der verhinderte Präsident gegen das bischöfliche Votum juristisch vorgehen? Hemel gibt sich realistisch, auch wenn er derzeit mit Solidaritätsadressen überschüttet wird: Das Konkordat erlaube der Kirche, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Allerdings hätte er sich mehr Engagement vom Staat gewünscht. Schließlich habe Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel eine Fürsorgepflicht, die sich daraus ergebe, „dass auch an der Uni Eichstätt das Hochschulgesetz gilt“. Und am Budget ist der Staat mit 85 Prozent beteiligt. Inzwischen verlautet aus München, Goppel versuche, Hemel für eine Aufgabe an einer anderen bayerischen Universität zu gewinnen.

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