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Die Medienschlacht von Armageddon


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Rolf

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Die Medienschlacht von Armageddon





Christliche Fundamentalisten prägen die Szene der religiösen TV-Sender in den USA. Und Politiker und Regulierungsbehörden auch in Deutschland tun gut daran, ihre Macht nicht zu unterschätzen.


Pat Robertson und Kenneth Copeland sind die Stars der Televangelisten-Kanäle in den USA. Sie sind Gallionsfiguren einer Bewegung, ohne die die politische Kaste in den USA machtlos wäre. Nach Meinung von Reverend William F. Fore stellt sich die Federal Communication Commission (FCC) dieser Bewegung schon lange nicht mehr in den Weg. funkfenster online hat mit Reverend Fore gesprochen.


funkfenster online: Die USA haben so viele religiöse TV- und Radiosender wie kein anderes Land der Welt. Heißt das auch, dass Religion ein bedeutendes Thema in den US-Medien ist?

Reverend Fore: Religion ist nur in einem bestimmten Sender-Segment ein Thema. Es gibt 1.600 religiöse Radiosender und 240 religiöse Fernsehsender. Diese Stationen beschäftigen sich 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche mit nichts anderem als mit Religion. Ihre Berichterstattung ist sehr einseitig und richtig sich nur an eine kleine Zuschauerschaft, die so genannte "religiöse Rechte". Studien zufolge macht diese Zielgruppe neun Prozent der Gesamtbevölkerung der USA aus. Das erscheint nicht viel. Allerdings ist ihr Einfluss nicht zu unterschätzen, da sie zumeist politisch sehr engagiert und wahlfreudig sind und in den USA durchschnittlich nur 35 Prozent der Gesamtbevölkerung überhaupt zu den Wahlurnen gehen.

Welche Botschaften bringen diese religiösen Sender unters Volk?

Das variiert natürlich. Trotzdem zieht sich eine sehr seltsame Idee wie ein roter Faden durch die Programme vieler dieser Sender. Sie nehmen die Bibel wörtlich, das beinhaltet die Ansicht, dass Gott das Heilige Land den Juden versprochen hat. Wenn die Juden irgendwann das gesamte Heilige Land für sich vereinnahmt haben, dann folgt der Kampf zwischen Gut und Böse, die so genannte Schlacht von Armageddon. Schlussendlich kommt Jesus und führt die Armee der Guten in den Kampf gegen den Teufel. Die Guten werden dann zu Gott auffahren und von dort die Bösen auf der Erde fürchterliche Qualen leiden sehen. Diese Geschichte wird den Zuschauern auf diesen Kanälen immer wieder präsentiert.


Nein, dass bin ich ganz und gar nicht. Ich glaube, dass diese Geschichten für Menschen in einer vorwissenschaftlichen Zeit geschrieben wurden. Niemand nimmt ja auch heute die griechischen Sagen wortwörtlich. Diese Geschichten aus der Bibel helfen uns Christen heute zu verstehen, wie Gott sich den Menschen damals zu erkennen gegeben hat. Als ein moderner methodistischer Theologe muss ich aber Antworten auf die Frage suchen, wie Gott sich uns heute zu erkennen gibt. Und das ist eine ganz andere Geschichte als die, die uns die christlichen Fundamentalisten oder "Televangelisten" in ihren religiösen Sendern auftischen wollen.

Was steckt hinter diesen "Televangelisten"?

Dahinter steckt viel Geld. Der "700 Club" von Pat Robertson zum Beispiel, der täglich eine Million TV-Zuschauer erreicht, verdient viel Geld mit diesen Zuschauern. Besonders kritikwürdig finde ich, dass er jahrelang Geld für Missionen in Übersee gesammelt, dieses Geld jedoch für den Ausbau seines Imperiums von Kabel- und Satellitensendern benutzt hat. Einen Großteil davon hat er dann für eine Milliarde Dollar verkauft. Die Absicht vieler dieser Televangelisten ist es also, Geld zu verdienen und dadurch an Macht und Einfluss zu gewinnen. Das ist, wie ich finde unethisch und ganz bestimmt unchristlich. Und die Politik, besonders die Republikaner unter Präsident Bush, zieht da mit und suchen sich ihre Gefolgsleute unter den christlichen Fundamentalisten.

Welche Rolle spielt die Regulierungsbehörde FCC dabei?

Die FCC spielt nicht die ihr durch den Kongress zugewiesene Rolle. Das elektromagnetische Spektrum, wenn man es so nennen will, als der Rundfunk, gehört der Öffentlichkeit. Die Regierung hat von Anfang an betont, dass nur Rundfunk veranstalten darf, wer eine FCC-Lizenz hat. Diese Lizenz erhielt nur, wer das öffentliche Interesse wahrte. Religiöse Sender haben von Anfang an jedoch nur für einen kleinen Teil der Bevölkerung gesendet, ohne ihre Kanäle für andere Rundfunktreibende zu öffnen. Diesen Sendern hätte die FCC die Lizenz sofort entziehen müssen. Warum ist das nicht geschehen? Weil die religiöse Rechte bereits so mächtig war, dass die FCC es als politisch unmöglich sah, den Televangelisten die Lizenzen zu entziehen. Und darum bin ich hier in Deutschland. Ich möchte Sie warnen, den Televangelisten nicht die politische Macht zu gewähren, die sie in den USA haben.

Sehen Sie Tendenzen, dass das geschehen könnte?

Deutschland hat ein anderes Verständnis von Religion als die USA. Daher wird es hierzulande schwieriger sein, eine große Zuschauerschaft zu gewinnen. Auf der anderen Seite hätte ich auch vor fünfzig Jahren nicht für möglich gehalten, dass die Televangelisten heute in den USA einen derartigen Einfluss ausüben würden.

Trinity TV hat im Sommer zunächst erfolglos eine Sendelizenz in Deutschland beantragt. Ihr erstes Sendekonzept konnte die Medienaufsicht nicht überzeugen. Ist das als gutes Zeichen zu werten?

Das könnte man durchaus als gutes Zeichen werten. Die deutsche Verfassung garantiert auf der einen Seite Religionsfreiheit. Andererseits sagt das Grundgesetz aber auch, dass Werbung für religiöse Zwecke verboten ist. Dieser Widerspruch muss geklärt werden, bevor Veranstalter wie Trinity vor Gericht ziehen und durchsetzen, dass man ihnen wegen der Religionsfreiheit Sendezeit zur Verfügung stellen muss. Es muss verhindert werden, dass diese Unternehmen ihre eigene Religion mittels eigenem Kanal bewerben.

Was können Sie uns über die großen Player in der Televangelisten-Szene sagen?

Trinity Broadcasting Network (TBN) zum Beispiel ist eine mächtige Senderkette mit vielen verschiedenen religiösen Programmen. Ihre technische Reichweite per Kabel und Satellit beträgt schätzungsweise 95 Prozent der Zuschauer. Trinity Broadcasting zählt gemeinsam mit Pat Robertsons "700 Club" zu den klassischen und sehr bekannten Televangelisten-Organisationen. Es gibt auch andere Predigersendungen, wie zum Beispiel Robert Schullers "Hour of Power", die von vielen Menschen jeden Sonntag gesehen wird. Aber Schuller ist theologisch viel breiter aufgestellt und seine Motive sind ganz andere als die Robertsons. Pat Robertson wollte immerhin Präsident der Vereinigten Staaten werden.

Ist das deutsche System der Medienregulierung gut vorbereitet auf die Televangelisten?

Das kann ich nicht beurteilen. Ich wurde eingeladen, um die meiner Ansicht nach sehr gefährliche Situation in den USA zu schildern. Letztlich müssen Sie entscheiden, ob unsere Geschichte Ihre Geschichte wird.

In Deutschland fordern Kirchenvertreter mehr Repräsentanz des christlichen Glaubens in den Medien. Was ist Ihrer Meinung nach noch akzeptabel und was nicht mehr?

Ich ziehe die Linie dort, wo Fernsehen über die Übertragung von Gottesdiensten hinausgeht und eine religiös-politische Arena betritt. Da wird es gefährlich. Robert Schuller versucht nicht, die politische Szene zu verändern. Pat Robertson dagegen versucht das sehr wohl. Wenn das Bedürfnis der Menschen nach mehr Predigten besteht, sollten die Sender dem nachgeben und möglichst vielfältig umsetzen. Eine Öffnung hin zu politischem Einfluss wäre jedoch ein großer Fehler.

Die Televangelisten in den USA arbeiten mit einem Feindbild. Betrachtet man Sie als Feind?

(Lacht) Man hat noch nichts nach mir geworfen. Dennoch, als Liberaler bin ich natürlich Hassobjekt. Nicht nur die religiöse Rechte braucht einen Feind. Ein Großteil der US-Amerikaner hat schon immer ein Feindbild gebraucht. Im 2. Weltkrieg waren das die Japaner und die Nazis. Danach hatten wir die Kommunisten. Ich glaube, dass es ein natürliche Tendenz bei den Menschen gibt, sich zu fürchten. Die, die viel haben, fürchten die, die das haben wollen, was sie nicht haben. Die USA waren ein wohlhabendes Land nach dem 2. Weltkrieg. Aus der Zeit stammt auch die paranoide Furcht, dass man ihnen etwas wegnehmen könnte. Diese Furcht haben sich politische Führer zunutze gemacht. Und das gilt auch für die religiöse Rechte damals und heute. Unterstützt wird das von Politikern wie Präsident Bush. In seiner Welt gibt es nur schwarz oder weiß, Böse oder Gut, Saddam Hussein oder die Amerikaner. Viele religiöse Rechte fühlen sich dadurch angesprochen.

Nachdem die Demokraten die Mehrheit im Senat und im Kongress erobert haben, besteht jetzt die Aussicht, dass die FCC ihr Verhalten gegenüber den Televangelisten ändert?

Man sollte da nicht zuviel erwarten. Natürlich ist es gut, dass die Demokraten die Mehrheit haben. Dennoch werden sie es wohl dabei belassen, Bushs schlimmste Fehler wieder gut zumachen. Und die Demokraten werden nicht die FCC dazu zwingen, religiöse Sender zu regulieren. Schließlich dürfen wir nicht vergessen, dass auch die Demokraten ohne Spenden nicht existieren könnten. Diese Art von Macht korrumpiert. Die Frage, die man in diesem Zusammenhang stellen muss ist: Warum brauchen die Parteien so viel Geld für den Wahlkampf? Weil sie Sendezeit im Fernsehen kaufen müssen. Und warum ist das so? Weil die FCC die Sender nicht zwingt, den Parteien kostenlose Sendezeit für Wahlwerbung zur Verfügung zu stellen, wie das ja hier in Deutschland der Fall ist. Die TV-Sender profitieren also am meisten von dieser Regel.

Das Interview führten Peter Widlok und Bettina Schmieding




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