Gehört den Freikirchen die Zukunft?
29.09.2021
Manche Freikirchler erheben beim Lobpreis oder beim Gebet ihre Hände. Symbolfoto: pixabay.com
Wetzlar (IDEA) – In Deutschland schwindet die Bedeutung der klassischen Volkskirchen. Sie verlieren Mitglieder und Gottesdienstbesucher. Allerdings können die Freikirchen von dieser Schwäche nicht profitieren. Auch die meisten von ihnen stagnieren oder schrumpfen. Gehört den Freikirchen trotzdem die Zukunft?
Zwei Theologen nehmen dazu Stellung in einem Pro und Kontra für die Evangelische Nachrichtenagentur IDEA (Wetzlar).
Der Vizepräsident im Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP), Pastor Frank Uphoff (Velbert), sieht in Freikirchen die Zukunft grundsätzlich positiv. Voraussetzung sei, dass sie „wirklich gesund funktionieren“. Gemeinden, die zur Entscheidung zum Glauben, zur Umkehr sowie zur Glaubenstaufe auf eigenen Wunsch aufriefen und Jüngerschaft lebten, „setzen das biblische Vorbild von Gemeindebau (meistens) besser um“.
Allerdings müssten auch Freikirchen in einem ständigen Prozess der Erneuerung, der Kurskorrektur stehen und alte Strukturen hinterfragen. Wo das geschehe, entstünden neue Ideen und neue Modelle, wie man im 21. Jahrhundert relevant und begeistert (Frei-)Kirchen leben und weiterentwickeln könne. Uphoff: „Wenn in Freikirchen geistliche Dynamik, eine missionarische und evangelistische Gesinnung, ein Herz für Nichtchristen und Offenheit für Neues wichtiger sind als Traditionen und Strukturen, gehört ihnen die Zukunft.“
Kontra: Den Freikirchen gehört die Vergangenheit
Dagegen vertritt der evangelische Journalist und Theologe Wolfgang Thielmann (Bonn), die Ansicht, dass Freikirchen die Vergangenheit gehöre. Ihr Anliegen habe sich erledigt. Die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandenen klassischen Freikirchen hätten für Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit gekämpft. Alles das sei längst verwirklicht. Auf die Fragen der Gegenwart finde „ihre traditionelle, gesetzlich orientierte Frömmigkeit kaum überzeugendere Antworten als die Offenheit der großen Kirchen“.
Stattdessen schlitterten Freikirchen in Richtungskämpfe. „Knapp zwei Generationen später als große Kirchen bekommen auch sie ihre Bekenntnisbewegungen.“
Außerdem wüchsen die Freikirchen in Deutschland „nicht wirklich“. Im Aufschwung befinde sich die pfingstlich-charismatische Frömmigkeit – und zwar unabhängig von der Kirchenform.
Thielmann ist seit 2017 Pastor der Evangelischen Kirche im Rheinland. Vorher war er Pastor im Bund Freier evangelischer Gemeinden.