Trotz Lockdowns: Gottesdienste bleiben möglich
14.12.2020
Mindestabstand, Maskenpflicht und Gesangsverzicht sind Voraussetzungen für Weihnachtsgottesdienste. Foto: pixabay.com
Berlin (idea) – Gottesdienste an Weihnachten bleiben unter Auflagen möglich. Das beschlossen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten am 13. Dezember. In ihrem Beschluss heißt es wörtlich: „Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Moscheen sowie die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften sind nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig: Der Mindestabstand von 1,5 Metern wird gewahrt, es gilt Maskenpflicht auch am Platz, der Gemeindegesang ist untersagt.“
Bei Zusammenkünften mit erwarteten hohen Besucherzahlen sei zudem „ein Anmeldungserfordernis einzuführen“. Bei den Gesprächen „innerhalb und mit den Glaubensgemeinschaften“ gehe es darum, „im Lichte des weiteren Infektionsgeschehens zu geeigneten Regelungen für religiöse Zusammenkünfte zu kommen“.
Kanzleramtsminister: Besser online feiern
Unterdessen hat Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) an die Kirchen appelliert, angesichts der Corona-Pandemie Weihnachten mit Online-Gottesdiensten zu feiern. Dem Sender rbb sagte er: „Wir müssen leider eben auch auf Möglichkeiten der Kontaktreduzierung bei Gottesdiensten zurückgreifen.“ Zugleich räumte er ein, dass die Religionsfreiheit ein sehr tiefgreifend geschütztes Grundrecht sei.
Unions-Fraktionschef: Alternativen suchen
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus, sagte der „Rheinischen Post“, dass die Kirchen wegen der Corona-Pandemie nach Alternativen zu Weihnachtsgottesdiensten suchen sollten. Er sei angesichts der hohen Zahl von Corona-Neuinfektionen „immer skeptisch gegenüber gelockerten Kontaktbeschränkungen an Weihnachten und Silvester“ gewesen. Zur Bekämpfung der Pandemie sei „eine Kombination aus strengen Regeln und Eigenverantwortung“ nötig.
Kretschmer und Haseloff verzichten auf Kirchenbesuch
Vor dem Hintergrund der hohen Corona-Infektionszahlen raten die Ministerpräsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt, Michael Kretschmer und Reiner Haseloff (beide CDU), von einem Kirchenbesuch zu Weihnachten ab.
Jeder müsse Kontakte reduzieren, sagte Kretschmer dem Nachrichtenradio MDR Aktuell: „Das ist für viele Menschen bitter. Aber wir tun es für unsere nächsten Angehörigen, die wollen wir schützen.“
Kretschmer betonte, dass er den Weihnachtsgottesdienst in diesem Jahr erstmals nicht besuchen werde. Auch Haseloff verzichtet in diesem Jahr, an Weihnachten auf den Kirchgang. Seine Frau und er hätten sich entschieden, „die Mitternachtsmesse vom Papst im Fernsehen anzusehen und dann irgendwann in der Weihnachtszeit – an einem Werktag, wenn nicht so viele Besucher da sind – einen Gottesdienst zu besuchen“.
An Heiligabend „Stille Nacht“ singen
Die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), Kristina Kühnbaum-Schmidt (Schwerin), zeigt Verständnis für den harten Lockdown: „Wir müssen alles tun, um das Infektionsgeschehen einzudämmen, Menschenleben zu retten und Leid zu verhindern.“
Zugleich begrüßte sie es, dass Gottesdienste weiter möglich seien. Allerdings sei schon jetzt klar, „dass in diesem Jahr nicht alle Menschen an Gottesdiensten in Kirchen und unter freiem Himmel teilnehmen können oder wollen“.
Sie verwies auf alternative Angebote in digitalen Formaten, auf Stationenwege, auf „Weihnachten to go“ (Predigten und Liederhefte zum Mitnehmen für zu Hause) sowie auf Gottesdienste in Radio, Fernsehen und sogar am Telefon.
Zudem regte sie an, an Heiligabend um 20 Uhr das Weihnachtslied „Stille Nacht“ zu singen oder mit Instrumenten zu spielen. Das könne ein tröstendes Zeichen sein, weil dieses Lied wie kein anderes zu dieser Nacht passe.
Lockdown fällt der jüdischen Gemeinde schwer
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster (Würzburg), erklärte: „Die jüdische Gemeinschaft hält den jetzt beschlossenen Lockdown für sinnvoll und notwendig. In unseren Gottesdiensten werden die Vorschriften eingehalten. Die Beschränkungen fallen gerade an Chanukka vielen schwer, doch der Erhalt des Lebens ist im Judentum oberstes Gebot.“
Chanukka ist ein acht Tage dauerndes, jährliches jüdisches Lichterfest zum Gedenken an die Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem im Jahr 164 v. Chr. An den Chanukka-Abenden feiern Familien mit Freunden. Gemeindefeiern sind üblich, die Kinder bekommen Geschenke und Süßigkeiten.
EKD-Kulturbeauftragter: Traditionen sind abgebrochen
Der Kulturbeauftragte des Rates der EKD, Johann Hinrich Claussen (Berlin), vertritt in einem Gastbeitrag zum Thema „Warum ist die Kirche so still?“ für das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ die Ansicht, dass die Corona-Pandemie die Entfernung offen sichtbar mache, „die zwischen der Institution Kirche, der Kirchengemeinde und denen besteht, die zu ihr gehören oder an ihr interessiert sind“.
Sie lege frei, „wo Traditionen abgebrochen oder Akteure überfordert sind“. Sie zeige aber auch, dass es durchaus lebhafte Erwartungen gebe: „Nur sind diese oft unbestimmt, vielfältig, nicht selten widersprüchlich.“