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Der Verbindungsmann


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Rolf

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Natan Scharanski im Gespräch mit Israelnetz bei der Eröffnung eines gemeinsamen Büros der Jewish Agency und von „Ebenezer Operation Exodus“ in Berlin

Foto: Martin Nowak
 
 
 

30.06.2017

 

 

Natan Scharanski

 

 

 

Der Verbindungsmann

 

 

 

Seit er nach dem Sechs-Tage-Krieg das Judentum für sich entdeckt hat, setzt sich Natan Scharanski für die Beziehungen von Juden in der Diaspora und dem Staat Israel ein. Seit 2009 ist er Vorsitzender der jüdischen Einwandererorganisation Jewish Agency. Im Gespräch mit Israelnetz erzählt er aus seinem bewegten Leben.

 

Die Fragen stellte Dana Nowak

 

Israelnetz: Welche Rolle hat das Judentum in Ihrer Familie gespielt?

 

Natan Scharanski: Ich bin in einer absolut assimilierten Atmosphäre der typischen sowjetischen Juden aufgewachsen. Meine Eltern besaßen von ihren Eltern Wissen über das Judentum, aber sie haben es nicht an uns Kinder weitergegeben. Es gab keine Synagoge, keinen offiziellen Ort zum Beten, keinen Ort, um etwas über das Judentum zu lernen, keine Bücher, keine Tradition. Das einzig Jüdische in meinem Leben war der Antisemitismus. Wir wuss­ten, jüdisch zu sein, ist so, als wäre man mit einer Krankheit geboren worden. Man musste lernen sich anzupassen.

 

Wann haben Sie begonnen, sich mit dem Judentum, mit Israel, zu beschäftigen?

 

Erst nach 1967, nach der Wiedervereinigung Jerusalems, nach dem wunderbaren Sieg Israels über seine Feinde, trat Israel in unser Leben, und damit auch das Judentum. Indem wir über Israel lernten, lernten wir auch etwas über uns selbst, unsere Geschichte, unsere Traditionen, unsere Identität. So haben wir angefangen, uns als Teil der jüdischen Welt zu sehen.

 

1973 wurde Ihnen die Ausreise nach Israel aus Sicherheitsgründen verweigert. 1977 wurden Sie wegen angeblicher Spionage zu 13 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Nach Ihrer Freilassung setzten Sie sich in Israel für die Einwanderung der sowjetischen Juden ein. Waren das Ihre Pläne für ein Leben im jüdischen Staat oder haben sich diese während der Gefangenschaft geändert?

 

Ich wusste, dass ich in Jerusalem sein wollte. Als sie mich bei meiner Verurteilung im Gericht nach den letzten Worten an meine Familie fragten, da sagte ich: „Nächstes Jahr in Jerusalem!“. Das war mein Traum, meine Hoffnung. Von dem Tag an, an dem sie mich vom Gefängnis zur Glienicker Brücke bei Berlin gebracht haben und ich noch am selben Tag nach Israel kam, und dort meine Familie getroffen habe, lebten wir in Jerusalem.

 

Nach Ihrer Freilassung aus dem sibirischen Lager 1986 wanderten Sie nach Israel ein und änderten Ihren Namen von Anatoly in Natan. Warum haben Sie sich gerade für diesen Namen entschieden?

 

Als ich geboren wurde, wollte mich mein Großvater Natan nennen, nach seinem Vater. Aber in meinem Geburtsjahr 1948 gab es so viel Antisemitismus. Meine Eltern hatten Angst, mir einen so deutlich jüdischen Namen zu geben. Also nannten sie mich Anatoly. Aber mein Großvater hat mich immer Natan gerufen. Als wir also zu unseren Wurzeln zurückfanden, war es für mich ganz natürlich, mir den Namen zu geben, den mir meine Eltern aus Angst nicht gegeben haben.

 

Was, glauben Sie, ist für Juden in der Diaspora der Hauptbeweggrund, nach Israel einzuwandern?

 

Natürlich wurden viele Juden vor dem Holocaust und vor Verfolgung gerettet, indem sie nach Israel kamen. Aber heute ist die Alija eine freudige Angelegenheit. Juden kommen nach Israel, weil sie fühlen, dass dies ihre Heimat ist, ihre Familie, der natürliche Ort für Juden zum Leben. Und wir versuchen, mit verschiedenen Programmen dieses Gefühl zu stärken. Und wenn Juden entdecken, wie gut es sich anfühlt, ein freies jüdisches Leben in ihrem eigenen Land zu führen, dann machen sie Alija.

 

Die Jewish Agency und die christliche Organisation „Ebenezer Operation Exodus“ haben Ende April ein gemeinsames Büro in Berlin eröffnet. Sie setzen sich schon seit vielen Jahren gemeinsam für die Alija ein. Warum wurde das Zentrum erst jetzt eröffnet und nicht schon früher?

 

Wir sind seit etwa 25 Jahren sehr gute Partner, als Ebenezer das große Schiff gemietet und Einwanderer von Odessa nach Haifa gebracht hat. Wir haben Büros in Berlin, München und an anderen Orten, aber diese sind alle sehr klein. Unsere Arbeit wächst und wir haben geprüft, wie wir uns vergrößern könnten, obwohl unser Budget begrenzt ist. Und da kamen unsere Freunde mit dem Vorschlag. Das war die Gelegenheit, uns enorm zu verbessern – unser Büro, unsere Aktivitäten, die Möglichkeiten, viel mehr Menschen in der Welt zu treffen. Das war wirklich eine Win-win-Situation und wir freuen uns sehr, unsere Arbeit in Berlin so aufzuwerten.

 

Was versprechen Sie sich von dieser Zusammenarbeit? Haben Sie Erwartungen an Christen, wie diese die Jewish Agency unterstützen können?

 

Natürlich können sie Spenden für die verschiedenen Projekte sammeln. Aber sie können auch ganz praktische Hilfe geben. In der Ukraine brauchen wir zum Beispiel immer wieder Helfer, weil unsere Leute gerade in Kriegsgebieten nicht alle Menschen erreichen können. Und natürlich brauchen wir Hilfe im Kampf gegen Antisemitismus und Antizionismus. Es ist sehr wichtig, dass dies nicht nur ein jüdischer Kampf ist, sondern ein Kampf aller Menschen, die, wie wir, an die große Mission des jüdischen Volkes glauben, ein Licht für die Nationen zu sein.

 

Im Februar sind Sie dem Wunsch des Vorstands der Jewish Agency nachgekommen, ein weiteres Jahr als Vorsitzender im Amt zu bleiben. Was liegt Ihnen persönlich für dieses Jahr am meisten am Herzen?

 

Es ist ein Jahr voller Unsicherheiten. Was passiert in Europa durch neuen und alten Antisemitismus? Wie wird es der jüdischen Gemeinde in den USA ergehen? Welche neuen Angriffe wird es auf den Staat Israel geben? Ich hoffe, dass wir in diesem Jahr die Verbindungen zwischen den jüdischen Gemeinden weltweit, dem Staat Israel und seinen Freunden und Verbündeten stärken können. Außerdem gilt es, einige wichtige Verhandlungen zwischen den verschiedenen jüdischen Strömungen und dem Staat Israel zu beenden. Wir müssen auch unsere Präsenz in den Zentren des Antisemitismus erhöhen – in einigen europäischen Staaten und an verschiedenen Hochschulen in den USA. Das sind die Dinge, mit denen ich mich in diesem Jahr zusammen mit unseren Partnern befassen werde, und Ebenezer ist ein großartiges Beispiel für diese Partnerschaft.

 

Haben Sie schon Pläne für die Zeit danach?

 

Ich halte Titel nicht für so bedeutend. In der ehemaligen Sowjetunion war ich ein Aktivist, danach ein Gefangener, ich war Minister im Kabinett von vier verschiedenen Regierungen, jetzt bin ich Vorsitzender der Jewish Agency. Das sind alles verschiedene Titel, aber im Grunde habe ich immer dasselbe gemacht: die Verbindungen zwischen Juden weltweit und dem Staat Israel zu stärken. Damit werde ich weitermachen, mit welchem Titel auch immer.Vielen Dank für das Gespräch!

 

Biographisches

 

Natan Scharanski wurde am 20. Januar 1948 als Anatoli Borissowitsch Schtscha­ranski im damaligen sowjetischen Stalino (heute Donezk, Ukraine) geboren. Während der kommunistischen Diktatur setzte er sich für Menschenrechte ein. Er war zudem Gründer und Sprecher der „Refusnik“-Bewegung, die sich für Juden engagiert, denen die Ausreise verweigert wurde. Wegen angeblicher Spionage für die USA wurde er zu 13 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Neun Jahre verbrachte er in einem sibirischen Gulag. 1986 wurde Scharanski nach Berlin geflogen und gegen einen sowjetischen Spion ausgetauscht.

 

 

Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 3/2017 des Israelnetz Magazins. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/915152, via E-Mail an info@israelnetz.com oder

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Von: Dana Nowak


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