Richter ließ das Kreuz abnehmen
Miesbach (idea) – Im Amtsgericht Miesbach in Oberbayern hat Richter Klaus-Jürgen Schmid in einem Verfahren gegen einen Asylbewerber aus Afghanistan das Kreuz aus dem Gerichtssaal entfernen lassen. Der 21-jährige Angeklagte aus Otterfing musste sich vor Gericht verantworten, weil er einem Landsmann mit dem Tod gedroht haben soll, nachdem dieser Christ geworden war und seither regelmäßig am Sonntag eine Kirche besucht. Zudem soll der Afghane nach Zeugenaussagen den radikalislamischen Taliban angehören oder mit ihnen sympathisieren. Gegenüber der Tageszeitung Münchner Merkur verteidigte der Richter sein Vorgehen.
Richter: Staat duldet keine Gewaltandrohung
Schmid zufolge hat er das Kreuz erstmals abhängen lassen, weil das Verfahren „einen religiösen Bezug hatte“. Er habe diesen Vorgang während der Verhandlung direkt angesprochen, „um dem Angeklagten zu verdeutlichen, dass kein religiös motiviertes, sondern ein von religiösen Ansichten und Überzeugungen völlig unabhängiges Verfahren stattfindet“. Er habe dem Angeklagten auch erklärt, dass der Staat „unter keinen Umständen Gewalt oder Gewaltandrohung toleriert“. Nach den Worten des Pressesprechers am Bayerischen Staatsministerium der Justiz, Thomas Pfeiffer (München), hat Schmid entsprechend der Vorschriften gehandelt: „Rechtsvorschriften über die Ausstattung der Sitzungssäle mit Kreuzen gibt es in Bayern nicht.“ Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entscheide das jeweilige Gericht, ob eine Verhandlung ohne Kreuz ermöglicht werde.
Angeklagter zu Höchststrafe verurteilt
In dem Verfahren hatte der Angeklagte die Vorwürfe bestritten. Dennoch wurde er zur Höchststrafe nach dem Jugendstrafrecht verurteilt: Er erhielt ein Jahr Freiheitsstrafe zur Bewährung sowie drei Wochen Arrest. Zudem muss er sich fünfmal beraten lassen. Zwar habe sich der Vorwurf der Taliban-Mitgliedschaft nicht erhärtet – es stand Aussage gegen Aussage –, doch sei durch die übrigen Zeugenaussagen erwiesen, dass dem Angeklagten seine Religion sehr wichtig sei, begründete Schmid das Urteil. Zudem habe er bereits zuvor wegen einer anderen Bedrohung vor Gericht gestanden.