Berlin (idea) – Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Johannes Singhammer (CSU), wünscht ich von den Kirchen, dass sie sich in politischen Fragen zurückhalten: „Bei fast 400.000 Kirchenaustritten allein im Jahr 2015 sollten sich die katholische und evangelische Kirche darauf konzentrieren, Menschen zu erreichen und mitzunehmen“, schreibt er in einem Gastbeitrag für die „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“ (Erstverkaufstag 16. Februar). Politische Lobbyarbeit sei dafür nicht der richtige Weg. Kaum eine Entscheidung des Bundestages oder der Regierung bleibe unkommentiert: „Mit verlässlicher Regelmäßigkeit sehen sich die Kirchen in der Autoritätsposition und in der Pflicht, zu fundamentalen Fragen der Gerechtigkeit und des sozialen Zusammenhalts politisch Position zu nehmen.“ Bei nicht wenigen Bürgern wachse ein Unbehagen über die immer häufigere Bewertung von dem, was gut oder schlecht in der Tagespolitik sei. Sie fragten sich, ob detaillierte Äußerungen zu Einzelfragen des Mindestlohnes oder der Energiewende notwendig seien.
Keine politische Rede kommt der Kraft des Evangeliums nahe
Die Kirche habe das Privileg, die christliche Botschaft zu verkündigen. Je mehr sie als „Kombattant in der politischen Meinungsbildung“ wahrgenommen werde, desto mehr wachse das Risiko, dass sich die einzigartige Position der Kirchen verunklare. Gleichzeitig rief Singhammer Politiker auf, keine „quasireligiösen Programme“ aufzulegen und für den eigenen politischen Standpunkt keine höheren Mächte zu bemühen: „Keine auch noch so gelungene politische Rede kann der ewig gültigen Kraft des Evangeliums nahekommen.“ Ebenso könne das wortmächtigste Parteiprogramm Menschen nicht so berühren wie die Frohe Botschaft: „Die Botschaften aus der Bibel entstammen einer anderen Dimension.“ Singhammer ist überzeugt, dass immer mehr Menschen nach dem letzten Sinn des Lebens suchten, den weder Politik noch Staat vermitteln könnten: „Deutschland braucht die christlichen Kirchen, braucht die politischen Parteien, aber ein dynamisch wachsender Bedarf an politisierten Kirchen oder religiösen Parteien ist noch nicht stichhaltig nachgewiesen worden.