Eltern und Lehrer entsetzt über Aktion des Gideonbundes Bibeln am Schultor verteilt
Der umstrittende evangelikale Gideonbund verteilt Bibeln an Schüler vor Luckenwalder Schulen. Bei Eltern und Lehrern herrscht Verärgerung und Entsetzen. Die Missionare berufen sich auf ein Unbedenklichkeitsschreiben des Bildungsministeriums.
Bibel des Gideonbundes
Quelle: Margrit Hahn
Luckenwalde. Aufregung herrschte am Dienstag vor der Luckenwalder Jahn-Grundschule. Dort standen Vertreter des Gideonbundes, einer Vereinigung evangelischer Christen, und verteilten Bibeln an Schüler. "Es kann nicht sein, dass den Schülern religiöse Schriften aufgedrängt werden", empört sich Walter Kölling. Er hatte seinen Sohn morgens in die Schule gebracht
sofort fielen ihm die Männer auf, die vor dem Eingangstor die Kinder ansprachen.
"Ich verstehe nicht, warum die Schule nicht verstärkt aufsichtsführendes Personal hinzugeholt hat, damit die Kinder nicht belästigt werden", sagt Kölling. Er bat die Männer, zu gehen. Diese sahen sich allerdings im Recht. "Glaubensfreiheit hin oder her. Solche Aktionen müssen doch nicht vor staatlichen Einrichtungen erfolgen. Schließlich gibt es den LER-Unterricht und Kirchen vor Ort", fügt Walter Kölling hinzu.
Auch Schulleiterin Andrea Wichert war entsetzt. Sie hatte vor einigen Tagen einen Anruf vom Gideonbund erhalten. "Ich habe ausdrücklich erklärt, dass ich das nicht wünsche", berichtet sie. Stattdessen schickte man ihr eine Unbedenklichkeitserklärung, ausgestellt 2004 vom damaligen Brandenburger Bildungsminister Steffen Reiche, sowie ein Schreiben aus dem Jahr 2011, worin dasselbe Ministerium nichts gegen das Bibelverteilen einzuwenden hat.
Wichert ärgert sich, dass man keine Rücksicht auf die Kinder genommen hat, denen sonst beigebracht werde, sich von Fremden fernzuhalten. "Wir haben das Schulhaus eher aufgeschlossen, sodass die Kinder gleich ins Schulgebäude gehen konnten", erklärt Wichert, die auch die Polizei rief.
Das bestätigt Polizei-Pressesprecher Axel Schugardt. Um 7.10 Uhr sei der Anruf eingegangen, woraufhin ein Revierpolizist den Sachverhalt überprüft hat. "Dabei wurden vor der Grundschule zwei Männer angetroffen. Diese Personen verteilten dort Neue Testamente des Gideonbundes an interessierte Passanten", erklärt Schugardt. Die Überprüfung ergab keinerlei Hinweise auf das Vorliegen von Ordnungswidrigkeiten oder Straftatbestände. Die Polizei benachrichtigte das städtische Ordnungsamt, wo die Sache schon bekannt war.
Bereits am Montag wurden Bibeln vor dem Luckenwalder Gymnasium verteilt. "Wir hatten die Anfrage, ob dies in der Aula oder auf dem Schulhof erfolgen dürfe. Die Schulkonferenz sprach sich dagegen aus, sodass die Verteilung vor dem Gebäude erfolgte", sagt Schulleiter Michael Kohl.
Bei den Gideons war gestern keine offizielle Stellungnahme zu erhalten. Laut ihrer Internetseite ist das Verteilen von Bibeln an öffentlichen Orten eine zentrale Aufgabe des evangelischen Bundes.
Die Gideons gehören nicht der Landeskirche an. Dort sieht man die Verteilaktion kritisch. "Ich finde es auch nicht gut, Bibeln an Leute zu verteilen, die keine haben wollen", sagt Superintendentin Katharina Furian.
Von Margrit Hahn