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Christen als Sündenböcke


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Rolf

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Christen als Sündenböcke

 

 

 

Die Gewalt gegen Christen ist in Pakistan politisch motiviert: Sie sind das schwächste Glied in einem instabilen Land. Für die radikalsten unter den Taliban verkörpern sie verhasste westliche Werte.

 
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Selbstmordattentäter hat im Familien-Park der pakistanischen Großstadt über 70 Menschen mit in den Tod gerissen. Ein Islamist zündete seinen 20-Kilogramm-Sprengsatz inmitten feiernder Christen. Quelle: Die Welt

 

Ostersonntag, das höchste Fest der Christen im Kirchenjahr, ist für die Mehrheit der Pakistaner kein besonderer Feiertag. Nur 1,6 Prozent der Bevölkerung in dem südasiatischen Land glauben an den christlichen Gott. Sie sind meistens keine reichen Leute, sondern einfache Arbeiter und Angestellte, Menschen, die es sich nicht leisten können, ihre zunehmend intolerante Heimat zu verlassen, die kein opulentes Ostermahl bezahlen können. Familien, die am Feiertag zusammen auf den Spielplatz gehen.

 

Sie waren das Ziel, das sich die Taliban an diesem symbolischen Tag in Lahores Gulshan-Iqbal-Park auserkoren hatten. Einfache Zivilisten, die zur Feier ihres Glaubens und zum Vergnügen ihrer Kinder einen schönen Tag im Freien verbrachten. Am Ende dieses Tages waren 35 Kinder und über 40 Erwachsene tot. Ermordet von Gotteskriegern, die ein ideologisches Exempel statuieren und die Regierung blamieren wollten.

Die meisten der Toten waren Muslime

Die meisten der über 70 Toten aus Lahore waren sogar Muslime, nicht einmal Christen. Doch die Jamaat-ul-Ahrar (JA), eine Splittergruppe der pakistanischen Taliban, nahm diese "Kollateralschäden" offenbar ohne Skrupel in Kauf, denn ihnen ist vor allem das Datum wichtig, um ihr brutales Zeichen zu setzen.

 

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Foto: Infografik Die Welt

 

Sie hätten keine Frauen und Kinder schädigen wollen, behaupteten sie später in einem Statement, nur christliche Männer. Die Wahl des Ortes und der Zeitpunkt entlarven diese Behauptung allerdings als dreiste Lüge.

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gilt als besonders brutal und skrupellos. Vor genau einem Jahr hatte dieselbe Splittergruppe ebenfalls im März schon einmal zugeschlagen, auch in Lahore: Damals waren Selbstmordattentäter in zwei katholische Kirchen eingedrungen und hatten sich in die Luft gesprengt. 15 Menschen starben. Und damals hatten die Täter schon angekündigt: "Wir werden es wieder tun!"

 

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Anschlag in Pakistan
 

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Dabei geht es den Taliban nicht in erster Linie um das Ausmerzen von Andersgläubigen. Die religiöse Gewalt in Pakistan ist politisch motiviert. Die Täter wollen die Regierung in dem instabilen Land schwächen, liberale Politiker ausbremsen und generell alles "Westliche" angreifen – und stellvertretend dafür muss allzu oft die kleine christliche Minderheit herhalten, das schwächste Glied in der Gesellschaft.

 

Pakistans Staatsgründer Mohammed Ali Jinnah hatte die Freiheit der Religionen proklamiert, als sich das Land von Indien abgespaltet hatte. Die religiösen Minderheiten sind sogar auf der Landesflagge verewigt – in dem weißen Streifen neben dem islamischen Mond und Stern auf grünem Grund. Die meisten pakistanischen Muslime sind zwar fromm, doch sie lehnen die Gewalt und den militanten Islam entschieden ab. Im Alltag leben Muslime und Christen recht harmonisch miteinander, doch die Christen sind die ersten – und die verletzlichsten – Opfer, wenn die militanten Islamisten gegen Regierung und bestimmte Gesetze protestieren.

Tödliches Blasphemie-Gesetz

Ein Stein des Anstoßes, der Pakistans Fanatiker auf die Straßen und an die Waffen treibt, ist das umstrittene Blasphemiegesetz des Landes. Mit dem Vorwurf der Prophetenlästerung oder Koran-Beschimpfung lassen sich latent radikale Tendenzen innerhalb der Bevölkerung regelmäßig anstacheln.

 

So hatte ein aufgeheizter Mob 2005 in Faisalabad Kirchen und christliche Schulen in Brand gesteckt, weil ein Mitglied der Gemeinde dort beschuldigt worden war, Seiten im Koran verbrannt zu haben. Hunderte flohen wegen der Ausschreitungen aus ihren Häusern.

 

Die Taliban haben seit Jahren immer wieder lautstark gedroht, alle Gegner des Gesetzes zu ermorden. Seit rund 20 Jahren werden in Pakistan immer wieder Christen verurteilt, weil sie nach dem Blasphemiegesetz angeblich den Koran beleidigt oder den Propheten Mohammed geschmäht hatten. Das Gesetz, so die Kritik liberalerer Geister, wird dabei oft allzu willkürlich ausgenutzt und für persönliche Fehden missbraucht.

 

Die wohl bekannteste Angeklagte ist die junge Christin Asia Bibi, die 2010 als erste Frau des Landes wegen angeblicher Gotteslästerung zum Tode verurteilt wurde. Sie war mit einer Nachbarin in Streit geraten und daraufhin von dieser der Blasphemie bezichtigt worden. Viele hatten ihre Begnadigung gefordert, doch bis jetzt steht diese noch aus.

 

Einer der schärfsten Verteidiger Asia Bibis war Pakistans ehemaliger Minister für religiöse Minderheiten, Shahbaz Bhatti – der einzige Christ in der Regierung. Er bezahlte dafür mit seinem Leben: Im März 2011 wurde er von Taliban in seinem Auto überfallen und getötet.

 

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Foto: AFP Bilder der Verzweiflung am Tag danach: Trauernde in Lahore

 

Der zweite hochrangige Politiker, der sich gegen das Blasphemiegesetz und für eine Freilassung Asia Bibis ausgesprochen hatte, war der einstige Gouverneur der Provinz Punjab, Salman Taseer. Auch er wurde ermordet. Die Regierung in Islamabad hatte nun Ende Februar seinen Mörder hinrichten lassen. Für die Islamisten war dies ein willkommener Vorwand für neue Gewalt. An Ostern, so hatten Beobachter schon damals gewarnt, würden sie Vergeltung üben.

"Weiche Ziele" im Visier

Die Jamaat-ul-Ahrar ist eine der blutrünstigsten Taliban-Untergruppen in den zersplitterten Reihen der pakistanischen Gotteskrieger. Deren Dachorganistion Tehrik-e-Taliban (TTP) ist geschwächt, denn die Armee jagt sie seit Jahren mittels massiver Militäroperationen in ihren Unterschlüpfen im Stammesgebiet an der Grenze zu Afghanistan und in ihrer Hochburg Karatschi. Die TTP hat sich deshalb in kleinere Gruppen aufgesplittert, die auf eigene Faust agieren – wie Jamaat-ul-Ahrar.

 

Vor anderthalb Jahren hatte sich die Gruppe von der Tehrik-e-Taliban getrennt, weil diese ihrem Gründer Omar Khalid Khorasani angeblich nicht radikal genug war. Stattdessen hat Khorasani offenbar der Terrormiliz Islamischer Staat die Treue geschworen. Finanziert wird er anderen Quellen zufolge aber von al-Qaida.

 

Und weil die Taliban in Pakistan nicht mehr die Waffengewalt und Kämpferzahlen haben wie früher, attackieren sie immer weniger Militäreinrichtungen und Regierungsziele. Stattdessen schlagen sie gegen "weiche" Ziele zu: Schulen und Spielplätze. Und gegen die, die in der Gesellschaft besonders verletzlich sind: die christliche Minderheit.

 


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