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Wenn Menschen aus Freikirchen aussteigen


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Rolf

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Wenn Menschen aus Freikirchen aussteigen







Bensheim (idea) – Ein Teil der Freikirchen in Deutschland schrumpft, etwa der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten- und Brüdergemeinden) und die Evangelisch-methodistische Kirche. Das hängt nicht nur damit zusammen, dass es mehr Sterbefälle als Taufen gibt. Wie auch in den Landeskirchen kommt es zu Austritten. Welche Motive haben Menschen, die sich von den Freikirchen abwenden? Mit dieser Frage befasste eine Tagung des Vereins für Freikirchenforschung am 12. und 13. April in Bensheim (Südhessen). Sie stand unter dem Motto „Einfach nur enttäuscht – Aussteiger aus Freikirchen“. Ehemalige Mitglieder berichteten darüber, warum sie ihre Freikirche verlassen und welche Erfahrungen sie damit gemacht haben.

Ex-Baptistin erlebte Gängelung und Doppelmoral

Darunter war die 54-jährige Schriftstellerin Claudia Schreiber (Köln), die in einer baptistischen Familie aufwuchs und sich im Alter von 27 Jahren von ihrer Gemeinde abwandte. Nach ihren Worten wurde dort das Bild eines überwachenden und strafenden Gottes vermittelt sowie die Unterordnung der Frau unter den Mann gefordert. Außerdem sei in der Gemeinde stets dazu aufgerufen worden, sich von „der Welt“ zu distanzieren. Dies habe dazu geführt, dass sie weithin nicht mit Popmusik, Theater, Kinofilmen und Fußball in Berührung gekommen sei, so Schreiber. Durch diese Einengung verliere man das Gespür für die Frage: „Was tut mir gut und was nicht?“ Die frühere Baptistin war stark in der Jugendarbeit aktiv. Dabei erlebte sie nach eigenen Angaben auch „massiven Druck“ von der Gemeindeleitung. So habe das Gremium verboten, dass Jugendliche aus der Gemeinde an einer Protestaktion gegen Aufrüstung teilnehmen. Als die Gruppe sich darüber hinwegsetzte, habe sie Schwierigkeiten in der Gemeinde bekommen, so Schreiber. Dort habe sie auch Doppelmoral kennengelernt. So sei ein Zusammenleben ohne Trauschein als Sünde verurteilt worden, zugleich habe es einen Fall von sexuellem Kindesmissbrauch gegeben. Dem Täter sei vergeben worden, das Opfer habe die Gemeinde verlassen und leide bis heute unter den Folgen des Missbrauchs. Nach Angaben der Schriftstellerin hat die Gemeinde auf ihren Weggang verletzt reagiert: „Ich wurde behandelt wie eine Aussätzige.“ Persönliche Beziehungen seien zerbrochen. Schreiber: „Ich habe 20 Jahre gebraucht, bis ich mich davon erholt habe.“

In Freier evangelischer Gemeinde bekehrt: Jetzt Nonne

Über ihren Weg von der katholischen Kirche über eine Freie evangelische Gemeinde zurück in den Katholizismus berichtete die Ordensschwester Gabriele Funkschmidt (Köln). Nach der Firmung habe sie sich zunächst nicht mehr mit dem christlichen Glauben befasst. Als 20-Jährige sei sie in Kontakt mit jungen Christen gekommen, die sie in ihre Bibelgruppe und die Freie evangelische Gemeinde Bonn eingeladen hätten. Dort erlebte Funkschmidt nach eigenen Angaben Gastfreundschaft und einen herzlichen Umgang: „Die Menschen setzten das in ihr Leben um, was sie in der Bibel lasen.“ Ende 1985 entschied sich Funkschmidt in der Gemeinde für ein Leben als Christ. Als der Pastor ihr eröffnete, sie müsse sich für eine Mitgliedschaft taufen lassen, stand für die junge Frau fest: „Das geht gar nicht.“ Antwort auf die Frage, was Gott für ihr weiteres Leben will, erhielt sie in einem katholischen Osternachtgottesdienst 1986. Dabei habe sie die Gewissheit gewonnen, dass ihr Weg in die katholische Kirche führt: „Automatisch verbunden war damit für mich die Berufung zur Ordensfrau.“ Dennoch habe sie sich nur „schweren Herzens“ von der Freien evangelischen Gemeinde getrennt. Dort sei ihr Schritt allerdings auf Ablehnung und Unverständnis gestoßen. Es habe die Meinung geherrscht, „Katholiken sind keine Christen“, und Gott würde „niemals in die katholische Kirche rufen“. Damit habe sie sich nicht ernstgenommen gefühlt, so die 1964 geborene Funkschmidt. Sie ist seit 1988 Benediktinerin in Köln. Dort engagiert sie sich in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Die Ordensfrau hat eigenen Angaben zufolge nach wie vor persönliche Kontakte zu freikirchlichen Christen. Ihr Bruder ist evangelischer Pfarrer.

Vom christlichen Missionar zum muslimischen Geistlichen

Seinen Werdegang vom ehemaligen freikirchlichen Missionar zum muslimischen Geistlichen schilderte Mohammed Herzog (Berlin). Der 68-Jährige schloss sich als Jugendlicher den Baptisten an und arbeitete unter anderem für das Missionswerk „Operation Mobilisation“ (OM) und den Baptistenpastor Billy Graham. Als Jugendpastor in Berlin sei er mit arabischen und türkischen Jugendlichen über religiöse Fragen ins Gespräch gekommen. Dadurch habe er begonnen, im Koran zu lesen und festgestellt: „Das ist genau das, was ich glaube.“ Herzog räumte ein, dass er schon vor seiner Hinwendung zum Islam 1979 Schwierigkeiten hatte, an die Dreifaltigkeit Gottes (Trinität) und die Kreuzigung Jesu zu glauben. Herzog ist Mitbegründer und Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft deutschsprachiger Muslime in Berlin. Sie erreicht nach seinen Angaben 2.000 bis 3.000 Muslime. Herzog würde, wie er betonte, nie jemanden auffordern, seinen Glauben aufzugeben und Moslem zu werden. Vielmehr sage er: „Wenn Du ein Jude bist, bleibe ein anständiger Jude. Lies die Tora! Bist du ein Christ, bleibe ein anständiger Christ. Lies die Bibel. Bist Du ein guter Moslem. Bleibe ein guter Moslem und lies den Koran.“

Für Selbstkritik von Konfessionen und Religionen

Der Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Reinhard Hempelmann (Berlin), sagte, in einer pluralistischen Kultur werde es zunehmend vorkommen, dass Menschen religiöse Gemeinschaften wechselten. Dies müsse mit Toleranz und Respekt betrachtet werden. Hempelmann vertrat die Ansicht, dass jede Konfession und Religion die Bereitschaft zur Selbstkritik entwickeln müsse. Religion könne missbraucht und die Bereitschaft zur Hingabe ausgenutzt werden. Das müsse ein Thema sein in christlichen und anderen religiösen Gemeinschaften. Alle Religionen sollten sich darin einig sein, dass jeder das Recht habe, seine Religion zu praktizieren, für sie zu werben und diese zu wechseln. Der Verein für Freikirchenforschung, der sich mit theologischen und kirchengeschichtlichen Themen befasst, besteht seit 1990. Vorsitzender ist Prof. Christoph Raedel (Kassel).

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