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Der Christ vor dem Problem der Feuerbestattung


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Rolf

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Der Christ vor dem Problem der Feuerbestattung






Frank Bölstler



»Bibel und Gemeinde« 4/1995

Frank Bölstler ist Prediger im Evangelischen Verein für innere Mission Augsburgischen Bekenntnisses e.V. und Absolvent der FTA Gießen. Postanschrift: Untere Austr. 6, 74740 Adelsheim


I. Fakten zur Feuerbestattung

l. Statistik
,,Bestattungsunternehmer fürchten einen Trend zum ,Billig-Begräbnis′; ,Ex und Hopp′ Mentalität auf den Friedhöfen? Bestattungsgewerbe warnt vor würdelosen Massengräbern."1

In Schlagzeilen wie diesen spiegelt sich eine Veränderung im Bestattungsbrauchtum der deutschen Bundesbürger wider. Das in Statistiken ausgewiesene Zahlenmaterial unterstreicht dies eindrücklich. 1878 wurde das erste Krematorium in Gotha in Betrieb genommen. 1987 waren es 77 Krematorien. Innerhalb von 10 Jahren wuchs der Anteil der Feuerbestattungen von 18,7% (1981) auf 26,7% (1991), Tendenz steigend (1990 noch 23,9%).2

Dieses Zahlenwerk bestätigt, dass vor allem in den letzten Jahren ein verstärkter Trend zur Feuerbestattung festzustellen ist. Worauf ist dieser Trend zurückzuführen? Wo hat die Feuerbestattung ihren Ausgangspunkt genommen? Aus welchen Gründen greifen immer mehr Menschen auf die Feuerbestattung zurück? Diese Fragen sollen kurz in den folgenden Abschnitten gestreift werden. Auf dieser Grundlage soll dann in einem zweiten Teil die Frage nach der Feuerbestattung im Licht der Bibel angegangen werden.

2. Worum es geht

2.1 Die Erdbestattung
Bei der Erdbestattung wird der normalerweise unversehrte Leichnam des Verstorbenen in einen Sarg (meistens aus Holz) gelegt. Dieser Sarg muss auf einem kommunalen oder kirchlichen Friedhof in einer Reihen- oder Wahlgrabstätte in die Erde gebettet werden. Die Verwesung des Leichnams ,,ist minimim und nur in der direkten Umgebung feststellbar, also nur im Sarg selbst".3

2.2 Die Feuerbestattung (Kremation, Leichenverbrennung, Einäscherung)
Zur Einäscherung eines Leichnams4 ist aus kriminal-juristischen Gründen eine Freigabebescheinigung des zuständigen Gesundheitsamtes und eine polizeiliche Genehmigung erforderlich. Der in einem Sarg liegende Leichnam darf nicht direkt der Flamme ausgesetzt werden. Die Verbrennung geschieht durch 800-1000 Grad Celsius heiße Luft und dauert zwischen 60-90 Minuten. Die verschlossene und registrierte Aschenurne muss auf einem Friedhof in einer Reihen- oder Wahlgrabstätte beigesetzt werden. Sie verrottet nicht. Bei der Feuerbestattung ist eine sog. ,anonyme Bestattung′ möglich. Dabei wird die Urne in einem Urnen-Massengrab beigesetzt, so dass keine Grabstein- und Grabpflegekosten für die Hinterbliebenen entstehen.

3. Wiederbelebung der Feuerbestattung
In verschiedenen Kulturen der Antike findet sich der Brauch der Feuerbestattung. Doch, obwohl sich die Renaissance und später der Humanismus dem Studium des klassischen Altertums hingaben, fand der Gedanke der Feuerbestattung erst im aufklärerischen Rationalismus fruchtbaren Boden.
Die größten Verfechter der Feuerbestattung kamen damals aus dem antikirchlichen Lager (z.B. die Freimaurer). ,,Die Civilehe nimmt der Kirche und dem Papste die Familie; der konfessionslose Laienunterricht nimmt ihnen das heranwachsende Geschlecht; die bürgerlichen Begräbnisse und die Leichenverbrennung werden ihnen auch noch die letzten Ansprüche beim Tode entrissen. So wird der Fortschritt möglichst bald Kirche und Papst vernichtet haben."5 Schnell wurden jedoch auch noch weitere Argumente für die Einführung der Feuerbestattung gefunden. Diese entsprangen mehr dem rationalistischen Denken und fanden so auch bei den nicht antikirchlich eingestellten, aber ,aufgeklärten′ Zeitgenossen Eingang. Bis heute ist die Argumentation für die Feuerbestattung weniger bewusst antikirchlich, als vielmehr rational und rationell ausgerichtet.

4. Gängige Argumente für die Kremation

4.1 Hygiene
Da Leichen fast überall, wohl schon wegen des Verwesungsgeruches, als unrein galten, wurden sie außerhalb der Wohnsiedlung bestattet. Immer wieder geriet der Friedhof als Entstehungsherd für Seuchen in Verdacht. Und so glaubte man vor allem um die Jahrhundertwende in der Kremation die Lösung gefunden zu haben.

Doch, wie sehen die Fakten aus? ,,Eiweißzerstörungsprodukte in den Leichen wurden früher als Leichengifte bezeichnet. Diese Stoffe sind sowohl bei Berührung als auch bei Inokulation ungefährlich. Lediglich bei septischen Leichen ist eine Inokulation hochvirulenter Keime zu vermeiden."6 Der Umgang mit Leichen in der Pathologie ist also ungefährlich, was durch die heutigen sanitären Verhältnisse noch unterstützt wird. Auch von Friedhöfen selbst geht bei den heutigen Bestattungsvorschriften keinerlei Gefahr für Grundwasser oder Besucher und Personal aus.7 Die Übersättigung des Bodens mit Fetten ist keine Kontamination und wird erst nach vier Bestattungen erreicht, was bei einer Ruhefrist von 25 Jahren erst nach einem Jahrhundert der Fall ist. Eine Luftverschmutzung entsteht allerdings bei der Kremation, wie bei jeder Verbrennung, durch die Freisetzung von Kohlendioxid (Ursache des Treibhauseffekts). In den Fällen, in denen die Körper der Verstorbenen Silikonzusätze etwa aus Schönheitsoperationen enthalten, oder der Leichnam mit Geruchsübertönern behandelt wurde, wird auch Dioxin frei.8 Zudem beträgt der Energieverbrauch an Gas pro Leichnam 30 m3 (bei einer Brenndauer von 60-90 Minuten und Temperaturen von 800-1000 Grad).9 Man könnte diese Energie einsparen, da eine Verbrennung von Leichnamen unnötig ist. Denn im Gegensatz zum Hausmüll, gegen dessen Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen ständig mit dem Spruch ,,Kompostieren statt verbrennen" demonstriert wird, verursacht die ,,Kompostierung" des Leichnams keinerlei Kontamination.

4.2 Ökonomie
Man spricht heute vom Trend zum Billigbegräbnis. Die Bestattung soll preisgünstig sein, ohne großen Zeitaufwand und ohne Folgekosten für Grabstein und -pflege. So greifen viele auf die Feuerbestattung zurück, die wegen der geringeren Grabmiete um ein Fünftel günstiger ist als eine Erdbestattung.10 Bei der anonymen Feuerbestattung entfallen zusätzlich die Kosten für Grabstein und Grabpflege.

War die Bestattung für Juden und Christen traditionell ein Liebesdienst, so kommt im heutigen ,,Trend zur anonymen Bestattung"11 mehr die ,,lästige Pflicht"12 zum Ausdruck. Übernahm man in der Familie einst die Verantwortung füreinander, so hat die heutige Vereinsamung zur Folge, dass ,,man niemandem mit der Grabpflege zur Last fallen möchte". Da der Tod aus dem Leben verdrängt wird, hat man auch keine Ersparnisse für die Bestattung vorgesehen. Wenn ein Volk nach der Art und Weise beurteilt wird, wie es seine Toten bestattet (so Perikles um 430 v.Chr.), dann zeigt sich an der zunehmenden ,,Ex-und-hopp-Mentalität" der deutschen Bundesbürger ,,Gedankengut der Wegwerfgesellschaft".13 Manchmal wird dies bereits an Vokabeln wie ,,beseitigen" und ,,entsorgen" deutlich, die aus der Abfallbeseitigungsbranche entstammen.

Der Mensch will heute nur noch investieren, wo er eine Rendite erwarten kann. Man sollte aber bedenken, dass sich der Verstorbene sein Leben lang ,,investiert" hat - und nun ,,sind seine finanziellen Beiträge an das Gemeinwesen, sind seine schöpferischen und helfenden Glieder nach seinem Ableben nicht einmal mehr 2 m2 Ruhestätte unter der Erde wert?"14

Menschenwürde, Nächstenliebe und Fürsorge im Sinne einer guten Trauerarbeit sind aber Aspekte, die gegenüber Überlegungen bloßer Wirtschaftlichkeit Vorrang genießen müssten, gerade wenn es um die Pietät gegenüber einem verstorbenen Menschen geht. Wenn man die Unversehrtheit des Leibes, die Glaubens- und Kultusfreiheit wahren möchte, wie es der Anspruch eines pluralistischen Staates ist, kann man mit etwas gutem Willen und Flexibilität Lösungen finden, die der Menschenwürde gerecht werden und doch bezahlbar bleiben. So können auch Maßnahmen wie die Verwendung von Grabplatten, die die Grabpflegekosten senken, das Einsäen des Grabes mit Rasen oder die Errichtung von oberirdischen Katakomben helfen, eine Erdbestattung nicht übermäßig teuer werden zu lassen.

4.3 Raumnot
In den schnell wachsenden Ballungsräumen wird jeder Quadratmeter Boden für gewerbliche Zwecke gebraucht. Die Grundstückspreise steigen ins Unermessliche. Wo es schon keinen Wohnraum mehr für Lebende gibt, wird man erst recht keinen für Tote haben. Da scheint es willkommen, dass ein Urnengrab (0,70 x 0,70 m) nur ein Sechstel der Fläche eines Erdgrabes (2,50 x 1,20 m) beansprucht.

,,Anfang der 60er Jahre wurde bei uns in der Bundesrepublik auch die Gefahr gesehen, dass die Friedhofsflächen nicht ausreichen würden. Durch große Landkäufe haben heute die Friedhofsverwaltungen Sorge, wie der im Übermaß vorhandene Platz genutzt werden kann. Es ist in unserem Land also kein Problem des Platzes, um von der Erd- auf die Feuerbestattung überzugehen."15 Wenn trotzdem vermeintlich kein Platz für unsere Toten da ist, wenn es in deutschen Großstädten bis zu 50% Feuerbestattungen gibt, liegt dies weniger an der Raumnot an sich, sondern daran, dass anderes für die Nutzung des Raumes Priorität hat. Gewerbe, Freizeitanlagen, Konsum- und Vergnügungsstätten haben Vorfahrt - oft schon gegenüber Flächen für Wohnraumzwecke von Lebenden, erst recht gegenüber Ruhestätten für die Toten. Man ist dann nicht bereit, mit der Einwohnerzahl auch den Friedhof mitwachsen zu lassen. Dabei dienen gerade in Städten viele Friedhöfe als Naherholungsparks sowie als Stätten der Ruhe und Besinnung. Rentabilität kann sicher nicht der oberste Maßstab sein. ,,Habsucht ist eine Wurzel aller Übel" (1Tim 6,10).

4.4 Recht
Um die Jahrhundertwende wurde die Feuerbestattung mit dem Argument befürwortet, dass ein eventuell nur Scheintoter in der Gefahr stünde, lebendig begraben zu werden. Humaner wäre für diesen Menschen, wenn er während seines Zustandes des Scheintodes verbrannt würde.16 Die schon damals geforderte Leichenschau ist heute gesetzliche Pflicht (Totenschein). Was die Feststellung des Eintritts des Todes betrifft, ist die Diagnostik so verfeinert, dass der Tod sicher festgestellt werden kann. Ein moderner Sarg würde auch keine ausreichende Luftzufuhr ermöglichen, um einen Scheintoten zum Leben zu erwecken.

Aus kriminaljuristischen Gründen ist für die Feuerbestattung eine Freigabebescheinigung des zuständigen Gesundheitsamtes nötig (in Gießen für DM 45,-). Darin wird bescheinigt, dass der Verstorbene keines unnatürlichen Todes gestorben ist. Diese amtsärztliche Bescheinigung muss bei der zuständigen Polizeibehörde eingereicht werden, woraufhin diese ihrerseits eine Genehmigung zur Einäscherung erteilt (in Gießen für DM 50,-), wenn ,,ihr keine Umstände bekannt sind, die auf Herbeiführung des Todes durch strafbare Handlung schließen lassen".17

Bezüglich der grundsätzlichen Rechtsstellung von Toten gilt, dass das, ,,was nach dem Tod von der Persönlichkeit zurückbleibt - ihr Andenken bei den Mitmenschen und der Leichnam - aus dem Rechtsschutz nicht herausfällt...".18

5. Die Stellung der Kirchen zur Feuerbestattung

5.1 Die Evangelische Kirche
Da die Leichenverbrennung gegen kein Gebot Gottes, keinen Artikel des christlichen Glaubens und kein Bekenntnis ausdrücklich verstieß, berief sich die Evangelische Kirche am Ende des 19. Jahrhunderts beim Aufkommen der Leichenverbrennung auf ihre Pflicht zur Erhaltung der uralten christlichen Sitte der Erdbestattung, die am biblischen Brauch anknüpft. Doch gab sie nach und nach ihren Widerstand auf. Heute ist ihre Haltung von der Spannung zwischen Distanz zur Sache und Nähe zu den Trauernden geprägt. Deshalb darf ein evangelischer Pfarrer heute an einer Feuerbestattung einschließlich Urnenbeisetzung teilnehmen, es sei denn, der Verstorbene möchte mit der Verbrennung seiner antikirchlichen Haltung Ausdruck verleihen. Für den Pfarrer besteht jedoch keine Pflicht zur Teilnahme. Die Hinterbliebenen können sich bei einer Ablehnung an einen anderen evangelischen Pfarrer wenden.

5.2 Die Katholische Kirche
Ähnlich wie die Evangelische Kirche lehnte die Katholische Kirche die aufkommende Leichenverbrennung ab. Auch sie sah in der Leichenverbrennung an sich keinen Verstoß gegen ein Gebot Gottes oder gegen ein kirchliches Dogma. Sie begründete ihre Ablehnung jedoch nicht nur mit dem Verstoß gegen die biblisch-christliche Sitte, sondern ,,als etwas Widernatürliches, als einen frevelhaften und gewaltsamen Eingriff in die Reservata Majestatis Dei: Der Mensch legt selber Hand an, um die Hülle des teuren Toten ... mit äußerster Gewalt im Brandofen zu zerstören".19 Zum Ende des 19. Jh. sahen zudem die sehr stark antikirchlich orientierten Kreise der Freimaurerei in der Verbreitung der Feuerbestattung ein willkommenes Mittel zum Kampf gegen den Katholizismus.20 Verboten war daher jedem Katholiken

l. die Mitwirkung bei einer Leichenverbrennung,
2. diese für sich oder andere anzuordnen,
3. einem Feuerbestattungsverein anzugehören und
4. einer Aschenbeisetzung beizuwohnen. Die Beteiligung der Geistlichkeit war grundsätzlich verboten.

Wer diesem Verbot nicht Folge leistete, hatte mit Kirchenstrafen wie z.B. der Verweigerung der Sakramente und des kirchlichen Begräbnisses zu rechnen.

Seitdem die katholische Kirche die starke Verquickung von Freimaurerei und Feuerbestattung als nicht mehr gegeben ansieht, hat sie ihre prinzipiell ablehnende Haltung gelockert. Begräbnisgottesdienste werden heute bei Feuerbestattungen nicht mehr strikt verweigert, und auch die Kirchenstrafen werden nicht mehr verhängt.21



II. Erwägungen im Licht der Bibel



l. Was sagt das Alte Testament?

1.1 Die Verbrennung als Todesstrafe: 1Mo 38,24; 3Mo 20,14; 21,9; Jos 7,25; Jes 30,33; 33,12.
Auch wenn Anhänger der Kremation die Sache anders sehen: die angeführten Bibelstellen sehen die Verbrennung als bewusstes Gericht über die Schuld eines Menschen. Als ein Mittel der Gerichtsbarkeit hat Gott die Todesstrafe zugestanden; und auch die Verbrennung kann mit der damit verbundenen gewaltsamen Zerstörung des Leibes und Beschleunigung der Vergänglichkeit und Verwesung nur als Gericht verstanden werden. In den besonderen Fällen der Verbrennung als Todesstrafe soll die Schwere des Vergehens allen Israeliten deutlich vor Augen gestellt werden. Mit Vollstreckung dieser Strafe ist nicht nur das Böse aus der Mitte des Volkes weggetan, sondern das Entheiligte wieder gereinigt.22 Verbrennen des Leichnams galt bei der strengen Pflicht zur Bestattung in Israel nicht nur als Abschreckung, sondern ebenso wie das Aufhängen als Entehrung. Aufgehängt oder verbrannt wurde jeweils der Leichnam, was zeigt, dass es bei diesem Gericht nicht etwa um einen besonders qualvollen Tod ging. Klar ist aber auch, dass es hier um etwas ganz anderes geht als bei der heutigen Kremation. Man wird deshalb die entsprechenden Stellen auch nicht etwa als Rechtfertigung für die Feuerbestattung heranziehen können.

1.2 Die Verbrennung von Exhumierten (2Kö 23,16; Am 2,1).
Die angegebenen Stellen zu Josia und bei Amos zeigen wiederum, dass Verbrennung in der Bibel negativ bewertet wird: Einäscherung und Pulverisierung ist gewissermaßen der äußerste Grad von Zerstückelung. Das Feuer wird hier auch nicht positiv im Sinn von Läuterung gesehen (wie in Jes 1,22ff.; Ps 12,7; 1Pt 1,7), sondern - wie übrigens in über 90% der Fälle - als Zeichen des Gerichtes Gottes (vgl. Jes 66,15ff.; Jer 4,4; Hes 39,6; Offb 8,7; u.ö.). Die Bibel kannte die Verbrennungspraktiken der Umwelt sehr wohl. Aber sie beurteilt sie negativ. Feuer ist in ihr das Gegenteil von Erlösung, Befreiung oder Heilsvermittlung.

1.3 Der ,Brand′ zu Ehren eines Königs (2Chron 16,14; 21,19; Jer 34,5).
Bei den drei angeführten Stellen zeigt sich, dass es eine Zeit in Israel gab, in der man einen verstorbenen König durch das Verbrennen von wohlriechenden kostbaren Spezereien ehrte. Es handelte sich dabei eindeutig nicht um die Verbrennung des Leichnams. Wenn Asa wegen seiner Krankheit, an der er starb, hätte verbrannt werden sollen, wäre dieser Brand etwas Negatives gewesen. Es wird aber ausdrücklich betont, dass es sich beim ,,Brand" um eine Ehrung des Verstorbenen handelte. Auch hätte Joram dann gerade wegen seiner Krankheit verbrannt werden müssen, was aber ausdrücklich unterblieb. Die Könige führten mit dem ,,Brand" neben vielen anderen heidnischen Sitten und Gebräuchen auch diesen bei ihren heidnischen Nachharn wohlbekannten Brauch ein, um sich ihnen gleichzustellen, aber in veränderter Form.

2. Was sagt das Neue Testament?
Verschiedentlich erwähnt das NT Begräbnisse. Lazarus (Joh 11) und Jesus (Joh 19) wurden in Höhlengräbern bestattet. Von Ananias, Saphira und Stephanus heißt es nur, dass sie begraben wurden. Aus dem Gleichnis vom armen Lazarus und reichen Mann (Lk 16) kann allenfalls aus dem Kontrast zwischen der Erwähnung eines Begräbnisses beim ,,reichen Mann" und der Nichterwähnung desselben beim ,,armen Lazarus" gefolgert werden, dass der reiche Mann standesgemäß in ein Höhlengrab gelegt wurde. Inwieweit Arme in einfache Höhlengräbem oder doch Erdgräbem bestattet wurden, kann aus den vorliegenden Stellen (2Kö 23,27; 27,7; Mk 5,2+35; Lk 8,27; Apg 1,18) nicht endgültig geklärt werden.

Beim Begräbnis Jesu betont Johannes ausdrücklich, dass es nach jüdischer Sitte ablief (Joh 19,39f.). In diesem Zusammenhang erwähnt er die Leinentücher und wohlriechende Spezereien (Joh 12,7; Lk 23,55ff.). Jesu Begräbnis bildet aber auf einer anderen Ebene eine Ausnahme, indem es die Erfüllung alttestamentlicher Verheißungen war: nach Psalm 16,10 kam es zu keiner Verwesung; und entsprechend 2Mo 12,46 wurden Jesus vor der Abnahme vom Kreuz zur Bestattung keine Knochen gebrochen.
Auf die Leichenverbrennung wird im Neuen Testament weder direkt noch indirekt Bezug genommen. Dabei dürfte sie in Israel mehr denn je bekannt gewesen sein. Denn auch an Israel ist die Hellenisierung der Welt nicht spurlos vorübergegangen. Und auch die römische Besetzungsmacht wird die Leichenverbrennung praktiziert haben.




3. Theologische Überlegungen




3.1 Die Bedeutung des Leibes im biblischen Menschenbild.

Dem hebräischen und christlichen Denken liegt ein Menschenbild zugrunde, das dem der heidnischen Völker direkt entgegengesetzt ist. Diese übten die Feuerbestattung aus Angst davor, dass die Seelen der Toten sich nicht richtig vom Leib gelöst haben könnten und/oder in diesen wieder zurückkehren könnten. Dann würden diese Seelen das Leben der Hinterbliebenen negativ beeinflussen. Später wurde diese Grundhaltung durch die Philosophie dahingehend beschönigt, dass der Leib als Gefängnis der Seele zerstört werden müsse. Je schneller dies geschehe, desto schneller sei die Seele frei und erlöst und gelange an ihren Bestimmungsort.
Im biblischen Menschenbild, dagegen, sind Leib, Seele und Geist immer gleichwertig. Der sterbliche Leib ist Tempel des Heiligen Geistes (1Kor 6,19), die Auferstehung ist eine leibliche Auferstehung (1Kor 15,35) und der Mensch ist als Gegenüber Gottes von Gott leiblich geschaffen worden. So hat das Denken, Wollen und Empfinden des Menschen immer auch konkrete Auswirkungen auf seinen Leib. Der Leib ist biblisch keineswegs als Gefängnis der Seele gedacht. Es gilt vielmehr: ohne Leib(lichkeit) kein Mensch(sein).

3.2 Die Gottesbildlichkeit des Menschen.

Weil der Mensch im Bild Gottes geschaffen ist, ist seine Würde unantastbar: schon ihm zu fluchen ist Sünde (Jak 3,9), erst recht ihn zu töten (1Mo 9,6). Damit steht auch seine leibliche Unversehrtheit als Ebenbild Gottes unter Gottes Schutz. Gott hat dem Menschen den Leib gegeben; Gott kam in seinem Sohn in leiblicher Gestalt auf die Erde; und den sterblichen Leib des Christen hat er für würdig erachtet, Tempel seines Heiligen Geistes zu sein. Aus dieser Perspektive folgt für Christen Ehrfurcht vor dem Leben. Und diese Ehrfurcht vor dem Leben zieht Ehrfurcht vor dem Leib nach sich. Wenn die Würde des Menschen unantastbar ist (vgl. Grundgesetzt Art. l Abs. l), bezieht sich diese selbstverständlich nicht nur auf die Psyche des Menschen, sondern auch auf seinen Leib. Gottesbildlichkeit und Geschöpflichkeit sind nicht trennbar. Die Würde des Menschen gilt über seinen Tod hinaus. Deshalb - und nicht nur aus hygienischen Gründen - werden bis heute orthodoxe Juden an ihrem Todestag bestattet. Und entsprechend sah man es schon zu biblischen Zeiten als ein Gericht Gottes an, wenn ein Leichnam unbedeckt blieb oder von Tieren berührt wurde (1Kö 14,10ff; 2Kö 9,24ff).
Die Feuerbestattung als willentliche Zerstörung des Leibes kann daher nur als Missachtung der geschöpflichen Gestalt angesehen werden, die Gott dem Menschen gegeben hat. Christen müssen sich fragen, ob die Würde des Menschen, die auch dem menschlichen Leichnam noch gilt, mit einer Kremation vereinbar ist.




III. Orientierungspunkte zum christlichen Umgang mit der Feuerbestattung.




Folgende Punkte lassen sich festhalten:
1. Es gibt in der Bibel kein direkt ausgesprochenes Verbot der Leichenverbrennung.

2. Es gibt aber ein ausdrückliches Gebot zur Bestattung des menschlichen Leichnams (5Mo 21,23). Die biblischen Berichte zeigen, dass dieses Gebot auch eingehalten wurde. Im Mittelpunkt stand dabei nicht einfach die Beseitigung der sterblichen Überreste des Toten, sondern der Respekt vor der Gottesbildlichkeit des menschlichen Leibes und die Ehrung des Toten. Deshalb wurde schnell bestattet und die Leiche würdig versorgt.

3. Wenn in der Bibel davon berichtet wird, dass ein Leichnam nicht bestattet wurde, geschah dies aufgrund eines göttlichen Gerichts über die betreffende Person oder das Volk.

4. Die Verbrennung eines Menschen galt als Verschärfung der Todesstrafe und kam nur in besonderen Fällen zur Anwendung (1Mo 38,24; 3Mo 20,14; 21,9; Jos 7,15). Sie gilt als Gericht Gottes für heidnische Könige und Völker. Auch die Verbrennung von Exhumierten, wie sie in 2Kö 23,16ff.20; Am 2,l erwähnt wird, war als Vollstreckung des Gerichts gedacht. Dem Feuer wird in der Bibel immer die Eigenschaft zugeschrieben, dass es als Gericht Gottes alles verzehrt, was nicht heilig ist. Feuer zerstört den Leib des Toten. Im Gegensatz dazu ehrt die Bibel ihn normalerweise aber durch die Anordnung einer schnellen und würdigen Bestattung.

5. Eine Feuerbestattung im heutigen Sinn findet sich formal allenfalls in 1Sam 31,12f. Dort werden die bereits schwer geschändeten Leichname von Saul und seinen Söhnen verbrannt, um die geschehene Entehrung so gering wie möglich zu halten.

6. Für die Asche eines verbrannten Menschen kennt die Bibel keinen eigenen Ausdruck. Es wird lediglich im Zusammenhang mit der Bestattung von den ,,Gebeinen" (hebr. ,ezem) eines Verstorbenen gesprochen.

7. Aus l Mo 3,19 (,,Du bist Erde und sollst zur Erde werden") darf nicht die liturgische Formel ,,Erde zu Erde, Staub zu Staub, Asche zu Asche" abgeleitet werden, auch wenn die hebr. Begriffe für ,,Staub" (`aphar) und ,,Asche" (`epher) verwandt sind. Es sind doch unterschiedliche Worte, und im Zusammenhang von l Mo 3 ist von ,,Asche" nicht die Rede.

8. Der Tod und Zerfall des menschlichen Leibes müssen zwar als Folge des Gerichts Gottes über die Sünde des Menschen angesehen werden. Es steht dem Menschen aber nicht zu, dieses göttliche Gericht durch Mord, Euthanasie oder Verbrennung selbst in die Hand zu nehmen.

9. Obwohl im Alten Testament Leichen als etwas Unreines galten, wurde daraus nicht der Schluss gezogen, sie aus hygienischen Gründen verbrennen zu müssen. Weder bei Aussatz (3Mo 13f), noch bei anderen unbekannten Krankheiten (2Chron 16,12; 21,18) praktizierte man Leichenverbrennung.

10. Oft wird behauptet, der Holzmangel in Israel sei Grund für den Verzicht auf Leichenverbrennung. Doch hat dieser angebliche Holzmangel die heidnischen Nachbarn Israels nicht von Verbrennung der Leichen abgehalten. Im übrigen schließt man bei diesem Argument vom heutigen holzarmen Israel auf die Zustände zu biblischen Zeiten, ohne zu berücksichtigen, dass erst der intensive Schiffsbau, der mit Salomo begann, aber erst zur Zeit der Römer seinen Höhepunkt erreichte, in Israel zu einem Kahlschlag führte.

11. Als der Schöpfer schafft Gott die Leiblichkeit - sowohl in der alten wie der neuen Schöpfung. Zwar ist die irdische Leiblichkeit anders als die Auferstehungsleiblichkeit (1Kor 15,35fr), aber doch besteht zwischen beiden ein Zusammenhang. Und auch wenn der irdische Leib zunächst vergehen muss, hat der Mensch kein Recht, von sich aus diesen Prozess durch Leichenverbrennung zu forcieren.

12. Aus der Geschichte der Leichenverbrennung sehen wir, dass ihr ein heidnisches Menschenbild zugrunde liegt, das den Menschen in eine göttliche Seele und einen sterblichen Leib aufspaltet. Diese verkehrte Abwertung des Leibes, die den Hintergrund für die Rechtfertigung seiner Zerstörung bildet, ist dem biblischen Denken fremd. Dort heißt Ehrung des Lebens immer auch Ehrung des Leibes. Gottesbildlichkeit (und die daraus folgende Menschenwürde) und Geschöpflichkeit sind untrennbar. Nächstenliebe findet ihren Niederschlag auch im Umgang mit dem Leib des Verstorbenen.

13. Die moderne Euthanasie- und Kremationsbewegungen machen deutlich, dass heute der Mensch nicht mehr von seiner Gottesbildlichkeit her verstanden wird. Norm sind heute Leistungsfähigkeit, Produktivität, Schönheit und Genuss. Dafür werden keine Kosten gescheut. Stirbt der Mensch und verliert seine Produktivität, sind selbst die Kosten und der Raum für einen Friedhof nicht mehr tragbar.

Sollten wir Christen nicht den Mut haben und unserer neuheidnischen Umwelt gegenüber auch durch unsere Bestattungsart dokumentieren, dass für uns die Gottesbildlichkeit des Menschen zu seiner Geschöpflichkeit gehört und sich für uns folglich die Würde des Menschen auch auf die Unantastbarkeit seines Leichnams erstreckt.

Ich persönlich, habe deshalb in meinem Testament und der Vorsorgevollmacht meine ethische Einstellung zum Ausdruck gebracht und so Leitgedanken zum Thema Organspende, Forschung, Feuerbestattung, Todesanzeige und Ablauf der Beerdigung aufgeschrieben. ,,...die Würde des Menschen als Geschöpf Gottes, des Vaters unseres Herrn Jesus Christus, soll gewahrt bleiben..."

Zugleich wissen wir, dass unsere Auferstehungshoffnung in der Auferstehung Christi in neuer Leiblichkeit begründet ist und nicht von einer bestimmten Bestattungsart abhängt.
Interessante Gedanken finden sich auch noch unter: www.lebe-wohl.net/rituale.html
www.rpi-loccum.de/wett/beitr/tod1.html
________________________________________
1 das bestattungsgewerbe: Organ des Deutschen Bestattungsgewerbes e.V. (Düsseldorf: Fachverlag des dtsch. Bestattungsgewerbes e.V.), 4/1988, S.146f.
2 idea Spektrum, 47/1992,8.23.
3 R.B.Christophe, Erdbestattung oder Kremation? Organspende? Eine Entscheidungshilfe, Niederuzwil: TWN + Schweizerische Gesellschaft f. Lebenshilfe, 1990, S.6.
4 S. dazu J.Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 5.AufL, Köln: C.Heymanns, 1983, S. 197-206.
5 Zitiert bei L.Rulanj, Die Geschichte der kirchlichen Leichenfeier, Regensburg: Verlagsanstalt vorm. J.Man:, 1901,8.223.
6 A.Heilmann, Ökologisches Stoffgebiet, 8.Aufl., Neckarsulm U.München: Jungjohann, 1989, S.412.(Inokulation = Aufnahme von Erregem über die Blutbahn, septisch = bakteriell verseucht).
7 Christophe, Erdbestattung, S.32.
8 Christophe, ebd., S.33.
9 ebd., S.6.
10 Die städtischen Gebühren betragen in Gießen: Erdbestattung: DM 825,- plus Grabmiete für 25 Jahre DM 815,-, d.h. zusammen DM 1640,-. Feuerbestattung: DM 805,-plus Grabmiete für 25 Jahre DM 380,- (bei anonymer Bestattung DM 300,-), zusammen DM 1185,- (bzw. DM 1105,-). Sarg fiir Erdbestattung: ab DM 1300,-. Bei Feuerbestattung: Sarg ab DM 1050,- plus Urne ab DM 210,-, zusammen DM 1260,-. Weitere Kosten: Kapelle DM 130,-; Dekoration DM 50,-; Orgel DM 60; Überführung DM 120,-; Formalitäten DM 180,-; Todesanzeige in der Zeitung DM 270,-. D.h. Gesamtkosten Erdbestattung: wenigstens DM 3750,-; Feuerbestattung: DM 3255,- (bzw. DM 3175,-). Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen ein Sterbegeld in Höhe von DM 2100,- (Stichtag der Mitgliedschaft vordem 1.1.1989). Kränze, Grabstein, etc., sind in dieser Aufstellung noch nicht enthalten! Stand 1990
11 K.Denk, ,,Veränderungen im Bestattungsbrauchtum", das bestattungsgewerbe, 2/1990, S.46f.
12 A.Kasten, ,,Christliche Bestattung heute", das bestattungsgewerbe, 9/1988, S.364f.
13 das bestattungsgewerbe, 4/1988, S.146.
14 Christophe, Erdbestattung, S.46.
15 E. Baade, ,,Die Konsequenzen einer Feuerbestattung", das bestattungsgewerbe, 1/1988, S.5.
16 L. Ruland, Die Leichenverbrennung vom Standpunkte der christlichen Weltanschauung, Berlin 1910, S.14C; vgl. Christophe, Erdbestattung, S.53.
17 J.Gaedke, Handbuch des Friedhots- und Bestattungsrechts, 5.Aufl., Köln: C.Heymanns, 1983, S.200.
18 H.W.Strätz, Zivilrechtliche Aspekte der Rechtsstellung des Toten unter besonderer Berücksichtigung der Transplantation, Paderbom: Schönigh, 1971, S.65; auch S.5n"(bes. Anm.6).
19 G.Aufhauser, Die Leichenverbrennung und das in Bayern geltende öffentlich-staatliche und kirchliche Recht, München: Schweizer, 1912, S.82.
20 Vgl. Aufhauser, Leichenverbrennung, S.76-77: ,,In Sachen der Religion und Philosophie festhaltend, dass die Idee von einem Gott die Quelle und Stütze jeder Art von Despotismus und Ungerechtigkeit ist, dass die katholische Religion die furchtbarste Personifikation dieser Idee bedeutet, dass der Inbegriff der Dogmen die Leugnung der Gesellschaft selbst ist, übernehmen die Freimaurer die Verpflichtung, durch alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel, Gewalt nicht ausgeschlossen, an der schleunigen und gründlichen Beseitigung des Katholizismus zu arbeiten ... jenen religiösen Kult, der unsere Toten umgibt, will die Loge mit den Wurzeln ausreißen, indem sie gegen die christlichen Friedhöfe ankämpft, die heidnische Sitte der Leichenverbrennung wieder einführt."
21 Gaedke, Handbuch, S.206.
22 ,,Leichenverbrennung ist nur bei Verbrechern vorgesehen... Vielleicht wirkt hier auch das Motiv der Reinhaltung des Volkes mit wie bei der Zerstörung heidnischer Altäre u. Götterbilder durchs Feuer Dt 7,5.25; 2Kö 23,11; ICh 14,12 u.ö. u. bei der radikalen Vernichtung der Feinde u. ihrer Habe durchs Feuer u. Schwert beim Bann Dt 13,17; Jos 6,24; IS 15." F.Lang, ,,pyr", ThWNT VI, S.934.


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