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"Der Heilige Geist - Garant für Erfolg?"


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#1
Rolf

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Deutsche Evangelistenkonferenz
Jahrestagung in Dassel/Solling
6.-8. Dezember 2006
Referat zu




"Der Heilige Geist - Garant für Erfolg?"




Mittwoch, 7. Dezember 2006
Pfarrer Hartmut Bärend, Generalsekretär der AMD, Berlin


Liebe Schwestern und Brüder,

ich bin gern zu Ihnen gekommen und fühle mich durchaus als einer der Ihrigen. Auch wenn ich den größten Teil meines dienstlichen Lebens fast durchweg im sog. Stab verbracht habe, um die Multiplikatoren, die Leute an der Basis zu unterstützen und ihnen zur Verfügung zu stehen, so hat mich doch die Liebe zur Evangelisation, und damit auch zur konkreten und praxisorientierten Arbeit am Menschen um Jesu willen immer beschäftigt, ja getrieben. Der Fackelträgergeist, wenn ich meine Prägung einmal so nennen darf, beseelt mich nach wie vor. Immer noch und nach wie vor habe ich die tiefe Sehnsucht im Herzen, dass immer mehr Menschen das Glück wahrnehmen und in sich hineinlassen, Jesus Christus als ihren persönli-chen Herrn und Heiland kennen zu lernen und selbst zu lebendigen Zeugen Jesu zu werden, die ihn und seine gute Nachricht weiter unter die Leute bringen. Darum bin ich gern hier, weil ich hier Menschen weiß, die die gleiche Sehnsucht treibt. Ich bin Gott dankbar, dass es diese Evangelistenkonferenz schon über so viele Jahre gibt und dass hier Menschen beieinander sind, die genau diese Sehnsucht zusammenführt, dass doch der Platzregen des Heiligen Geis-tes unser Land einmal wieder so bedeckt, dass wir Erweckungen erleben, die unsere Herzen jubeln lassen.

Nun haben Sie mir ein Thema gestellt, das mich schon über viele Jahre begleitet. Schon zu Studiumszeiten war mir die Frage, wie denn der Heilige Geist die Predigt zu einem vollmäch-tigen Geschehen macht, wichtig. Ich habe sie dann als Pastor in der Gemeinde auch praktisch immer wieder vor Augen gehabt. Später habe ich dann als Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Münster jahrelang Studien zum Thema "Heiliger Geist" getrieben. Und immer war dies eine Kernfrage: Wie hängen Heiliger Geist und unsere Verkündigung zusammen? Was tut der Geist, was tun wir? Wann tut er was, damit unsere Predigt vollmächtig ist und damit auch erfolgreich wird? Und was müssen wir tun, damit der Heilige Geist durch uns wir-ken kann?

In sieben Abschnitten will ich mich dem Thema stellen, in der Hoffnung, etwas beizutragen zur Entwicklung und Förderung einer verheißungsorientierten und erwartungsvollen Lebens als Evangelist, als Evangelistin. Denn, was auch immer der Heilige Geist wirkt, - er ist ja da und lebt in uns, die wir an Christus glauben. Jedes Nachdenken über den Heiligen Geist und seine Wirkungen kann nur zu einer neu erwartungsvollen und zuversichtlichen Sichtweise des Dienstes führen.

Aber nun zum Thema selbst. Ich beginne mit dem ersten Abschnitt und überschreibe ihn mit

1) Eine sehnsüchtige Frage

Das Thema, das Sie mir gestellt haben, ist ja eine einzige große Frage. Die möchte ich zuerst ansprechen. Ich könnte sie gleich akademisch zu behandeln versuchen, aber ich will es nicht tun, weil ich in der Frage etwas finde, was uns vielleicht sehr persönlich umtreibt. Vielleicht hat ja das auch zur Themenformulierung geführt. Ich sehe in der Frage auch ein Ringen um den Ertrag unseres Lebens. Es ist die Sorge im Blick auf das, was von unserem Dienst bleibt. Es ist die schlichte Frage, ob wir - einmal ganz weltlich gesprochen - Erfolg haben, ob wir etwas sehen können von dem, was wir aufgebaut haben, ob wir ernten dürfen, was wir gesät haben. Das Wort "Erfolg" ist ja vielleicht gar nicht so unbrauchbar, wenn es um unseren Dienst geht. Wir benutzen gern andere Worte, aber in der Sache sind wir uns einig: Wer von uns möchte erfolglos bleiben? Wer sehnt sich nicht danach, dass viele und noch mehr Men-schen unsere Versammlungen besuchen, ja mehr noch, dass sich viele bekehren und den Weg mit Jesus einschlagen. Wer möchte nicht einmal auf seine Arbeit zurückschauen mit dem gu-ten Gefühl, dass da auch sichtbarer Erfolg war?

Und da hinein kommt nun die Frage nach dem Heiligen Geist. Wir sind uns darüber im kla-ren, und das unterscheidet uns von Managern und anderen Wirtschaftsleuten, aber auch von Anwälten, Handelsvertretern und Menschen anderer Berufsgruppen, dass der Erfolg, wenn ich das Wort einmal stehen soll, nicht aus uns selbst kommt, sondern aus der Kraft des Heili-gen Geistes. So stellt sich dann eben die Frage: „Ist der Heilige Geist Garant für den Erfolg? Ist es nur der Heilige Geist – oder auch mein eigenes Dazutun? Und wenn der Hl. Geist und nur er Garant für den Erfolg ist, dann stellt sich die Frage, wie das geschehen kann. Wie wirkt der Hl. Geist, wenn er denn Garant für den Erfolg ist? Und was müssen wir dazu tun, damit der Hl. Geist wirkt? Fragen über Fragen! Und sie treffen alle hinein in die Wirklichkeit unse-res dienstlichen Lebens.

Und lassen Sie mich die Sache noch etwas zuspitzen. Eben habe ich davon gesprochen, dass das Thema „Erfolg“ uns durchaus angeht und lebensgeschichtlich bewegen kann. Das mache ich auch gerade mit mir durch, kurz vor Beendigung meiner aktiven Dienstzeit, nach fast 45 Dienstjahren. Aber da ist noch etwas anderes. Ich höre die Themenstellung "Der Heilige Geist - Garant für Erfolg?" und sehe die Wirklichkeit in unserem eigentlich doch so christlich ge-prägten Deutschland: Wir haben in unserem Lande derzeit fast 30 Millionen Menschen, die keiner christlichen Gruppierung angehören. Darunter sind einige Millionen Getaufte, die aus der Kirche ausgetreten sind. Da sind aber auch viele andere Millionen, vor allem im Osten Deutschlands, die sind in der zweiten oder dritten Generation Nicht-Christen. Die wissen fast nichts von den Grundlagen des christlichen Glaubens. Wenn sie das Kreuz auf der Kirchturm-spitze sehen, fragen sie, was denn das Plus da soll. Wenn sie in einer Kirche den Gekreuzig-ten sehen, dann fragen sie, wer denn da hängt. Wenn sie bei Günter Jauch oder Jörg Pilawa auf Abraham angesprochen werden, fällt ihnen höchstens noch Abraham Lincoln ein. Wir sind in Deutschland Missionsland wie selten zuvor! Und wir haben als neue volksmissionari-sche Aufgabe in diesem Lande die Aufgabe, in zunehmendem Maße Nichtgetauften das E-vangelium zu bringen.

Aber nun kehre ich zurück zur Ausgangsfrage. Wenn der Heilige Geist, und das ist ja vermut-lich doch unsere Überzeugung, der Garant für den Erfolg unserer Arbeit ist, - dann müsste doch viel mehr passieren in unserem Land. Dann müsste es doch ein großes Aufatmen geben; unser Land und die Menschen darin müssten sich hinsehnen zu dem, der sie liebt und dessen Geist ihnen die Sehnsucht zu ihm hin ins Herz gibt. Aber wir erreichen vielleicht, wenn es hoch kommt, drei bis vier Millionen Menschen in Deutschland mit unserem evangelistischen Dienst, und dabei sind immer wieder die zwei oder drei Millionen Christen, die die evangelis-tischen Dienste zur eigenen Glaubensstärkung benutzen.

Mit alledem bekommt unser Thema eine besondere Dynamik, ich kann auch sagen, Dring-lichkeit und Leidenschaft. Dann müssen wir uns fragen, warum wir in diesen Jahren bei aller großen Bemühung um die Menschen in diesem Land doch so wenig – nun, ich gebrauche jetzt das Wort, Erfolg gehabt haben, durchschlagenden Erfolg, der sich auch noch viel stärker in der Öffentlichkeit in Deutschland zeigt. Ich werde also bei der weiteren Behandlung des Themas immer diesen Kontext, besser diese Herausforderung im Auge haben. Die Fragestel-lung, die das Thema in sich trägt, hat in der Tat die Frage in sich, was wir noch mehr vom Heiligen Geist lernen und wie wir uns ihm noch mehr anschließen können, damit er sein Werk unter uns und an den ungezählten Menschen, die Christus nicht kennen, tut.

2) Erfolg ist nicht immer Frucht

Erlauben Sie mir aber bitte jetzt doch ein Wort zum Thema „Erfolg.“ Ich glaube, dass es gar nicht so schlecht ist, auch einmal den Erfolg positiv zu bewerten, auch im Zusammenhang von Mission und Evangelisation. Wenn wir zunehmend von der Aufgabe der Qualitätskon-trolle, von Evaluation und diesen Dingen sprechen, müssen wir auch dem Wort und der Sache des Erfolges mehr Raum zugestehen. Trotzdem bleibt der biblische Vorbehalt, dass es in der Bibel kein Wort für Erfolg gibt, dass der Erfolg in der Bibel wörtlich nicht vorkommt. Es werden wohl sachlich Erfolge beschrieben wie z.B. beim Fischzug des Petrus oder bei dem Gleichnis vom Sämann oder bei dem mit den anvertrauten Talenten. Dennoch ist das nur die sog. weltlich ausgedrückte Ertragsseite eines geistlichen Prozessen. Die Bibel spricht lieber und deutlich vom Pflanzen und Begießen, vom Wachsen und von der Frucht.

Darum muss hier gesagt werden: Nicht alle Erfolgsgeschichten leiten sich aus geistlichen Wurzeln her. Unternehmungsberatungen helfen uns, effektiver und zielorientierter unsere Arbeit zu tun. Umstrukturierungen sind allenthalben gegenwärtig, sicher auch in Werken, denen Sie angehören. Aber Strukturmaßnahmen, die zu erfolgreicher Arbeit befähigen sollen, bieten noch keine Gewähr für geistliche Frucht. Wir haben zu lernen von denen, die uns hel-fen können, die Effektivität, die Effizienz und die Nachhaltigkeit zu fördern. Das ist aber dann noch nicht Frucht des Glaubens, Wachstum der Gemeinde, Frucht im geistlichen Sinne. Strukturveränderungen können, wenn sie hilfreich sind, den Raum vorbereiten und verbes-sern, in dem der Heilige Geist wirkt und in dem das Wachstum der Gemeinde passiert. Mit dem Wachstum der Gemeinde selbst - im biblischen Sinne - haben sie noch nicht viel zu tun. Sie können das Mitgliederproblem anpacken, die lebendige Gemeinde aber können sie nicht entwickeln.

Was ich hier anspreche, gilt zur einen wie zur anderen Seite. Wir haben auch noch kein eige-nes Gemeindewachstum, keine geistliche Frucht, wenn wir große Kongresse durchführen und womöglich kopieren, was da vorgestellt wird. Auch hier gilt: Solche Impulse von außen hel-fen, den Raum vorzubereiten für eigenes Wachstum. Das Wachstum selbst kommt aber nie von außen, sondern fängt drinnen an. Von draußen kommt die Anschauung, drinnen wächst die Inspiration.

Mit all dem will ich sagen: Mir ist die Rede von der Frucht eigentlich lieber. Die Sache mit dem Erfolg hat die Neigung, dass ich mich selbst beglückwünsche. Die Rede von der Frucht leitet dazu an, Gott und seinen Heiligen Geist zu beglückwünschen und in der Dankbarkeit zu leben über das, was er tut. Trotzdem möchte ich das Wort "Erfolg" nicht am Rande liegen lassen. Frucht will ja auch gemessen werden, manchmal auch gezählt, und da passt das Wort "Erfolg" ganz gut hin. Wenn ich mit dem Wort "Erfolg" so umgehe, dass ich es als die menschliche Auswirkung der geistlichen Frucht ansehe, warum sollte ich dann nicht davon reden? Ja, in diesem Sinne möchte ich auch Erfolg haben. In diesem sinne sollten wir auch über die Erfolge und Misserfolge unserer Arbeit reden. In diesem Sinne kommt die Themen-stellung neu ins Blickfeld.

3) Wort und Geist

Wie ist das nun, - ist der Heilige Geist Garant für Erfolg? Ich habe vorhin sozusagen hinter die akademische Frage geschaut und versucht, in unsere oft angefochtenen Herzen zu schau-en. Ich habe den Begriff „Erfolg“ hinterfragt; herausgekommen ist dabei, dass wir stattdessen lieber von Frucht reden sollten, - ohne damit die kreatürliche Freude an dem, was erreicht werden konnte und was durchaus als Erfolg gewertet werden kann, abzuweisen.

Nun aber: Ja, auf jeden Fall hat der Heilige Geist Frucht verheißen. Unser evangelistischer Dienst ist auf jeden Fall ein gesegneter Dienst; auf jeden Fall ist er auf Frucht, bitte schön, weltlich gesprochen, auf Erfolg ausgerichtet. Es geht gar nicht anders: Wir beschäftigen uns ja nicht mit uns selbst, sondern mit der Heiligen Schrift. Und da ist ein Zusammenhang, der unauflösbar ist. Heilige Schrift und heiliger Geist, das gehört zusammen. Wer sich mit der Schrift beschäftigt, der ist auch am Hl. Geist dran. Daran ist gar kein Zweifel. Die Frage ist nur, wie das zusammengehört.

Hier hilft mir ein Satz des leider schon verstorbenen holländischen Theologen Hendrikus Berkhof, der in großer Klarheit – in Anknüpfung an Luther, in seiner „Theologie des Heiligen Geistes“ geschrieben hat: „Das Wort bringt den Geist an die Herzen heran; der Geist bringt das Wort in die Herzen hinein.“ Damit hat er gesagt, dass alle Beschäftigung mit der Heiligen Schrift, alle Exegese und dann alle Verkündigung der Aufgabe dient, den Geist Gottes an die Herzen heranzutragen. Denn das Wort ist geistgewirkt: Wer sich mit dem Wort der Bibel be-schäftigt, trägt sozusagen den Hl. Geist an die Herzen der Menschen heran. Berkhof knüpft mit diesen Aussagen deutlich an an neutestamentliche Bezüge, die dasselbe sagen: „Die Schrift ist von Gott eingegeben“, heißt es in 2 Tim 3. „Der Glaube kommt aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Gottes“, heißt es in Röm 10,17. So ist das mit der geistgewirk-ten Schrift.

Das ist m. E. enorm verheißungsvoll. Wir sind als Verkündiger Geistträger, aber das nun in einem ganz anderen Sinne: Wir tragen durch die Verkündigung den Geist Gottes zu den Men-schen. Evangelisation ist Geisttransport. Und wo der Geist transportiert wird, ist immer etwas zu erwarten. Darum sprechen wir auch gern davon, dass Gottes Wort nie leer zurückkommt. Oder wir verwenden das andere große Wort der Reformation: „Die heilige Schrift legt sich selber aus.“ Warum? Weil die Schrift geistdurchwirkt ist.

Sehen Sie, liebe Schwestern und Brüder, diese Einsicht allein sollte uns Mut machen, wenn es um die Frage von Frucht und Erfolg geht. Ich erlebe diese Wirklichkeit gerade dann als Ermu-tigung, wenn ich bei mir den Eindruck habe, dass mein Tun wenig erfolgreich ist. Ich erinnere mich an manchen Abend, bei dem ich den Eindruck hatte, dass da nichts rüber kam. Ich war froh, als er vorbei war. Aber dann, Wochen später, wurde ich auf diesen Abend angesprochen. Meine Verwunderung war groß, denn es war das passiert, was ich gar nicht erwartet hatte. Das Wort hatte den Geist an die Herzen herangetragen, und Menschen hatten das gemerkt. Das tröstet ungemein, wenn der Dienst mit dem Wort so sinnvoll, so hoffnungsvoll ist, auch in Zeiten, in denen wir wenig sehen und manchmal auch entmutigt sind.

4) Die hermeneutische Lücke

Aber nun muss will ich noch auf eine hermeneutische Lücke hinweisen. Die Bezeichnung „hermeneutische Lücke“ kennen wir ja aus der Homiletik. Sie will sagen, dass es bei aller menschlichen Planung der Heilige Geist ist, der das Wachsen, Reifen und Ernten schafft. Hendrikus Berkhof, hat ja nicht nur geschrieben: „Das Wort bringt den Geist an die Herzen heran.“ Er hat hinzugefügt: „Der Geist bringt das Wort in die Herzen hinein.“ Da liegt die sog. hermeneutische Lücke zwischen menschlichem Wort und Gottes Geist. Wir sollen alles uns mögliche tun, damit das Wort an die Herzen herangetragen wird, und wir tun das unter der Verheißung, dass es geistgewirktes Wort ist. Aber der Heilige Geist bringt es in die Her-zen hinein. Er macht möglich, dass wir glauben können, ihm gehört das Verdienst, dass Sie und ich Christen geworden sind und heute noch im Glauben stehen. Wir sind nicht die Ma-cher, wir können nur alles uns mögliche tun, im Vertrauen darauf, dass ER, der gute Heilige Geist zu unserem Pflanzen und Begießen das Wachsen bringt. Ja, wir sollen sogar, nachdem wir gepflanzt und begossen haben, ruhig schlafen und uns nicht weiter um die Pflanzen be-mühen. Wir sollen dem Landwirt von Markus 4 gleichen, der im Frieden schläft, im Wissen, dass die Frucht automatisch (griechischer Text!) reift.

So kann es bei der Bemühung um die Frucht und ja auch um den Erfolg unserer Arbeit nicht um hektischen Aktionismus gehen. Wir dürfen nicht so handeln wie ich als Kind, das, nach-dem der Petersiliensamen in der Erde war, immerzu, fast an jedem Morgen geguckt hat, ob und wann das Ganze denn endlich aufgeht. Ich habe damals nicht gewusst, dass Petersilien-samen besonders lange braucht und habe im Boden herumgepult, mit dem Erfolg, dass der Samen an verschiedenen Stellen gar nicht mehr aufgegangen ist. Also: Wir sollen tun u n d lassen, d.h. weder dem Aktionismus, noch einem Quietismus verfallen. Unsere Aufgabe ist das Pflanzen und Begießen, er, der gute Geist Gottes gibt das Wachsen, Aufgehen und Reifen. Wir sind zuständig für die missionarische Erstlingsarbeit, nämlich das Evangelium auszusäen wie ein Bauer. Wir sind auch zuständig für die Pflege und Begleitung dessen, was da wächst. Wir sind aber dann vor allem zuständig für das Gebet und die verheißungsorientierte Einstel-lung, mit der wir alles von dem erwarten, der seine Gemeinde baut, heute und morgen und bis zu seinem Ziel. Diese Aussicht gibt mitten im Getriebe der Arbeit Ruhe und Gelassenheit. Sie hilft aber auch zu einer neuen Form der Prioritätensetzung.

5) Dem Geist Raum schaffen

Alles, was ich bisher gesagt habe, diente dazu, ein großes Ja zu sagen. Ja, der Heilige Geist schafft auf jeden Fall Frucht, er schenkt auch Erfolg in der Arbeit. Nichts ist vergeblich, was durch den Heiligen Geist geschieht. Er ist in jedem Fall Garant für den Erfolg. Er garantiert, dass unsere Arbeit Frucht bringt. Ermacht sie ja erst möglich.

Aber nun kommt die Frage erneut: Warum sind wir oft so erfolglos? Warum ist das mit dem Erfolg unter uns eine so zwiespältige Angelegenheit? Liegt es etwa daran, dass wir den Geist hindern, das zu tun, was er tun will? Was gehört dazu, damit der Geist seine Wirksamkeit beginnen kann? Ja, ich will mich dieser Frage stellen, auch wenn ich schon die Widerrede höre, frei nach der Losung: „Der Geist“ Gottes, so steht es ja auch im Johannesevangelium, „weht, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht.“ (Joh 3,8) Ist der Geist Gottes wirklich abhängig von unserem Tun? Macht er sich davon abhängig?

Als reformatorisch geprägter Theologie weiß ich, dass der Geist Gottes frei ist in seiner Wirk-samkeit. Er ist souverän, wie Gott selbst in seiner Herrlichkeit souverän ist. Und doch, wie Gott nicht ohne den Menschen sein wollte, so will der Geist das, was er tut, doch mit uns tun. Sein Missionswerk will er nicht allein besorgen. Er will unseren Mund, unser Hände, unser Herz, unsere Füße, ja den ganzen Leib. Er will uns auch als Gemeinschaft. Und alles, was da bereit ist, ihm zu dienen, kann er gebrauchen. Und was da nicht bereit ist, nicht vorbereitet, nicht dienstbereit, das verlangsamt das Tempo seines Tuns. Und das nicht, weil er abhängig von unserem Verhalten wäre, sondern weil er beschlossen hat, sein Tun mit uns zu verbinden. Die Freiheit des Geistes schließt seinen Willen, die Evangelisation der Welt mit uns gemein-sam zu tun, nicht aus.

Darum nehme ich mir nun die Freiheit zu fragen, was an uns zu tun ist, um dem Geist den Raum zu bereiten. So wie in diesen Adventstagen die Rede ist von der Straße, die durch die Wüste gebaut werden soll, damit der Herr einziehen kann, so versuche ich einen Weg zu be-reiten, der dem Geist Raum gibt, damit er in aller Freiheit auf diesem Wege gehen kann, hin zu den Menschen, die Christus noch nicht kennen. Ich nenne sieben Aspekte, die dazu beitra-gen können, dem Heiligen Geist Raum zu geben. Entwickelt habe ich sie aus Einsichten, die das Neue Testament uns zum Thema „Heiliger Geist“ liefert.


5.1 Den Dienst der Evangelisation umbeten

Es ist augenfällig, dass die Geistausgießung in der Apostelgeschichte vom Gebet der Ge-meinde begleitet ist, ja dass das Gebet der Gemeinde der Geistausgießung vorausgeht. So le-sen wir das in Apg 1, 2 und auch in Kap. 4, wo das berühmte Gebet der Gemeinde angesichts der ersten Verfolgung geht und wo ja dann eine neue Geistausgießung erfolgt. Geist und Ge-bet, - diese beiden gehören zusammen. Veni Creator spiritus, dieses alte Gebet „Komm Schöpfer Geist“ begleitet und prägt die Christenheit von Anfang an – und muss sie prägen.

Ich sehe zwar, dass unter uns viel gebetet wird, aber trotzdem kommen Evangelisation und Gebet nicht immer zusammen. Ich denke oft darüber nach, warum gerade die charismatischen Gruppen das Gebet oben an stellen, während wir vom Pietismus und der Erweckungsbewe-gung geprägten Leute da irgendwie stiller, vielleicht auch spröder sind. Ich sehe viele Gebets-bewegungen in unserem Land, die noch nicht selbstverständlich mit unseren Evangelisations-bemühungen verbunden sind. Ich sehe viel „Lasst uns noch am Schluss kurz beten“ unter uns, aber wenig leidenschaftliche und kontinuierliche Inanspruchnahme dieser unglaublichen Kraftquelle. Ich sehe viel gute Bücher und Ansprachen zum Thema „Gebet“, aber oft allzu keusches Umgehen damit im Raum der Gemeinde oder Gemeinschaft. Dabei verstehe ich unter Gebet einen dauerhaften Prozess in der Gemeinde, die ja Trägerin der Evangelisation ist. Ich verstehe darunter die leidenschaftliche und Gott in den Ohren liegende Haltung und Bitte, er möge doch die jeweils anstehende Evangelisation gelingen lassen und seinen Geist schicken, damit die Herzen zu Christus hin bewegt werden. Ich meine, dass das Gebet an der ersten Stelle unseres Dienstes stehen sollte. „Allein den Betern kann es noch gelingen“, hat Reinhold Schneider in den immer bedrohlicheren Zeiten des Hitler-Regimes gesagt. Das gilt auch für die Evangelisation in unserem Land. Es gilt für die Riesenherausforderung, von der ich oben gesprochen habe und vor der wir stehen.

5.2 In der Verkündigung klar sein

Im Johannesevangelium stehen wichtige Sätze über die Wirksamkeit des Heiligen Geistes. Er ist dazu da, Christus zu bezeugen und zu verherrlichen, heißt es in Joh 16 und das nicht nur dort: Die Abschiedsreden des Johannesevangeliums sind voll vom Zusammenhang zwischen dem Geist und Christus. So lesen wir das auch in der Apostelgeschichte. In Kap. 1,8 sagt Je-sus: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein.“ Und in 1 Joh 4,1-6 wird geredet von der Unterscheidung der Geister. Da wird ganz deutlich, dass die Christusverkündigung, genauer die Verkündigung des Gekreuzigten das ist, was der Geist tut und auch von uns haben will.

An dieser Stelle mache ich mir viele Gedanken. Unsere Kirche spricht viel von Gott und sei-nem Wirken. Es wird eine „Bibel in gerechter Sprache“ herausgebracht, in der mit großer Anstrengung versucht wurde, den Gottesnamen vielfältig zu entfalten. Ich will mich zu die-sen für mich bedenklichen Versuchen hier nicht weiter äußern. Aber ich will sagen: Da, wo die Christusverkündigung nicht im Zentrum ist, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass geistlich so wenig unter uns passiert. Wir brauchen Christus nicht für eine Art Präambeltheo-logie. Davon habe ich in meinem dienstlichen Leben genug gehabt. Es reicht auch nicht, dass die Klarheit der Lehre noch in der Liturgie und in den Kirchenliedern enthalten ist. Wir brau-chen Jesus Christus als die zentrale Botschaft in der Evangelisation, als das einzige Lebens-angebot, als einzigen Trost im Leben und im Sterben. Wir brauchen ihn zur Vergebung der Sünden. Wir haben keine andere Botschaft als die Verkündigung des Wortes vom Kreuz. Wo wir uns danach richten, werden wir die Kraft des Heiligen Geistes spüren und erfahren. Wie sagt es Jesus selbst in Joh 7,37ff: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Und dann fügt der Evangelist Johannes hinzu, dass Jesus damit den Heiligen Geist gemeint habe.

5.3 Einheit leben

Es ist auffallend, wie stark besonders in den Paulusbriefen der Geist Gottes und die Einheit des Leibes Christi zusammen gesehen werden. In dem berühmten Kapitel über die Gaben des Geistes, in 1 Kor 12, spricht Paulus sehr bewusst von dem einen Geist, der die Einheit des Leibes bewirkt. Und doch muss der gleiche Paulus z.B. in Phil 2 den Christushymnus bemü-hen, um die auseinanderstrebenden Kräfte der Gemeinde zu einen neuen Einheit hinzulieben, und das gerade da, wo er doch die größte Freude am Gemeindeleben hatte, nämlich in Philip-pi. In der Theorie ist alles klar: Der Geist schafft Einheit, und die wirkt sich aus in der Ver-schiedenheit und im Zusammenwirken der Gaben, die die Einzelnen empfangen haben. Aber in der Praxis ist das so sehr anders, dass Jesus sogar in seinem hohepriesterlichen Gebet den Vater im Himmel bitten muss, dass er Einheit schaffen möge unter denen, die der Welt den Glauben an Jesus vermitteln wollen. Ja mehr noch, Jesus bittet den Vater, Einheit zu schen-ken, damit die Welt glauben kann. Denn das wird aus allem deutlich: Der Heilige Geist will die Einheit unter denen, die um Frucht bitten. Er schenkt sich dort, wo Menschen miteinander, und nicht nur nebeneinander evangelisieren.

Das war ein Problem damals, und das ist es auch noch heute. Auch in unseren sog. evangeli-kalen Arbeiten fehlt uns noch das Miteinander. Konferenzen wie diese hier sind kostbar, denn sie verstärken das Bewusstsein, zusammen zu gehören. Aber eigentlich sind Evangelisten eher Einzelkämpfer als Gemeinschaftsarbeiter. Und auch unsere Werke und Verbände: Wir sind bunt gemischt, wir mögen einander, es ist viel Vertrauen gewachsen, aber wir schaffen keine gemeinsame Aktion. Wir haben ProChrist und Willow Creek, - in beiden Arbeiten bin ich im Vorstand, - wir vertrauen einander und wollen das Gleiche, aber wir vernetzen noch nicht genug. Wir arbeiten nebeneinander, wohl in der Wertschätzung füreinander, aber zu wenig im Blick darauf, was wir um eines gemeinsamen Ziels in der eigenen Arbeit lassen und für das Miteinander opfern können. Oft denke ich an die Lausanner Weltkonferenz vor 32 Jahren, an der ich teilnehmen konnte. Wir haben es damals als deutsche Gruppe nicht ge-schafft, gemeinsam Strategien für unser Land zu entwerfen, um die Millionen und Abermilli-onen von Nichtchristen mit dem Evangelium zu erreichen. Wir fanden uns zusammen, um miteinander zu beten, aber wir waren nicht einig in der Lehre, obwohl wir soviel Gemeinsa-mes hatten und wir fanden uns nicht zusammen in der einheitlichen Strategie für unser Land.

Daran muss ich oft denken, und ich wünsche mir, dass wir aus dieser Engführung, die den Heiligen Geist hindert, herauskommen. Vielleicht kann ja der Runde Tisch Evangelisation der Lausanner Bewegung Deutscher Zweig zu so einem geistlichen Zentrum der, in dem die ver-schiedenen Stränge evangelistischer Arbeit in Deutschland gebündelt werden. Vielleicht kann auch die Deutsche Evangelistenkonferenz hier noch mehr sein als bisher. Auf jeden Fall brau-chen wir eine erkennbare Einheit des Miteinanders, nicht nur des Nebeneinanders, um dem Geist Raum zu geben, die Herzen der ungezählten Konfessionslosen zu erreichen.

5.4 Das reine Herz wollen

Wir kennen alle das schöne Gebet: „O heiliger Geist, kehr bei uns ein; o Heiliger Geist, kehr bei uns aus.“ Ja, der Heilige Geist ist eine Art Kehrbesen, der will, wenn er bei uns Wohnung nimmt, ein aufgeräumtes Zuhause. Er will, dass unser Zuhause ordentlich und behaglich ist. Er will geordnete Verhältnisse. Er ist ja nicht nur der Tröster, er ist auch der Vermahner, der Spiegel, der uns zeigt, wie es bei uns aussieht, der Ankläger, wie es in Joh 16 heißt. Er will, dass die Sünde, die Ungerechtigkeit, das gottlose Wesen aus uns verschwinden. Er will, dass die Straße, auf der er gehen will, um die Herzen zu bekehren, keine blockierenden Steine ent-hält.

Das ist ein seltenes Thema, liebe Schwestern und Brüder, aber es hat mit unserer Themenstel-lung zu tun. Der Heilige Geist und das Thema Heiligung gehören zusammen. Wir wissen selbst, wie schwer uns der Dienst fällt, wenn das Miteinander zuhause nicht mehr stimmt. Wie viele Blockaden entstehen im Dienst, wenn Ehen auf der Kippe stehen, wenn Verleum-dung da ist, wenn gegeneinander gehetzt wird, wenn persönliche Abhängigkeiten da sind, die die Mitte nicht mehr Mitte sein lassen! Das alles gilt für jeden von uns persönlich, aber es gilt auch für den Leib der Gemeinde. Ein seltenes Kapitel ist das, so habe ich es eben genannt. Wir reden wenig, zu wenig über dieses Thema, weil wir gleich befürchten, in eine neue Ge-setzlichkeit und Enge zu verfallen. Aber das Gegenteil davon ist Libertinismus und Entwei-hung des Heiligen. Kaum ein Thema ist in letzter Zeit so unterschlagen worden wie das The-ma Heiligung oder soll ich sagen: persönliche Lebensgestaltung in der Nachfolge Jesu. Ich bin davon überzeugt, dass der Heilige Geist ein ihm gemäßes Leben haben will. Nicht um-sonst spricht ja Paulus mit Nachdruck davon, dass unser Leib, unser Körper, aber auch der Körper der Gemeinde ein Tempel des Heiligen Geistes sein soll. Wie soll in der Evangelisati-on Frucht entstehen, wenn der Leib alles andere als ein Tempel ist?

5.5 Dem Geist vertrauen

Oft in der Exegese zu Röm 8 bin ich bei 8,15 hängen geblieben. Da steht ja der großartige Satz: „Ihr habt keinen knechtischen Geist empfangen, sodass ihr euch wieder fürchten müss-tet, sondern den Geist der Kindschaft. In dem schreien wir: Abba, lieber Vater.“ Da schreibt Paulus einer Gemeinde, von der er weiß, dass von ihrem Glauben in der ganzen Welt die Re-de ist. Er weiß aber auch, darum spricht er es ja auch aus, dass wir Christen, auch wir Haupt-amtlichen schnell sehr ängstlich werden. Angesichts der großen Zahl von Konfessionslosen, von denen ich vorhin gesprochen habe, kommen oft auch große Ängste. Wer sind wir, die wir hier standhalten sollen? Auch angesichts der großen Strukturprobleme der Kirche sagen wir oft, dass uns das Angst macht. Angesichts vieler Dienste fragen wir uns oft, wie wir das alles schaffen sollen. So sind wir oft kleine oder auch größere Elia-Typen, die es nach oder vor ihren Diensten mit der Angst bekommen können.

Das Wort aus dem Römerbrief leitet uns an, dass wir unseren Dienst zuversichtlich tun. Wo der Geist Gottes ist, da ist kindliches Vertrauen, - das lehrt uns dieses Wort im Römerbrief. Es steht ja nicht da, dass wir uns Sorge um die Gegenwart des Geistes machen müssten. „Ihr habt empfangen“, sagt Paulus.

Was heißt das alles für unsere evangelistische Verkündigung? Es heißt, dass wir keine Angst haben müssen, ob und wie unser Dienst ankommt. Wir sind als Reich-Gottes-Mitarbeiter kei-ne geknechteten Leute, die sich abquälen müssen. Weil wir den Geist empfangen haben, sol-len wir ihm nun auch zutrauen, dass er sein Werk tut. Darum geht es, um das zuversichtliche Glauben und Vertrauen, als Antwort auf die große Verheißung, die uns zugesprochen worden ist. „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“, heißt es an anderer Stelle bei Paulus. Ich kann auch sagen, mit Worten der Apostelgeschichte: Wo der Geist des Herrn ist, da entsteht Freimut. Freiheit und Mut kommen zusammen;- wenn das keine Aussicht ist, auch gerade angesichts der großen Herausforderungen unserer Zeit.

5.6 Geistesgegenwärtig leben

Sie werden alle die wunderbare Geschichte kennen und schon oft darüber gepredigt haben: Paulus möchte in den Norden der heutigen Türkei, aber der Geist Gottes lässt ihn nicht. Dann macht er noch einen anderen Versuch, aber auch hier will der Geist es anders. Schließlich lässt sich Paulus ein auf das, was der Geist will, und siehe da, der Geist weist ihm den Weg nach Europa. Sozusagen als Überschrift zu dieser Geschichte in Apg 16 können wir den gro-ßen Vers aus Röm 8,14 nehmen, in dem es heißt: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“ Besser übersetzt: Die sich vom Geist Gottes führen lassen, - Kinder Gottes sind sie. Denn sie wissen, dass es nicht nach ihrer Route geht, sondern nach der des Geistes. Sie machen wohl ihre Planungen, aber sie fragen dabei, ob es auch die Planungen des Geistes sind. Sie erweisen sich ganz als professionell ausgestattete und agierende Kinder dieser Welt, aber als Kinder Gottes suchen sie nach den Wegen Gottes.

Das ist „geistesgegenwärtig leben“. In der Gegenwart des Geistes leben, - darum geht es. Und das meine ich nicht charismatisch abgehoben, als wäre eine besondere Geistoffenbarung nö-tig, um seine Wege kennen zu lernen. Ich meine es so, dass wir unsere Reisepläne nicht nur nach der Jakobinischen Regel gestalten, sondern dass wir fragen, ob wir sie überhaupt ma-chen sollen. Wir sehen unsere Dienste dann nicht mehr nur aus dem eigenen Blickwinkel, sondern fragen vor Gott Geschwister im Glauben, ob sie wie wir meinen, dass wir dies und das tun sollen. Wir bilden eine Gebetsgemeinschaft, um den Willen des Geistes zu erkunden. Wir fragen nach dem, was die Schrift uns heute sagt und prüfen, ob das, was wir tun wollen, unserer eigenen Ehre oder der des Geistes dient. Nicht alles, was wir meinen tun zu sollen, ist wirklich ein geistgeleiteter Dienst. Manche von uns, die nur auf Achse sind, brauchen eine Ruhepause, - sie merken es nur gar nicht mehr. Manche, die sagen, dass sie für 2008 keine Termine mehr frei haben, lieben ihren Terminkalender mehr als ihre Gesundheit. Krankheit, aber auch das Auseinanderbrechen von Ehen ist oft die Folge eines Dienstverständnisses, das eigenen Regeln und Antreibern gehorcht, nicht aber mehr denen des Geistes. Der Hl. Geist führt uns in den Dienst, er kennt aber auch unsere Grenzen. Er ist f ü r den Feiertag, den Ausruhtag am Sonntag, oder wenn es nicht geht, dann mitten in der Woche. Er ist g e g en die Durchhetzerei. Er ist auch gegen die latente Überforderung, die wir uns leisten, auch ge-gen die immer neuen Reize und Themen, die immer neuen Termine und Gremien, die uns oberflächlich machen. All das baut ihm nicht die Bahn, schafft ihm nicht den Raum, um den Weg zu den Menschen zu finden.

Stattdessen geht es darum, zu entdecken, was denn der Geist Gottes von uns will. Ob der Norden Kleinasiens oder das viel größere Europa unser Ziel ist. Manchmal hindern uns unsere selbst gemachten und darum auch oft klein karierten Pläne daran, das Große, was der Geist will, zu tun. Wir stehen dann so sehr in dem Gewohnten, dass wir das Außergewöhnliche nicht an uns heranlassen wollen, weil es ja nur neue Anforderungen bringt. Aber mit dieser Einstellung bleiben wir im Gewohnten, der Geist tut seinen groß angelegten Dienst dann wo-anders. Der Platzregen des Geistes kommt anderen Landstrichen und Völkern zugute,- was man ja heute durchaus auch so sagen kann.

Es geht darum, dass wir uns die Zeit nehmen und den Mut haben, geistesgegenwärtig zu le-ben. Im Hören auf das, was der Geist sagt, wird der Weg, den wir gehen sollen, vielleicht ganz neu, aber jedenfalls gangbar werden.

5.7 Geduld haben

Schließlich: Der Geist Gottes ist kein Geist der Hektik, sondern er tut die Dinge zu seiner Zeit. Wie lange hat es gebraucht und wie ungewöhnlich war der Weg, bis das Evangelium nach Europa kam? Der Geist Gottes gibt Zeit und Tempo an. Wir sollen uns mit unserer Zeit und unserem Tempo seinem Tempo angleichen. Und dabei kann es durchaus passieren, dass wir in unserer Zeit nicht mehr erleben, wie der Geist sein Werk zu Ende führt. Es kann sein, dass der Segen unserer Arbeit erst zu einer Zeit sichtbar wird, wo wir nicht mehr da sind. Es kann sein, dass ein anderer erntet, was wir gesät haben. Es kann sein, dass das dann keiner mehr merkt, dass wir ja etwas angefangen haben. Das alles kann sein. Entscheidend ist, dass der Geist Gottes mit seinem Werk zu seiner Zeit zurechtkommt. Unser Werk, unsere Frucht, unser Erfolg ist ein Dienst für die Ewigkeit, nicht für die Zeitspanne, die wir übersehen. Das, meine ich, kann uns manchmal trösten in Zeiten, in denen wir uns fragen, wie es denn mit dem Erfolg unserer Arbeit steht.

Es heißt aber auch, dass wir nicht in die Kassandrarufe unserer Zeit einstimmen müssen. Wir sollen alles uns Mögliche tun, um den missionarischen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen. Aber wir sind alle nur Stafettenläufer. Nur der Geist Gottes übersieht das Ganze. Das hilft, die Vorgänge in Kirche und Werk gelassener zu sehen. Das bewahrt vor ungesunder Hektik und der Sorge, dass wir etwa versäumt haben, was wir noch richten müssen. Unser Dienst ist immer auf Zeit. Diese Einsicht muss nicht Angst machen, - sie schafft vielmehr Freiheit und lehrt uns Geduld. „Es gibt Impulse, die muss man sich aufbewahren“, hat vor Jahren der leider viel zu früh verstorbene Prof. Gerhard Ruhbach gesagt. Recht hatte er, und wir können die Wahrheit dieses Satzes -zigfach belegen. Was wir brauchen, ist die Verbin-dung von Leidenschaft und Geduld.

6) Die große und die kleine Zahl

Nachdem ich nun einiges vor Ihnen ausgebreitet habe, von dem ich glaube, dass es dazu bei-trägt, dem Hl. Geist den Raum zu bereiten und damit auch das Evangelium nicht nur an die Herzen heran, sondern auch in die Herzen hinein zu tragen, will ich doch noch eine mir wich-tige Zusatzbemerkung machen. Ich bin überzeugt davon, dass der Hl. Geist die großen Zahlen sucht und mit seinem von Luther so schön bezeichneten Platzregen viele Menschen erreicht und erreichen will. Wie hätten denn die Erweckungen in Deutschland geschehen können, oh-ne dass der Heilige Geist sie bewirkt hätte? So bin ich auch überzeugt davon, dass wir, wenn wir dem Geist Gottes noch mehr Raum geben, auch mit Wundern rechnen dürfen, die unsere Erwartungen weit übersteigen. Und damit meine ich nicht zuerst die Wunder der Heilung von Krankheiten, - das wäre noch einmal ein anderes Thema. Ich meine hier das Wunder, dass sich viele Menschen zu Christus bekehren.

Das ist das Eine. Aber das andere muss auch gesagt werden: Auch wenn wir unser Leben so gestalten und unser Gemeinschaftsleben so ausrichten, dass Christus wirklich den ersten Platz hat und der Heilige Geist nicht betrübt wird, so entsteht doch dadurch noch kein Automatis-mus des Erfolgs. Es geht bei unserem Thema wohl darum, wie wir dem Geist Gottes Raum schaffen können, damit er an seinem Wirken durch uns nicht gehindert wird. Es bleibt aber in der Freiheit des Geistes, wie er wirkt. Ich bin mir ganz sicher, dass er wirkt und dass unser Dienst ein gesegneter Dienst ist. Aber nicht immer wird er mit großen Zahlen gesegnet. Ich erinnere mich an eine Missionarin in China, die dort 10 Jahre lang gewirkt hatte. Ich habe sie kennen gelernt, als sie schon längst wieder in Deutschland war. Sie war eine durch und durch geistliche Person. Aber sie hat damals in China nicht ernten können, was sie gesät hatte. Sie musste das Land aus politischen Gründen verlassen, und erst die Nachfolgerin konnte etwas von dem sehen, was sie in den Boden gebracht hatte. Und auch da waren es nicht die große Zahlen, die zu verzeichnen waren, sondern kleine. Ein paar Leute ließen sich taufen, das war der Erfolg.

Ich sage das so deutlich, weil ich vor zweierlei warnen möchte. Zum einen warne ich davor, den Erfolg der Arbeit an den großen Zahlen zu messen. Der Heilige Geist ist Garant für den Erfolg, ja, gewiss doch. Aber Erfolg heißt nicht immer, dass uns die großen Zahlen geschenkt werden. Erfolg kann auch die kleine Zahl sein, und wer weiß, ob unter den wenigen, die wir manchmal erreichen, nicht ein neuer Paulus oder Luther ist. Aber auch vor dem anderen ist zu warnen: Es gibt Stimmungen im Land, die die kleine Zahl fast verherrlichen, so, als ob nur diese die Wirksamkeit des Geistes Gottes angemessen spiegeln würde. Nein, der Geist Gottes will das Große und das Kleine, die große Zahl und die kleine. Es gehört zu den Anfechtungen unseres Lebens, wenn wir trotz großer Visionen und Strategien oft doch nur die kleine Zahl erreichen. Es gehört aber zu den Beglückungen unseres Lebens, wenn wir wider Erwarten viele Menschen erreichen. Es bleibt der Freiheit des Geistes vorbehalten, den Erfolg danach zu messen, wie er ihn haben will. Hauptsache, wir sind treu und tun unseren Dienst mit Hin-gabe und Leidenschaft.

7) Der Geist als Seelsorger

Damit komme ich zu einem letzten Gedankengang. Wir haben jetzt viel vom Erfolg gespro-chen. Wir haben den Geist Gottes vor allem gesehen im Zusammenhang der evangelistischen Verkündigung. Nicht unterschlagen sei, dass der Heilige Geist der große Seelsorger unseres Lebens ist. Er ist bei denen, die in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern, wie es in 1 Kor 2 heißt, ihren Dienst tun. Da verwandelt er unser armes Menschenwort und macht, dass es zum kraftvollen Gotteswort wird. Er sieht unser oft so ratloses Beten und darin die Schwachheit unseres Glaubens. Da kommt er und nimmt die Gebetsworte, die eigentlich nur bis zur Zimmerdecke gehen und macht Worte daraus, die Gott gefallen. Er tritt stellvertretend beim Vater im Himmel für uns ein. Ja, er ist wirklich der Tröster in den Anfechtungen unseres Lebens. Er ist der Wegbegleiter, der uns inspiriert. Er ist der Hoffnungsspender, der nicht aufhört, uns Lust zu machen auf Gottes neue Welt. Der Heilige Geist ist Garant für Erfolg, ja, ich unterstreiche diese Aussage und mache aus dem Fragezeichen ein Ausrufezeichen. Aber der Heilige Geist ist noch viel mehr: Er ist der Garant dafür, dass wir durchhalten. Helmut Thielicke soll einmal gesagt haben, dass der Heilige Geist bei manchen Menschen genug da-mit zu tun hat, sie daran zu hindern, von der Brücke zu springen. Dauernd ist der Heilige Geist als Tröster und Ermahner, als Seelsorger für die Gemeinde Jesu und für uns persönlich unterwegs. Er garantiert, dass wir einmal am Ziel ankommen und in die offenen Arme Jesu fallen.

































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