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Corona Zweite Welle: Aufruf zum Umdenken in ernster Lage


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Rolf

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Donnerstag 5. November 2020 von Netzwerk Bekennender Christen Pfalz

 

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Wir stehen am Anfang des zweiten Corona-Lockdowns in Deutschland – eines Lockdowns, von dem es monatelang vollmundig geheißen hatte, dass es ihn aber auch ganz bestimmt nicht geben würde. Eines Lockdowns zudem, der gezielt die Gastronomie bis hinunter zum Steh- oder Sitzcafé beim Bäcker an der Ecke trifft sowie private Treffs aus mehr als soundsoviel Personen und Haushalten. Mit anderen Worten: Der Lockdown schränkt die Möglichkeiten zur Kommunikation des normalen Bürgers empfindlich ein. Ich weiß genau, wovon ich rede, denn mein Wissen z.B., dass in zahlreichen Fällen auf Totenscheinen älterer Verstorbener als Todesursache „Corona“ stehen MUSSTE, habe ich nicht aus der Tageszeitung, vom Robert-Koch-Institut oder von der Kanzlerin erhalten, sondern in spontanen Gesprächen in besagten Bäckercafés und bei privaten Treffs. Die Möglichkeit zu solchen Gesprächen wird jetzt vier Wochen lang (wirklich nur vier Wochen?) empfindlich reduziert.

 

Aber es gibt auch – klar, bald ist ja Weihnachten – frohe Botschaften. Die AKREF-Nachrichten der Deutschen Evangelischen Allianz vom 29.10.2020 vermelden, dass laut Kanzlerin Merkel Gottesdienste weiterhin erlaubt sein sollen, denn da ja auch die Geschäfte weiter öffnen dürfen, „schien es uns nicht angemessen, Gottesdienste zu verbieten“ – eine Formulierung, die man einmal langsam und mit voll eingeschaltetem Gehirn lesen sollte. Es schien der Kanzlerin und ihren Mitstreitern also „nicht angemessen“, Gottesdienste zu verbieten. Laut Artikel 4 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland dürfen Gottesdienste gar nicht verboten werden, denn volle Glaubens- und Gewissensfreiheit sind garantiert, und „die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ Aber gut, das Grundgesetz ist durch die Corona-Maßnahmen eh schon teilweise ausgehebelt. Da ist es hilfreich, wenn auch nicht beruhigend, zu wissen, dass es in unserer Republik eines Tages also doch „angemessen“ sein könnte, Gottesdienste zu „verbieten“, selbstverständlich nur zum Besten des unmündig gemachten Bürgers. Für dieses Mal war es halt noch nicht angemessen. Wir haben verstanden.

 

Immer mehr Bürger, aber auch Christen fühlen sich, ungeschminkt ausgedrückt, bedroht. Sie ahnen, dass in Deutschland, aber auch anderswo ein politischer Systemwandel vor sich geht, dessen Resultat für den Normalbürger nichts Gutes sein wird. Und speziell Christen registrieren verstört, dass, nachdem Karfreitag und Ostern bereits mehr oder weniger ausgefallen sind, jetzt auch Weihnachten an der Reihe sein könnte, dass eine geordnete Kinderarbeit in vielen Gemeinden nicht mehr möglich ist und dass es nicht selbstverständlich ist, ob man im nächsten Gottesdienst singen oder auch nur beim Vaterunser mitbeten darf. Was, du hast deine Maske vergessen? Was, ihr seid nicht angemeldet? Pech gehabt. Christen fragen sich – mit vollem Recht –, was das denn noch mit Gemeinde, wie sie im Neuen Testament angedacht ist, zu tun hat.

 

Und sie erwarten Stellungnahmen, Antworten, Wegweisungen von den Leitern der Kirchen und Gemeinden. Wobei es, wenn man die Fülle der Fragen und Probleme bündelt, insbesondere drei große Themen sind, bei denen sie gerne Antworten hätten: 1. Was hat Corona mit Gott zu tun? Ist das Ganze womöglich ein Gericht Gottes? – 2. Wie halten Christen es in dieser Situation mit der Obrigkeit und ihren „Maßnahmen“? Muss man als Christ alles mitmachen oder hat man ein Widerstandsrecht oder ist das vielleicht komplizierter? – 3. Was ist denn, von Gott her gesehen, im Augenblick der Auftrag der Kirchen und Gemeinden? Wie sollen sie auf die Lage reagieren, was für Weichenstellungen wären jetzt wichtig?

 

Ein klärendes Wort aus der Chefetage?

 

Kurz vor dem zweiten Lockdown gab es in der Ausgabe Nr. 43 (21. Oktober) der renommierten evangelikalen Zeitschrift „idea Spektrum“ auf der Seite 3 eine Neugier und Hoffnung weckende Überschrift: „Wie gehen wir Christen mit Corona um?“ Es war ein Gastkommentar von Ekkehart Vetter – nicht irgendjemand, sondern Vorsitzender der Evangelischen Allianz in Deutschland. Ich begann die Lektüre mit Spannung – und war zum Schluss gründlich desillusioniert. Vetter widmet fast die Hälfte seiner Ausführungen einer sarkastischen Polemik gegen „heiß laufende Skeptiker“ (wohl Vetters Wort für „Verschwörungstheoretiker“); eine argumentative Auseinandersetzung fehlt. Dann folgen unvermittelt „9 Thesen zum Umgang mit der Krise“. Legt man an diese Thesen die drei oben erwähnten Grundfragen, die die Christen derzeit umtreiben, an, ergibt sich folgendes Bild:

  1. Was hat Corona mit Gott zu tun? Ist das Ganze womöglich ein Gericht Gottes? – Dazu sagt Vetter – nichts. Das Thema „Gericht Gottes“ kommt schlicht nicht vor.
  2. Wie halten Christen es in dieser Situation mit der Obrigkeit und ihren „Maßnahmen“? Hier gibt Vetter eine eindeutige Antwort: Der Obrigkeit gehorchen und für sie beten.
  3. Was ist, von Gott her gesehen, im Augenblick der Auftrag der Kirchen und Gemeinden? Auch hier gibt Vetter eine Antwort: Mit der Obrigkeit kooperieren (siehe oben), die Corona-Beschränkungen akzeptieren, auf große Veranstaltungen verzichten und die „zwei oder drei“, die sich in Christi Namen versammeln, entdecken, also sich auf das Kleine zurückziehen.

Nach acht Monaten Erfahrungen mit Corona und dem Corona-Wahn hätte man als mündiger Christ hier mehr, viel mehr erwartet. Dieser Gastkommentar ist ein theologisches und kirchliches Armutszeugnis. Wobei man Vetter persönlich wahrscheinlich gar nicht böse sein kann, denn was er schreibt, gibt ja lediglich den kirchlichen und auch evangelikalen „Corona-Mainstream“ wieder, und der lautet: Die Zeichen der Zeit interessieren uns nicht, wir wollen unsere Ruhe haben und bald ist ja hoffentlich die Krise vorbei.

 

Sie ist nicht vorbei, sie fängt gerade erst richtig an. Und so sollten wir uns ein paar Gedanken über die obigen drei Grundfragen machen. Ich fange an mit

 

Corona und Gottes Gericht

 

 

Bereits am 18.03. gab der Gemeindehilfsbund seinen 

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 heraus, der vor den Folgen der Corona-Krise warnte und diese als Gottes Gericht verstand. Der Aufruf, der u.a. als Anzeige in „idea Spektrum“ erschien, rief explizit dazu auf, „umzukehren von falschen Wegen, die Gott nicht gefallen und seinen Zorn hervorrufen.“ Der Aufruf war ein mutiges, deutliches und, wie inzwischen immer klarer wird, prophetisches Dokument. Aber in der geistlichen Beurteilung der Corona-Krise durch Kirchen und christliche Verbände ist er alles in allem eine Ausnahmeerscheinung geblieben. Der „Mainstream“ – auch der evangelikale – tickt anders. Ein frühes Zeichen dafür war der noch im Frühjahr erschienene Sammelband Gott suchen in der Krise, herausgegeben von Ulrich Eggers bei SCM-Brockhaus, der frühe Erfahrungen mit und Beurteilungen von Corona zusammenstellte. In diesem Buch war nur eine kleine radikale Minderheit bereit, die Corona-Krise als Gericht Gottes zu deuten oder eine solche Deutung auch nur in Betracht zu ziehen. Bei einigen theologischen Experten (wohlgemerkt aus dem evangelikalen Raum) ging dies bis hin zu der Position, man dürfe kein Gericht Gottes behaupten und man habe heutzutage gelernt, die Bibel anders zu lesen. Diese Mainstream-Position scheint sich bis heute zu halten. Corona als Gottes Gericht? Aber nicht doch!

 

Sowohl eine unvoreingenommene Lektüre der Bibel als auch eine Analyse der Frage, ob in den heutigen Gesellschaften des ehemals christlichen Abendlandes Gott nicht vielleicht gute Gründe für ein Gericht haben könnte, liefern ein anderes Bild. In der Bibel beginnt die Menschheits- und die Heilsgeschichte bekanntlich mit einem Ur-Gericht Gottes – der Vertreibung der ersten Menschen aus dem Paradies, als Strafe für den Sündenfall. Weitere große Gerichte sind die Sintflut, der Turmbau zu Babel, Sodom und Gomorrha, im Vorfeld der Gesetzgebung am Sinai dann die furchtbaren ägyptischen Plagen. Der Weg der Israeliten ins Verheißene Land ist von zahlreichen kleineren Strafgerichten gesäumt, und was der über Jahrhunderte sich hinziehende Abfall von Gott und seinem Gesetz bedeuten kann, illustriert viel später die Eroberung Israels und Judas durch die Assyrer und Babylonier, die zum Verschwinden der Nordstämme und dem Babylonischen Exil führten. Die Gerichtsthematik geht im Neuen Testament weiter; der Leser erfährt nicht erst in der Johannesoffenbarung, sondern schon in den Endzeitreden Jesu und den Apostelbriefen, dass die sogenannte „Endzeit“, die dem Wiederkommen Jesu Christi vorangehen wird, durch den breiten Abfall christlicher Kirchen und Länder von Gott sowie durch wahrhaft apokalyptische Katastrophen in Form von Kriegen, Umweltzerstörung, Naturkatastrophen und nicht zuletzt Krankheit und Seuchen gekennzeichnet sein wird.

 

Es ist unbegreiflich, wie angesichts dieses biblischen Befundes studierte Theologen vollmundig behaupten könnten, die Corona-Krise könne kein Gerichtsreden Gottes sein. Es sei denn natürlich, ihr Studium hat sie einer realistischen Lektüre der Bibel als Wort Gottes so gründlich entfremdet, dass sie das, was ihnen vor der Nase liegt, nicht mehr sehen können.

 

Aber zur nächsten Frage: Befindet die Welt, insbesondere aber das „christliche Abendland“ sich heute in einer Situation, die man als „gerichtsreif“ bezeichnen kann? „Gericht“ und „Strafe“ setzen ja ein Fehlverhalten voraus. Nun, dieses Fehlverhalten ist offensichtlich, massiv und hartnäckig. Seit längerem schon erlebt die Welt den Abfall „christlicher“ Kirchen und Staaten von Gott, und es ist ein Abfall an vielen Fronten. Wir finden (die Liste ist nicht vollständig)

  • Den Abfall von der Bibel als verbindlichem Wort Gottes, der jetzt schon seit über 200 Jahren im Gang ist (bibelkritische Theologien).
  • Die Anbetung des Mammons als modernem Baal, der ganze Gesellschaften nur noch um Geld und materiellen Reichtum kreisen lässt.
  • Seit gut einem halben Jahrhundert auch die Anbetung des Sexes, der aus dem Zusammenhang von Ehe und Familie herausgelöst und zur Droge gemacht worden ist.
  • Den ungebremsten Massenmord an den Ungeborenen, an den sich längst auch in den Kirchen die meisten gewöhnt haben; das Blut von Millionen Abtreibungsopfern schreit zu Gott.
  • In den letzten Jahrzehnten zunehmende Tendenzen zur Abschaffung der Familie und Zerstörung der Frau, bisher gipfelnd in „Gender“ und „Ehe für alle“ als Frontalangriff auf die Gottesebenbildlichkeit des Menschen.

Wie gesagt, die Liste ist nicht vollständig. Wer heute in den Kirchen ernsthaft behauptet, Gott könne doch gar keinen Grund haben, die Menschen zu „bestrafen“, lebt entweder ohne jeden Medienzugang auf einer Insel der Seligen oder er hat den Verstand oder die Gottesfurcht oder beides verloren. Die Schlussfolgerung, dass Gott die Corona-Krise geschehen lässt, um die Menschen, vor allem aber die Christen zur Umkehr zu rufen, ist klar, logisch und unwiderlegbar.

 

Was mich zu einem dritten Punkt führt. Ekkehart Vetter schreibt in seinem Gastkommentar: „Ich bin für ganz viele Fachfragen einer Pandemie kein Experte.“ Dies ist richtig, und ich und die meisten anderen Christen sind es auch nicht. Nicht die Allianz oder die Deutsche Bischofskonferenz können abwägen, wie gefährlich das Virus wirklich ist oder was der beste Impfstoff sein wird. Aber Vetter, die Allianz und jeder Christ, der seine Bibel kennt, sind sehr wohl Experten im Reden Gottes und im Gericht Gottes! Wer kann denn die geistlichen Hintergründe der Pandemie ausleuchten, wenn nicht die Christen und ihre Leitungspersönlichkeiten?

 

Wer hat denn etwas Kompetentes zu sagen über die Gefahren von Social Distancing und Denunziationskultur (um nur die beiden hässlichsten Nebenwirkungen von Corona zu nennen), wenn nicht die Christen und die Kirchen? Die Repräsentanten der Kirchen und Gemeinschaften in Deutschland haben seit acht Monaten schon die einzigartige Chance, die Bürger und die Regierenden daran zu erinnern, dass

  • es einen Gott gibt, vor dem wir alle einmal Rechenschaft werden ablegen müssen
  • die Seele wichtiger ist als der Leib und das ewige Seelenheil wichtiger als körperliches Gesundbleiben
  • das Heil, das wir wirklich brauchen, nicht ein Impfstoff oder ein Negativtest ist, sondern die Vergebung der Sünden durch das Kreuz Jesu Christi.
  • Angst versklavt und dass das einzige wirksame Gegenmittel bei Jesus Christus zu finden ist.

Bis jetzt haben sie diese Chance wenig bis nicht genutzt. Der „Aufruf zum Gebet in ernster Lage“, er scheint ein Einzelphänomen zu sein.

 

Corona und die Obrigkeit

 

Frustrierte Christen, die ihre Pastoren fragen, warum man nicht mehr normal Gottesdienst feiern kann, warum man den Glaubensgeschwistern im Gottesdienstraum nur per Maske begegnen darf, warum Singen gerade wieder mal nicht geht oder an ein normales Abendmahl mit Friedensgruß und Kelch nicht zu denken ist, bekommen die Standardantwort, dass man sich halt an die behördlichen Anordnungen zu halten hat, denn wir sind ja in einer Pandemie. Und auch eine Bibelstelle haben die derart Auskunft Gebenden parat: Römer 13,1-7. Christen müssen der Regierung und Obrigkeit untertan sei, denn sie ist von Gott eingesetzt. Dies ist in kirchlichen Corona-Diskussionen ein Basta-Argument geworden, Widerspruch zwecklos.

 

Aber ist das mit Römer 13 wirklich so einfach? Fangen wir mit der Bibel an und machen wir mit der Historie und der heutigen Situation weiter.

Die drei Hauptkriterien für die richtige, angemessene Auslegung eines Bibeltextes lauten bekanntlich: Kontext, Kontext, Kontext. Und eine der großen Leitlinien der Reformatoren zur Schriftauslegung war, dass die Heilige Schrift sich selber auslegt, d.h. dass schwierige oder missverständliche Bibelstellen oft klar werden, wenn man sie mit anderen Bibelstellen vergleicht. Fangen wir mit dem „inneren“ Kontext von Römer 13,1-7 an. Jede Regierung ist also als von Gott eingesetzt zu betrachten (V. 1). Aber damit ist sie auch Gottes „Dienerin“ (V. 4), die die Guten zu belohnen und die Bösen zu bestrafen hat. Timothy Keller schreibt dazu in seinem hervorragenden neuen Römerbriefkommentar: „Die Obrigkeit ist ‚Gottes Dienerin‘, muss also selbst innerhalb der von Gott eingesetzten moralischen Ordnung agieren. Ein Diener kann nicht einfach tun, was ihm passt.“

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 Römer 13 ist kein Blankocheck für die Obrigkeit, und Keller warnt vor einem unkritischen Kadavergehorsam gegenüber dem Staat. Der Gehorsam der Christen gegenüber der Obrigkeit steht immer unter dem Gewissensvorbehalt.

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Gehen wir zu den „äußeren“ Kontexten von Römer 13 über, zunächst zum Kontext der Bibel als Ganzer. Hier ist an allererster Stelle Apostelgeschichte 5,29 zu nennen, wo die Leiter der Urgemeinde vor Gericht kommen, weil sie ein Predigtverbot ignoriert haben. Sie verteidigen ihren offensichtlichen „Ungehorsam“ gegenüber der Obrigkeit mit dem Satz: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Dies steht genauso in der Bibel wie Römer 13 und ist nicht weniger gültig. Bereits im Alten Testament finden wir Beispiele von Menschen, die bewusst Anordnungen ihrer Obrigkeit ignorierten, weil ihnen Gott und seine Gebote wichtiger waren; ich erinnere nur an die hebräischen Hebammen in 2. Mose 1, an die drei Männer im Feuerofen (Daniel 3) und an Daniel in der Löwengrube (Daniel 6).

 

Der nächste „äußere“ Kontext von Römer 13 ist der Kontext der abendländischen Geschichte. Hätte Martin Luther Römer 13,1 sklavisch befolgt, er hätte sich vom damaligen Papst die Reformation verbieten lassen. Stattdessen kämpfte er unermüdlich gegen diesen Papst und die korrupt gewordene Kirche an, unter dem ständigen Risiko einer Todesstrafe von der weniger gemütlichen Sorte (Ketzerverbrennung). Der von seinen Eltern nach Luther benannte Pastor Martin Luther King betrieb im 20. Jahrhundert die gewaltfreie, aber unermüdliche Befreiung der Schwarzen in den USA von dem rassistischen Status des Bürgers zweiter Klasse. Dietrich Bonhoeffer wurde hingerichtet, weil er in Pläne zur Ermordung (!) der damaligen höchsten Obrigkeit des Deutschen Reiches involviert war. Wir sind heute entsetzt darüber, dass nicht mehr Christen sich gegen Adolf Hitler gestellt haben, als es noch nicht zu spät war, und schütteln die Köpfe über die Baptisten in den Südstaaten der USA, die nichts gegen die Rassendiskriminierung unternahmen, weil man doch nicht gegen die Obrigkeit sein durfte. Wie viele Köpfe werden einmal über die Obrigkeitshörigkeit der Kirchen während der Corona-Krise geschüttelt werden?

Gehen wir weiter zu einem Kontext, den ich den „bibelkritischen“ nennen möchte. Bei den „liberalen“ Kirchen und Theologen gilt die Bibel schon lange nicht mehr als Gottes Wort, doch inzwischen ist die Bibelkritik auch in die Kreise der Evangelikalen eingesickert. Warum bejahen immer mehr von ihnen die „Ehe für alle“? Weil sie die biblischen Aussagen zu praktizierter Homosexualität nicht mehr als absolut gültig, sondern als kritisch zu hinterfragen interpretieren. Längst nicht mehr alle freikirchlichen Pastoren glauben an die Jungfrauengeburt, und selbst der Sühnetod Jesu am Kreuz ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Umso merkwürdiger mutet es an, wenn in der Corona-Krise Römer 13 als argumentativer Vorschlaghammer hervorgeholt wird und es auf einmal doch wieder heißt: „Es steht geschrieben.“ Wenn Römer 13 „absolut“ gelten soll, warum dann nicht auch Römer 1?

 

Und schließlich der „demokratische“ Kontext. Gehorsam gegenüber der Obrigkeit im Sinne von Römer 13 bedeutet ja auch, dass ich die spezifischen Spielregeln, die Struktur, die „Verfassung“ dieser Obrigkeit zu beachten und einzuhalten habe. Zu Paulus‘ Zeiten war die römische Obrigkeit ein absolutistischer Kaiser, und so etwas wie Demokratie und Mitbestimmung gab es vielleicht in den christlichen Gemeinden, aber nicht im Staatswesen. Die Obrigkeit, unter der wir im Deutschland des Jahres 2020 leben, ist ein demokratisch verfasster Staat, dessen Grundgesetz im Bewusstsein der „Verantwortung vor Gott und den Menschen“ (so in der Präambel zu lesen) beschlossen wurde. In diesem Staat ist der oberste Souverän das Deutsche Volk, vertreten durch jeden einzelnen wahlmündigen Bürger. Man lasse sich das ruhig einmal auf der Zunge zergehen: Die Obrigkeit sind in einem sehr realen Sinne – wir. Jeder einzelne Bürger und auch jeder einzelne Christ. Die Regierung kann man wieder abwählen, der Souverän (das Volk, die Bürger) bleibt.

 

Was bedeutet das für unseren „Gehorsam“ gegenüber der Obrigkeit im Sinne von Römer 13? Dass wir, gerade als Christen, von Gott die Aufgabe bekommen haben, die Mitwirkungs- und Mitregierungsmöglichkeiten, die unser politisches System mit seiner Verfassung und seinen Institutionen uns bietet, bis zum Anschlag wahrzunehmen, in der Verantwortung vor Gott und seinen Geboten. Sich brav und fromm in eine Ecke zu verkriechen und zu warten, bis die Corona-Krise vorbei ist (und dann womöglich ein System herrscht, das uns keine Mitregierungsmöglichkeiten mehr gibt), ist für einen Christen in unserer Republik keine Option.

 

Wer heute in unserem Land mit Römer 13 argumentieren will, muss sich Fragen wie die folgenden gefallen lassen:

  • Wann haben Sie das letzte Mal an einer Demonstration teilgenommen?
  • Wie viele Leserbriefe haben Sie schon an Ihre Zeitung geschickt?
  • Wann haben Sie das letzte Mal eine Petition unterschrieben? Oder eine verfasst?
  • Sind Sie schon einmal in einer wichtigen Sache (Abtreibung, Ehe für Alle, Corona-Maßnahmen, Christenverfolgung, Meinungsfreiheit) bei dem Landtags- oder Bundestagsabgeordneten für Ihre Region vorstellig geworden?
  • Engagieren Sie sich in einer politischen Partei oder Gruppierung?

Die Liste ist wieder nicht vollständig. Die Stimmen in den Kirchen, die dazu raten, brav abzuwarten, bis die Krise vorbei ist, sind Römer 13 nicht gehorsam, sondern ungehorsam. Bleiben sie noch viel länger ungehorsam, dann dürften wir in einer Situation enden, die, was die Freiheitsräume der Bürger betrifft, von dem Gottkaisertum des alten Rom nicht mehr sehr verschieden sein wird. Wer Demokratie verschläft, bekommt den nächsten totalitären Staat.

 

Was ist in der aktuellen Lage der Auftrag der Kirchen und Christen?

 

In der neunten seiner sechs Thesen in seinem „idea“-Gastkommentar sieht Ekkehart Vetter diesen Auftrag darin, „für politisch verantwortliche Personen zu beten – unabhängig von meinem inneren Zustimmungslevel zu ihrem politischen Handeln.“ Dies ist fraglos richtig, und viele von uns werden sich hier neu fragen müssen, wie oft und wie dringlich sie z.B. für die Bundeskanzlerin, ihr Kabinett, die Landesregierung oder den Bürgermeister ihres Ortes beten. Oder auch für die Oberen ihrer Kirche oder Freikirche.

 

Aber Beten allein reicht natürlich nicht. Das haben uns sämtliche Apostel demonstriert, das mussten Martin Luther, Dietrich Bonhoeffer, Martin Luther King und viele andere lernen. Es ist die spezifische Versuchung des Pietismus, nur als „die Stillen im Lande“ zu existieren und ja den Kopf nicht zum Fenster hinauszustrecken. Das war selbst in den Zeiten absolutistischer Landesfürsten fragwürdig, in einer entwickelten Demokratie (siehe oben) kommt es einer Dienstverweigerung gleich. Der Auftrag der Kirchen und Christen besteht aktuell (mindestens) in Folgendem:

  1. Sie haben die Menschen, die Christen und die Regierenden im Lande zur Buße vor Gott zu rufen. Sie haben ihnen unmissverständlich zu bezeugen, dass COVID 19 nicht nur ein medizinisches, sondern ein geistliches Phänomen ist und dass es letztlich um ein Gerichtshandeln Gottes geht, das eine Antwort von ihnen erfordert.
  2. Sie haben klarzustellen, dass wir die große Hilfe nicht von der noch so wissenschaftlichen Medizin zu erwarten haben, sondern von dem heiligen Schöpfer- und Erlösergott. Corona ist kein technisches Problem, für das es eine technische Lösung (den richtigen Impfstoff) gibt. Es ist zuvörderst ein geistliches und apokalyptisches Problem. Bußgottesdienste wären wichtiger als Hygienekonzepte.
  3. Sie haben in dieser Situation die Gemeindearbeit nicht herunterzufahren, sondern im Gegenteil noch zu verstärken.
  4. Sie haben sich gezielt für die Menschen einzusetzen, die jetzt (z.B. in Altenheimen oder in Familien von der weniger liebevollen Sorte) einsam und isoliert sind. Sie haben Social Distancing nicht mitzumachen, sondern ihm entgegenzuwirken. Sie übernehmen in dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lukas 10) nicht den Part des Priesters und des Leviten, sondern den des Samariters.
  5. Sie haben sich entschieden gegen jedes Denunziantentum im Zusammenhang mit den „Corona-Regeln“ zu wenden und gegen Gemeindeglieder, die andere denunzieren, Gemeindezucht zu praktizieren.
  6. Sie müssen (vor allem dann, wenn sie kirchliche Amtsträger sind) bei behördlichen Stellen energisch gegen jede Form von Unterdrückung und Drangsalierung protestieren. Die Rentnerin, die 200 Euro Strafe zahlen soll, weil sie den Mundschutz vergessen hat, sollte im Pastor ihrer Gemeinde oder in ihrem christlichen Nachbarn einen entschiedenen Anwalt und Verteidiger finden, der gegebenenfalls auch den Schritt in die mediale Öffentlichkeit nicht scheut.
  7. Sie haben in ihrem Gemeindeleben verstärkt Bibelunterricht zu betreiben, speziell zu Themen wie den Geboten Gottes und der „Endzeit“.
  8. Sie haben ihre Gemeinden und Gemeinschaften verfolgungsfest zu machen, also Strukturen und Netzwerke aufzubauen, die ein Weiterarbeiten auch unter diktatorischen politischen Bedingungen sicherstellen.
  9. Sie haben die Liebe zu Gott und die Vorfreude auf die Wiederkunft Jesu Christi neu zu entdecken, zu lehren und zu praktizieren.

Wahrscheinlich ist auch diese Liste nicht vollständig.

 

Schluss: Was, wenn . . .?

 

In dem Newsletter eines christlichen Werkes, der irgendwann im Frühjahr verschickt wurde, wurde darüber berichtet, dass ein Politiker und Parlamentsabgeordneter diesem Werk einen Besuch abstattete. Man befand sich im ersten Corona-Lockdown, Freizeiten und Seminare waren abgesagt, das Gästehaus stand leer. Der Politiker fragte den Leiter: „Was machen Sie eigentlich, wenn das die nächsten fünf Jahre so weitergeht?“

 

Die Nase des Leiters wurde weiß.

Die Frage war eine höchst realistische. Versuchen wir, sie für uns selber, für unsere Gemeinde, für unsere Kirche zu beantworten. Viel Zeit haben wir nicht mehr. „Auf, denn die Nacht wird kommen, da man nicht mehr kann.“

 

 

Dr. Friedemann Lux, 2. November 2020

 

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 Timothy Keller, Durch Gottes Gnade verändert leben. Der Römerbrief erklärt. Kapitel 8–16 (Gießen: Brunnen Verlag, 2019), S. 133.

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 Keller wörtlich: „Wenn die Obrigkeit etwas von uns verlangt, das unser Gewissen verletzt, müssen wir den Gehorsam verweigern.“ (Durch Gottes Gnade verändert, S. 135)

 
 

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