Kirchenvertreter verurteilen antisemitische Attacke in Berlin
Berlin (idea) – Führende Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche haben einen antisemitischen Übergriff auf den Berliner Rabbiner Yehuda Teichtal verurteilt und ihre Solidarität mit dem Geistlichen ausgedrückt. Dem 47-Jährigen zufolge hatten ihn am 26. Juli zwei Männer aus einem Mehrfamilienhaus heraus bespuckt sowie auf Deutsch und Arabisch beschimpft. Die Unbekannten sollen „Jude, Jude!“ und Freiheit für Palästina!“ gerufen haben. Teichtal hatte zuvor einen Gottesdienst geleitet und war in Begleitung eines seiner Kinder. Der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt Berlin ermittelt. Der (katholische) Berliner Erzbischof Heiner Koch nannte die Tat in einem Brief an den Rabbiner einen Angriff „auf alle Religionen und Weltanschauungen in unserer Stadt und in unserem Land, zumal auf das Christentum, das sich in besonderer Weise mit dem Judentum verbunden weiß“. Man werde es nicht zulassen, „dass Hass gleich welcher Art, insbesondere aber der Hass auf das Judentum, sein Ziel erreicht, unsere Gesellschaft zu spalten“.
Bischof Dröge lobt Glaubenshaltung des Rabbiners
Der Bischof der Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, wandte sich ebenfalls in einem Schreiben an den Rabbiner. Darin spricht er von einem Angriff auf die Werte unseres Zusammenlebens und auf die Würde des Menschen. Es sei ein eindrucksvolles Zeugnis der Glaubenshaltung von Teichtal, dass er sich „gleich nach der menschenverachtenden Tat unerschüttert für Liebe, Toleranz, Dialog und Bildung eingesetzt“ habe. Ein solches Glaubenszeugnis sei heute wichtiger denn je: „Denn wir leben in einer Zeit, in der jede Tat der Menschenverachtung gleich von anderen für neue Hetze, neuen Hass, und neue Häme instrumentalisiert wird.“
Teichtal: In Berlin muss mehr gegen Antisemitismus getan werden
Der Rabbiner äußerte sich in einem Interview mit dem Magazin „Cicero“ (Berlin) zu dem Vorfall. Es habe zuvor schon ab und zu verbale Attacken gegen ihn gegeben, aber er sei noch nie bespuckt worden. Einige Muslime hätten ihn privat kontaktiert und ihre Empörung über den Vorfall ausgedrückt. Muslimische Gemeinden seien nicht auf ihn zugekommen. Laut Teichtal nehmen die Anfeindungen gegen Juden zu: „Deswegen haben wir die dringende Aufgabe, aktiv etwas zu unternehmen.“ In Berlin müsse mehr getan werden, insbesondere in Bildung und Erziehung. „Wir brauchen mehr Sensibilisierung in Schulen, mehr Training für Lehrer, mehr Dialog.“ Laut Teichtal werden die Juden nicht zurückschrecken und sich nicht verstecken. Im Jahr 2018 wurden in Berlin 324 antisemitische Attacken angezeigt, 17 mehr als im Jahr zuvor. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres (bis 29. Juli) gab es 142 antisemitische Übergriffe in Berlin.