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Kampf um schärferes Abtreibungsrecht


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Rolf

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Kampf um schärferes Abtreibungsrecht

 

 

 

 

Stand: 04.06.2019 

    

In den USA verschärft sich der jahrzehntelange Streit über das Abtreibungsrecht. Die Gründe dafür sind vielfältig - liegen aber vor allem im Ausgang der letzten Präsidentschaftswahl sowie jener, die nun beginnt.

 

 

Von Arthur Landwehr, ARD-Studio Washington

 

"Es wird Zeit! Es wird Zeit, dass wir Missouri zum Staat mit dem stärksten Schutz für das ungeborene Leben machen!" - so sagt es der Gouverneur des Staates, der Republikaner Mike Parson. Mit einem doppelten Plan ging er an die Arbeit: Die Abtreibungsgesetze des Staates wurden mit der republikanischen Mehrheit verschärft, nach acht Wochen sollen Abtreibungen in Zukunft grundsätzlich illegal sein.

 

An der Stelle haben ihn andere Bundesstaaten inzwischen an Schärfe überholt, aber Parson hätte es fast geschafft, dass es im gesamten Bundesstaat überhaupt keine Klinik mehr gibt, die Abtreibungen vornehmen darf. Vergangene Woche lief die Lizenz der letzten verbliebenen Klinik in St. Louis aus, und Parson hatte die Bedingungen so verschärft, dass es auch keine neue Lizenz geben würde. Dem schob in letzter Minute ein Richter mit einer einstweiligen Verfügung einen Riegel vor, die Klinik darf vorläufig weiter arbeiten.

 

Verschärfte Gesetze in einer Reihe von Bundesstaaten

 

Missouri ist nur einer aus einer ganzen Reihe von Bundesstaaten, die in den letzten Wochen die Abtreibungsgesetze drastisch verschärft haben. Die meisten dieser Gesetze sollen Anfang nächsten Jahres in Kraft treten. Meistens gilt dann die sogenannte "Herzschlagregel": Sobald ein Herzschlag wahrgenommen werden kann, ist eine Abtreibung nicht mehr möglich. Das ist etwa in der fünften bis sechsten Woche der Fall, wenn Frauen oftmals noch nicht wissen, dass sie schwanger sind.

 

 

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Zukünftig sollen in Alabama Abtreibungen auch in den ersten Wochen nur noch erlaubt sein, wenn unmittelbare Gefahr für die Gesundheit der Mutter besteht. Vergewaltigung, Inzest, eine Behinderung des Kindes oder soziale Gründe werden nicht anerkannt. In Georgia bekommen Embryonen volles Persönlichkeitsrecht, eine Abtreibung wäre dann Mord, auch wenn sie in einem anderen Bundesstaat vorgenommen wird. Wenn eine Frau eine Fehlgeburt mit zu verantworten hat, zum Beispiel weil sie Drogen nimmt, wäre das Totschlag. Juristen sagen, dass eine Frau aus Georgia, die nach einer Vergewaltigung abtreibt, in Zukunft sehr viel länger ins Gefängnis muss als der Vergewaltiger.

 

Präsenz des Themas gerade jetzt kein Zufall

 

Es ist kein Zufall, dass gerade jetzt das Thema Abtreibung so massiv auf die Tagesordnung gehoben wird. Zum ersten Mal seit 1973 sehen konservative Politiker eine Chance, das entscheidende Urteil des Supreme Courts, des Obersten Gerichtshofs, umzudrehen. Vor 46 Jahren wurde Abtreibung im ganzen Land legal, die Bundesstaaten haben nur sehr beschränkt die Möglichkeit, Frauen dies zu verwehren. Seit 46 Jahren machen vor allem evangelikale Gruppen Druck dagegen, drängen die Politik zu schärferen Gesetzen. Ihr Held ist Donald Trump, denn der hatte im Wahlkampf versprochen, konservative Richter einzusetzen und die Mehrheiten zu verändern. Das Versprechen hat er gehalten und systematisch Richter ausgetauscht. Dies nicht nur am Supreme Court, wo inzwischen die konservative Mehrheit steht, sondern an Gerichten auf allen Ebenen.

 

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Mit den beiden von Trump nominierten konservativen Supreme Court-Richtern Neil Gorsuch (l.) und Brett Kavanaugh (r.) hat das Gericht nun eine konservative Mehrheit.

 

Die Strategie der jetzt handelnden Gouverneure besteht darin, ihre Gesetze so zu gestalten, dass sie auf jeden Fall vor dem Supreme Court landen. Die meisten Regelungen enthalten Elemente, die dem Urteil von 1973 widersprechen. Sie wollen also, dass gegen diese schärferen Abtreibungsgesetze geklagt wird, dass diese Klagen durch die Instanzen gehen. Am Ende, so die taktische Überlegung, wird das Gericht in Washington mit der neuen konservativen Mehrheit zwar das eine oder andere für ungültig erklären, aber eben doch das Recht auf Abtreibung aufheben. Diese konservativen Bundesstaaten seien in einen regelrechten Wettlauf verfallen, sagt Elisabeth Smith vom "Center for Reproductive Rights", einer Lobbyorganisation für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Jeder wolle als derjenige in die Geschichte eingehen, der vor dem Supreme Court das Recht auf Abtreibung gekippt hat.

 

Krieg an mehreren Fronten

 

Gekämpft wird jetzt auf drei verschiedenen Ebenen. Im Supreme Court haben liberale Richter verlauten lassen, dass es gegen die Verfassung verstoße, ein früheres Urteil aufzuheben, nur weil sich die Mehrheiten unter den Richtern geändert haben. Damit ist eine Hürde gelegt. Um dem entgegen zu wirken, rüsten sich die Abtreibungsgegner mit Studien über neue medizinische Erkenntnisse.

Auf der anderen Seite haben eine ganze Reihe von Unternehmen, vor allem aus der Unterhaltungsindustrie, damit gedroht, sich aus Staaten mit diesen neuen Abtreibungsgesetzen zurück zu ziehen. Disney, Netflix, Warner Brothers, AMC und andere sagen, sie könnten ihren Mitarbeiterinnen zum Beispiel nicht zumuten, zukünftig in Georgia zu arbeiten. Sie würden auch niemanden mehr finden, sagen die Unternehmen, der für sie nach Georgia geht, der in der Atmosphäre arbeiten will oder sich der Gefahr aussetzt. In Georgia aber werden viele Filme gedreht, mehrere Tausend Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.

 

Klassische produzierende Unternehmen, zum Beispiel aus der Automobilindustrie, ziehen aber bisher nicht nach. Ihre Kunden sind andere als die der Film- und Fernsehbranche. So positionieren sie sich nicht öffentlich, um ihre konservative Klientel nicht zu verärgern.

 

Thema wichtig im Wahlkampf

 

Nicht zuletzt wird das Thema Abtreibung für Donald Trump eines der zentralen taktischen Elemente seines Präsidentschaftswahlkampfes. In diesem Wahlkampf wird es vor allem darum gehen, wer seine Wählerbasis am besten mobilisieren kann. Nach heutigen Umfragen sagen zwar auf der einen Seite viele demokratische Nichtwähler, dass sie das Thema Recht auf Abtreibung durchaus an die Wahlurne bringen werde.

 

Umgekehrt, bei den Abtreibungsgegnern, ist das aber ebenfalls der Fall. Es gibt aber das große Reservoir der strenggläubigen evangelikalen Christen, die traditionell nicht zur Wahl gehen. George W. Bushs Wahlkampfmanager Karl Rove war es vor 15 Jahren gelungen, diese in großen Teilen zu mobilisieren und Bush zur Wiederwahl zu verhelfen. Das könnte jetzt Vorbild werden und sich wiederholen. Am Wahltag wird in den USA nämlich nicht nur der Präsident gewählt, sondern über Dutzende Fragen abgestimmt. Alles von Sheriffs bis zu Vorsitzenden der Schulausschüsse wird gewählt.

 

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Klare Ansage: Bei konservativen Wählern kann Trump mit emotionalen Themen wie Waffen und Religion punkten.

 

Rove gelang es, in vielen Bundesstaaten eine Frage zum Abtreibungsrecht auf den Wahlzetteln zu platzieren. Deshalb, und nur deshalb, kamen diese meist unpolitischen Christen ins Wahllokal. Und weil sie schon mal da waren, wählten sie auch gleich Bush mit, der ja ebenfalls für ein restriktives Abtreibungsrecht eintrat. Donald Trump hat Abtreibung inzwischen in seine Wahlkampfreden aufgenommen und polemisiert damit drastisch gegen seine demokratischen Herausforderer.

 

Es ist wahrscheinlich, dass der Supreme Court vor der Wahl im kommenden Herbst keinen einzigen Fall zu entscheiden hat. Taktisch ist das durchaus gewollt, denn so bleibt das Thema in der Schwebe und dient so leichter dazu, den Wahlkampf zu emotionalisieren.

 

Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 04. Juni 2019 um 05:51 Uhr.


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