Washington (idea) – Die Einführung von Donald Trump in das Amt des US-Präsidenten hat in Deutschland und Israel unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Während Kirchenleiter hierzulande auf die Antrittsrede Trumps mit Enttäuschung reagierten, wurde sie in Israel positiv aufgenommen. Das sagte der in Jerusalem tätige Journalist und Theologe Johannes Gerloff auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Während der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu offenbar der Ansicht sei, mit Trumps Präsidentschaft breche ein neues Zeitalter an, seien die meisten Israelis eher zurückhaltend und wollten zunächst einmal abwarten. Eine „Anti-Trump-Stimmung“ wie in Deutschland gebe es in Israel aber nicht. Die große Frage ist nach Gerloffs Worten, auf welche Weise Trump seinen Worten Taten folgen lasse: „Im Vorfeld der Wahl hatte er sich sehr proisraelisch geäußert. Wenn er mit seiner Politik im Nahen Osten aber eine Perspektive haben möchte, wird er zurückrudern müssen.“ Denn als Unternehmer wisse Trump, dass bei einem guten Geschäft beide Seiten verdienen wollten. Er müsse sich also fragen, wie er auch den Palästinensern entgegenkommen könne. Laut Netanjahus Büro hat Trump den israelischen Regierungschef eingeladen, im Februar nach Washington zu kommen. Trump hatte angekündigt, Jerusalem als Hauptstadt anzuerkennen und die US-Botschaft von Tel Aviv dorthin zu verlegen.
Bischof Trelle: In dieser Welt überleben wir nur in Gemeinsamkeit
Kirchenleiter in Deutschland kritisierten die Antrittsrede des US-Präsidenten. Darin hatte er betont, dass er seine im Wahlkampf angekündigte „Amerika zuerst“-Politik umsetzen werde. Entscheidend sei für ihn, was der US-amerikanischen Wirtschaft und den Bürgern des Landes nützt. Nach Worten des Landesbischofs der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, werden im Zeitalter der Globalisierung Politiker gebraucht, die die weltweiten wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Verflechtungen als Chance begreifen. Der (katholische) Hildesheimer Bischof Norbert Trelle hat die Amtseinführung „betroffen und entsetzt“ verfolgt. Vor allem die „Amerika-zuerst“-Politik mache ihm Sorgen. Er rief dazu auf, die Stimme gegen den Populismus zu erheben. Politiker dürften nicht Mauern und Wälle errichten: „In dieser Welt überleben wir nur in Gemeinsamkeit.“ Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln) teilte mit, dass es für ein Amt mit Macht und Einfluss in der Bibel eine eindeutige Regel gebe: „Wer bei euch groß sein will, der soll der Diener aller sein.“ Er stelle fest, dass dies häufig nicht so leicht ist, schreibt er in einem „Wort des Bischofs“. Wer sich bemühe, Christ zu sein, müsse sich aber an dieser Botschaft Jesu orientieren, auch wenn es schwerfalle: „Das gilt nicht nur für Trump.“ Papst Franziskus riet zur Zurückhaltung und zum Abwarten. Er bat Trump jedoch, moralische Werte zu schützen. Die Menschheitsfamilie werde von schweren humanitären Krisen heimgesucht. Da bedürfe es weitsichtiger und gemeinsamer politischer Antworten.
Kirchenpräsident Jung: Mit Trump haben Populismus und Egoismus gewonnen
Bereits im Vorfeld des Amtsantritts hatte sich der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung (Darmstadt) geäußert. Er schrieb im „Mannheimer Morgen“ über Trump: „Wenn er das umsetzt, was er angekündigt hat, gefährdet er den sozialen Zusammenhalt und die soziale Ausrichtung der Gesellschaft, die sein Vorgänger Barack Obama beispielsweise mit der Einführung einer Krankenversicherung stärken wollte.“ Trumps Erfolg beruhe auf dem gefährlichen Spiel mit Ängsten und Stimmungen: „Mit ihm haben Populismus und Egoismus gewonnen ... Was wir jetzt brauchen, ist, dass Christinnen und Christen und mit ihnen viele Menschen offensiver für die Werte einer demokratischen, offenen, an der Menschenwürde und den Menschenrechten orientierten Gesellschaft einstehen.“
Präses Diener: Trump nicht verbal vernichten
Der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Michael Diener (Kassel), warnte derweil auf Facebook davor, Trump nun verbal zu vernichten. Er sei einer der Letzten, der dem neuen Präsidenten etwas Positives abgewinnen könne, so Diener: „Aber die zunehmenden persönlichen Angriffe gegen ihn irritieren mich. Sie beschädigen nicht nur die Person, sie beschädigen auch das Amt.“ Aus Hass und Polemik werde auch als Reaktion auf Hass und Polemik nichts Gutes.