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Sören Kierkegaard: Tief gläubig, radikal und nicht verzweife


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Rolf

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Sören Kierkegaard: Tief gläubig, radikal und nicht verzweifelt






Er gilt als einer der einflussreichsten Philosophen des 19. Jahrhunderts, als Begründer der Existenzphilosophie, als Dandy und als tiefgläubiger Christ. Am 5. Mai jährt sich der Geburtstag des dänischen Philosophen, Theologen und religiösen Schriftstellers Sören Kierkegaard.


Sören Aabye Kierkegaard wurde am 5. Mai 1813 in Kopenhagen geboren. Sein Vater Michael Pedersen Kierkegaard war durch Wollwarenhandel reich geworden. Sören konnte daher zeit seines Lebens vom Erbe seines Vaters leben. Doch nicht nur finanziell verband ihn ein enges Band mit seinem Vater. Dieser war streng religiös und schwermütig. Kierkegaard berichtet, dass sein Vater als Kind eines Tages auf dem offenen Feld Gott verfluchte und für immer unter der Reue litt. Der Vater war überzeugt davon, dass seine Söhne aufgrund eines Fluches nicht älter als Jesus werden sollten und dass er alle seine Kinder überleben würde. Tatsächlich starben von den sieben Kindern des Ehepaars Kierkegaard bis zum Jahr 1835 alle drei Töchter und zwei Söhne, so dass nur Sören und sein Bruder Peter Christian den Vater überlebten. Die Beziehung zu seinem Vater blieb stets ein wichtiger Teil in Kierkegaards Werk.

Einen großen Einfluss übte auch die Verlobung mit Regine Olsen auf das Leben und Wirken Kierkegaards aus. Er traf die damals 14-Jährige 1837. Drei Jahre später verlobte er sich mit ihr, nahm die Verlobung jedoch wenige Tage später wieder zurück. Seine Schwermut und sein Vorleben als „Dandy“ in der Kopenhagener Gesellschaft sowie das Gefühl, eine Ehe widerspreche seiner Bestimmung als einzelner gläubiger Schriftsteller, ließen in ihm Zweifel aufkommen. Nach dem Bruch hat Kierkegaard offenbar nie wieder den Versuch unternommen, sich einer Frau zu nähern. In seinen Schriften ging Kierkegaard immer wieder auf eine Zweigeteiltheit des Menschen in einen fleischlichen („ästhetischen“) und einen geistlichen („ethischen“) Teil ein.

Kierkegaard studierte Philosophie und evangelische Theologie. Dem Studium zog er jedoch häufig Vergnügungen vor. Erst die beständigen Ermahnungen seines Vaters und schließlich dessen Tod bewirkten, dass er seine Studien ernsthaft wieder aufnahm und 1840 mit der theologischen Staatsprüfung abschloss. Kierkegaard war zwei Mal in Berlin und hörte dabei vor allem Vorlesungen von Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, dem deutschen Idealisten. Am 11. November 1855 starb Kierkegaard nach einem Schwächeanfall in Kopenhagen im Alter von nur 42 Jahren.

Verzweifelt man selbst sein wollen

Kierkegaard war ein starker Verfechter des christlichen Glaubens und ein Kritiker der christlichen Kirche zugleich. Etwa ein Drittel seines gedruckten Werkes besteht aus Predigten und religiösen Reden. Seine Schriften lassen sich grob in dichterisch-philosophische und religiöse Schriften unterteilen. Im Jahr 1843 veröffentlichte er unter dem Pseudonym Victor Eremita sein Erstlingswerk „Entweder – Oder“, das ihn schlagartig bekannt machte. Darin beschreibt Kierkegaard die zwei Stadien des Ästhetischen und des Ethischen.

Für Kierkegaard gibt es drei Stadien der Existenz des Menschen: Im Ästhetischen Stadium lebt der Mensch ganz in sinnlichen Empfindung. Weil der Mensch spürt, dass er nicht er selbst sein kann, sondern in Äußerlichkeiten gefangen ist, folgt daraus eine Verzweiflung. Im Ethischen Stadium erkennt sich der Mensch als ein auch transzendentes Wesen sowie seine Verantwortung vor sich selbst, der Welt und Gott. Wenn sich der Mensch nicht in ein Verhältnis zu seinem wahren Grund, zu Gott, setzt, sondern aus sich selbst heraus existieren will, so setzt er sich wiederum in Widerspruch zu seinem wahren Wesen, indem er verzweifelt er selbst sein will, oder aber er leugnet sich selbst als auch transzendentes Selbst, indem er verzweifelt nicht er selbst sein will, und beides führt ihn wieder in die Verzweiflung, die als Grundstimmung seinem Leben zugrunde liegt. Im Religiösen Stadium schließlich akzeptiert er sein Gesetzt-sein von Gott und seine Existenz vor Gott. Er begreift sich als ein Selbst, dem nur von Gott als dem Unendlichen Existenz zukommt. Nur durch den Sprung in den Glauben und indem er Gott als den Absoluten und nicht der Kausalität Unterworfene anerkennt, kann er frei werden. Der Glaube fordert als Bedingung daher die „Kreuzigung des Verstandes“ und das Anerkennen des eigenen Scheiterns. Glauben ist nur deshalb möglich, weil sich Gott in Christus zu erkennen gab, so Kierkegaard.

Im Jahr 1843 erschien „Furcht und Zittern“, das im Kern eine Meditation über die biblische Geschichte um Abraham und Isaak ist. Kierkegaard bekräftigt in dieser Schrift, dass der Mensch, indem er aus der ethischen Sphäre heraus und in die religiöse Sphäre eintritt, als der Einzelne höher steht als das Allgemeine, und nur noch Gott Gehorsam schuldet. In den Jahren 1849 und 1850 erschienen seine beiden letzten großen Schriften: „Die Krankheit zum Tode“ und die „Einübung in das Christentum“. In „Krankheit zum Tode“ formuliert Kierkegaard sein Menschenbild aus christlicher Perspektive. Demnach befindet sich der Mensch in einem dialektischen Verhältnis zwischen zwei widerstreitenden Seiten: als sterbliches, mängelbehaftetes Wesen, dem stets die Verzweiflung droht, und die Möglichkeit der ewigen Seligkeit in Gott. In der „Einübung“ stellt Kierkegaard seine Sichtweise des wahren christlichen Glaubens dar, wonach die Bedingung für diesen ist, ohne wenn und aber dem Vorbild Jesu Christi zu folgen. Der Amtskirche warf er vor, das Christentum nicht zu vertreten, sondern effektiv zu verhindern. Das amtliche Christentum und seine Riten seien eine Fälschung, ein „Komödienspiel“.

Anlässlich des Kierkegaards-Jubiläums schreibt Tilo Wesche, der an der Universität Jena Philosophie lehrt und eine Einführung zum Werk Kierkegaards verfasst hat, in der Wochenzeitung Die Zeit: „Im 20. Jahrhundert gibt es kaum einen Philosophen, Künstler oder Theologen, der die Denkfiguren des Dänen nicht aufgegriffen hätte. (...) Kierkegaard wollte wieder das ‚Christentum in die Christenheit‘ einführen, er wollte – so lautete sein Programm – die verlogene bürgerliche Existenz, all die Genießer, Moralisten oder Frommen, aus ihrer Selbstbezogenheit befreien und für die Wirklichkeit der anderen öffnen.“

Im Jahr 1993 wurde ein Sören Kierkegaard Research Centre gegründet, dieses Jahr wurde die Herausgabe des Gesamtwerkes abgeschlossen, mit Kommentaren umfasst es insgesamt 55 Bände. Im Oktober 2012 kam im Wichern-Verlag die Biografie „Sören Kierkegaard“ des gläubigen Journalisten Frank Hofmann heraus.
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