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Der schwäbische Altpietismus im neupietistischen Erlebnis...


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Rolf

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Der schwäbische Altpietismus im neupietistischen Erlebnisfieber






Ein Kommentar von Bernhard Kaiser (29.7.2007)



Vom 28. Oktober bis 18. November diesen Jahres veranstaltet der Altpietistische Gemeinschaftsverband
in Württemberg aus Anlaß seines 150-jährigen Jubiläums im Freizeitheim
Schönblick sogenannte „Gott-erLebt-Wochen“. Sie sind als evangelistische Veranstaltungen
gedacht. Das ist an sich sehr zu loben, wenn man ein Jubiläum zum Anlaß nimmt, das Evangelium
zu verkündigen. Doch im Angebot steht Erlebnischristentum: „Erleben Sie Gottes
Wort, die Realität Gottes, Menschen, die Gott erlebt haben.“ Das alles wird garniert mit Elementen
der postmodernen Kultur, die „packen“, „unter die Haut gehen“, „pfiffig“ und „gesund“
sind, so der dazu entworfene Einladungsprospekt. Bekannte Namen aus der evangelikalen
Szene stehen auf dem Programm, und dieses verspricht Qualität.
Ob allerdings die alten Pietisten wie Bengel, Hiller oder Brastberger die inhaltlichtheologische
Orientierung gutheißen würden? Sicher nicht. Aus biblischer Sicht ist folgendes
zu sagen:

(1) Die Stoßrichtung dieser Theologie, die Gott „erleben“ will, geht am Glauben vorbei.
Selbst die Ansprachen werden psychologisiert in der Erwartung, daß sie den Menschen „pakken“.
Natürlich soll der Mensch Gottes Wort verstehen, umkehren und dem Evangelium
glauben, aber das ist nicht dasselbe wie „packen“. Der Durchschnittspietist kommt wohl in
der Erwartung, wieder neu motiviert zu werden, sein Christsein zu leben. Aber daß er wirklich
dem Evangelium vertraut und vor Gott durch den Glauben gerecht ist, ist als Ziel nicht erkennbar
und bei der Erlebnisorientierung auch nicht zu erwarten. Wenn christliche Veranstaltungen
von ihrer Zielsetzung her das gleiche verfolgen wie ein säkularer Erlebnispark, nur in
fromm, dann ist das der Ausverkauf des Christentums an den Freizeitgeist.

(2) Gott „erleben“ zu wollen ist Schwärmerei. Was soll ich denn erleben? Gute Gefühle? Motivation?
Psychische Befreiung? Oder gar einen richtig altpietistischen Bußkampf mit harten
Gewissensanklagen, Scham über begangenen Sünden und Tränen der Reue? Nichts dagegen,
solange dies Früchte des Glaubens sind. Aber die Schnittstelle zwischen Gott und Mensch
liegt nicht im menschlichen Erleben, sondern in Gottes Offenbarung, wie sie uns in der heiligen
Schrift gegeben ist und durch Taufe und Abendmahl verbürgt wird. Sie zu verstehen muß
doch das Ziel einer christlichen Veranstaltung sein. Inhaltlich bedeutet das nichts anderes als
daß ich unter dem Gesetz Gottes meine Verlorenheit erkenne und im Evangelium von Jesus
Christus den Freispruch Gottes höre und den Zusagen des Evangeliums vertraue. Warum
scheuen sich die Veranstalter, dies zu sagen? Ist ihnen das etwa zu „alt“-pietistisch? Was im
übrigen ist mit dem, der ganz einfach zum Glauben kommt und keine unter die Haut gehenden
Erlebnisse macht? Fehlt ihm etwas? Hat er Christus nur halb? Doch wohl nicht!

(3) Die Erlebnisorientierung zeigt an, daß auch der konservative, „fromme“ Protestantismus
am Ende ist. Er wird noch ein paar Jahre oder gar Jahrzehnte mit solchen Formen und Erwartungen
existieren, aber Gottes Wort als Gesetz und Evangelium hat er bestenfalls noch nebenbei
und in homöopathischer Dosis. Daß in der einen oder anderen Gemeinschaft noch rechte
Verkündigung und echter Glaube zu finden sind, will ich damit nicht bestreiten. Doch irgendwann
wird auch das Schiff des schwäbischen Pietismus in den seichten Wassern des Erlebnischristentums
auf Grund laufen. Hoffentlich gibt es dann noch Rettungsboote für die, die
– wie ihre altpietistischen Väter – wirklich noch ihre Rettung in Christus suchen.
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