»Machtvoller Glaube«
und »vollmächtiges Gebet«
in der Charismatischen Bewegung
Rudolf Ebertshäuser
Einleitung
Das Gebets-und Glaubensleben, das von Anhängern der Charismatischen Bewegung propagiert und
teilweise auch praktiziert wird, beeindruckt viele suchende und innerlich unzufriedene Christen, die unter
der Lauheit, Glaubensschwäche und Gebetsarmut in ihren Kreisen und bei sich selbst leiden.
In der Tat findet sich in vielen gläubigen Gemeinden und Gemeinschaften ein Mangel an glaubensstarker
Hingabe und treuem, anhaltendem und vertrauensvollem Gebet. Wieviel Oberflächlichkeit und fleischliche
Gesinnung lähmt unser Glaubens-und Gebetsleben!
Kann uns da nicht die Charismatische Bewegung ein Vorbild sein, aus dem man Anregungen und
belebende Impulse für das eigene Leben, für die eigene Gemeinde gewinnen kann? Hier gibt es doch
offensichtlich starken Glauben, der sogar Berge versetzen kann. Hier wird das Gebet wenigstens groß
geschrieben, man hört viele beeindruckende Berichte von wunderbaren Gebetserhörungen …
So oder ähnlich denken heute viele Christen, und charismatische Glaubenslehren und -praktiken
beeinflussen zunehmend auch Kreise außerhalb dieser Bewegung. Sie erhoffen sich Erneuerung von
einem Glauben, der so viel Kraft, Freude und beeindruckende Erfolge aufzuweisen scheint. Der neue,
charismatische Glaubensweg ist für sie attraktiver, »positiver« als die ausgetretenen alten Wege, die die
traditionell evangelikalen Gemeinden anzubieten haben.
Doch auch hier gilt, daß weder eine »positive« Ausstrahlung noch faszinierende Erfolgsberichte der
Maßstab für Echtheit und Wahrheit sind, sondern ganz allein das Wort Gottes. An diesem untrüglichen
Maßstab wollen wir die wichtigsten Lehren und Praktiken des charismatischen Glaubens-und
Gebetslebens im folgenden messen.
Ist dieser »neue«, attraktive Glaube wirklich der gesunde Glaube, den uns die Bibel lehrt? Handelt es sich
wirklich um eine Rückkehr zur Kraft und Herrlichkeit des apostolischen Glaubenslebens – oder um eine
schillernde Nachahmung, eine irreführende Verfälschung dessen, was uns im Wort Gottes geoffenbart
worden ist?
Wenn im folgenden verallgemeinernd von »charismatischen« Glaubenslehren die Rede ist, so muß vorab
gesagt werden, daß längst nicht alle Charismatiker alle hier behandelten Lehren gutheißen. Es handelt sich
aber um Lehren und Praktiken, die von anerkannten charismatischen Lehrern verbreitet werden und großen
Einfluß ausüben. Sie werden durch Bücher, Kassetten und Konferenzen weitergegeben und wirken auch in
»gemäßigte« Gruppierungen hinein. Nur wenige Verantwortliche dieser Bewegung, in der wirkliche
biblische Lehre oder ein geistlicher Wächterdienst so gut wie unbekannt sind, wagen es, ein klares Wort der
Warnung und Abgrenzung gegen extreme und gefährliche Lehren auf diesem Gebiet zu sagen.
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A. Wahrer biblischer Glaube
In den Lehren der Charismatischen Bewegung ist viel vom Glauben die Rede, vom »vollmächtigen«,
»siegreichen« Glauben, vom »richtigen« Glauben, der auch empfängt, was er will. Aber ist der von
Charismatikern propagierte Glaube tatsächlich der wahre Glaube, den uns das Wort Gottes lehrt? Weil es
hier viel Verwirrung und auch Unkenntnis über die Aussagen der Heiligen Schrift gibt, wollen wir zunächst
feststellen, was die Bibel selbst unter »Glauben« versteht.
1. Wesenszüge des echten biblischen Glaubens
Über dieses Thema wäre so vieles zu sagen, daß es allein ein ganzes Buch füllen würde. Wir müssen uns
auf einige ganz knappe Gedanken beschränken, die hoffentlich Anregungen zum vertieften Nachforschen
geben.
a) Glauben bedeutet, sich Gott anzuvertrauen
Es ist kein Zufall, daß das griechische Wort für Glaube, pistis, u. a. die Bedeutung »Treue, Zuverlässigkeit«
besitzt. Grundlage des Glaubens ist Gott selbst, der Treue, Zuverlässige, Vertrauenswürdige. Ihm können
wir vertrauen (auch in diesem deutschen Wort finden wir die Wurzel »Treue«). Glauben (pisteuo) bedeutet
Gott vertrauen, sich auf Ihn verlassen, alles von Ihm erwarten, Sein Wort für wahr halten, von Seiner Treue
und Güte ganz überzeugt sein, Ihm sich vertrauensvoll überlassen.
Im tiefsten bedeutet biblischer Glaube, daß der Mensch sich dem treuen, verläßlichen Gott völlig anvertraut,
daß er fest auf Sein Wort, auf Seine Zusagen vertraut und baut und Ihm treu und gehorsam ist. Der Glaube
ist in der Bibel eine persönliche Beziehung zu einem persönlichen Gott, die sich auswirkt in einem
unbedingten Vertrauen auf Ihn und Sein geoffenbartes Wort. »Es ist aber der Glaube eine feste
Zuversicht auf das, was man hofft, eine Überzeugung von Tatsachen, die man nicht sieht.« (Hebr.
11,1).
Weil der Glaube ein Vertrauen auf den unsichtbaren Gott in den Himmeln ist, den wir sterblichen Menschen
nicht sehen oder tasten können, ist er wesensmäßig angewiesen auf die Offenbarung Gottes über sich
selbst, die Er Seinen Boten im Wort der Heiligen Schrift eingegeben hat.
Das geoffenbarte Wort Gottes ist die alleinige Grundlage des wahren Glaubens, sein einziges und
unverrückbares Fundament. Gott glauben bedeutet zugleich, die Selbstoffenbarung Gottes in Christus für
wahr zu halten und völlig von der Zuverlässigkeit und Wahrheit des Gotteswortes überzeugt zu sein.
Dieser Glaube an Gott und Seine Selbstoffenbarung in der Schrift ist dem natürlichen Menschen aus sich
selbst gar nicht möglich; er ist geistlich tot, stumpf und blind in bezug auf die göttlichen Wahrheiten. Echter
Glaube ist daher immer hervorgerufen durch ein Werk des Geistes Gottes, der die finsteren
Menschenherzen erleuchtet und ihnen Christus als die Offenbarung Gottes verklärt (vgl. 2. Kor. 4,3-6).
Weil Gott Geist ist, den natürlichen Sinnen nicht faßbar, und das uns geschenkte Heil ebenfalls eine
geistliche, unsichtbare Wirklichkeit ist, wandeln wir im Glauben, nicht im Schauen, solange wir in dieser
Welt sind (2. Kor. 5,7), »da wir nicht auf das Sichtbare sehen, sondern auf das Unsichtbare; denn was
sichtbar ist, das ist zeitlich, was aber unsichtbar ist, das ist ewig« (2. Kor. 4,18).
Dieser Glaube ist durch den Heiligen Geist gewirkt, der deshalb auch der »Geist des Glaubens« genannt
wird (2. Kor. 4,13). Echter Glaube ist gebunden an eine Person, an den Sohn Gottes; er ist nicht irgend ein
Glaube an irgend etwas, sondern der Glaube an unseren Herrn Jesus Christus (Apg. 20,21).
b) Der rettende Glaube an Jesus Christus –
das Fundament der Glaubensbeziehung zu Gott
Biblischer Glaube ist zuallererst der Glaube an Jesus Christus als den Sohn Gottes, der für uns gekreuzigt
wurde und auferstanden ist, der Glaube, der uns errettet. Der erste und grundlegendste Schritt des
Glaubens ist, daß ich nicht mehr auf mich selbst vertraue, auf meine angebliche Güte und Gerechtigkeit,
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sondern mich im Licht des Wortes Gottes als verlorenen, von Gott getrennten Sünder erkenne und mein
Vertrauen ganz und ausschließlich auf Jesus Christus setze, auf meinen Retter und Heiland, wie Er mir im
Wort Gottes geoffenbart wird.
Der Glaube an Christus, den Gekreuzigten, an das stellvertretende, vollkommene Sühnopfer des Sohnes
Gottes für uns am Kreuz ist für immer der Wesenskern und das Fundament jedes wahrhaft biblischen
Glaubens. Daß ER durch Seinen Sühnetod und Seine Auferstehung nunmehr meine Gerechtigkeit, meine
Heiligung, mein Leben, mein Alles ist – das ist der Grundinhalt gesunden Glaubens und die
Grundvoraussetzung eines biblischen Glaubenslebens. Wo dieser Grund nicht wahrhaft gelegt ist, ist alles
Reden vom »Glauben« nur hohle, betrügerische Anmaßung.
c) Echter Glaube ist eine Herzenshaltung und keine Technik
Biblischer Glaube ist keine übernatürliche Technik zur Erlangung von Wundern und persönlichem Erfolg,
sondern eine geistgewirkte, beständige Herzenshaltung der Hingabe, des Vertrauens, des Gehorsams
gegenüber einem allmächtigen, liebenden Herrn und Erlöser, der unsere Bitten erhört und beantwortet.
Dort wo dieser Glaube in manchen Stellen des griechischen Grundtextes als der »Glaube Gottes« (z. B.
Mk. 11,22) oder als der »Glaube Jesu Christi« (Jak. 2,1) bezeichnet wird, bedeutet dies aus dem
Zusammenhang entweder den Glauben an Gott, oder es bringt zum Ausdruck, daß dieser Glaube von Gott
herkommt, von Ihm bewirkt wird.
Keinesfalls jedoch kann man daraus ableiten, wie es manche charismatische Irrlehrer tun, Gott selbst und
Sein Sohn hätten »Glauben« und würden ihre Wundertaten durch »Glauben« wirken. Gott selbst braucht
keinen Glauben, denn vor Ihm ist nichts unsichtbar. Er wirkt in Seiner Allmacht und Kraft, und alles was Er
will, geschieht, weil Er Gott ist. Wenn Er ein Wort spricht, geschieht es, weil dem Wort des allmächtigen
Schöpfergottes schöpferische Kraft innewohnt.
Gott ist auch keineswegs einem von Menschen konstruierten »Gesetz des Glaubens« unterworfen, sondern
völlig frei und souverän in Seinem ganzen Wirken. Wir Gläubigen dagegen, als Seine erlösten Geschöpfe,
sind berufen, im Glauben zu wandeln, d. h. beständig in einer Haltung des Vertrauens zu Gott und Seinem
Wort zu leben.
2. Echter Glaube und biblisches Gebet
Das Vertrauen zu Gott, der allen willig gibt, ist die Voraussetzung für erhörliches Beten und den Empfang
von Gottes Segnungen, wie uns der Jakobusbrief lehrt (Jak. 1,5-8) – aber auch das ist kein mechanisches
»Gesetz«, denn Gott vermag unendlich mehr zu tun über alles hinaus, was wir erbitten und erdenken
können (vgl. Eph. 3,20).
In Seiner Gnade und Souveränität erhört Gott bisweilen unsere Bitten, auch wenn wir kleingläubig und von
Zweifeln angefochten sind. Gott ist nicht an irgendwelche »Glaubensformeln« gebunden, die wir Ihm richtig
zu präsentieren hätten; Er ist keine unpersönliche »Gebetsbeantwortungsinstanz«, die nur »funktionieren«
würde, wenn wir die richtigen »Glaubenschips« eingeben – Er ist unser allmächtiger und barmherziger
Vater, der größer ist als unser Herz (1. Joh. 3,20-22) und schon weiß, was wir brauchen, ehe wir Ihn bitten
(Mt. 6,8).
So ist das wahre, biblische Gebet des Glaubens, das Gebet, das wirkliche göttliche Antworten zur Folge
hat, auch keine Frage einer Formel, die angeblich Erfolg garantieren würde. Es kann nicht in Rezepten
vermittelt werden, wie sie im schwarmgeistigen Umfeld so reichlich angeboten werden. Es ist die Frucht
einer Herzenshaltung der Gottesfurcht, der Hingabe und des Gehorsams; die Frucht einer Erkenntnis
Gottes und Seines Wortes und Willens; die Frucht eines beständigen Wandels mit dem Herrn, eines
geübten Hörens auf Ihn, auf das Leiten Seines Geistes.
Der Glaube, der erhörte Gebete bewirkt, ist ein geistgewirktes Überzeugtsein davon, daß ein bestimmtes
Anliegen mit dem Wort Gottes übereinstimmt und der Wille Gottes ist, verbunden mit dem festen Vertrauen
zu Gott, daß Er uns das Erbetene gibt. Biblischer Glaube ist nicht die Macht und Fähigkeit eines Menschen,
Dinge nach seinem Willen zu bewirken. Er ist auch nicht ein Mittel, um Gott dazu zu bringen (oder noch
schlimmer: zu zwingen), bestimmte Dinge zu tun.
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Das Glaubensgebet und die Souveränität Gottes
Echtes Glaubensgebet ist eine Wirkung Gottes im Gläubigen, der durch Gottes Geist dazu geleitet wird, ein
Anliegen im Gebet vor Gott zu bringen, weil Gott selbst in Seinem souveränen Willen beschlossen hat,
entsprechend zu handeln, und weil Er uns Gläubige an Seinem Handeln teilhaben lassen will.
Nirgends jedoch lehrt die Heilige Schrift, daß Gott nichts tun könne oder wolle, ohne daß Ihn Menschen im
Gebet darum bäten; sie lehrt auch nicht, daß Gottes Allmacht und Souveränität durch den Mangel an Gebet
und die Untreue der Gläubigen beschnitten werden könnte, daß Gott also vom Gebet der Menschen in
irgendeiner Weise abhängig wäre.
Solche Lehren sind im Kern eine fromm getarnte Selbsterhöhung des Menschen und eine Beschneidung
der Herrlichkeit, Souveränität und Allmacht unseres Gottes. Gott kommt zu Seinem vorgesteckten Ziel, Sein
Wille geschieht letzten Endes, auch wenn die Gemeinde in ihrem Gebet säumig ist.
An der bereits im Voraus bestimmten Vollzahl der Heiden etwa, die Gott zuvor erkannt und auserwählt hat
zum Heil, werden die Gebete der Gemeinde nichts ändern können. Kein noch so militantes
schwarmgeistiges Gebet kann bewirken, daß sich in dieser Heilszeit ganze Völker und Städte zu Jesus
Christus bekehren, daß die Regierung und die Gesellschaft christlich werden oder daß Israel die große
Drangsal erspart bleibt, weil dies nicht mit dem Heilsratschluß Gottes und Seiner Offenbarung in der Schrift
übereinstimmt.
Die Wichtigkeit des biblischen Gebetes
Das bedeutet keineswegs, daß das Gebet der Gläubigen nichts bewirken würde und unwichtig wäre. Gott
gebraucht in Seiner Souveränität das Gebet der Gläubigen und bezieht sie so in Sein Heilshandeln mit ein.
Die in der Bibel gebotene Fürbitte der Gemeinde für alle Menschen z. B. (1. Tim. 2,1-6) ist ein wichtiger
Faktor bei der Verwirklichung der Ratschlüsse Gottes zur Errettung der Auserwählten, und es gibt keinerlei
Grund, das Gebet angesichts der Souveränität Gottes zu vernachlässigen.
Unser Gebet hat auch einen eindeutigen Einfluß auf die Art und Weise, wie Gott konkret handelt und wie
sich die Rahmenbedingungen der Gemeinde und ihres Dienstes, z. B. der Evangelisation, entwickeln (vgl.
z. B. Jes. 59,15-18; Hes. 22,30; Daniel 9 u. 10; 2. Kor. 1,11; Kol. 4,2-4; 2. Thess. 3,1f.; 1. Tim. 2,1-8).
Wichtig ist nur, daß das echte Glaubensgebet der Gemeinde sich bewußt und nüchtern an die Linien der
Schrift hält und auf der Grundlage der gesunden Lehre des Wortes Gottes geschieht und sich nicht von
menschlichem Wunschdenken oder schwarmgeistigen Irrlehren leiten läßt.
Eine große Gefahr bei aller schwärmerischen Verirrung in bezug auf das Gebet liegt darin, daß einzelne
Aussagen und Verheißungen des Wortes Gottes zu diesem Thema einseitig überbetont werden und
andere, ergänzende Aussagen dabei unter den Tisch fallen.
Wenn etwa Verheißungen wie: »Alles, was auch immer ihr im Gebet erbittet, glaubt, daß ihr es
empfangt, so wird es euch zuteil werden« (Mk. 11,24) oder »Wenn zwei von euch auf Erden
übereinkommen über irgend eine Sache, für die sie bitten wollen, so soll sie ihnen zuteil werden von
meinem Vater im Himmel« (Mt. 18,19) aus ihrem Zusammenhang mit den anderen Aussagen der Schrift
über das Gemeindegebet gerissen werden, kommt es zu schwärmerischen Irrlehren.
Wie schnell ist der fleischlich gesinnte Mensch dabei, solche Verheißungen zu Werkzeugen seines
Machtwillens und Machenwollens zu degradieren! So steigert er sich in einen manipulierten »Glauben«
hinein und »bekennt«, empfangen zu haben, ohne zu sehen, daß eine solche Gewißheit nur durch den
Heiligen Geist geschenkt werden kann. Oder er »macht sich eins« mit einem Gleichgesinnten und versucht
nun unter Mißbrauch von Mt. 18,19 Dinge von Gott zu erzwingen, die keine biblische Grundlage haben –
dabei ist auch die in diesem Wort erwähnte Übereinstimmung nur als Geschenk durch das Wirken des
Heiligen Geistes möglich.
Es ist daher sehr wichtig, daß wir bei unserem Gebet in Demut und Gottesfurcht die von der Schrift
vorgegebenen Linien einhalten und über unserer Herzenseinstellung wachen, damit sich nicht Verkehrtes,
Verunreinigtes in unsere Gebete einschleicht.
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B. Charismatische »Glaubensformeln«
und Gebetspraktiken
Der Glaube als der Wesensausdruck der Beziehung der erretteten Kinder Gottes zu ihrem Herrn und Gott
ist grundsätzlich umkämpft und angefochten. Dem Widersacher Gottes ist der kindliche, lautere, feste
Glaube der Heiligen ein stetiger Dorn im Auge; er versucht, diesen Glauben mit allen Mitteln anzugreifen,
zu schwächen oder sogar, wo möglich, zu zerstören. Wir sind deshalb in einen Kampf hineingestellt, den
die Schrift den »guten Kampf des Glaubens« nennt (vgl. 1. Tim. 6,12).
In diesem Kampf geht es darum, alle Angriffe des Feindes, die uns in unserer Vertrauensbeziehung zu Gott
schwächen oder stören wollen, abzuwehren: seien es Zweifelsgedanken, Furcht, Niedergeschlagenheit,
Aufbegehren, Verführung zur Sünde o. ä. Alle diese feurigen Pfeile des Feindes dürfen wir in der
Waffenrüstung Gottes abwehren (vgl. Eph. 6,10-20).
Neben solchen hauptsächlich über die Gedanken und Gefühle laufenden Frontalangriffen des Feindes
verfolgt dieser noch eine besonders gefährliche Taktik: er verfälscht den wahren Glauben der Kinder
Gottes, er schiebt ihnen einen verkehrten, betrügerischen Scheinglauben unter, um sie dadurch zu
verführen und lahmzulegen.
Hier geht es uns um die Verfälschung des wahren Glaubens durch die Glaubenslehren und -praktiken der
Charismatischen Bewegung. Die Grundlinie dieser sich besonders »geistlich« gebenden Verführung
besteht darin, den echten Glauben in seiner demütigen Abhängigkeit von Gott, Seinem Wort und Willen zu
ersetzen durch einen gefälschten Glauben, der ein Machtmittel in der Hand des Menschen darstellt, der
damit eigene, falsche Ziele bei Gott durchsetzen will.
Hier verläuft die heilige Scheidelinie zwischen geistgewirktem Glauben an Gott und fleischlich-ichhaftem,
schwarmgeistig-magischem Irrglauben, der letztlich Gott manipulieren oder zwingen will, bestimmte Dinge
zu tun. Während der biblische Glaube gerade davon ausgeht, daß der erlöste Mensch in sich selbst nichtig
und unfähig zu irgend etwas Gutem ist, und deshalb alles von dem allmächtigen, gnädigen Gott erwartet,
redet der Verführer von Anfang an dem Menschen ein, er selbst sei mächtig und in der Lage, sein Leben,
die Umstände, seine Umgebung nach seinem Willen zu beeinflussen und zu gestalten.
Satan bietet den Menschen übernatürliche, magische Kräfte und Methoden an, mit denen er Einfluß, ja
Macht ausüben kann. Diese Taktik verfolgt er nicht nur bei den Ungläubigen, sondern er schleust sie immer
wieder in »christlicher« Verpackung auch in die Gemeinde hinein.
Grundzüge des gefälschten charismatischen »Glaubens«
Das verführerische Zerrbild des Glaubens, das durch die Charismatische Bewegung verbreitet wird, weist
einige charakteristische Grundzüge auf:
1. Den Christen wird eingeredet, das in der Schrift gelehrte Bittgebet zu Gott sei kraftlos und bewirke nichts.
Angeblich sei es verkehrt, wenn sie Gott um Eingreifen, Hilfe oder Befreiung bitten und alles von Ihm
erwarten – Gott habe es so gewollt, daß sie selbst Macht und Einfluß ausübten und mithilfe magischer
»Glaubens«techniken wie Gebieten, Bekennen, Visualisieren ihre Lebensumstände, ja sogar andere
Menschen beherrschen.
Der Mensch wird groß gemacht und zu einem gottähnlichen oder sogar gottgleichen Wesen aufgeblasen,
das angeblich von Gott göttliche Vollmacht und Fähigkeiten verliehen bekommen habe. Dem allmächtigen,
souveränen Gott dagegen wird eine weitgehend passive Stellung der Machtlosigkeit zugeschrieben; er
könne angeblich nichts tun, wenn der »glaubende« Mensch nicht die Sache »vollmächtig« in die eigenen
Hände nehme.
2. Der Glaube wird aus der völligen Abhängigkeit von Gott gelöst und zu einem unpersönlich-objektiven
»Gesetz« umgedeutet, das jeder nach Belieben gebrauchen kann. Den Gedanken und vor allem den
Worten des Christen wird eine objektiv-gesetzmäßige, innewohnende Macht und Kraft zugeschrieben, die
in Wahrheit allein den Gedanken und Worten Gottes zukommt. Christen wird eingeredet, ihre Vorstellungen
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und Worte würden Wirklichkeit schaffen und verändern, sie seien übernatürlich wirksam und hätten
schöpferische Kraft ganz wie die Worte Gottes selbst.
Die Wirksamkeit des Gebetes liegt demnach nicht mehr in der Gnade und souveränen Macht Gottes
begründet, sondern dem ausgesprochenen Wort des Christen wird eine Eigenwirksamkeit zugeschrieben,
das es in die Verwandtschaft zu Zauberformeln bringt – im Einklang mit dem trügerischen Urversprechen
des Verführers »Ihr werdet sein wie Gott«.
3. Der Glaube wird somit von einer persönlichen Herzensbeziehung zu einer Methode, einer Technik,
einem Mittel zum Zweck umgefälscht. Er wird vom kindlichen Angewiesensein auf die Gnade des
allmächtigen, souveränen Gottes »befreit« und der sündhaften Eigenmächtigkeit des Menschen unterstellt,
der mit seiner Hilfe angeblich alles erhalten könne, was er wolle. Er wird auch von der Bindung an das
geoffenbarte Wort Gottes und die gesunde Lehre gelöst und macht sich zum Herrn über die Schrift, indem
er Gottesworte nach Belieben herausgreift und benutzt, um von Gott Erhörung zu erzwingen.
Der Glaube wird ein Mittel zur Machtausübung und Selbsterhöhung, mit dessen Hilfe der irregeführte
Mensch meint, sich Gott und seiner Kräfte bedienen zu können, sie für seine eigenen Ziele einspannen zu
können. Damit aber wird die Grenze zur Magie überschritten.
4. Durch alle die charismatischen Lehren, die wir im folgenden betrachten wollen, zieht sich wie ein roter
Faden die Verführung zur Eigenmächtigkeit, zum Heraustreten aus der kindlich-vertrauensvollen
Abhängigkeit des Gläubigen von seinem großen Herrn und Erlöser. Überall sehen wir die Einflüsterung des
Versuchers: »Du bist selber groß! Du bist wie Gott! Handle kühn und mit Vollmacht!«
Wir werden erinnert an die Versuchung unseres Herrn durch den Widersacher, die uns wichtige Einsichten
in dessen Taktik und Absichten auch mit uns Gläubigen gibt. Hinter all dem steckt eines der großen, uralten
Lockmittel des Bösen, mit dem er zu allen Zeiten Menschen vom rechten Weg abzubringen versuchte: die
Macht. Es ist kein Zufall, daß gerade das Wort »Power«, Macht, Kraft, zu einem Lieblingswort der
Charismatischen Bewegung geworden ist.
1. Das schwärmerisch-drängende »Glaubensgebet«
In der Pfingst-und Charismatischen Bewegung wird viel gebetet; es wird oft mit großem Eifer und Einsatz
gebetet, und das wäre eigentlich ein Grund zur Freude, wenn nicht das Gebetsleben in dieser Bewegung
verunreinigt und durchsetzt wäre von einem schwärmerischen Drängen und Herabzerrenwollen von
unbiblischen »Segnungen«, von einem seelisch-irrgeistig angeheizten Enthusiasmus, der sich nach Dingen
ausstreckt, die Gott uns nicht verheißen hat, oder aber echte, biblische Segnungen in seinen Besitz bringen
will, ohne die Vorbedingungen zu erfüllen.1
Dadurch wird das Gebet des Glaubens zu einem eigenwillig-fleischlichen Erzwingenwollen; der Mensch will
Gott bedrängen und um jeden Preis von Ihm etwas erhalten; er versucht letztlich, Gott zu manipulieren. Es
ist bezeichnend, daß viele charismatische Prediger solches vermessene Fordernwollen bewußt
rechtfertigen, z. B. mit dem Verweis auf Ps. 2,8 oder auf Mt. 11,12: Man müsse das Reich Gottes
gewaltsam an sich reißen!
Das wahre Glaubensgebet jedoch schöpft seine Kraft aus der völligen Unterwerfung unter Gottes Willen,
aus der demütigen Abhängigkeit von Ihm, aus der nüchternen Ausrichtung seiner Bitten am Wort Gottes.
Dort, wo eigenwillige, selbstsüchtige, hochmütige Herzensmotive im Spiel sind und die Gebetsanliegen
dem geoffenbarten Willen Gottes in der Heiligen Schrift widersprechen, ist die Gefahr der Verführung groß.
Satans Taktik: Verführung zur Eigenmächtigkeit
Wir sehen die verführerische Taktik des Widersachers in der Versuchung Jesu: »Wenn du Gottes Sohn
bist, so sprich, daß diese Steine Brote werden«, sagt der Versucher (Mt. 4,3). Er will den Herrn dazu
verleiten, »seinen Glauben zu betätigen«, um sich selber zu helfen. Aber der Sohn Gottes, dem es jederzeit
ein Leichtes gewesen wäre, so etwas zu bewirken, weiß sich durch den Willen des Vaters auf den Weg der
Niedrigkeit und Abhängigkeit gewiesen; er widersteht der Versuchung, eigenwillig von seiner Vollmacht
Gebrauch zu machen.