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From the horse´s mouth - in Calvins eigenen Worten


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#1
Andreas

Andreas

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Man erklärt nun, es stünde nicht mit ausdrücklichen Worten geschrieben, daß Gott beschlossen habe, Adam solle durch seinen Abfall zugrunde gehen. Als ob dieser Gott, von dem die Schrift predigt, daß er macht, „was er will“ (Ps. 115,3), das edelste seiner Geschöpfe auf ein ungewisses Ziel hin geschaffen hätte! Man sagt, es habe bei seinem freien Willen gestanden, sich selbst sein Los zu gestalten, Gott aber habe nichts bestimmt, als daß er ihn nach seinem Verdienst behandeln werde. Wo bleibt aber, wenn solch ein inhaltloses Hirngespinst zur Annahme kommt, Gottes Allmacht, in der er nach seinem geheimen Ratschluß, der sonst von nichts abhängt, alle Dinge lenkt? Aber mögen solche Menschen wollen oder nicht, so tritt doch die Vorbestimmung an den Nachkommen Adams zutage! Denn es ist nicht natürlicherweise geschehen, daß durch die Schuld des einen Stammvaters alle aus dem Heil herausgefallen sind. Was hindert sie nun, von einem Menschen zu bekennen, was sie wider ihren Willen vom ganzen Menschengeschlecht zugeben? Denn wozu geben sie sich vergebliche Mühe, hier Ausflüchte zu suchen? Die Schrift erklärt laut, daß alle Sterblichen in der Person eines einzigen Menschen dem ewigen Tode zu eigen gegeben worden sind. Da man dies aber nicht der Natur zuschreiben kann, so liegt es hell am Tage, daß es aus Gottes wunderbarem Rat hervorgegangen ist. Gar zu widersinnig ist es aber, daß diese guten Beschützer der Gerechtigkeit Gottes an solch einem Grashalm hängen bleiben, aber hohe Baumstämme überspringen! Ich frage auf der anderen Seite: Wie ist es denn gekommen, daß Adams Fall rettungslos so viele Völker samt ihren unmündigen Kindern in den ewigen Tod verwickelt hat? Gibt es einen anderen Grund, als daß es Gott so Wohlgefallen hat? Hier müssen jene sonst so geschwätzigen Zungen verstummen. Es ist zwar ein furchtbarer Ratschluß, das gebe ich zu; aber dennoch wird niemand leugnen können, daß Gott, bevor er den Menschen schuf, zuvor gewußt hat, welchen Ausgang er nehmen würde, und daß er dies eben darum vorauswußte, weil er es in seinem Ratschluß so bestimmt hatte! Wer hier gegen Gottes Vorherwissen losfahren will, der rennt vorwitzig und unbedacht an. Denn aus was für einem Grunde, frage ich, soll der himmlische Richter der Anklage unterliegen, weil er wohl wußte, was eintreten würde? Alles, was man an rechtmäßiger oder scheinbarer Klage vorbringen mag, richtet sich doch gegen seine Vorbestimmung. Es darf auch nicht widersinnig erscheinen, wenn ich behaupte: Gott hat den Fall des ersten Menschen und in ihm das Verderben seiner Nachfahren nicht bloß vorhergesehen, sondern auch nach seinem Gutdünken angeordnet. Denn wie es zu seiner Weisheit gehört, daß er alles Zukünftige zuvor weiß, so zu seiner Macht, alles mit seiner Hand zu regieren und zu leiten! Auch diese Frage, wie andere, hat Augustin weislich gelöst. Er sagt: „Sehr heilsam bekennen wir, was wir sehr recht glauben, nämlich daß der Gott und Herr aller Dinge, der alles ‚sehr gut‘ geschaffen hat, der zuvor wußte, daß aus dem Guten Böses erwachsen würde, und der wußte, daß es seiner schlechthin allmächtigen Güte eher anstünde, das Böse zum Guten zu wenden, als das Böse nicht geschehen zu lassen, daß dieser Gott das Leben der Engel und der Menschen so angeordnet hat, daß er an ihm zunächst zeigte, was der freie Wille vermag, und dann auch, was die Wohltat seiner Gnade und das Urteil seiner Gerechtigkeit kann!“ (Von der Züchtigung und Gnade 10,27).

Hier nimmt man nun seine Zuflucht zu der Unterscheidung zwischen Willen und Zulassung; danach will man erreichen, daß die Gottlosen nur unter Gottes Zulassung, nicht aber nach seinem Willen verlorengehen. Aber was wollen wir sagen: aus welchem anderen Grunde soll er denn etwas zulassen, als - weil er es will? Freilich ist es nicht einmal an sich einzusehen, daß der Mensch sich das Verderben allein unter Gottes Zulassung und ohne seine Anordnung zugezogen habe. Als ob Gott nicht fest beschlossen hätte, in welcher Stellung nach seinem Willen die vornehmste unter seinen Kreaturen sich befinden sollte! Ich trage also keine Bedenken, mit Augustin einfach zu bekennen, daß Gottes Wille die Notwendigkeit der Dinge ist (Von der Genesis IV,15,26), und daß, was er will, notwendig eintreten wird, wie ja auch alles wirklich geschehen wird, was er vorausgesehen hat!

Wenn nun aber die Pelagianer oder die Manichäer oder die Wiedertäufer oder die Epikuräer – denn mit diesen vier Sekten haben wir es bei dieser Erörterung zu tun! – zu ihrer und der Gottlosen Entschuldigung auf die „Notwendigkeit“ verweisen, kraft deren sie durch Gottes Vorbestimmung gezwungen würden, so bringen sie nichts vor, was zu dieser Sache geeignet ist. Denn die Vorbestimmung ist doch nichts anderes als die Austeilung der zwar verborgenen, aber unbeschuldbaren göttlichen Gerechtigkeit. Weil es nun aber sicher ist, daß die, welche zu solchem Geschick (nämlich zum Verderben) vorbestimmt wurden, dessen nicht unwürdig waren, so ergibt sich: es ist ebenso sicher, daß das Verderben, dem sie kraft der Vorbestimmung unterworfen sind, völlig gerecht ist! Außerdem ist ihr Verlorengehen von Gottes Vorbestimmung in der Weise abhängig, daß sich doch die Ursache und Begründung dazu in ihnen selbst finden! Der erste Mensch ist nämlich gefallen, weil Gott es für nützlich hielt; warum er es dafür hielt, ist uns nicht bekannt. Dennoch ist es sicher, daß er es aus keinem anderen Grund getan hat, als weil er sah, daß so die Ehre seines Namens mit Recht verherrlicht würde. Wo du aber Gottes Ehre nennen hörst, da denke auch an seine Gerechtigkeit. Denn das, was Lobpreis verdient, muß gerecht sein! Der Mensch kommt also zu Fall, weil Gottes Vorsehung es so ordnet – aber er fällt durch seine eigene Schuld!

Calvin, J.: Unterricht in der christlichen Religion. Nach der letzten Ausg. übers. und bearb. von Otto Weber. 6. Aufl. der einbd. Ausg., Neukirchen-Vluyn 1997, Buch 3, Kap. 23, Abschn. 7-8, S. 640-641



Paulus nennt die Engel, die in ihrer Unschuld verblieben sind, „auserwählte Engel“ (1. Tim. 5,21). Wenn nun die Beständigkeit dieser Engel in Gottes Wohlgefallen begründet war, so ergibt sich aus dem Abfall der anderen, daß sie eben von Gott verlassen waren. Dafür aber läßt sich kein anderer Grund anführen als die Verwerfung, die in Gottes geheimem Ratschluß verborgen ist.

ebd., Buch 3, Kap. 23, Abschn. 4, S. 638
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