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Vertiefte Union Europas – Die Krise als Chance


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#1
Rolf

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DIE POLITISCHE SEITE
August/September 2011






Vertiefte Union Europas – Die Krise als Chance






Vorbemerkung

Liebe Leserin, lieber Leser,
vielleicht habe ich mich übernommen.

Aber ich wollte einfach viel von dem, was unser Volk gerade bewegt und was Europa bewegt, aufnehmen und beleuchten: die Eurokrise, die Rettungsschirme, das Verhalten der Börse, das Treffen Merkel-Sarkozy, die Kritik an Merkel in letzter Zeit – alles versammelt um den roten Faden, die Frage: Wohin geht es mit Europa? Wohin wollen wir denn, dass es geht? Auch dazu am Schluss ein kleines Entweder-Oder. Haben wir als Christen ein Ahnen davon, wohin Gott mit diesem Kontinent gehen will – Fachleute aus Wirtschaft- und Finanzwelt bitte ich um Nachsicht, wenn ich manches vielleicht verkürzt ausgedrückt habe. Ich habe versucht, mich einzuarbeiten und es so auszudrücken, dass es auch Fachfremde verstehen, was da vor sich geht in unseren Tagen.
Ortwin Schweitzer


INFORMATION

Die Welt am Abgrund

„Noch nie seit Ausbruch der Finanzkrise stand die Welt so dicht vor einem neuen Wirtschafts-Crash wie in diesen Tagen“ (SPIEGEL 32 vom 8.8.2011, S. 71). Und EZB Präsident Trichet spricht von der schwersten Krise seit dem 2. Weltkrieg.
2008 waren die Banken in der Krise und die Staaten retteten sie und diese galten als nahezu unbegrenzt kreditwürdig. Heute sind die Staaten selbst von der Pleite betroffen – und wie können sie gerettet werden: Portugal, Irland, Italien, Spanien, Griechenland (PIISG-Staaten)?
Wäre z.B. Griechenland ein Land mit eigener Währung, so würde diese eben entsprechend ihrem Realwert neu eingestuft werden im Vergleich mit den anderen Währungen („Abwertung“). Nun aber gehört Griechenland zu einer Währungsunion, der Eurozone mit 17 Ländern, die mit dem Euro einen gemeinsamen Marktwert etwa gegenüber dem Dollar vertritt. Es ist von daher ganz natürlich, dass die stärkeren Länder den gefährdeten Ländern helfen, dass sie wieder auf die Beine kommen, damit der Euro stabil bleibt.
Dies kann aber nur unter zwei Bedingungen geschehen: (a.) zum einen, dass die Lasten nicht zu groß werden, sonst gehen die Retter mit den Ertrinkenden unter, (b.) zum anderen, dass sich die Schuldenstaaten neu organisieren und ihre Wirtschaftsleistung (BIP) ihre Ausgaben deckt.

Rettungsschirm 1 und 2 (a.)

Als Irland und Portugal Staatspleite anmeldeten, wurden von den Euroländern den Geldgebern Garantien für ihr Geld gegeben (1. „Rettungsschirm“) für den Fall, dass diese Staaten trotz Stützung („Staatsanleihen“) pleite gehen. Wären diese Garantien nicht gegeben worden und hätten diese Staaten eine eigene Währung gehabt, hätte kein Investor ihnen Geld zur Verfügung gestellt. Da aber trotz Garantien ein Risiko bleibt, werden hohe Zinsen verlangt: von Irland 10,2%, von Portugal 11,2%, von Griechenland 14,7% (Stand August 2011). Zum Vergleich: Deutschland zahlt für Staatsanleihen am Kapitalmarkt 2,4%.
Nachdem Griechenland immer mehr brauchte, wurde die Spannweite des Rettungsschirms knapp. Ein 2. Rettungsschirm von doppelter Größe wurde Ende Juli vereinbart und alle atmeten auf. Da kam unerwartet Anfang August die Nachricht, dass Italien Hilfe beantragen müsse. Und sogar Frankreichs Kreditwürdigkeit wurde von den unabhängigen Ratingagenturen hinterfragt.
Ein Brandbrief des Kommissionspräsidenten Barroso an die Regierungschefs, ob der 2. Rettungsschirm denn wohl ausreiche, goss Öl in das Feuer: an den Börsen von Tokio bis New York fielen über 10 Tage die Kurse Tag für Tag zwischen 2 und 5%. Innerhalb von weniger Tage wurden weltweit Vermögenswerte von über 2 Billionen Dollar ausradiert, was natürlich auch mit der Krise des Dollar bzw. der Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch eine Ratingagentur zu tun hatte.

Die Börsenhektik hat sich inzwischen wieder gelegt; was aber bleibt, ist die Frage, was geschieht, wenn Italien und Spanien noch hinzu kommen?
Eigentlich war immer klar, dass eine Volkswirtschaft wie Italien zu retten, nicht mehr möglich ist für die Geberländer, wenn sie nicht selber in Gefahr geraten sollen, allen voran Deutschland.

Rettungsschirm allein genügt nicht (b.)


Angela Merkel wurde Zickzackkurs vorgeworfen, weil sie sich anfangs an der Griechenlandhilfe nicht beteiligen wollte, es dann aber doch tat – allerdings, nur unter bestimmten Bedingungen!
Ihre klaren Konditionen waren ein konsequenter Sparkurs in Griechenland und eine Offenlegung der Haushaltsführung der Regierung in Athen. Immer mehr musste Angela Merkel das Heft bei den Verhandlungen in die Hand nehmen, um den Südeuropäern nicht zu gestatten, mit dem Geld der „reichen Nordländer“ ein ausgebefreudiges Leben zu führen. Sollte der Euroraum nicht auf Dauer zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung, zu einer Transferunion von Norden nach Süden werden, mussten die Südländer mittels der Rettungsgarantien gezwungen werden, ihre Haushalte durch Einsparungen, Abbau von Privilegien, Verkauf von Staatseigentum und Steuererhöhungen, etc. in Ordnung zu bringen. Die Wirkung: Irland, Portugal und Griechenland sparen inzwischen bis an die soziale Schmerzgrenze; Spanien verankert die Schuldenbremse in der Verfassung; Italien legt im August 2011 zwei Sparpakete auf und Frankreich diskutiert über eine „Goldene Regel“.
Diese Rolle zu spielen, machte natürlich keinen Spaß. Deutlich formuliert die griechische Bevölkerung deshalb ihren Zorn auf die bösen Deutschen = EU, die ihnen diese rigiden Sparmaßnahmen abverlangen. Aber es ist langfristig die In-Gangsetzung einer effizienteren Volkswirtschaft. Allerdings wurde auch deutlich, dass neben dem Sparen Investitionen vor allem in das produzierende Gewerbe nötig sind, damit die Wirtschaft wieder in Gang kommt und international Konkurrenzfähig wird.

Die Grundsatzfrage

Die Grundsatzfrage heißt:
Ist der Euro angesichts der trudelnden Volkswirtschaften Südeuropas und der immensen Schuldenberge der zugesagten Garantien der Nordländer noch zu halten. Soll der Euro erhalten bleiben?
Breite Bevölkerungsschichten sagen an Biertischen und bei Umfragen: Nein! Sie wollen lieber zurück zur guten alten D-Mark. Verständlich, aber sie würden sich wundern, was passieren würde, wenn ihr Wunsch in Erfüllung ginge.
Keiner aber, der sich auskennt hat bisher etwas anderes gesagt als Ja, unter allen Umständen. Allerdings beinhaltet das für die Zukunft eine wesentlich engere Kooperation der Euro-Länder in ihrer Finanz- und Wirtschaftspolitik, eine Art „Wirtschaftsregierung“ wie auch immer.
Europe steht am Scheideweg: wird der Schritt in diese neue Stufe der Vergemeinschaftung getan oder nicht? „Entweder bricht die Eurozone auseinander oder ihre Mitglieder schließen sich finanzpolitisch weit enger zusammen als heute.“ (SPIEGEL a.a.O. S. 71). Dies wäre ein weiterer großer Schritt auf dem Weg zur Einheit Europas mit einem Kerneuropa der Euro-Länder. Gibt es dazu überhaupt eine Alternative?
Als 1992 in Maastricht der Euro als Gemeinschaftswährung vereinbart wurde, wusste jeder, dass dies eigentlich nur mit einer gemeinsamen „Wirtschaftsregierung“ funktionieren kann. Diesem französischen Vorschlag widersetzte sich Deutschland aber permanent. Stattdessen wurden auf Vorschlag des deutschen Finanzministers Weigel strenge Stabilitätskriterien für die Euro-Länder beschlossen. Diese wurden aber in dem vergangenen Jahrzehnt seit der Einführung des Euro von so gut wie allen Regierungen ein – oder mehrmals gebrochen. Es war keine Instanz da, die die nationalen Haushalte überprüft hätte oder gar vorgesehene Bestrafungsmechanismen in Gang gesetzt hätte. Sie lebten alle über ihre Verhältnisse – und häuften Schulden zu Bergen.
Trotzdem gilt: Scheitert der Euro – d.h. geht man zurück in die Nationalwährungen – dann ist auch die EU am Ende. Denn der Euro ist die Konkretisierung des innersten Gedankens der europäischen Einigung: „Gemeinsam sind wir stark“

Der Zerbruch des Euro ist somit nicht zuerst eine finanz-politische, sondern die existenziellste Frage für Europa heute. Für uns Christen heißt die Frage noch präziser: können wir die Spur des guten Willens Gottes in diesem Einigungsprozess erkennen; und wenn, ja, wohin geht der Weg weiter? In weitere Gemeinsamkeiten oder wieder zurück in nationalstaatliche Vereinzelung?
Den Weg weiter zu gehen, d.h. den Euro axiomatisch zu erhalten, wird aber in der Konsequenz bedeuten, dass die Geberländer noch größere finanzielle Lasten auf sich nehmen müssen und mindestens die Schuldenländer müssen ihre staatliche Souveränität in der Haushalts- und Finanzpolitik an Brüssel abtreten. Es wird viele Jahre dauern, bis sich die Euro-Zone wieder gefangen hat.
Ob dies auf Dauer ohne sog. „Eurobonds“ gelingen kann, ist eine heute noch ungeklärte Frage. Dies würde für alle Euro-Staaten, dieselbe Zinsbelastung bedeuten,. Dies wäre natürlich zum Vorteil der PIISG-Staaten, aber zum Nachteil der Geberstaaten, die bei staatlichen Anleihen ihrer Länder mehr Zins bezahlen müssten. 1% mehr würde auf 10 Jahre für Deutschland 20-25 Mrd. Euro Mehrbelastung bedeuten. – Wenn aber klar ist, dass es um die Rettung der europäischen Idee geht, dann ist kein Preis zu hoch! (Mehr dazu s.u.)

Treffen Merkel-Sarkozy

Am 16. August, bewusst erst nach ihrem Urlaub, trafen sich Präsident Sarkozy und Kanzlerin Merkel in Paris, um zu beraten, was in der aufgeregten Situation (jener Tage) zu unternehmen sei, um zum einen den Finanzjongleuren klar zu signalisieren, dass es zwecklos sei, auf die Pleite angeschlagener Euro-Staaten hohe Wetten abzuschließen, weil der gesamter Euro-Raum bei deren Rettung zusammen halten wird und zum anderen nicht den Eindruck zu machen, die Politik reagiere immer nur auf neue Attacken der Finanzhaie.
Nach stundenlangen Verhandlungen trat man vor die Mikrophone und versuchte den Eindruck von wichtigen Entschlüssen zu vermitteln.
Merkel: „Wir legen qualitativ eine neue Phase der Zusammenarbeit in der Eurozone ein.“ Das Ziel sei, „das Vertrauen der Märkte durch Handeln zu gewinnen.“
Und hier die Ergebnisse im Einzelnen:


1. Einführung einer „echten Wirtschaftsregierung“

Frankreich hatte eine europäische Wirtschaftsregierung seit den Tagen Mitterands gefordert als Gegengewicht zur regierungsunabhängigen Europäischen Zentralbank (EZB). Und um diese Unabhängigkeit zu schützen, waren Kohl und Schröder immer dagegen.
Nun hatte die EZB durch ihre Stützungskäufe maroder Staatsanleihen ihre politische Unabhängigkeit ohnehin weitgehend verloren und auf der anderen Seite verlangte die gegenwärtige Situation definitiv nach einem Koordinierungsinstrument für die Eurostaaten. Insofern gab Merkel nach und gestattete die Einführung einer „Wirtschaftsregierung“. Und wie sollte diese aussehen? Antwort: Die Staats- und Regierungschefs treffen sich zur Kontrolle des Euroraumes noch zweimal extra pro Jahr. Und in dieser Runde haben – das weiß jeder – Sarkozy und Merkel das Sagen. Sie sind letztlich also selber die „Wirtschaftsregierung“

Diese Runde hat sich aber bisher ja auch schon getroffen und haben das Südeuropa-Desaster nicht verhindert (wollen? können?). Denn welche Krähe hackt der anderen ein Auge aus? Wer bestraft den Kollegen, wenn er selber das nächste Mal eventuell dran sein könnte? Nein! Ohne einen automatisch anspringenden Strafmechanismus, wie ihn das Europaparlament fordert, wird sich also voraussichtlich gar nicht viel ändern. Man darf gespannt sein!

Den Vorsitz
dieser außerordentlichen Treffen soll der EU-Ratspräsident Herman van Rompuy führen – was selbstverständlich ist, da es für diese neue Art von Treffen keine institutionellen Vorschriften gibt. Herman van Rompuy hat die zwei Extratreffen (März und Juli) ohnehin schon vorbereitet und geleitet.
In der Person dieses demütigen Mannes, der sich nie nach vorne drängelt – er ist auch ein praktizierender katholischer Christ – hat die EU allerdings einen goldenen Griff getan, denn er kann in großer Geduld Gegensätze zusammenführen. Aber kann er auch Sanktionen in Gang setzen?


2. Schuldenbremse für alle EuroStaaten

Das wurde bereits im März d.J. im „Euro-Plus-Pakt“ beschlossen, dass sich nämlich alle Euro-Staaten verpflichten, die im Stabilitäts- und Wachstumspakt von Maastricht enthaltenen Haushaltsvorschriften in nationales Recht „verbindlich und dauerhaft“ umzusetzen. Das „Wie“ bleibt ihnen überlassen.
Insofern auch hier nichts Neues, sondern nur die Bestätigung des bereits Beschlossenen, außer dass Frankreich die Schuldenbremse nach deutschem Vorbild jetzt unterstützen will.


3. Verpflichtung der nationalen Parlamente, die Urteile der Kommission zur Haushaltspolitik zu beachten

Schon jetzt wurde im „Euro-Plus-Pakt“ festgelegt, dass die Kommission die nationalen Haushalte auf ihre Vereinbarkeit mit den EU-Regeln prüfen soll/darf – „unter uneingeschränkter Wahrung der Vorrechte der nationalen Parlamente.“ Da dies so betont wird, ist die Ermahnung von Merkel und Sarkozy, diese Urteile auch zu beachten, wohl angebracht. Damit ist zum Glück neben der „echten Wirtschaftsregierung“ der Chefs noch ein weiteres, eventuell sogar professionelleres Prüforgan in der Eurozone etabliert worden.


4. Verpflichtung zum Abbau der Staatsschulden

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt von 1992, dessen Reform im März 2011 beschlossen wurde, sieht auch vor, dass kein Land mehr als 60% Schulden machen darf gemessen an seiner Wirtschaftsleistung (BIP). Deutschland hat z.Zt. über 82%, Frankreich über 84% Überschuldung. Dieser Überhang soll nun von jedem Staat Jahr für Jahr um ein Zwanzigstel zurückgeführt werden.
Lobenswert, wenn es umgesetzt wird!


5. Finanztransaktionssteuer

Der Gedanke ist gut und richtig, dass wer Geld – oft in großen Mengen – am Markt bewegt und satte Gewinne dabei einstreicht, dem Staat, sprich dem Steuerzahler dafür durch einen winzigen Promille-Satz Teil gibt an seinen Gewinnen.
Wenn aber diese Steuer nur in einem Land eingeführt würde, könnten die Institute u.U. an andere Finanzplätze abwandern. Von daher ist der Vorschlag, diese Steuer gleichzeitig in allen EU-Ländern einzuführen, wenn dies weltweit schon nicht geht. Da aber auch in der EU z.B. England nie mitziehen würde und Übereinstimmung auch in der Eurozone nicht zu erwarten ist, ist der Vorschlag für diese berechtigte Steuer wohl nicht durchsetzbar, zumal er einstimmig getroffen werden muss. An solch einer Stelle merkt man exemplarisch die Ohnmacht der Politik gegenüber den Finanzmärkten.


6. Gemeinsame Körperschaftssteuer

Die Staaten der EU erheben nach nationalem Recht ihre Steuern und bestimmen deren Höhe selbst. Das bedeutet aber, dass sich ein Land wie z.B. Irland lange Zeit durch Dumpingsätze wirtschaftliche Vorteile durch vermehrte Anlagen von Investoren verschaffen kann. Von daher ist es schon seit Jahren das Bemühen der Kommission, Vorschläge für eine einheitliche Bemessungsgrundlage für Steuern vorzuschlagen – was immer neu gescheitert ist, da auch hier Einstimmigkeit ohne Gegenstimme (Vetorecht) verlangt ist.
Neu ist, dass Frankreich und Deutschland jetzt einmal Vorbereitungen für eine bilaterale Harmonisierung ihrer Steuerpolitik versuchen wollen.


HINTERGRÜNDE

1. Das Merkel-Sarkozy-Treffen
Es war ja unübersehbar, mit welch demonstrativer Ruhe die Kanzlerin ihren Urlaub zu Ende brachte, während in Rom und Paris der Urlaub unterbrochen und Sondersitzungen der Kabinette abgehalten wurden. Nur nicht auch noch hektisch werden und schön die Politik „der ruhigen Hand“ aktiv und nicht re-aktiv fortführen. Gut gemacht, Kanzlerin! Und über Eurobonds wird auch nicht gesprochen, sagte sie, obwohl alle Welt das jetzt für angemessen hielt. Augenmaß und Durchsetzungskraft, das hat sie.

Was besprochen wurde im Élysée-Palast, weiß man nicht. Was dann aber vor die Mikros kam, klang zunächst wie eine Wiederholung von bereits im März Beschlossenem. Aber es lohnt sich, noch einmal genauer hinzusehen.

• Dass man sich ein Mal oder öfter im Jahr zusätzlich treffen wolle, war so bereits besprochen. Neu aber ist die Festlegung auf zwei Mal pro Jahr und vor allem, dass dies nun die „Wirtschaftsregierung“ und zwar „die echte“ sein solle. Damit ist Angela Merkel als Begriff Sarkozy verbal entgegen gekommen, der Sache nach hat sie aber alles andere als eine neue Institution der EU geschaffen, sondern hat diese sogar sehr elegant verhindert. Zugleich hat sie ihren weiteren direkten Einfluss auf die künftigen Entwicklungen der Euro-Zone gesichert, indem das Gremium der „Chefs“ zur „Wirtschaftsregierung erklärt wurde.

• Auch die Verankerung der Schuldenbremse im nationalen Recht hatten die Euro-Staaten bereits beschlossen. Dass der Appell der beiden führenden Länder, dies auch zu tun, Wirkung hatte, zeigt die Tatsache, dass Spanien wenige Tage später die Schuldenbremse beschloss. Außerdem unterstützte Sarkozy jetzt auch das deutsche Modell.
In Deutschland wurde der Gedanke einer Schuldenbremse als erstes entwickelt, in der Verfassung verankert und umgesetzt. Eine von allen Parteien und Bundesländern mitgetragene Priorität zur Haushaltskonsolidierung war die sichtbare Folge. Der Vorteil für die Zukunft: auch bei einem Regierungswechsel bleibt der schuldenfreie Haushaltsplan Pflicht. Wahlgeschenke können künftig nur noch durch Umschichtung, nicht durch neue Schulden finanziert werden.
Sicher war es mühsam, diesen Gedanken in die europäische Runde einzubringen und durchzusetzen. Im „Euro-Plus-Pakt“ wurde er aber dann verbindlich für alle festgeschrieben. Es war daher sicher kein Fehler, dies aus dem Mund der Kanzlerin jetzt noch mal zu hören. Sicher, sie kann niemand zwingen, aber ihre Autorität ist anerkannt. Europa wird an diesem Punkt „ein bisschen deutscher“ – zum Nutzen aller, hoffen wir.

• Ähnliches gilt für die anderen Ermahnungen, die zwar nichts Neues bringen, aber daran erinnern, das Beschlossene zu beherzigen und bald umzusetzen. Dies gilt für die Beachtung der Urteile der Kommission, wie für den konsequenten Abbau der Staatsschulden über den erlaubten 60%.

• Da Änderungen zur Steuergesetzgebung der Einstimmigkeit im Rat bedürfen, können die gemachten Vorschläge zunächst nur Vorstöße sein. Es ist gut, dass in einer Harmonisierung der Körperschaftssteuer Frankreich und Deutschland mal einen Versuch machen. Fördert er das Wohl beider Länder, werden bald andere dazu kommen: so war es bei der Entstehung der EWG/EG: aus 6 wurden 27; oder beim Euro: aus 12 wurden 17. Fördert der Versuch aber nicht das Wohl, so kann man froh sein, dass nicht mehr Partner einbezogen wurden.

2. Die Börse
2.1 Die Börse ist beherrscht von 2 Gefühlen: Gier und Angst.
Es ist Geld da, viel Geld und das soll „arbeiten“ d.h. so viel Gewinn wie möglich abwerfen. Das ist die Gier. Keiner weiß aber, wo das meiste rauszuholen ist. Das ist die Unsicherheit, die Angst.
Und weil es keiner weiß, beobachtet man einander. Da man aber bei Veränderungen oft in Sekunden reagieren muss, ist alles so hektisch, so übernervös.
Eine kleine Meldung, oft nur ein Gerücht, genügt und in Sekunden stürzen sich alle auf einen Wert, dessen Bewertung dann natürlich nach oben schnellt bis er stehen bleibt. Die Schnellsten verkaufen jetzt und streichen den Gewinn zwischen Einkauf und Verkauf ein. Wer diesen „tip-in point“ verpasst, hat eben weniger Gewinn oder verliert gar. Das ist das Risiko.

2.2 Kapitalmarkt und Politik sind wechselseitig wie in einem Zyklus miteinander verbunden.

Der Kapitalmarkt reagiert auf Entscheidungen der Politik. Wird hier entschieden, dass man Griechenland auf jeden Fall im Euroraum halten und unterstützen wird, fallen auch sofort die Werte der Jongleure, die auf eine Pleite Griechenlands (auf Grund seiner Wirtschaftsleistung) gewettet hatten. Das Ende dieser Spekulationen nennt man „Beruhigung der Märkte“ d.h., die wissen dann, wo sie dran sind. Umgekehrt ist die Politik auf den Kapitalmarkt angewiesen, weil von den Banken ja das reale Geld kommt, das z.B. für die Rettungsaktionen gebraucht wird. Aus diesem Grund retteten die Staaten und die EZB 2008 die Banken.
Das eigentliche Problem ist aber, dass Spekulanten am Kapitalmarkt auf immer neue Ziele d.h. angeschlagene Länder ihre Pleite-Wetten abschließen und dadurch die Politik zu immer neuen Re-Aktionen zwingen.

2.3 Solange sich die Politik nicht zu einer „Regulierung“ d.h. einer grundlegenden Veränderung der Gesetze am Kapitalmarkt entschließt, wird dieser Zirkus so weiter gehen.
Politik gerät dadurch immer stärker in die Abhängigkeit des Kapitals, der Finanzwirtschaft. Da diese aber weltumspannend agiert, könnte eine Veränderung nur weltweit gemeinsam wirksam werden. Da aber diese Umstellung global nicht erreichbar ist, wird sich zunächst an diesem „Getrieben-Werden“ der Politik durch die Märkte nichts ändern.

3. Der Rettungsschirm
Bei den beiden Rettungsschirmen handelt es sich nicht um einen Geldfluss, sondern um Garantiezusagen, für den Fall einer Staatspleite. Insofern kann Wolfgang Schäuble bis jetzt immer noch sagen, dass kein einziger Euro eines deutschen Steuerzahlers bisher nach Griechenland gegangen sei. Die Griechen konnten ihre Zinsen bisher immer noch selber zahlen – allerdings nicht aus ihrer Wirtschaftskraft, sondern aus neu aufgenommenen Schulden.
Dennoch sind die Zusagen astronomische Summen, die im Fall einer Zwangsauszahlung höchste Budgetbelastung für die Eurostaaten bedeuten würden. Deutschland allein trägt ca. 123 Mrd. (211 Mrd.). Diese Zusagen haben die Finanzminister bzw. die Regierungschefs bisher auf ihren Gipfeltreffen beschlossen.
Da die Budgetberatungen zur Kernkompetenz der nationalen Parlamente gehören, müssen Zusagen in dieser Größe aber dort beschlossen werden („ratifizieren“). Da der 1. Rettungsschirm im Bundestag im Eilverfahren durchgepeitscht wurde, hat Bundestagspräsident Lammert für die Beratungen zum 2. Rettungsschirm eine ausreichende Zeitspanne verlangt und durchgesetzt.
Da es in der CDU nicht wenige Abgeordnete gibt, die vor weiteren Zusagen große Bedenken haben, ist nicht sicher, ob die Koalition eine eigene Mehrheit zusammen bringt. Sollte sie das nicht schaffen, dürften die Tage dieser Regierung gezählt sein.


4. Eurobonds
4.1 Waren die Zusagen zum Rettungsschirm „Notfallmaßnahmen für den Eventualfall“, so sind die Eurobonds etwas anderes. Mit den Eurobonds wird die Eurogruppe eins und handelt als eine corporate identity, d.h. wenn ein Land Gelder braucht, macht sie die Anleihen als Eurogruppe am Kapitalmarkt. Da auch alle starken Länder darin sind, ist das Risiko für den Anleger geringer und von daher sind die Zinsen niedriger. Für die gesunden Länder aber höher.
Angela Merkel und Wolfgang Schäuble waren bisher entschieden gegen diese neue Rechtsform, weil sie eine funktionsfähige zentrale Kontrollinstanz erfordern würde, um nicht „ein Fass ohne Boden“ füllen zu müssen.
4.2. Vor allem stehen der Einrichtung von Eurobonds aber zwei rechtliche Bedenken entgegen.

• Im Lissabon-Vertrag von 2007 steht, dass kein EU-Land für die Schulden eines anderen Landes einstehen müsse („no bail-out“-Klausel). Schon durch die Rettungsschirme wurde dieses Prinzip hochgradig in Frage gestellt, durch Eurobonds würde es aber endgültig gebrochen.
Eine Neufassung dieses Paragraphen des Lissabon-Vertrages müsste aber wieder von allen 27 Staaten ratifiziert werden, was vermutlich wieder scheitern würde. Was tun?

• Deutschland hätte noch ein zusätzliches Problem: Eurobonds würden mit dem Grundgesetzt kollidieren, da der Bundestag sein Haushaltsrecht nicht einmal teilweise an eine europäische Institution übertragen könnte. Das verbietet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabon Vertrag (SPIEGEL 34/2011, S. 24).

Eurobonds werden nachdrücklich von der FDP abgelehnt und der Fortbestand der Koalition sogar davon abhängig gemacht, wohingegen SPD und Grüne diese ebenso vehement fordern (um Ruhe in die Märkte zu bekommen). Haben sie die Rechtslage aus dem Blick verloren?


5. Angela Merkel und ihre Kritiker

Innerhalb einer Woche übten die zwei höchsten Repräsentanten der Republik, Bundespräsident Wulff und Bundestagspräsident Lammert Kritik am dritthöchsten Amt, der Kanzlerin und ihrer Regierung. Dazuhin äußerte sich erstmals Altkanzler Kohl mit harscher Kritik zu Wort.

Christian Wulff
Der Bundespräsident übt Kritik zum einen an der EZB, die nicht die rechtliche Befugnis habe, marode Staatsanleihen aufzukaufen. Dies sei ein glatter Rechtsbruch. Die EZB treffe ihre Entscheidungen unabhängig, sagt die Kanzlerin dazu, was vom Paragraphen her auch stimmt, aber…
Weiter moniert Wulff die seit Jahren andauernde Schuldenpolitik und kritisiert weiter die Hektik, mit der in Eile und unter Druck weitreichende finanzpolitische Entscheidungen durchgezogen werden, was den Eindruck des Getriebenseins erweckt. Dies schade den Demokratien, da Fragen dieser Größenordnung in den Parlamenten entschieden werden müssten. An dieser Stelle deckt sich Wulffs Kritik mit der von

Norbert Lammert,
der eine Aushöhlung des „Kronjuwels des Parlaments“, des Budgetrechts befürchtet.
Die Gesetzeslage sah bisher so aus, dass wenn die Regierung Gelder für europäische Stabilisierungen ausgeben wollte, sie sich um „ein Einvernehmen mit dem Bundestags-Haushaltsausschuss bemühen sollte.“ Da dies geschehen ist, liegt auch kein Rechtsbruch vor, (kritisch nur die Eile!). „Wenn das Parlament mehr Einflussmöglichkeiten und Rechte haben will, ist das Sache des Parlaments“, sagte Schäubles Sprecher deshalb zu der ganzen Kritik.
Auch die Aufregung um ein Geheimdokument des Finanzministeriums zur Umgehung des Parlaments entpuppte sich als normale Regierungssache aus Brüssel in Umsetzung der Beschlüsse der Gipfelkonferenz von Brüssel am 21. Juni. „Unglaublicher Blödsinn“, so Schäuble.

Exkurs:


Rechte des Parlaments

Es ist gut, wenn das Parlament jetzt wach wird und auf seine Rechte achtet und die Abgeordneten kritische Rückfragen stellen. Allerdings muss der Bundestag momentan aufpassen, dass er als Reaktion auf Verärgerung die Regierung nicht so einschränkt, dass Deutschland als größter Geldgeber bei Verhandlungen nicht mehr handlungsfähig ist.
Zudem hat die Entstehung der gegenwärtigen Krise gezeigt, dass es genau die nationalen Parlamente waren, die über Jahre ihre Kontrolle eben nicht wahrgenommen, sondern die Schuldenpolitik genehmigt haben, weswegen es offenbar eine europäische Zentralstelle braucht, die die nationalen Haushalte prüft und einen Entwurf notfalls zurück gibt mit der Aufgabe einer verbesserten Wiedervorlage. Ob das der Rat der Chefs, die Kommission oder ein „Finanzminister“ ist oder, wie Angela Merkel in der CDU-Fraktionssitzung vorschlug: der Europäische Gerichtshof ist, das ist fast egal: die Stelle als solche ist nötig. Sie muss aber demokratisch legitimiert und klar kontrollierbar sein. Sie muss aber vor allem starke Kompetenzen haben. Dadurch wird die Haushaltskompetenz der nationalen Parlamente zwar herabgestuft auf „unter Brüsseler Vorbehalt“. Aber dies ist auf vielen anderen Politikfeldern ja schon lange üblich und hat sich im Ganzen auch bewährt.
Es führt momentan wohl kein Weg an diesem Umbau der Währungsunion vorbei: eine europäische Währung braucht eine europäische Leitstelle. Erst wenn diese Strukturveränderung vollzogen ist, machen dann auch gemeinsame Anleihen, die sog. „Eurobonds“ einen Sinn als monetärer Ausdruck einer neuen Stufe der Gemeinschaftswerdung. Dies ist es, was Angela Merkel bei der Vorstellung ihres Gesprächs mit Sarkozy meinte mit den Worten: „Wir legen qualitativ eine neue Phase der Zusammenarbeit in der Eurozone ein.“ Ganz schön visionär!
Der Vorbehalt einer eventuellen Fortführung der Schlamperwirtschaft in einigen Ländern bei einer Einführung von Eurobonds kann mit der Einrichtung gerade dieser Zentralstelle ausgeräumt werden.

Helmut Kohl
Seine Kritik bezieht sich, wenn man es zusammenfassen will, auf das Gefühl der Führungslosigkeit. Gerade in Zeiten des Umbruchs brauche es einen erkennbaren Standpunkt und eine Vision, wohin man will. „Was Europa in dieser Krise braucht ist ein beherztes Zupacken und ein Paket vorausschauender, klug gewogener und unideologischer Maßnahmen…“
Er hat lange geschwiegen. Nun hat er sich geäußert. Und was er sagt, ist „typisch Kohl“ d.h. so würde er es machen.
Aber muss man als Kanzler ein Visionär à la Kohl sein? Wie oft sind die visionär verkündeten „Blühenden Landschaften“ später bitter über die Lippen der Ostdeutschen gekommen. Und die visionär geschaute große Umtauschaktion von 1,- Ostmark zu 1,- DM, vor der ihn aber sein Finanzexperte Horst Köhler sehr gewarnt hatte, hat damals die westdeutsche Wirtschaft auf Jahre hinaus hochgradig belastet.

Dem steht die nüchterne Naturwissenschaftlerin als Gegentyp gegenüber.
„Ziele“ hat sie: „Voranbringen der Europäischen Integration“ – Aber es fehlt ihr die sprachliche Lyrik mit Begeisterung und Emotionen von ihrem Ziel zu sprechen. Sie hat wohl einen Kompass in sich, aber keine Festlegung bezüglich des Weges.
„Beherzt zupacken“ – das kann sie und das tut sie auch. Was wurde sie angegriffen wegen Sparprogramm, Schuldenbremse, Haushaltskontrolle, Zick-Zack-Kurs, etc. Und heute hat sie erreicht, was sie wollte: es ist alles Teil des von allen unterschriebenen „Euro-Plus-Paktes“ geworden.
„Klare Führung“ – da geht es um die Frage des „Wie“, des Stils. Und auch hier wartet sie ab und wählt wenn, dann vorsichtige Töne. Hier allerdings wünschte man ihr im Sinn Kohls beherzteres und früheres Zupacken im Rahmen ihrer Richtlinien – Kompetenz etwa gegenüber dem Außenminister oder der FDP, und zwar von Anfang an. Sie hätte sich und dem Land viel erspart.

Es war absolut richtig, wie Helmut Kohl in November 1989 kurz nach der Maueröffnung mit seinem 10-Punkte-Programm zupackte und die Weichen stellte für das Gelingen der deutschen Einheit.
Aber musste er in der Durchsetzung dieser Vision (Ziel) in der Auseinandersetzung mit Freund Mitterand nicht auch einen gehörigen Kompromiss eingehen? Hatte er nicht jahrelang Mitterands Drängen nach einer europäischen Einheitswährung (zur Abwehr der immer stärkeren DM) widerstanden und diesen Widerstand aufgegeben, um das Ja des französischen Präsidenten für die deutsche Einheit zu bekommen? War das ein Zick-Zack-Kurs? Nein, es war eine politische Notwendigkeit zur Erlangung eines Ziels.
Angela Merkel hat wie damals Kohl ein Ziel, nur sie redet nicht darüber. Aber sie arbeitet unermüdlich und zielstrebig daran: sei es die Europäische Integration oder die CDU als größte Volkspartei oder die Koalition 2013 eventuell mit den Grünen oder Verhinderung des Beitritts der Türkei.
Es wäre gut, wenn sie über ihre Ziele öfter und gewinnend reden könnte.


Zusammenfassung

Es gibt in der europäischen Diskussion heute zwei große Themen mit zwei radikal entgegengesetzten Auffassungen:
1. von der Rettung des Euro
2. von der Methode der Rettung

1. Die Rettung bzw. der Untergang des Euro
Befürworter und Gegner der Rettung des Euro unterscheiden sich deshalb so radikal, weil ihre Zielvorstellungen vom Endzustand des Einigungsprozesses elementar verschieden sind.
Wer eine sukzessive Einigung Europas bejaht, bejaht meistens auch die langsame Entwicklung zu so etwas wie den „Vereinigten Staaten von Europa“, einem Staatsgebilde mit nationalen, vor allem kulturellen Eigenprägungen, aber mit weitgehender politischer Einheit. Auf diesem Hintergrund ergibt sich klar der Kampf um eine Gemeinschaftswährung „um jeden Preis“.
Für die andere Seite steht am Ende des Weges eine Kooperation selbständiger Nationalstaaten, die je nach Notwendigkeit und erkennbarem Vorteil wirtschaftlich kooperieren, bilateral oder multilateral. Eine gemeinsame Währung kann dabei von Vorteil sein für einige Staaten, für andere nicht. Die Kooperation ist aber nicht auf grundsätzlichem Verantwortungsgefühl und Solidarität für einander, sondern allein auf Zweckmäßigkeit begründet. Das bedeutet für den Euro heute: wenn es nicht mehr dem allgemeinen Vorteil entspricht, kehren die PIISG Staaten zu ihrer alten Währung zurück.
Zwischen beiden Positionen liegt der Entwurf von einem „Europa der zwei Geschwindigkeiten“, d.h. es gibt ein „Kern-Europa“, das sich auf den Weg gemacht hat zu einem „Vereinigte Staaten von Europa“ und es gibt daneben Staaten, die lieber im „Kooperations-Europa“ bleiben wollen.
Dass dies organisatorische Schwierigkeiten für die EU ergibt, liegt auf der Hand. Dennoch aber hat sich unwillkürlich durch die Bildung des Euro-Raumes solch eine Struktur „der zwei Geschwindigkeiten“ schon etabliert.
Von dieser Position aus ist es natürlich auch klar, dass um den Euro gerungen wird.

2. Die Methode der Rettung
Hier geht es um einen finanz- und wirtschaftspolitischen Lehrstreit, was im Fall einer solchen Krise zu tun ist.
Christine Lagarde, die Präsidentin des Internationalen Währungsfonds (IWF) rät den Europäern, notfalls mit Zwang ihre Privatbanken mit Devisen zu fluten, damit diese großzügig viel Geld an die Wirtschaft ausleihen und diese feste brummt, damit die Steuern sprudeln und so die Krise überwunden werden kann.
Dem steht der Standpunkt der Europäer gegenüber, die im Sparen und der Haushaltsanierung der Euro retten wollen.
Ersterer Ansatz birgt die Gefahr der Inflation, letzterer die des „Kaputtsparens“ in sich.
In Deutschland wird konsequent gespart seit Jahren und gleichzeitig brummt die Wirtschaft. – Welch gesegnetes Land!

GEBET

Europa – Es geht um eine neue Heiligung Europas.
1. Dank für ein Europa des Friedens, der Versöhnungsbereitschaft mit uns Deutschen, (besonders mit Franzosen und Polen); der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und des Wohlstandes.
Ein Europa von West bis Ost, von Nord bis Süd und ungehindertem Reisen und Sich-Kennen-Lernen-Können der Menschen und Völker.
Dank für den Glauben der Gründerväter dieses Europas, die als Christen Versöhnung in Politik umgesetzt haben. (Robert Schuman und Konrad Adenauer).
2. Dank für Gottes große Berufung für Europa an die Welt, bis heute. (Ps. 98,1.13).
Dank für Gottes Berufung für Deutschland und die anderen Nationen unseres Kontinents. (Apg. 2,11b).
3. Gottes Gaben und Berufungen können ihn nicht gereuen d.h. er nimmt sie trotz Sünde, Abfall und Perversion nicht zurück. (Röm. 11,29).
Wenn jemand dies dankbar bezeugen kann, dann doch wir Deutschen. Sollten wir es nicht auch über Europa glauben?
So lasst uns Gott seine Verheißungen und guten Gedanken über Europa vorhalten, ihn daran erinnern, was er durch Europa schon in der Welt an Lob Gottes gewirkt hat.
4. Lasst uns aber auch Busse tun in Stellvertretung für alles, was an Unrecht von Europa in die Welt ausging. (Dan. 9,4-9, 18-19).

Euro – Es geht um die Heiligung des Euro.
5. Reinigung von uns selbst von jedem Mammon-Geist. Er zeigt sich in der Angst vor „Armut“, der Gier nach immer noch mehr und dem entsprechenden Widerwillen zu opfern und zu teilen. Wir aber sind durch Jesus zur totalen Freiheit berufen (Gal. 5,1) !
6. Wir danken Gott für diese gemeinsame Währung als Symbol der Verbundenheit mit anderen Völkern Europas. Wir danken für die Reiseerleichterungen dadurch und für die Vorteile für Handel, Wirtschaft und Verkehr.
7. „Mein ist das Silber und mein ist das Gold“, spricht der Herr der Herrscharen, (Hag. 2,8). Beanspruchen wir unter diesem Wort alles an Geld und an Werten, was sich an Geldströmen in der Finanzwelt bewegt. Sprechen wir unter Hag. 2,8 dort hinein: Freiheit für die Menschen von Gier und Sucht und Angst; Zerbruch und Verluste zur Umkehr für Betrüger und Abzocker; solider Umgang mit Geld und Vermögen, wie es vor Gott und Menschen recht ist.
Lasst uns auch einmal für und eventuell vor und in unseren örtlichen Geldinstituten beten.
8. Bete, wo du dein Geld anlegen sollst. Was ist dir wichtig: die höchst-mögliche Verzinsung (Rendite); oder eine Bank für Entwicklungshilfe; oder eine Anlage bei alternativen Energien (z.B. Prokon); oder gar ein zinsloses Darlehen für ein Projekt oder Werk im Reich Gottes? (Mt. 6, 19-21).
Die Lösung der Eurokrise, die verursacht war durch Haushaltsschlamperei, Vergnügungssucht und Gier, fängt bei dir und bei mir an: indem ich versuche, mit dem auszukommen, was ich habe; indem ich lerne, auf manches zu verzichten und indem ich den Zehnten pro Monat abzweige und dadurch Mittel habe zu spenden. (Mal. 3,10-12; 1. Thess. 4,11-12).
9. Einige Kernsätze zum Schluss
• Gib deinen wahren Schatz nicht preis.
• Verwalte dein Geld, das du hast, geordnet.
• Gib dem, der dich bittet; aber traue nicht jedem.
• Bevorrate dein Haus, solange es noch Zeit ist.
Es kommt die Zeit, wo du und andere Mangel leiden.


Ortwin Schweitzer

Quellen
F.A.Z. 2011: 10.8/18.8/24.8/25.8/26.8/27.8/29.8/30.8.
DER SPIEGEL,f Nr. 32 vom 8.8.2011/Nr. 34 vom 22.8.2011
stern, Nr. 35 vom 25.8.2011
DLF, Interview vom 6.8.2011 mit Prof. Birger Priddat
DLF, Interview vom 8.8.2011 mit Anselm Grün

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