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Öffnet sich Saudi-Arabien?


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Rolf

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Öffnet sich Saudi-Arabien?





von Daniel Pipes
National Review Online
4. Januar 2011

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Englischer Originaltext: Is Saudi Arabia Opening Up?
Übersetzung: H. Eiteneier



Am 1. Januar 1996 wurde Abdallah bin Abdulaziz Regent und faktischer Herrscher über Saudi-Arabien. Sein 15. Jahrestag diese Woche bietet die Gelegenheit, einen Überblick über die Veränderungen im Königreich unter seiner Führung zu geben und zu fragen, in welche Richtung es weiter geht.

Seines ist vielleicht das ungewöhnlichste und undurchsichtigste Land auf dem Planeten, ein Ort ohne öffentliches Kino, in dem Frauen nicht Auto fahren dürfen, in dem Männer Damenunterwäsche verkaufen, in dem ein über einen einzigen Schalter in Gang zu setzendes Selbstzerstörungssystem eventuell die gesamte Öl-Infrastruktur zerstören kann und in dem Herrscher selbst den Anschein von Demokratie ablehnen. An deren Stelle haben sie einige höchst originäre und erfolgreiche Mechanismen entwickelt, um an der Macht zu bleiben.

Drei Merkmale bestimmen die Regierung: die Kontrolle über die heiligen Städte Mekka und Medina, sich der wahhabitischen Interpretation des Islam verschrieben zu haben und der Besitz der bei weitem größten Ölreserven der Welt. Der Islam bestimmt die Identität, der Wahhabismus inspiriert zu globalen Ambitionen, der Ölreichtum finanziert das Ganze.

Tiefer gehend erlaubt es der über jede Habgier hinaus reichende Reichtum den Saudis zu ihren eigenen Bedingungen mit der Moderne umzugehen. Sie meiden Jackett und Krawatte, schließen Frauen von der Arbeitswelt aus und streben sogar danach die Greenwich Mean Time durch Mekka-Zeit zu ersetzen.

Vor nicht allzu vielen Jahren drehte sich die Schlüsseldiskussion im Königreich um die monarchische und die Taliban-Variante des Wahhabismus – sollte die extreme Lesart des Islam gelten oder die fanatische. Doch heute hat das rückschrittlichste Land, zum großen Teil dank Abdallahs Bemühungen "den wahhabitischen Pflichteifer zu zähmen", einige vorsichtige Schritte unternommen sich der modernen Welt anzuschließen. Diese Bemühungen haben viele Dimensionen; sie reichen von der Erziehung der Kinder bis zu Mechanismen für die Auswahl politischer Führungspersonen; doch die vielleicht entscheidendste ist die Schlacht innerhalb der Ulema, den islamischen Männern der Religion, die sich zwischen Reformern und Hardlinern abspielt.

Die undurchsichtigen Begriffe dieses Disputs machen es Außenstehenden schwer der Diskussion zu folgen. Glücklicherweise bietet der niederländische Nahost-Spezialist Roel Meijer in seinem Artikel "Reform in Saudi Arabia: The Gender-Segregation Debate" (Reform in Saudi-Arabien: Die Debatte um die Geschlechtertrennung) einen Expertenführer zu den Auseinandersetzungen im Königreich. Er demonstriert, wie Geschlechtermischung (auf Arabisch ikhtilat) eine für die Zukunft des Königreichs zentrale Diskussion anstößt und wie diese Debatte sich entwickelt hat.

Die derzeitige Stringenz zur Geschlechtertrennung, vermerkt er, spiegelt weniger Jahrhunderte alte Gebräuche wieder als den Erfolg der Sahwa-Bewegung nach zwei traumatischen Ereignissen im Jahr 1979 – der Revolution im Iran und der Einnahme der Großen Moschee in Mekka durch Radikale des Typs Osama bin Laden.

Als Abdallah Mitte 2005 formell den Thron bestieg, leitete er eine Lockerung dessen an, was Kritiker die Geschlechter-Apartheid nennen. 2009 gab es zwei Schlüsselereignisse hin zu mehr ikhtilat: im Februar ein Wechsel im Personal der obersten Regierungsebene und im September die Eröffnung der König Abdallah-Universität für Wissenschaft und Technologie (auch KAUST genant) mit ihren demonstrativ geschlechtergemischten Klassen und sogar Tänzen.


Es folgten Diskussionen über die ikhtilat, bei der Royals, politische Persönlichkeiten, Ulema und Intellektuelle wetteiferten. "Obwohl die Position der Frauen sich seit dem 9/11 gebessert hat, zieht die ikhtilat die Frontlinien zwischen Reformisten und Konservativen [d.h. Hardlinern]. Jeder Versuch die Durchsetzung der Trennung zu schwächen wird als direkter Angriff auf das Ansehen der Konservativen und des Islam selbst angesehen."

Meijer schließt seine Untersuchung der Diskussion mit dem Vermerk: "Es ist extrem schwierig zu ermitteln, ob die Reformen erfolgreich sind und ob die Liberalen oder die Konservativen Fortschritte erzielen. Obwohl der allgemeine Trend zugunsten der Reformer geht, sind die Reformen Stückwerk, erfolgen zögerlich, mehrdeutig und erfahren starken Widerstand."

Der Staat hat unter Abdallah für einen offeneren und toleranteren Islam geworben, macht Meijer geltend. "Durch die ikhtilat-Debatte ist offensichtlich, dass die Schlacht noch nicht gewonnen ist. Viele Saudis haben die Nase voll vom übermäßigen Eingreifen der religiösen Autoritäten in ihr Leben und man kann sogar von einer antiklerikalen Bewegung sprechen. Die Liberalen sprechen jedoch eine Sprache, die der Welt des offiziellen Wahhabismus und der Mehrzahl der Saudis fremd ist; daher ist es kaum wahrscheinlich sie zu beeinflussen."

Kurz gesagt: Die Araber befinden sich mitten in einer Diskussion, bei der der Kurs der zukünftigen Reformen bisher nicht vorhersagbar ist. Es spielen nicht nur die Meinungen der Eliten und der Öffentlichkeit eine Rolle, sondern es hängt – was die Sache verkompliziert – viel von den Eigenarten der Langlebigkeit und der Persönlichkeiten ab – insbesondere, wie lange der 86-jährige Abdallah die Verantwortung hat und ob sein kränkelnder Halbbruder, der 82-jährige Kronprinz Sultan bin Abdulaziz, ihm nachfolgen wird.

Da Saudi-Arabien einer der einflussreichsten muslimischen Staaten ist, geht es hier um viel, nicht nur innerhalb des Königreichs, sondern für den Islam und die Muslime allgemein. Diese Debatte verdient unsere volle Aufmerksamkeit.
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