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Klage von W+G vom Langericht Passau zurückgewiesen


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#1
Rolf

Rolf

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Aus dem Urteil des Landgerichtes Passau vom 2.9.2010




Wort und Geist Stiftung Nürnberg gegen Rolf Wiesenhütter


Das Urteil zu der Klage von Wort und Geist gegen mich ist rechtskräftig. Die Klage wurde abgewiesen. Im nachfolgenden zitiere ich aus der Begründung des Gerichtes:

Landgericht Passau



Im Namen des Volkes

in dem Rechtsstreit Wort und Geist Stiftung, vertreten durch den Vorsitzenden, Bessemer Str. 58, 90411 Nürnberg - Kläger -

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Dr. Menges, Herzogstr. 127 80796 München

gegen

Wiesenhütter, Rolf, Krummesser Landstr. 17, 23560 Lübeck - Beklagter -
Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt Dr. Lau, Boris, Hauptstr. 23, 23627 Groß Grönau,

wegen Unterlassung und Schadensersatz

erlässt das Landgericht Passau - 1, Zivilkammer - durch die Richterin am Landgericht Kraus, den Richter am Landgericht Schicho und den Richter am Landgericht Krebs im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis 13.8.2010 eingereicht werden konnten, am 2.9. 2010 folgendes Endurteil

I. Die Klage wird abgewiesen
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreites
III. Das Urteil ist für den Beklagten im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig
vollstreckbar.



Wörtliche Zitierung ab Seite 7 Ab Seite 7, Abs. 3:

aa) Bei den verfahrensgegenständlichen Äußerungen des Beklagten handelt es sich durchwegs um Meinungsäußerungen, die vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sind.

Bei der Äußerung, dass "W+G ursprünglich wie ein Strukturvertrieb als Geldquelle gegründet wurde und erfolgsbedingt das Ganze in religiöse Wahnvorstellungen umgeschlagen ist" handelt es sich in jeder Hinsicht um eine Meinungsäußerung.

Der unbefangene Leser setzt den Schwerpunkt des ersten Teils dieser Aussage (...als Geldquelle geründet...) auf eine nach Auffassung des Mitteilers im Vordergrund stehende Profitorientierung der Klägerin. Er weiß, dass es sich hierbei um eine Schlussfolgerung als Ergebnis einer Bewertung tatsächlicher Umstände handelt. Derartige, erkennbar plakative Bewertungen sind grundsätzlich nicht als Tatsachenbehauptungen einzustufen (vgl. BVerfG DVBL 1992,141).
Die Äußerung ist zudem substanzarm, weil eine konkretisierende, nachprüfbare Information fehlt und beim unbefangenen Leser auch nicht der Eindruck erweckt wird, der Urheber könne die Richtigkeit belegen. Die erforderliche Konkretisierung ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang, der durch den Zusatz "wie ein Strukturvertrieb" hergestellt wird. Der durchschnittliche Leser fasst dies nicht dahingehend auf, dass bei der Klägerin ein Strukturvertrieb praktiziert wird. Dies ist offensichtlich auch die Auffassung der Klägerin selbst, die in dieser Wortwahl lediglich die Gefahr sieht, dass der unbefangene Leser - pauschal - eine vorrangige Verfolgung der gemeinnützigen Stiftungszwecke in Zweifel ziehen und an finanzielle Eigennützigkeit denken könnte. Somit reduziert sich aber auch aus Sicht der Klägerin die entscheidende Frage darauf, ob bei diesem Aussagegehalt das Element des Meinens oder Dafürhaltens überwiegt. Die Frage ist aus Sicht der Kammer zu bejahen.

Gleiches gilt für die Behauptung, "dass erfolgsbedingt das Ganze in religiöse Wahnvorstellungen umgeschlagen ist." Auch insoweit überwiegt das Element des Meinens und Dafürhaltens. Es handelt sich offensichtlich um eine subjektive Bewertung äußerer Umstände, die zudem substanzarm ist und die Grenze zur Beweiszugänglichkeit nicht überschreitet. Was der Beklagte unter einer religiösen Wahnvorstellung verstanden haben will, erfährt der Leser nicht. Zur Tatsachenbehauptung wird diese Äußerung insbesondere auch nicht mittelbar durch einen Bezug zu der Behauptung, "dass W+G ursprünglich wie ein Strukturvertrieb als Geldquelle gegründet wurde", weil dies aus den soeben genannten Gründen ebenfalls nur eine Meinungsäußerung darstellt.

Davon, dass das - allerdings abwertende - Urteil des Beklagten ohne jeden Bezug zu einer Auseinandersetzung in der Sache selbst erfolgt ist und ausschließlich der bloßen Verächtlichmachung bzw. Diffamierung der Klägerin dienen sollte, kann angesichts der Beklagtenseits vorgetragenen umfangreichen und von der Klägerin auch nicht bestrittenen Recherchen, die der Beklagte betrieben hat und auf deren Grundlage er zu seiner Einschätzung gekommen ist, nicht ansatzweise die Rede sein. Dies ergibt sich für den unbefangenen Leser auch ohne Weiteres aus dem Gesamtkontext des Leserbriefs vom 21.10.2009, in dem der Beklagte verschiedene erkenntnisquellen mitteilt (Vorträge auf verschiedenen, dem Beklagten zur Verfügung stehenden CD`s; Äußerungen der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen; mehr als 20 große christliche Organisationen, die vor der Klägerin warnen).

Die inhaltliche Richtigkeit der vom Beklagten in der Klageerwiderung auszugsweise vorgetragenen und im übrigen als Anlagen vorgelegten Predigten von "Aposteln" der Klägerin ist unstreitig. Eine inhaltliche Bewertung ist auch insoweit entbehrlich. Entscheidungserheblich ist allenfalls, dass die vertretenen Positionen eine kontroverse Diskussion geradezu herausfordern, weil allgemein bekannt ist, dass es sich bei Religions- und Weltanschauungsfragen ähnlich wie politischen Fragestellungen um einen stark emotional geprägten Bereich handelt, in dem gegensätzliche Positionen mit besonderer Leidenschaftlichkeit vertreten werden.

Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin sich unter den gegebenen Umständen nicht auf die Position zurückziehen, dass sie durch die kritischen Bemerkungen des Beklagten in ihrem grundgesetzlich geschützten Bereich betroffen wird.

bb) Bei der Äußerung, dass "W+G nicht irgendeine Sekte, sondern die schlimmste Sekte, die es in Deutschland jemals gegeben hat" ist, handelt es sich auch aus Sicht der Klägerin um eine Meinungsäußerung.

cc) Gleiches gilt für die Mitteilung, dass "von (der Klägerin) Spaltung, Persönlichkeitsverlust und zerstörte Ehen und Familien verursacht werden."

Dem unbefangenen Leser erschließt sich auch insoweit zwanglos, dass diese Äußerung einen Kausalzusammenhang beinhaltet, der, im Gegensatz zu der tatsächlichen Frage, ob eine Ehe noch besteht oder schon geschieden ist, eine Spaltung erfolgt ist oder ein Persönlichkeitsverlust stattgefunden hat - von einer stark subjektiven Einschätzung geprägt, also letztlich Ergebnis einer Bewertung ist. Der Durchschnittsleser weiß, dass das Zerbrechen (ehelicher) Lebensgemeinschaften ebenso wie Spaltungen und Persönlichkeitsverlust vielfältige Gründe haben kann und in den seltensten Fällen monokausal ist. Ihm ist auch bekannt, dass die tatsächliche Motivationslage der unmittelbar Beteiligten nicht unmittelbar wahrnehmbar ist, sondern allenfalls aus den Umständen geschlossen werden kann. Deshalb fasst er die vom Beklagten aufgestellte Hypothese auch als Ergebnis eines persönlichen Dafürhaltens und Meinens auf, nicht aber als eine Tatsache, über die durch Beweiserhebung letzte Klarheit gewonnen werden könnte. Die Äußerung kann allenfalls dahingehend verstanden werden, dass das Auftreten und die Einflussnahme der Klägerin nach Einschätzung des Mitteilers in Einzelfällen (mit-)ursächlich für die angeführten Phänomene war. Derartiges scheint angesichts der vom Beklagten vorgelegten und von der Klägerin nicht in Abrede gestellten Predigtinhalte zumindest denkbar. Ob es in den vom Beklagten konkret dargelegten und unter Beweis gestellten Fällen auch tatsächlich zutraf, kann dahinstehen, weil die Äußerung aus den genannten Gründen als Kundgabe einer persönlichen Meinung anzusehen ist.

Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch diese Äußerung - offensichtlich auch aus Sicht der Klägerin - zu substanzarm ist, um als Tatsachenbehauptung gewertet werden zu können. In Bezug auf die Zerstörung von Ehen und Familien meint die Klägerin einerseits, die Behauptung, die Ehe zweier benannter Zeugen sei "(systematisch zerstört)" worden, sei zu allgemein und als Beweisthema deshalb untauglich. Andererseits aber sei von dem Beklagten in seinem Leserbrief aufgestellten Behauptung, Ehen und Familien seien "zerstört" worden eine Tatsachenbehauptung zu sehen.

Eine ungleiche Bewertung der beiden Formulierungen nur auf Grund des unterschiedlichen Blickwinkels verbietet sich. Was einem Beweis nicht zugänglich ist, stellt eine Meinungsäußerung dar. Im Übrigen wurden weder der Begriff der Spaltung noch der des Persönlichkeitsverlustes vom Beklagten in seinem Leserbrief näher konkretisiert. Auch was der Beklagte unter einer "zerstörten" Ehe oder Familie versteht, erschließt sich für den durchschnittlichen Leser nicht. Dass er textlich anfügt: "So wird es mir immer wieder persönlich von Betroffenen berichtet", rechtfertigt eine abweichende Einschätzung nicht. Gleiches gilt für folgende weitere Ausführungen des Beklagten im Leserbrief vom 21.10.2009: "Bestandteil des Sektierertums von W+G ist auch, dass die nach deutschem Recht geschlossenen Ehen für ungültig erklärt wurden, weil sie angeblich im Sichtbaren und nicht im Geist geschlossen wurden. Auf einem Tonträger von W+G ist zu hören, dass die Ehe das größte Bollwerk darstelle, das verhindere, in die christliche Freiheit zu kommen. Gleichzeitig wird dort gesagt, die Liebe müsse zu denen fließen, die nicht Deinen Ring am Finger tragen. Inzwischen weiß man in Röhrnbach und anderswo nicht mehr, wer eigentlich zu wem gehört. Ein "Pastor" der Sekte sagte öffentlich, sein Kollege habe ihm seine Frau überlassen." Die Unterlassung dieser Behauptungen beantragt die Klägerin nicht. Sie führen auch nicht zu der erforderlichen Konkretisierung der verfahrensgegenständlichen Äußerungen.

Da die Klage aus den genannten Gründen in der Hauptsache abzuweisen war, ist der Beklagte auch zur Erstattung nicht anrechenbarer vorgerichtlicher Kosten nicht verpflichtet.

Verkündet am 2.9.2010


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